Copyright 2005 by the National Spiritual Assembly of the
Bahas of the United States,Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
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Daten sind im Internet �ber http://dnb.ddb.de abrufbar.
� Baha-Verlag GmbHDas in diesem Buch angewandte System der Umschrift persischer
und arabischer Begriffe ist eines der zur Zeit �blichen
Systeme. Shoghi Effendi, der H�ter des Baha-Glaubens, bef�rwortete
es, um eine einheitliche Umschrift in den Baha-Ortsnamen jedoch und andere Begriffe, die im Deutschen
�bliche und feststehende Entsprechungen kennen, (wie z. B. Teheran,
Bagdad, Sulaimania) werden wie gewohnt geschrieben,
sofern sie nicht in Zitaten vorkommen, in denen das Baha-
System der Umschrift angewandt wird (Tihr�n, Baghdad, Sulayman�yy�h).
Dasselbe trifft auf Ehrentitel wie Sultan, Schahoder Mullah zu, die in ihrer �blichen Art geschrieben werden,
wenn sie nicht als Teil eines Eigennamens oder in einem Zitat
erscheinen, die entsprechend des Baha-Systems �bersetzt
werden (z.B. Sultan, �Abdu�l-�Az�z, Mull� Husayn).
4Bahayyih Kh�num herausragende Heldin und Urbild 25
Erforschung 27�Abdu�l Bahas Reisen nach �gypten und in den Westen 98
ProphetsDaughter.indb 5 31.08.2007 10:42:05Ihre Rolle w�hrend Shoghi Effendis Abwesenheit 149
Reaktionen auf ihre Ernennung 151Durchhaltekraft und Flexibilit�t in einer Welt voller
Schwierigkeiten 26Ausdauer, Tatkraft und Flexibilit�t anderer f�rdern 2 8
Administrative Verantwortung 280Die geistige Grundlage der Gesellschaftsordnung 281
Eine Laienreligion 284Werke des Universalen Hauses der Gerechtigkeit 354
Weitere Publikationen 354Dieses Buch handelt von einer au�ergew�hnlichen, wenn
auch wenig bekannten Frau, Bahayyih Kh�num, die die Begrenzungen
eines kulturellen Hintergrunds �berwunden hat,der f�r seinen blinden Fanatismus, seine engstirnige Weltanschauung
und seinen unbeugsamen Widerstand gegen jeglichenFortschritt bekannt und ber�chtigt war. Ihre Lebensgeschichte
beweist, dass die Kraft des menschlichen Geistes �ber
die Widrigkeiten des Lebens triumphieren kann. Der Bericht
�ber ihr Leben und Wirken gibt all jenen erneut Hoffnung und
Zuversicht, die sich fragen, ob der Mensch die M�chte von
Unwissenheit und Unterdr�ckung, unter denen die Welt heute
so leidet, �berwinden kann.Bahayyih Kh�num wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts
in Persien, dem heutigen Iran1 geboren, als Tochter
von Mirza Husayn-�Al� (1817 92), bekannt als Bahau�ll�h,
dem Begr�nder und Offenbarer des Baha Glaubens.Bahau�ll�hs mutige und offene Darlegungen �ber Gleichberechtigung,
Einheit und Harmonie riefen in den L�nderndes Mittleren Ostens Hass und schonungslose Verfolgung
hervor. Dies hatte zur Folge, dass Bahayyih Kh�num sechs
Jahrzehnte ihres Lebens in Gefangenschaft oder Hausarrest
verbrachte.Die in diesem Buch beschriebenen Ereignisse aus ihrem
Leben und die in den Baha-Schriften erw�hnten Lebensabschnitte
lassen sich am besten verstehen, wenn man einigegrundlegende Inhalte des Baha-Glaubens kennt. Daher ist es
angebracht, die Begleitumst�nde der Entstehung der Baha-
Religion zu schildern und die Entwicklung der Baha-Ge
1Persien erhielt offiziell den Namen Iran im Jahre 1935 in den Baha-
Schriften werden beide Namen benutzt, daher sind beide abwechselnd
in diesem Buch zu finden.meinde nach dem Hinscheiden Bahau�ll�hs aufzuzeichnen2.
Einige Grundz�ge der Geschichte des Baha-Glaubens m�ssen
im Lichte des persischen Kulturraums betrachtet werden,
in dem er entstanden ist.Als ein besonderes Kennzeichen der Kultur im 19. Jahrhundert
galt eine gewisse Verfeinerung von Sprache und H�flichkeit
des Ausdrucks, der den Gebrauch differenzierter Titel und
Anreden zur Folge hatte. Diese Form des Ausdrucks mag Menschen
westlicher Herkunft fremd oder merkw�rdig erscheinen,
die in der Tradition pr�ziser, ungeschminkter Sprache und mit
einem Vorzug f�r informelle Anreden aufgewachsen sind. In
der persischen Kultur des 19. Jahrhunderts wurde es als eine
ungeh�rige Form der Vertraulichkeit angesehen, Personen
mit einem gewissen Ansehen in der Gesellschaft mit ihrem
Geburtsnamen zu bezeichnen oder gar direkt anzusprechen.
Daher finden wir den Titel �Bahau�ll�h� mit der Bedeutung
�Herrlichkeit Gottes� und andere Bezeichnungen wie �die Gesegnete
Sch�nheit� oder �die Abha Sch�nheit�, wenn von Ihm
gesprochen wird. Mit dem Titel ��Abdu�l-Bahá �, was �Diener
der Herrlichkeit� bedeutet, und mit �der Meister� wird Sein
�ltester Sohn und von Ihm ernannter autorisierter Nachfolger
bezeichnet .Die Bezeichnung �Diener� (wenn m�nnlich) und �M�gde�
oder �Dienerinnen� (wenn weiblich) ist ein Ehrentitel f�r die
Anh�nger Bahau�ll�hs und dr�ckt ihre Ergebenheit aus, in
�bereinstimmung mit den Lehren ihrer Religion zu leben. Bei
manchen Lesern m�gen diese Bezeichnungen anf�nglich einen
negativen Eindruck erwecken, n�mlich das Bild leichtgl�ubiger
Eiferer, die selbst ernannten, charismatisch-religi�sen
Pers�nlichkeiten, die �berspannte Anspr�che auf g�ttliche
Autorit�t erheben, unterw�rfigen Gehorsam leisten. Weiterf�hrende
Untersuchungen und sorgf�ltige Pr�fung werden jedoch
zeigen, dass ein solches Bild weit vom wirklichen Baha-Leben
entfernt ist, mit seiner Betonung der W�rde und Freiheit
2Wegen Fragen und Informationen �ber Details der Geschichte und der
Lehren des Baha-Glaubens beachten Sie bitte die Liste zur Grundlagenliteratur
am Ende dieses Buches.des Individuums, der F�rderung des menschlichen Strebens,
der Entwicklung der intellektuellen Kr�fte aller Menschen und
der Wahrung der pers�nlichen Initiative innerhalb der weiten
Grenzen des sozialen Gef�ges.Auch manche aus der Natur �bernommenen Bilder in den
Baha-Schriften k�nnten den Leser aus westlichen L�ndern verwirren.
Zum Beispiel erscheint in den Baha-Schriften der Baum
als ein machtvolles Symbol, wobeiAusdr�cke wie �der G�ttliche
Lotusbaum� als Bezeichnung f�r Bahau�ll�h gebraucht werden.
Vor allem Menschen, die f�r die Sch�nheiten und Wunder der
Natur einen Sinn haben, wird dieses Symbol, das zugleich f�r
Kraft, Ausdauer, Flexibilit�t und Wohltat f�r alle Menschen
steht, besonders ansprechen. Die m�nnlichen Mitglieder der Familie
Bahau�ll�hs werden als ��ste� oder �Zweige� bezeichnet,
�Abdu�l-Bahá als �der Gr��te Ast� oder als �der Gr��te Zweig�.
Die weiblichen Mitglieder der Familie werden mit der Bezeichnung
�Bl�tter� geehrt, und der Titel �Gr��tes Heiliges Blatt� erscheint
an vielen Stellen dieses Buches im Zusammenhang mit
der Person Bahayyih Kh�nums.Nach der Weltanschauung der Baha entwickelt sich die
Menschheit evolution�r und zielgerichtet von den Anf�ngen
der geschriebenen Geschichte durch die heutige Zeit hin zu einer
k�nftigen Welteinheit und bl�henden Weltzivilisation, die
sich in kommenden Jahrtausenden entfalten wird. Die konstruktive
Wechselwirkung der Kr�fte aus Religion und Wissenschaft
stellt beides, Motivation und Mittel, f�r diesen Prozess
bereit. Religion vermittelt geistige Werte und Verhaltensregeln,
die eine kreative und geeinte Gesellschaft f�rdern; Wissenschaft
tr�gt zu einem immer tiefer gehenden Verst�ndnis �ber
das Wirken des Universums bei und ruft neue Technologien
hervor, einschlie�lich neuer Energiequellen, Kommunikationsm�glichkeiten
und Bef�rderungsmitteln. Diese neuen Technologienihrerseits beschleunigen die Entwicklung der Gesellschaft.
Der gesamte Evolutionsprozess entsteht durch das fortw�hrende
Zusammenspiel zwischen Gott und der Menschheit. Die
Baha glauben, dass der g�ttliche Wille der Menschheit durch
11eine Reihe von Gottesboten �berbracht wird, die im Abstand
von hunderten von Jahren erschienen sind, und die in Abst�nden
von tausend oder mehr Jahren immer wieder erscheinen.
In den Baha-Schriften wird dieser Prozess als fortschreitende
Gottesoffenbarung bezeichnet; die Boten werden Manifestationen
Gottes, bzw. Gottesoffenbarer genannt. Vergleicht man die
Botschaften der verschiedenen Offenbarer in ihrer urspr�nglich
reinen Form miteinander, so sind sie in ihren grundlegenden
geistigen Werten sehr �hnlich, jedoch unterscheiden sie sich
wesentlich in den sozialen Gesetzen, die f�r den Zeitraum, in
dem der Offenbarer erscheint, ihre G�ltigkeit haben.
Im Baha-Glauben wird die Zeitspanne von Jahrtausenden
aufgezeichneter Geschichte, in der Gottesoffenbarer zur
Menschheit gesandt wurden, als prophetischer Zyklus bezeichnet.
Ein besonderes Merkmal dieser Zeitspanne besteht darin,
dass jeder Offenbarer Gottes w�hrend Seiner eigenen Sendung
das Kommen eines neuen Offenbarers vorhersagte, der
entweder als Bote, der die Prophezeiung erf�llen sollte, oder
als eigene religi�se Wesenheit wiederkehren w�rde, um durch
Seine Lehren die Menschheit zu einigen und �ber einen langen
Zeitraum hinaus die Grundlagen f�r eine Weltzivilisation
zu schaffen. Diese Zeitspanne wird als Zyklus der Erf�llung
bezeichnet. So erwarten alle in der heutigen Welt bestehenden
gro�en Religionen in ihrer urspr�nglichen Form das Kommen
eines Verhei�enen.Der fesselndste Aspekt des Baha-Glaubens besteht darin,
dass die Baha in Bahau�ll�h den Gottesoffenbarer sehen, der
die Prophezeiung �ber das Kommen dieses Verhei�enen erf�llt,
und dass der Aufruhr der heutigen Zeit mit der �berleitung zur
langerwarteten Vereinigung der Menschheit in Zusammenhang
steht. Menschen, die dem nat�rlichen Bestreben, einen so au�ergew�hnlichen
Anspruch allzu schnell ablehnen zu wollen,widerstehen k�nnen, werden nach Beweisen suchen, um diesen
Anspruch entweder zu untermauern oder zu widerlegen. Sie
werden nicht nur sorgf�ltig pr�fen, ob Bahau�ll�h die Prophezeiungen
erf�llt, sondern sich dar�ber hinaus auch mit Seiner
Lebensgeschichte besch�ftigen, sowie mit der Gr��e Seiner
12Lehren und auch mit der Frage, in wieweit die Anwendung Seiner
Lehren die vielen tief verwurzelten Hindernisse auf dem
Weg zur Einheit beseitigen kann. Diejenigen, die Seinen Anspruch
sorgf�ltig pr�fen, erlangen schlie�lich eine Erkenntnis,
die, �ber eine verstandesm��ige Analyse hinausgehend, die
Stufe geistiger �berzeugung erreicht.Die Sendung Bahau�ll�hs ist f�r die Dauer von nicht weniger
als tausend Jahren bestimmt. Sie teilt sich auf in drei Zeitabschnitte:
Das Heroische Zeitalter, das Gestaltende Zeitalter
und das Goldene Zeitalter.Das Heroische Zeitalter begann im Jahre 1844. Es wurde
durch die Erkl�rung von Siyyid �Al�-Muhammad, bekannt als
der B�b (�das Tor�), in Persien eingeleitet, dass Er der Tr�ger
einer g�ttlichen Botschaft war, die das prophetische Zeitalter
beendete und das nahe Kommen des Verhei�enen ank�ndigte.
Seine Darstellungen fanden in den Seelen Tausender von Menschen
in Persien Widerhall und bald auch breite Unterst�tzung,
verursachten aber zugleich bei einer fanatischen Geistlichkeit,
die Regierung und Volk in ihrem Griff hielt, tiefe Emp�rung.
Die fr�he Geschichte des Baha-Glaubens ist mit dem Blut
von �ber zwanzigtausend M�rtyrern getr�nkt, und selbst der
M�rtyrertod des B�b im Jahre 1850 konnte den Rachedurst
nicht stillen.Bahau�ll�h, den die Anh�nger des B�b nach dessen M�rtyrertod
um F�hrung baten, wurde im Jahre 1852 in einem unterirdischen
Verlie� in Teheran eingekerkert und bald danachnach Bagdad verbannt. Mit diesen traumatischen Ereignissen
beginnt die in diesem Buch geschilderte Leidensgeschichte
von Bahayyih Kh�num, die damals ein kleines Kind war.
Bahau�ll�hs Erkl�rung Seiner Sendung im Jahre 1863 entlud
die ganze Macht der geistlichen Opposition auf Ihn und Seine
Anh�nger. Er blieb lebenslang ein Gefangener und Verbannter,
zun�chst in der osmanischen Stadt Konstantinopel (Istanbul)
und kurz darauf in Adrianopel (Edirne). Schlie�lich wurde Er
mit Seiner Familie in der ber�chtigten Gef�ngnisstadt �Akka
an der Mittelmeerk�ste eingekerkert. Er verschied im Jahre
1892, und Seine sterbliche H�lle wurde in Bahj�, in der N�he
13von �Akka, beigesetzt. Das Baha-Weltzentrum befindet sich
in den Zwillingsst�dten Haifa und �Akka im heutigen Israel.
Unterdr�ckung und Verfolgung der Baha durch islamische
Geistliche dauern bis heute an und werden durch die falsche
Anschuldigung gesch�rt, die Baha seien in die politischen
Spannungen der Region involviert, da sich das Weltzentrum
der Baha in Israel befinde. Jeder Appell an die Vernunft, der
darauf hinweist, dass Bahau�ll�h als Gefangener der damals
herrschenden osmanisch-t�rkischen Regierung unfreiwillig
nach �Akka kam, ist angesichts blinden religi�sen Fanatismus�
fruchtlos.Im Baha-Glauben sind einzigartige Vorkehrungen getroffen
worden, um die andauernden Spaltungen zu verhindern,
die den Zusammenhalt und die Kraft der fr�heren Religionen
des prophetischen Zyklus� so schMirzaich geschw�cht haben.
Diese Spaltungen waren nach dem Hinscheiden der Offenbarer
entstanden durch verschiedene Auffassungen der Gl�ubigen
�ber Amtsgewalt und Organisation der Gemeinde. Diese Vorkehrungen
Bahau�ll�hs sind Teil Seines Bundes, in dem ausdr�cklich
und schriftlich die Arrangements niedergelegt sind
f�r Amtsgewalt und Gemeinde-Organisation nach Seinem Hinscheiden.
Sie konzentrieren sich an erster Stelle auf �Abdu�l-
Baha, den �ltesten Sohn Bahau�ll�hs, der zum Mittelpunkt des
Bundes und zum autorisierten Ausleger der Baha-Schriften
ernannt wurde. Obwohl �Abdu�l-Bahá in diesem Buch eher eine
erg�nzende Rolle im Vergleich zu Seiner Schwester Bahayyih
Kh�num spielt, so treten doch Seine Weisheit und Charakterst�rke
offen zu Tage. Mit dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas im
Jahre 1921 endet das Heroische Zeitalter.Das zweite der drei Zeitalter in der Sendung Bahau�ll�hs
wird als das Gestaltende Zeitalter bezeichnet, in dessen Verlauf
die Baha auf der ganzen Welt eine Gemeindeordnunginnerhalb ihres Glaubens aufbauen. Die Organisation und Administration
der Baha-Gemeinde beruht auf Prinzipien, dieBahau�ll�h festlegte und �Abdu�l-Bahá in Seinem Testament
weiterhin ausarbeitete. Er war als autorisierter Ausleger der
Schriften Seines Vaters dazu berechtigt.Der Baha-Glaube hat keine Priesterschaft und ist frei von
den Privilegien, den Vorrechten und Ritualen, die gew�hnlich
mit kirchlichen Strukturen verbunden sind. Die Baha-Gemeindeordnung
beruht auf zwei S�ulen, einer gew�hlten und einerernannten. Die gew�hlte S�ule besteht aus Einzelpersonen, die
als Mitglieder in Geistigen R�ten dienen. Diese �rtlichen und
Nationalen R�te sind autorisiert, die Angelegenheiten ihrer Gemeinde
zu verwalten und �ben in Fragen des religi�sen Rechts
die gesetzgebende, richterliche und aus�bende Gewalt aus. Das
Universale Haus der Gerechtigkeit, als eine international gew�hlte
K�rperschaft, wurde 1963 gebildet und stellt das Oberhaupt
des Baha-Glaubens dar, an das sich alle Baha mit der
Bitte um F�hrung wenden.Die ernannte S�ule innerhalb der Gemeindeordnung setzt
sich aus in der Gemeinde hoch angesehenen Personen zusammen,
die ernannt wurden, um sowohl den R�ten als aucheinzelnen Gl�ubigen in ihrer Funktion als Berater beizustehen.
Sie erteilen Rat, achten auf die Einhaltung der geistigen
Werte der Religion und machen auf Ma�nahmen aufmerksam,
die f�r den Schutz des Baha-Glaubens vor unbeabsichtigten
Verf�lschungen seiner Lehren notwendig sind, die sich mit der
Zeit einschleichen k�nnen. Diese Personen nennt man Berater
und Hilfsamtmitglieder, die gemeinsam mit ihren Assistenten
in f�nf Berater�mter eingeteilt sind - ein Berateramt f�r jeden
Kontinent. Ihre Arbeit wird vom Internationalen Lehrzentrum,
das seinen Sitz im Weltzentrum hat und unter der F�hrung des
Universalen Hauses der Gerechtigkeit steht, koordiniert und
geleitet.�Abdu�l-Bahá Seinen �ltesten Enkelsohn Shoghi Effendi zum
H�ter des Glaubens. In diesem Buch wird die ergreifende Beziehung
zwischen Shoghi Effendi, damals ein junger Mann von
Anfang zwanzig, und der �lteren Bahayyih Kh�num beschrieben,
die eine wesentliche Rolle in der �bergangszeit unmittelbar
nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas spielte. IndemShoghi Effendi seinen Aufgaben nachkam, zu denen auch sein
Amt als autorisierter Ausleger des Glaubens geh�rte, erf�llte
15er bis zu seinem Hinscheiden im Jahre 1957 erfolgreich seinen
Auftrag, den jungen Glauben zu verbreiten und zu sch�tzen.
Je mehr die Baha-Gemeinde w�chst, um so gr��eren Einfluss
wird ihre Gemeindeordnung auf die Gesellschaft aus�ben.
Die Baha glauben, dass ihre Vorgehensweisen - n�mlich
ein sorgsam bedachtes Gleichgewicht zwischen zentralisierter
und dezentralisierter Funktionsweise aufrechtzuerhalten, bei
Wahlen ihrer administrativen K�rperschaften demokratische
Abl�ufe einzuhalten, individuelle Freiheit und Initiative zu
bewahren und kulturelle Vielfalt zu f�rdern und zu sch�tzen -
sowohl ein Muster als auch eine Keimzelle f�r eine zuk�nftige
Gesellschaft in der Welt darstellen. Die Baha erwarten, dass
� m�glicherweise in ferner Zukunft das Gestaltende Zeitalter,
wenn sich dessen Gemeindeordnung entfaltet hat, seinen
H�hepunkt in einer allumfassenden Entit�t findet, bekannt als
die Weltordnung Bahau�ll�hs, beseelt von den geistigen und
administrativen Baha-Prinzipien.Nat�rlich haben Menschen, die sich in ihrem Streben nach
pers�nlicher Macht und Autorit�t durch den Bund eingeengt f�hlen,
immer wieder versucht, die im Bunde Bahau�ll�hs festgelegten
Vorkehrungen zu unterlaufen. Der Baha-Glaube macht
kein Geheimnis daraus, dass sich im Verlauf seiner Geschichte
verschiedentlich einige �u�erst ehrgeizige und egoistische Menschen
sehr bem�hten, den Bund zu ihrem eigenen Nutzen zu
verletzen. Scheitern die Versuche, sie von ihrem Bem�hen abzubringen,
die Baha-Gemeinde zu spalten, hat das Oberhauptdes Glaubens keine andere Wahl, als sie zu Bundesbrechern zu
erkl�ren und sie aus der Glaubensgemeinschaft auszuschlie�en.
Bundesbrechern steht es frei, ihren eigenen Interessen nachzugehen.
Die Geschichte des Glaubens zeigt, dass sich die fruchtlosen
Bem�hungen der Bundesbrecher letztlich segensvoll auf die
Baha-Gemeinde auswirken, da sie die Gemeinde an ihre Verpflichtung
mahnen, eine Gesellschaft aufzubauen, die vom Geiste
der Gleichberechtigung und der liebevollen Unterst�tzung eines
jeden ihrer Anh�nger durchdrungen ist. Das pers�nliche Beispiel
von Bahayyih Kh�num als einer Pers�nlichkeit, die in der Gemeinde
hoch angesehen war, ist hierbei besonders lehrreich.
16Das dritte und abschlie�ende Zeitalter innerhalb der Sendung
Bahau�ll�hs ist das Goldene Zeitalter, das noch Jahrhunderte
entfernt liegt, wenn die Umgestaltung der menschlichen
Gesellschaft durch den Einfluss der Baha Lehren eine Weltzivilisation
entstehen lassen wird, die einen f�r uns unvorstellbaren
Glanz entfalten wird.Die Sendung Bahau�ll�hs wird ihren Abschluss mit der
Ankunft des n�chsten Gottesoffenbarers finden, dessen Lehren
auf den gleichen geistigen Grundlagen beruhen werden,
die jedoch zugleich soziale Prinzipien beinhalten, die auf die
N�te jener Zeit zutreffen. Dieser Prozess wird, innerhalb des
Zyklus der Erf�llung, �ber zuk�nftige Jahrtausende andauern
und wird einer immer weiter voranschreitenden Zivilisation
von unvergleichlicher Gr��e und Herrlichkeit Kraft und F�hrung
verleihen.Die bedeutende Rolle, die Bahayyih Kh�num in den ersten
Tagen der Baha-Sendung spielte, als der Baha-Glaube
durch grausame und schonungslose Feinde bedroht und gef�hrdet
war, kann erst in ferner Zukunft geb�hrend gew�rdigt
werden. Dann werden die Menschen die Bedeutung ihrer Taten
und ihres Beispiels klarer erkennen und die Dankbarkeit und
Bewunderung derjenigen, die �ber die Vornehmheit ihres Lebens
nachsinnen, wird unendlich sein.1. Kapitel Bahayy�h Kh�num, nachFahrin Bahau�ll�hs
Bahayyih Kh�num war die �lteste Tochter Bahau�ll�hs, des Propheten
und Gr�nders des Bahai-Glaubens, einer Religion, die in
der Mitte des 19. Jahrhunderts im Iran ihren Ursprung hat. Sie war
Augenzeugin der folgenschweren Ereignisse, welche die Geburt
dieser neuen Offenbarung begleiteten und spielte in der darauffolgenden
Zeit, als der Baha-Glaube sich zu einer unAbhangigen
Weltreligion entwickelte, eine bedeutende Rolle. Bahayyih Kh�nums
Beitrag zur Entwicklung des Baha-Glaubens ist einmalig.
Ein systematisches Studium der Heldentaten und Leistungen dieser
verh�ltnism��ig unbekannten, persischen Frau ist tats�chlich
seit langem �berf�llig. �berdies ist ihr beispielhaftes Leben von
bleibender Wichtigkeit, und ihre pers�nlichen Charaktereigenschaften
haben eine spezielle Bedeutung f�r die Probleme, denen
sich die heutige Gesellschaft gegen�ber sieht.Bahayyih Kh�num wurde 1846 in Persien (dem heutigen Iran)
geboren.Abgesehen von zwei Jahren, umfasst ihr Leben den turbulentesten
und umw�lzendsten Zeitabschnitt in der Geschichtedes Baha-Glaubens, einer Zeit, die sich durch die Heldentaten
und Pr�fungen der Zentralgestalten des Glaubens und durch die
Leiden und Opfer unz�hliger M�rtyrer auszeichnet, die sich erhoben,
den jungen Glauben zu verfechten. Die Menschen, die
mit den schriftlichen Berichten aus dieser Zeit vertraut sind,
kennen sicherlich in gro�en Z�gen das Leben von Bahayyih
Kh�num. Sie war nicht nur eine stille Beobachterin, sondern
auch eine aktive Teilnehmerin an vielen dieser st�rmischen
Geschehnisse. Nach ihrem Tod 1932 schrieb Shoghi Effendi,
der H�ter des Baha-Glaubens: �In ihrem Gesicht konnte man
leicht die Geschichte der Sache Gottes von den fr�hesten Tagen
bis zur Gegenwart lesen.�1Zur Geschichte dieser ereignisreichen Zeit siehe: Shoghi Effendi, Gott
geht vor�ber; William S. Hatcher und J. Douglas Martin, Baha Faith;
Auszug aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf (Compilation) S. 89,
20Geboren in einer vornehmen und reichen Familie, war
Bahayyih Kh�num zwei Jahre j�nger als ihr ber�hmter Bruder
�Abdu�l-Bahá und einige Jahre �lter als ihr Bruder Mirza
Mihd�. Ihre Mutter war die erlauchte �s�yih Kh�num, genannt
�Navvab�2. Die ganze Familie wurde unweigerlich vom Strudel
der Ereignisse mitgerissen, der die Geburt der Baha-Religion
umgab.Im Alter von sechs Jahren musste sie miterleben, wie ihre
Eltern des gesamten Besitzes beraubt wurden, und ihr Vater im
S�y�h-Ch�l, dem �schwarzen Loch� von Teheran, eingekerkert
war. Mit ihrer Mutter Navvab und ihrem Bruder �Abdu�l-Bahá
lebte sie in qu�lender Sorge, dass man Bahau�ll�h hinrichten
w�rde. Wenn ihre Mutter das Haus verlie�, um sich nach dem
Befinden des geliebten Mannes zu erkundigen und f�r den t�glichen
Bedarf der Familie zu sorgen, betreute Bahayyih Kh�num
alleine ihren kleinen Bruder.Als Bahau�ll�h aus dem Kerker entlassen wurde, verbannte
man Ihn, Seine Familie und einige Ihm nahestehende
Gef�hrten 1853 nach Bagdad. Nun begann eine Periode der
Verbannung, die im Falle Bahayyih Kh�nums bis an ihr Lebensende
dauern sollte und zum Teil auch Gefangenschaftbedeutete. So teilte sie mit Bahau�ll�h Gefangenschaft und
Verbannung, als Er auf Befehl der persischen und osmanischen
Beh�rden und der geistlichen Autorit�ten zun�chstnach Bagdad, von dort nach Konstantinopel, dann nach Adrianopel
und zuletzt in die Gef�ngnisstadt �Akka verbanntVon fr�hester Kindheit an empfand Bahayyih Kh�num hohe
Wertsch�tzung f�r die Stufe ihres Vaters als Bote Gottes und
w�nschte sich sehnsuchtsvoll, Ihm und der von Ihm begr�ndeten
Religion zu dienen. W�hrend ihres ganzen Lebens war
sie berufen, delikate und schwierige Aufgaben zu �bernehmen
und heldenhafte Charaktereigenschaften und einen heroischen
Geist im Dienst an dieser Sache zu zeigen. Bahau�ll�h erhob
sie in einen hohen Rang und verlieh ihr den Titel �Das Gr��te
2Ein Ehrentitel mit der Bedeutung w�rdevolle Anmut, Hoheit, Majest�t.
211. Kapitel Bahayy�h Kh�num, nachFahrin Bahau�ll�hs
Heilige Blatt�, eine Bezeichnung, die h�ufig von den Baha
gebraucht wird, wenn sie von ihr sprechen.Nach dem Hinscheiden Bahau�ll�hs 1892 �bernahm �Abdu�l-
Bahá dieAufgabe als Oberhaupt des Baha-Glaubens, zu dem Er
im Testament Seines Vaters ernannt worden war. W�hrend dieser
�bergangszeit und den darauf folgenden Jahren versuchten
Feinde der Religion von innen und au�en, die Autorit�t �Abdu�l-
Bahas anzufechten und den Baha-Glauben zu ersch�ttern. Inmitten
dieses Sturms war Bahayyih Kh�num das einzige lebende
Mitglied aus Bahau�ll�hs Familie, das zu �Abdu�l-Bahá hielt
und zusammen mit Seiner Ehefrau, Munírih Khánum und deren
T�chtern, Ihm standhaft und treu ergeben zur Seite stand.
Nach dem Tod ihres Vaters lebte das Gr��te Heilige Blatt
im Haushalt �Abdu�l-Bahas, dem sie auf Grund ihrer von
Bahau�ll�h �bertragenen hohen Stufe und ihrer einzigartigen
Eigenschaften als Haushaltsvorstand diente. Sie pflegte soziale
Beziehungen, um ihren Bruder zu sch�tzen. Sie war f�r die immer
gr��er werdende Zahl von Pilgern aus Ost und West eine
gesch�tzte und hoch verehrte Gastgeberin und in allen Dingen
Seine treue Partnerin und Vertraute. Als endlich im Jahr
1908 das Sultanat gest�rzt und alle religi�sen und politischen
Gefangenen des osmanischen Reiches befreit wurden, konnte
�Abdu�l-Bahá Seine historischen Reisen in die westliche
Welt antreten. W�hrend Seiner zweij�hrigen Abwesenheit vom
Heiligen Land legte �Abdu�l-Bahá die Belange des Glaubens
vertrauensvoll in die H�nde von Bahayyih Kh�num. Nach den
Worten Shoghi Effendis war sie �Abdu�l-Bahas �sachkundige
Beauftragte, Seine kompetente Stellvertreterin und Seine Statthalterin,
der niemand gleich kam.�3Der Tod von �Abdu�l-Bahá im Jahre 1921 war ein schwerer
Schlag f�r Bahayyih Kh�num. Trotz ihrer tiefen Trauer �ber
den Verlust traf sie die notwendigen Vorkehrungen f�r Sein Begr�bnis,
stellte Sein Testament sicher und gab bekannt, dass
nach Seinen Bestimmungen �Abdu�l-Bahas Enkelsohn, Shoghi
Effendi, zum H�ter des Glaubens, ernannt wurde.Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 28
22Zum Zeitpunkt seiner Ernennung war Shoghi Effendi ein
Student an der Universit�t Oxford. Als er ins Heilige Land zur�ckkehrte,
wurde er sich der ungeheuren Verantwortung bewusst,
die er zu �bernehmen hatte. �berw�ltigt von der Gr��enordnung
dieser Aufgabe, fuhr er f�r eine l�ngere Zeit derVorbereitung und Besinnung in die Schweiz. Vor seiner Abreise
�bertrug er �die Angelegenheiten der Sache Gottes sowohl
zuhause als auch im Ausland der Obhut der Heiligen Familie
unter der obersten Leitung des Gr��ten Heiligen Blattes.�4
In ihrer Eigenschaft als amtierendes Oberhaupt des Baha-
Glaubens rief Bahayyih Kh�num die Baha weltweit auf, den
neu ernannten H�ter zu unterst�tzen und trieb die Verbreitung
und Festigung der Religion auf der ganzen Welt voran. Bis zu
ihrem Lebensende blieb sie mit den Worten Shoghi Effendis
� seine �Hauptst�tze�, seine �vielgeliebte Tr�sterin�, die
�Freude und Inspiration� seines Lebens.5Die Rolle des Gr��ten Heiligen Blattes in der Baha-Geschichte
ist in der Religionsgeschichte einmalig. Um dieseRolle richtig zu w�rdigen, muss man sich von den Beschr�nkungen
ein Bild machen, unter denen die Frauen im 19. und
fr�hen 20. Jahrhundert im Mittleren Osten zu leben hatten.
In der islamischen Welt waren Frauen weitgehend �unsichtbar.�
Sie erfreuten sich weniger Rechte und hatten keinen Status
in der Gemeinde. Sie gingen verschleiert und f�hrten ein
zur�ckgezogenes Leben, getrennt von allen M�nnern, sofern
diese nicht zur unmittelbaren Familie z�hlten. Da ihnen jegliche
Gelegenheit zu einer Ausbildung vorenthalten blieb, und
sie auf ein Leben im Haus beschr�nkt waren, blieben sie meist
Analphabeten. Es war ihnen nicht erlaubt, am �ffentlichen Leben
teilzunehmen, und sie spielten in der Religion keine Rolle.
Dar�ber hinaus erw�hnt die Geschichtsschreibung jener Epoche
nur selten Frauen, da es gegen die Regeln des Anstands
und der W�rde verstie�, wenn die gew�hnlich m�nnlichen
� Historiker in die Privatsph�re einer Frau eindrangen, indem
sie ihr Leben erforschten.4 Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 21
5 Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 31
231. Kapitel Bahayy�h Kh�num, nachFahrin Bahau�ll�hs
Da die Informationsquellen �ber das Leben Bahayy�h Kh�nums
verstreut und oft sp�rlich sind, ist es besonders bemerkenswert,
dass Bahau�ll�h Selbst �den Schleier der Verborgenheit�
von Seiner Tochter l�ftete und damit den Geschichtsschreibern
den Weg ebnete, ihr Leben zu erforschen, sie aus einem Zustand
der �Unsichtbarkeit� zu befreien, ihre Rolle in der Gesellschaft
anzuerkennen, sowie ihren Beitrag zur Geschichte zu w�rdigen.6
Rang und StufeBahayyih Kh�num nimmt im Baha-Glauben eine einzigartige
Stellung ein. Sie wurde von Bahau�ll�h zu einem erhabenen
Rang und auf eine einzigartige Stufe erhoben. Er wendet sich
an sie mit folgenden Worten: �Wir haben dich zu einem Rang
erhoben, der einer der ruhmreichsten unter deinem Geschlecht
ist und dir eine Stufe gew�hrt, wie sie keine andere Frau erreicht
hat. Dadurch haben Wir dich bevorzugt und �ber alle
anderen erhoben als ein Zeichen der Gnade des Herrn des
Thrones in der H�he und auf Erden.�7Hiermit nimmt Bahayyih Kh�num eine Stellung ein, �die
unter allen ihres Geschlechtes innerhalb der Baha-Sendung
erstrangig ist.� Ihre hohe Stufe beschr�nkt sich nicht allein auf
den Bereich der Frauen. Nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas
bezeichnet Shoghi Effendi sie als die �letzte �berlebende� der
Familie Bahau�ll�hs und �ihr erhabenstes Mitglied.�8
Was bedeuten derartige Bezeichnungen? Welche Lehren f�r
die Rolle der Frau in der Religion lassen sich in der heutigen Zeit,
in der Frauen weitgehend durch traditionelle religi�se Strukturen
an den Rand der Gesellschaft gedr�ngt werden und von f�hrenden
Stellungen ausgeschlossen sind, daraus ziehen? Was sind Bedeutung
und Auswirkung von Rang und wie sieht das Konzeptvon F�hrerschaft innerhalb einer Glaubensgemeinschaft aus?
6 Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.54
7 Bahau�ll�h�, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 3
8 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 63,
S. 22In den Baha-Schriften gibt es zahlreiche Beschreibungen
der geistigen und pers�nlichen Eigenschaften Bahayyih Kh�nums.
Sie vermitteln Einsicht in ihre einzigartige Stufe, veranschaulichen
ihren hervorragenden Beitrag zur Entwicklungder Religion und heben m�gliche Bedeutungen f�r die heutige
Gesellschaft hervor. Das Gr��te Heilige Blatt wird als �die herausragende
Heldin der Baha-Sendung� und als �letzte �berlebende
eines glorreichen und heroischen Zeitalters� beschrieben.
Sie wird auch als �Urbild, bzw. Archetyp des Volkes von
Baha9, �deren himmlische Wesensart� nach den Worten des
H�ters �ein Modell� f�r die Gl�ubigen ist, dem sie nacheifern
sollen, und deren �himmlische Eigenschaften� ihnen �Vorbild
und F�hrung� sein m�gen.10Zu allen Zeiten haben Helden, Heilige und Philosophen,
K�nige und Gener�le, K�nstler und Politiker, Revolution�re
und Terroristen, ja selbst Rockstars das Verhalten von Frauen
und M�nnern inspiriert und beeinflusst. Als Verk�rperung gewisser
Ideale und Werte, die von der Gesellschaft gepriesen
und verehrt werden, dienen sie als Beispiel f�r richtiges Verhalten,
und ihre Leistungen sind der Stoff, aus dem Mythen und
Tr�ume gewebt werden.Archetypen, Urbilder, spielen ebenso im Leben des Einzelnen
wie in der Religionsgeschichte eine wichtige Rolle. Die
prim�re Definition des englischen �archetype�, auf deutsch
Urbild, lautet im W�rterbuch: �Das urspr�ngliche Muster
oder Modell, von dem Kopien gemacht werden, ein Prototyp.�
Speziellere Begriffsbedeutungen beinhalten: �Eine M�nze
mit Standardgewicht, durch die andere ausgerichtet werden�
9�Volk von Bahá bezieht sich auf die Anh�nger Bahau�ll�hs d.h. die
Baha10 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 62;
Shoghi Effendi, Widmung in Nabils Bericht, in Bahayyih Kh�num,
The Greatest Holy Leaf, S. 30; Auszug aus einem im Auftrag Shoghi
Effendis geschriebenen Brief, in ebenda, S. 761. Kapitel Bahayy�h Kh�num, nachFahrin Bahau�ll�hs
und �ein als ideal angenommenes Muster der grundlegenden
Struktur jeder gro�en Klasse von organisierten Wesen, deren
verschiedene Arten als Modifikation angesehen werden.� In
der Literaturkritik vermittelt der Begriff die Vorstellung eines
�urspr�nglichen Bildes, Charakters oder Musters, das in der
Literatur gen�gend best�ndig wiederkehrt, so dass man es als
ein universales Konzept oder eine universale Situation betrachten
kann.�11In den meisten Religionen findet sich eine weibliche archetypische
Gestalt, die das weibliche Ideal verk�rpert unddie weiblichen Gl�ubigen motivieren soll. Obwohl dieses Urbild
im Allgemeinen mit weiblichen Tugenden wie Reinheit,
Jungfr�ulichkeit und M�tterlichkeit assoziiert wird, gibt es
auch Beispiele f�r Frauen, die den Rahmen ihrer kulturellen
Traditionen sprengen. Die Religionsgeschichte berichtet von
f�higen Frauen wie Deborah, der Richterin und Prophetin, die
den Sieg der Israeliten �ber die Kanaaniter bewirkte; von Maria
Magdalena, die nach der Kreuzigung Christi die Zuversicht
der Apostel wiederherstellte; von der furchterregenden Jeanne
d�Arc, die unter gro�en Schwierigkeiten beachtliche Verdienste
im Namen der Religion leistete.12Wie l�sst sich nun die Bedeutung der Bezeichnung Bahayyih
Kh�nums als �Urbild des Volkes von Bahá verstehen? In
wieweit entspricht sie bestehenden archetypischen Mustern?
In welcher Beziehung stehen die von ihr verk�rperten Ideale
und Werte zu der Richtung der sozialen Entwicklung? N�her
betrachtet ist zu erkennen, dass das Gr��te Heilige Blatt weder
ausschlie�lich der Inbegriff einer Mutterfigur noch die typische
mythische Heldin und M�rtyrerin ist. Au�erdem: W�hrend
weibliche Archetypen im allgemeinen dazu dienten, Frauen zu
inspirieren und zu motivieren, ist die Stufe des Gr��ten Heiligen
Blattes als �Urbild des Volkes von Bahá einmalig unter
11siehe Oxford English Dictionary unter archetype; siehe New Encyclopaedia
Britannica, unter archetypesiehe Moojan Momen, Phenomenon of Religion, 11. Kapitel Archetypem
Myth and the Sacred. 11 siehe Adib Taherzadeh, Child of the
Covenant, S. 22-23den religi�sen Traditionen. Sie ist eindeutig als Modell f�r das
ganze �Volk� ausersehen, f�r Frauen ebenso wie f�r M�nner.
Bahayyih Kh�nums Eigenschaften sind per Definition sowohl
f�r Frauen als auch f�r M�nner von Bedeutung. Beide
Geschlechter werden durch das Beispiel ihres Lebens inspiriert
und richten ihr Verhalten nach ihren Eigenschaften aus. Dies alles
verlangt danach, erneut die Eigenschaften, die der Tradition
nach als m�nnlich oder weiblich angesehen werden, zu �berpr�fen
und das Konzept von Heldentum neu zu definieren.Angesichts der ver�ffentlichten Pers�nlichkeit und All-Bekanntheit,
die mit Helden und Heldinnen von heute assoziiertwird, ist es besonders bemerkenswert, dass Shoghi Effendi
Bahayyih Kh�num als �herausragende Heldin der Baha-Sendung�
und als �Urbild des Volkes von Bahá auszeichnete. Sie
wuchs in einem Kulturraum auf, in dem Frauen traditionsgem��
,unsichtbar� sind und war die meiste Zeit ihres Lebens
den vielen Beschr�nkungen ausgesetzt, die in moslemischen
L�ndern den Alltag der Frauen bestimmen. Sie lebte zum gr��ten
Teil �hinter dem Vorhang�, getrennt von den M�nnern, obwohl
im Haushalt Bahau�ll�hs die Gl�ubigen, die Ihm nahe
standen, mit den weiblichen Familienmitgliedern in Kontakt
kamen. Sie lebte nicht nur stark eingeschr�nkt, sondern au�erdem
wurde ihr Wirken von den orientalischen Historikern des
Baha-Glaubens, gem�� den Gebr�uchen jener Zeit und aus
Respekt vor dem Privatleben, auf das Frauen Anspruch hatten,
kaum erw�hnt.In den folgenden Kapiteln wollen wir genauer die Beteiligung
des Gr��ten Heiligen Blattes an den gr��ten Ereignissen untersuchen,
die im Zusammenhang mit der Entstehung und fr�henAusbreitung des Baha-Glaubens stehen. Wir wollen auch den
Wert ihrer Taten, den tieferen Sinn ihrer einzigartigen Stufe und
die Bedeutung ihres Beispiels erforschen, um zu einer tieferen
Wertsch�tzung ihres bleibenden Verm�chtnisses zu gelangen.
27Um zu verstehen, wie sehr Bahayyih Kh�num zur Entwicklung
der Baha-Gemeinde beigetragen hat, ist zu pr�fen, welche
Rolle sie bei den Geschehnissen zu Lebzeiten ihres Vaters
Bahau�ll�h, ihres Bruders �Abdu�l-Bahá und ihres Gro�neffen
Shoghi Effendi spielte. Im Zentrum dieser Untersuchung
stehen die einzigartigen Beziehungen, die sie mit jeder dieser
Gestalten verband.In diesem Kapitel wollen wir die Beziehung des Gr��ten
Heiligen Blattes zu Bahau�ll�h betrachten sowie ihre Teilnahme
an einigen der st�rmischen Ereignisse erforschen, die
das Heroische Zeitalter des Baha-Glaubens pr�gten, eines
Zeitalters, das mit der Amtszeit des Offenbarers Bahau�ll�h
und Seines Vorl�ufers, des B�b, zusammenfiel. Obwohl die
Geschichtsschreibung unvollst�ndig ist auch Shoghi Effendi
best�tigt, dass Historiker jener Zeitepoche nur wenig �ber
Einzelheiten ihrer Beteiligung berichteten stellte er ein allgemeines
Ger�st bereit, das es uns erm�glicht, mehr Einsicht in
das Wesen ihrer Dienstbarkeit zu gewinnen. Hinzuf�gen m�chten
wir die Beschreibungen von Bahayyih Kh�num selbst, die
sie Baha-Pilgern gab, die das Vorrecht hatten, ihr gegen Ende
ihres Lebens pers�nlich zu begegnen. Im Anhang befindet sich
eine ausf�hrliche Beschreibung der Quellen, die f�r die Zusammenstellung
der Geschichte ihres Beitrags bei der Entstehungund Gestaltung des Baha-Glaubens herangezogen werden.
Ihre Beziehung zu Bahau�ll�hBahayyih Kh�num ist die innig geliebte Tochter Bahau�ll�hs.
Shoghi Effendi best�tigt in seinen Briefen die tiefe Liebe und
Zuneigung Bahayyih Kh�nums zu ihrem Vater, ihre leidenschaftliche
Sorge um Sein Wohlergehen und Seine Sicherheitwie auch ihren untr�stlichen Kummer zur Zeit Seines Hinscheidens.
Die Beziehung zu ihrem Vater war einzigartig undging weit �ber die �bliche Vater-Tochter-Beziehung hinaus.
Sie war nach den Worten des H�ters �mit dem Geist ihres allm�chtigen
Vaters� durch ein �mystisches Band vereint�. Es ist
30offensichtlich, dass sie von fr�her Kindheit an ein klares Verst�ndnis
von der Stufe ihres Vaters als der Manifestation Gottes
f�r dieses Zeitalter hatte. Ihr ganzes Leben war geweiht, Ihm
zu dienen und die von Ihm vorgestellte neue Offenbarung zu
unterst�tzen.1Bahayyih Kh�num beschreibt die Art der Beziehungen zwischen
Bahau�ll�h und den Familienmitgliedern und erkl�rt:
�Nach Seiner Erkl�rung betrachteten wir Ihn als weit �ber
uns stehend, und stillschweigend r�umten wir Ihm in unserem
Verhalten eine dementsprechende Stellung ein. Erwurde von uns nie behelligt mit weltlichen Angelegenheiten,
und wir f�hlten, dass wir trotz der Familienbande keinen gr��eren
Anspruch auf Ihn hatten als Seine anderen Gl�ubigen.
Wenn f�r uns alle nur zwei R�ume zur Verf�gung standen,
�berlie�en wir Ihm einen Raum. Das Beste von allem, was
wir hatten, gaben wir Ihm. Er nahm es an, gab es uns dann
wieder zur�ck und verzichtete darauf. Er schlief auf dem Boden,
weil alle kein Bett hatten, obwohl es m�glich gewesen
w�re, Ihm ein Bett zu besorgen, h�tte Er es gew�nscht.�2
Die Schriften Bahau�ll�hs legen deutlich die Einzigartigkeit
der Beziehung zu Seiner Tochter dar und erhellen die beiden
Seiten dieser Verbindung. Zum Beispiel wird das Gr��te
Heilige Blatt auf der physischen Ebene als �ein Blatt, das aus
dieser urewigen Wurzel entsprossen ist�, beschrieben, und die
folgenden Worte bezeugen die z�rtliche Liebe des Vaters zu
Seiner Tochter: �Wie s�� ist Mir deine Gegenwart; wie s�� ist
es, in dein Antlitz zu schauen, dich mit Meiner liebenden G�te
zu beschenken, dich mit meiner z�rtlichen F�rsorge zu erfreuen
und dich in diesem Meinem Tablet zu erw�hnen, einem Tablet,
das Ich als ein Zeichen Meiner verborgenen und offenbaren
Gnade f�r dich bestimmt habe.�31 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 58
2 Erinnerungen des Gr��ten Heiligen Blattes, aufgezeichnet in Myron H.
Phelps Master in �Akka, S. 90-913 Bahau�ll�h, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 4
31Bahau�ll�h betont, dass �ber das Band k�rperlicher Verwandtschaft
hinausgehend, ihr Dasein einen transzendentenSinn hat, der darauf beruht, dass sie Seine Stufe als Gottesoffenbarer
erkannt und den Sinn ihres Lebens erf�llt hat.Er stellt fest: �Wir haben deine Augen erschaffen, um das
Licht Meines Antlitzes zu schauen, deine Ohren, um der
Melodie Meiner Worte zu lauschen, deinen K�rper, um Mir
vor Meinem Thron Ehrerbietung zu erweisen. Danke Gott,
deinem Herrn, dem Herrn aller Welten.� Ebenso dr�ckt
Bahau�ll�h Seine Freude dar�ber aus, wie sie die geistigen
Eigenschaften verwirklicht, die der Gottesoffenbarer verk�rpert,
indem Er sagt: �Ich atme von dir den Duft MeinerLiebe ein und den s��en Hauch, der vom Gewande Meines
Namens, der All-Heilige, der All-Strahlende, weht.� Um die
hervorragenden Eigenschaften Bahayyih Kh�nums zu bezeugen,
verleiht Bahau�ll�h ihr eine einzigartige geistige Stufe
und erhebt sie zu �dem vornehmsten Rang unter deinem
Geschlecht,� und gew�hrt ihr �eine Stufe, die keine Frau je
�bertraf.� Um diesem Rang zu entsprechen, gibt Er ihr den
Rat: �Sei aus vollem Herzen wirksam am Baume Gottes und
l�se deine Zunge, um Gott unter allen Menschen zu preisen.
Lass die Dinge dieser Welt dich nicht bek�mmern. Halte
dich fest an diesen g�ttlichen Lotusbaum, aus dem du durch
Gottes Gnade hervorgegangen bist. Ich schw�re bei Meinem
Leben! Es geziemt dem Liebenden eng mit dem Geliebten
verbunden zu sein, und hier ist wahrlich der Meist-Geliebte
der Welt.�4Dieser Ratschlag Bahau�ll�hs spendete dem Leben des
Gr��ten Heiligen Blattes die motivierende Kraft. Ihr ganzes
Dasein konzentrierte sich auf die Anerkennung der Stufe
Bahau�ll�hs. Sie war sich der Bedeutung Seiner Offenbarung
voll bewusst, und trotz aller damit verbundenen Pr�fungen und
Schwierigkeiten blieb sie in ihrer Ergebenheit, die Sache Gottes
zu unterst�tzen, unersch�tterlich.Es gibt nur wenige historische Einzelheiten �ber Bahayyih
Kh�nums Beteiligung an den Ereignissen in den fr�hen Tagen
der Baha-Sache. Zum Teil beruht dies auf der traditionellen
Zur�ckhaltung �stlicher Historiker, in die Privatsph�re
der weiblichen Familienmitglieder Bahau�ll�hs vorzudringen.
Wahrscheinlich mangelte es diesen Historikern jedoch auch an
Verst�ndnis daf�r, welche Rolle eine Frau m�glicherweise au�erhalb
des Hauses und auch bei religi�sen Angelegenheiten
spielen k�nnte. Zieht man jedoch die Briefe Shoghi Effendis
hinzu und seine Analyse �ber die zukunftstr�chtigen Ereignisse
bei der Entfaltung des Baha-Glaubens, gewinnt maneinen kurzen Einblick, wie bedeutend die Rolle war, die das
Gr��te Heilige Blatt in den Ereignissen w�hrend der Amtszeit
Bahau�ll�hs spielte.Nach dem M�rtyrertod des B�b im Jahre 1850 sank die Moral
Seiner Anh�nger so sehr, dass einige irre geleitete und verantwortungslose
junge M�nner versuchten, den Schah zu t�ten,um sich f�r den Tod ihres Anf�hrers zu r�chen. Obwohl der
Schah nur leicht verletzt wurde, f�hrte dieser Vorfall dazu, dass
die Anh�nger des B�b weithin verfolgt wurden. Bahau�ll�h,
der vollkommen unschuldig war, wurde sofort festgenommen,
da man Ihn wegen Seiner engen Beziehung zum B�b verd�chtigte,
an dem Verbrechen beteiligt gewesen zu sein.Bahau�ll�hs Gefangenschaft im Jahre 1852 in Teherans unterirdischem
Kerker, bekannt als das S�y�h-Ch�l (das schwarzeLoch), setzte eine Kette von Ereignissen in Gang, die sich
sowohl auf die Geschicke des Baha-Glaubens, als auch auf
das Leben Seiner Familienmitglieder nachhaltig auswirkten.
Bahayyih Kh�num war �noch in ihrer fr�hen Kindheit,� als ihr
Vater eingekerkert wurde; dennoch so versichert der H�ter
war dieses Ereignis der Anfang ihrer einzigartigen Teilnahme
33an der Entfaltung der neuen Religion. Der H�ter schreibt: �Seit
Beginn ihres Lebens, von ihrer fr�hen Kindheit an, kostete
sie den Kelch des Leidens; sie ertrug die Heimsuchungen und
Schwierigkeiten w�hrend der fr�hesten Jahre der gro�en Sache
Gottes.�5Als Bahau�ll�h gefangen genommen wurde, beschlagnahmte
und pl�nderte man Sein Eigentum. Die Eltern desGr��ten Heiligen Blattes verloren pl�tzlich ihren gesamten
irdischen Besitz, und die Familie st�rzte innerhalb eines einzigen
Tages in �u�erste Armut. Bahau�ll�hs geliebte Frau
Navvab und ihre Kinder wurden aus ihrem Heim vertrieben.
Sie konnte als letzte Rettung noch einige pers�nliche Sachen
verkaufen, um ihre Familie zu ern�hren. Noch mehr als durch
diese �berw�ltigenden finanziellen Sorgen wurden die �Herzen
der Familienmitglieder von der qu�lenden Ungewissheit befallen,�
da sie jeden Augenblick darauf gefasst sein mussten,� die
Nachricht von Bahau�ll�hs bevorstehender Hinrichtung� zu
erhalten.6Shoghi Effendi beschreibt ausf�hrlich, wie Bahayyih Kh�num
damals litt und nennt einige der geistigen Lehren, die sie
aus diesen fr�hen Erfahrungen zog. Er erkl�rt, dass sie j�h �auf
die Stufe einer wahren Notleidenden herabsank,� nachdem sie
�das privilegierte Mitglied einer der reichsten Familien Te-
herans� gewesen war. Er f�hrt weiter aus, dass als Folge der
�Beschlagnahme und Pl�nderung des Reichtums und Besitzes
ihres erhabenen Vaters sie die Bitternis �u�erster Not und Entbehrung
erfuhr.�7In ihren m�ndlichen Berichten erinnert sich Bahayyih Kh�num
lebhaft daran, wie sich die Lebensverh�ltnisse der Familie
so pl�tzlich ver�nderten. Ihre sorglose Kindheit wurde von
Angst und Sorge �berschattet. Nachdem die Familie aus ihrem
Heim vertrieben worden war, wohnte sie in einem kleinen Haus,
nicht weit entfernt von dem Gef�ngnis, in dem Bahau�ll�h gefangen
gehalten wurde. Ihrer Mutter war es gelungen, einige
5 Shoghi Effendi, in ebenda, S. 32, S. 26ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
ihrer Schmuckst�cke zu retten, die sie zur Hochzeit geschenkt
bekommen hatte und sie nach und nach zu verkaufen, um mit
dem Geld die Gef�ngnisw�rter zu bezahlen, damit Bahau�ll�h
etwas zu essen gebracht werden konnte und um die Ausgaben
f�r das t�gliche Leben zu bestreiten. Doch in ihren Erinnerungen
an jene Zeit spricht Bahayyih Kh�num wenig �berihre pers�nliche Situation, sondern beschreibt eingehend die
entsetzlichen Bedingungen, unter denen Bahau�ll�h lebte, die
Bef�rchtung der Familie, dass Er hingerichtet werden w�rde
und die Anstrengungen ihrer Mutter, die Leiden ihres geliebten
Ehemannes zu erleichtern.Bahayyih Kh�num beschreibt die Bedingungen, unter denen
ihr Vater im Gef�ngnis, dem S�y�h-Ch�l, lebte:�Das Gef�ngnis, in das mein Vater geworfen wurde, war ein
gr�sslicher Ort, sieben Stufen unterhalb der Erde; kn�cheltief
reichte der Morast, der Ort war verseucht mit abscheulichem
Ungeziefer und unbeschreiblich ekelhaft. Hinzukam, dass kein Schimmer Licht diesen widerlichen Ort erreichte.
Innerhalb seiner Mauern dr�ngten sich vierzig Anh�nger
des B�b, sowie M�rder und Stra�enr�uber, die dortMein edlerVater wurde in dieses schwarze Loch gesto�en, beladen
mit schweren Ketten. Tag und Nacht waren f�nf andere
B�bis an Ihn gekettet, und so blieb er dort vier Monate lang.
Malen sie sich selbst diesen schrecklichen Zustand aus.
Jede Bewegung lie� die Ketten tiefer und tiefer in das
Fleisch nicht nur des einen, sondern aller einschneiden, die
aneinander gekettet waren. W�hrend dieser Zeit fanden sie
weder Schlaf noch Ruhe. Sie erhielten keine Nahrung, und
nur unter �u�ersten Schwierigkeiten gelang es meiner Mutter,
etwas zu essen und zu trinken in dieses abscheuliche
Gef�ngnis bringen zu lassen.�8M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield The
Chosen Highway, S. 41-42Schon als Kind war das Gr��te Heilige Blatt sich voll bewusst,
unter welchen Bedingungen ihr Vater lebte. Auch erkannte
sie die echte Gefahr, die nicht nur ihrem Vater drohte,
sondern auch den fr�hen Anh�ngern des B�b, die von den Verfechtern
religi�sen Fanatismus der Untreue beschuldigt wurden.
Sie erinnert sich: �Jeden Morgen holte man einen oder
mehrere dieser mutigen und ergebenen Freunde heraus, um
sie auf verschiedenste grausame Weise zu foltern und zu t�ten,�
und sie erz�hlt, wie die unterschiedlichen Bev�lkerungsschichten
die Gelegenheit bekamen, auf barbarische Weisedie ungl�cklichen B�bis zu foltern. Sie schildert den Verlauf
der Hinrichtung den stillen Heroismus des Opfers, die Besessenheit,
in die sich der Mob hineinsteigerte, um bei demBlutbad dabei zu sein das alles begleitet von �lautem Trommelschlag.�
9Wie wir ihrem m�ndlichen Bericht entnehmen, klingen
diese schrecklichen Ereignisse in ihrer Erinnerung lebhaft nach
und rufen das Gef�hl der Angst, das diese Zeit in ihrem Leben
charakterisiert, von neuem hervor. Sie stellt fest:
�Ich erinnere mich gut dieser schrecklichen Laute und
wie wir drei Kinder uns an die Mutter klammerten, die nie
wusste, ob das Opfer nicht ihr �ber alles geliebter Gatte
war. Erst sp�tabends oder fr�h des Morgens konnte sie erfahren,
ob Er noch lebte, wenn sie sich, fest entschlossen
und trotz der Gefahr f�r sich und uns hinauswagte denn
weder Frauen noch Kinder wurden verschont. Ich erinnere
mich nur zu gut daran, wie ich im Dunkeln kauerte,
meinen kleinen Bruder Mirza Mihd�, den Reinsten Zweig,
der damals zwei Jahre alt war, in meinen Armen, die nicht
sehr stark waren, denn ich war damals erst sechs Jahre alt.
Ich zitterte in panischer Angst, denn ich wusste um einige
der schrecklichen Dinge, die da geschahen und war mir
bewusst, dass sie vielleicht sogar meine Mutter ergriffen
haben konnten.ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
So wartete und wartete ich, bis sie wiederkam. Dann wagte
mein Onkel, Mirza M�s�, der sich versteckt hielt, zu uns zu
kommen, um zu erfahren, welche Nachrichten meine Mutter
hatte einholen k�nnen.�10Nach vier Monaten wurde Bahau�ll�h als Folge der Intervention
des russischen Konsuls aus dem Gef�ngnis entlassen.
Jedoch befahl die persische Regierung, Ihn und Seine Familie
nach Bagdad zu verbannen. Die H�rte dieser Verbannung sollte
noch �die vorbedachten Angriffe und systematischen Machenschaften
des Hofes, der Geistlichkeit, der Regierung und des
Volkes� �bertreffen, die Bahau�ll�h schon in Teheran erduldet
hatte. Shoghi Effendi best�tigt, dass diese Ereignisse �das
Vorspiel einer qualvollen und langw�hrenden Gefangenschaft�
darstellten. Er beschreibt die Auswirkung dieses Erlasses mit
folgenden Worten: �Diese lange Verbannung w�hrte mehr als
vierzig Jahre, f�hrte Ihn nacheinander in den Irak, nach Sulaimaniya,
Konstantinopel, Adrianopel und zuletzt in die Strafkolonie
�Akka, und endete erst mit Seinem Tod im Alter von �ber
siebzig Jahren. So kam eine Gefangenschaft zum Abschluss,
die an Tragweite, Dauer, Vielfalt und H�rte der Leiden in der
Geschichte fr�herer Offenbarungen kein Beispiel hat.�11
In einem Gebet, das Bahau�ll�h offenbarte, beschreibt Er
die M�hsal, die sie w�hrend des ersten Abschnittes auf dieser
�schrecklichen Reise� nach Bagdad erduldet hatten. Besonders
hebt Er das Leiden der �gebrechlichen Menschen und kleinen
Kinder� hervor, die Ihn in die Verbannung begleiteten, und die
extremen Wetterverh�ltnisse, denen sie ausgesetzt waren einer
K�lte �zu einer Jahreszeit, da die K�lte so bei�end ist, dass
man nicht einmal sprechen und Eis und Schnee so tief sind,
dass man nicht gehen kann.�12Shoghi Effendi setzt diese Reise nach Bagdad in Zusammenhang
zur Religionsgeschichte und sagt seine zuk�nftigeTragweite f�r den Baha-Glauben und die Menschheit voraus,
10 ebenda, S. 42-4311 Shoghi Effendi, Der Verhei�ene Tag ist gekommen, S. 32-33
12 Bahau�ll�h, zitiert in Shoghi Effendi Gott geht vor�ber, S. 162; 7:12
37�Diese erzwungene, beschleunigte Abreise Bahau�ll�hs
aus Seinem Geburtsland in Begleitung einiger Verwandter
erinnert in mancher Hinsicht an die �berst�rzte Flucht der
Heiligen Familie nach �gypten, die pl�tzliche Flucht Muhammads
bald nach der �bernahme des Prophetenamtesvon Mekka nach Medina, den Auszug Mose, Seines Bruders
und Seiner Anh�nger aus dem Land ihrer Geburt als Antwort
auf den g�ttlichen Ruf, vor allem aber an die Verbannung
Abrahams aus Ur in Chald�a in das verhei�ene Land.
Es war eine Verbannung, die mit ihren vielfachen Wohltaten
f�r so viele verschiedene V�lker, Glaubensgemeinschaften
und Nationen historisch den unermesslichen Segnungen,
die am heutigen Tag und in k�nftigen Zeitaltern der ganzen
Menschheit geschenkt werden sollen, am n�chsten kommt,
als unmittelbare Folge des Exils, welches Der erlitt, dessen
Sache die Bl�te und die Frucht aller vorausgegangenen Offenbarungen
darstellt.�13Die Verbannung Bahau�ll�hs nach Bagdad er�ffnete eine
Periode, in der Bahayyih Kh�num damals ein siebenj�hriges
Kind �die Gefangenschaft, den Kummer und die Verbannung
der �Abha Sch�nheit� 14 miterleben musste. In ihren Berichten
beschreibt sie, wie sehr ihre Mutter bem�ht war, ihren geliebten
Ehemann gesund zu pflegen und alle notwendigen Vorkehrungen
f�r die lange und anstrengende Reise von Teheran nach
Bagdad zu treffen. Diese �furchterregende Reise� im tiefsten
Winter dauerte drei Monate. Der Weg erstreckte sich �ber
hohe, schneebedeckte Berge und die M�glichkeiten, die Beschwernisse
zu erleichtern, waren gering. Das Gr��te HeiligeBlatt erinnert sich an die Leiden, welche die Verbannten erduldeten,
als sie auf Eseln dieses schwierige Gebiet durchquerten.
Ihr Vater hatte sich von den M�hsalen der Gefangenschaft noch
13 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 160; 7:814 Dieser Ausdruck bezieht sich auf Bahau�ll�h. �Abha leitet sich von
Seinem Namen ab und bedeutet auf arabisch der Allherrliche.
38ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
nicht erholt. Ihre Mutter, die hoch schwanger war, litt sehr darunter,
wie sie auf dem R�cken eines holpernden Esels in einem
takh-i-rav�n, einer Art Holzbett, die Reise zur�cklegen musste.
Obwohl sie sehr geschw�cht war, gab sie sich gro�e M�he, f�r
die Familie zu sorgen. Es fehlte an Nahrung und ausreichender
Kleidung, um die Reisenden vor der bei�enden K�lte zu sch�tzen.
Manchmal �schlug� die Familie an verwilderten Pl�tzen
�ein Lager auf�, obwohl es ihnen an der notwendigen Ausr�stung
fehlte. Dann wieder blieben sie in einer Karawanserei.15
BagdadDie Zeit in Bagdad ist durch verschiedene bedeutsame Ereignisse
gekennzeichnet, die sich auf die Entwicklung des Baha-
Glaubens und das Leben der Familienmitglieder Bahau�ll�hs
auswirkten. Hierzu z�hlten die Aktivit�ten des Halbbruders
Bahau�ll�hs, Mirza Yahy�, dessen unberechtigter Anspruch
auf die F�hrerschaft der B�b�-Gemeinde einen Sturm von Uneinigkeit
hervorrief. Seine Machenschaften f�hrten dazu, dass
Bahau�ll�h sich in die Berge von Sulaimaniya zur�ckzog und
sp�ter weiterhin mit Seinen n�chsten Anh�ngern in die Mitte
des osmanischen Reiches verbannt wurde. Bahau�ll�hs Erkl�rung
Seiner Sendung als Gottesoffenbarer f�r dieses Zeitalter
fand unmittelbar vor Seiner Abreise nach Konstantinopel statt.
Als die Familie 1853 in Bagdad ankam, weitete sich
Bahayyih Kh�nums Aufgabengebiet immer mehr aus, da der
Gesundheitszustand ihrer Eltern sehr kritisch war. Aus ihren
m�ndlichen Berichten erfahren wir:�Meine liebe Mutter �s�yih Kh�num war sehr schwach und
ihre Gesundheit hatte durch die erlittenen M�hsale sehr
nachgelassen. Dennoch arbeitete sie unentwegt �ber ihre
Kr�fte hinaus.15 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 26;
M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The
Chosen Highway, S. 45-46Manchmal half ihr mein Vater beim Kochen, denn diese
schwere Arbeit war f�r diese zierliche, feine und edle Frau
zu viel. Die M�hen, die sie erduldet hatte, betr�bten das
Herz ihres g�ttlichen Ehemannes, der zugleich ihr geliebter
Herr war. Er unterst�tzte sie in dieser Weise schon vor
Seinem Aufenthalt in der Wildnis von Sulaym�n�yyih, wie
auch nach Seiner R�ckkehr.�16Um ihre geliebten Eltern zu entlasten und ihnen einen Teil
der B�rde abzunehmen, begann das Gr��te Heilige Blatt, ihrer
lieben Mutter im Haushalt zu helfen eine Arbeit, die sie von
nun an ihr ganzes Leben hindurch aus�bte. Sie war die liebende
St�tze ihrer Mutter und �bernahm die verschiedensten Aufgaben
im Haushalt, die oft ihre Kr�fte �berstiegen. Sie erz�hlt die
folgende Begebenheit:�Eines Tages war eine alte Dame zu Besuch, und ich wurde
gehei�en, den Samowar zu bereiten es war sehr schwer,
ihn die Treppe hinaufzutragen, denn meine Arme waren
nicht sehr kr�ftig. Die alte Dame sagte: �Ein Beweis f�r die
Gr��e der B�b�-Lehre ist, dass dieses kleine M�dchen den
Samowar bedient!� Mein Vater war am�siert und sagte oft:
�Hier ist die Dame, die durch deinen Dienst am Samowar
zum Glauben fand!�17Die Ankunft Mirza Yahy�s in Bagdad und sein gl�hender
Wunsch nach Macht und F�hrerschaft innerhalb der Baha-
Gemeinde bereiteten Bahau�ll�h und Seiner Familie gro�e
Schwierigkeiten. Der H�ter charakterisiert MirzaYahy� als �die
treibende Kraft von Unheil, den Mittelpunkt von Hass�, und Er
bekr�ftigt, dass Mirza Yahy�s �Intrigen und Hinterlist� ebenso
wie seine �R�cksichtslosigkeit und Verderbtheit� einen echten
�Hurrikan� in der Stadt entfesselten. Um das Potential der Uneinigkeit
unter den Gemeindemitgliedern zu reduzieren und den
16 M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The
Chosen Highway, S. 45-46ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
Gl�ubigen zu erlauben, selbst zu entscheiden, wem sie folgen
wollten, zog Bahau�ll�h sich 1854 aus Bagdad zur�ck. 18
Bevor Bahau�ll�h sich in die Wildnis zur�ckzog, ermahnte
Er die Gl�ubigen, Mirza Yahy� mit Respekt zu behandeln und
bot Seinem Halbbruder und dessen Familie sogar den Schutz
und die Gastlichkeit des Hauses an, in dem Seine eigene Familie
lebte.Das Gr��te Heilige Blatt beschreibt, wie ihre Mutter, ihr
Onkel Mirza M�s� und sie selbst bem�ht waren, aus Respekt
vor Bahau�ll�hs Wunsch alles in ihren Kr�ften Stehende zu
tun, um f�r Mirza Yahy�s Familie zu sorgen. Trotz ihrer F�rsorge
erwies er sich als ein sehr schwieriger Gast, der sich �ber
das Essen beklagte und dar�ber, dass man sich nicht gen�gend
bem�hte, f�r sein Wohlbefinden zu sorgen. Er lehnte es ab, sich
an der schweren Arbeit zu beteiligen. Die gr��te Belastung jedoch
war die st�ndige Angst Mirza Yahy�s, dass man ihn finden
und wegen seiner angeblichen F�hrerschaft der B�b�-Gemeinde
verhaften w�rde. Auf Grund seiner Angst hielt er die
T�ren des Hauses verschlossen und erlaubte niemandem, uns
zu besuchen. Als Navvabs j�ngster Sohn, der bald nach der Ankunft
in Bagdad geboren wurde, ernsthaft erkrankte, erlaubte
er nicht einmal, einen Arzt kommen zu lassen, und niemand
durfte nach dem Tod des kleinen Kindes ins Haus kommen, um
den K�rper f�r das Begr�bnis vorzubereiten. Vielmehr wurde
der K�rper einem Fremden �bergeben, der ihn mitnahm, um
ihn zu beerdigen. Die Familie hat niemals erfahren, wo er beerdigt
wurde.Bahayyih Kh�num schildert lebhaft diese Tage, die so voller
Trauer waren, und auf ihre Einsamkeit und die Qualen ihrer
Familienmitglieder verweisend, berichtet sie:�Ich f�hrte damals ein sehr einsames Leben und h�tte gerne
mit anderen Kindern Freundschaft geschlossen. Aber Subhi-
Azal [Mirza Yahy�] erlaubte weder, dass meine kleinen
Freunde mich besuchten, noch lie� er mich aus dem Haus.
18Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 2627;
S. 33Im Haus nebenan lebten zwei kleine M�dchen in meinem
Alter. Oft schaute ich ihnen durch den T�rspalt zu; aber jedes
Mal kam unser Gast und schimpfte mit mir, weil ich
die T�re ge�ffnet hatte, die er prompt wieder verriegelte.
St�ndig hatte er Angst, verhaftet zu werden und dachte nur
an seine eigene Sicherheit.Wir f�hrten damals ein sehr schwieriges und einsames Leben.
Er erlaubte uns nicht einmal zu dem Hamm�n19 zu gehen, um
dort zu baden. Niemand durfte in unser Haus kommen, um
uns zu helfen, und dadurch wurde die Arbeit sehr schwer.
Jeden Tag musste ich viele Stunden lang aus einem tiefen
Ziehbrunnen im Haus Wasser holen; die Seile waren hart
und rau, und der Eimer war schwer. Meine liebe Mutter half
mir gew�hnlich dabei, aber sie war nicht sehr stark, und
meine Arme waren ziemlich schwach. Niemals aber half
uns unser Gast dabei.Da mein Vater uns gehei�en hatte, diese tyrannische Person
zu respektieren und ihr zu gehorchen, versuchten wir dies
zu tun, aber es fiel uns nicht leicht, ihm diesen Respekt zu
erweisen da er unser Leben so ungl�cklich machte.�20
Shoghi Effendi beschreibt ausf�hrlich die au�ergew�hnlichen
Eigenschaften des Gr��ten Heiligen Blattes, die ihr
als Kind zu eigen waren: �Sie ertrug mit v�lliger Ergebenheit
und Hingabe schwere Pr�fungen. Sie verga� sich selbst, handelte
unAbhangig von ihrer Verwandtschaft, legte ihren Besitz
beiseite und befreite sich auf einen Schlag von jeglicher weltlichen
Bindung. Wie ein von Liebe trunkener Falter umkreiste
sie dann Tag und Nacht die Flamme der unvergleichlichen
Sch�nheit ihres Herrn.�2120 M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The
Chosen Highway, S. 5121 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 27
42ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
1856, nach zwei Jahren, kehrte Bahau�ll�h von Suleimaniya
nach Bagdad zur�ck und begann, das geistige Leben und die
Einheit der B�b�-Gemeinde zu pr�gen und neu zu beleben. In
Erwartung Seiner R�ckkehr fertigten Seine geliebte Frau und
das Gr��te Heilige Blatt einen wundersch�nen Mantel f�r Ihn
an. Ihre Nichte erinnert sich: �Sie arbeiteten an diesem Werk
der Liebe, indem sie kleine St�cke von rotem Tirmih22, einem
�u�erst kostbaren Stoff, zusammen n�hten. Dieser Stoff hatte
auf irgendeine Weise den Verlust des nahezu gesamten, umfangreichen,
sehr seltenen und kostbaren Hochzeitsschatzes �berlebt.
Sechs Monate lang n�hten und passten sie diese St�cke
zusammen, und ein wundersch�ner Mantel war das Ergebnis,
ein h�chst willkommenes Geschenk, denn Bahau�ll�h kehrte
in einem groben, rauen Derwischmantel heim. Und sie hatten
damals in Bagdad kein Geld, um einen Mantel zu kaufen.�23
Durch Bahau�ll�hs R�ckkehr nach Bagdad lebte ein neuer
Geist in der B�b�-Gemeinde auf. Sein Ansehen nahm st�ndig zu,
so dass sich viele geistig gesinnte Menschen aus allen Schichten
der Bev�lkerung angezogen f�hlten, Seine Botschaft zu erforschen
und Ihn um F�hrung zu bitten. Nach einigen Jahrenversuchten diejenigen, die auf Seinen Einfluss eifers�chtig waren
und f�rchteten, ihre Machtstellung zu verlieren, sich gegen
Ihn zu erheben und ein Einschreiten der weltlichen und geistlichen
Obrigkeiten zu erwirken. Ihre Aktivit�ten f�hrten letztlich
dazu, dass Bahau�ll�h mit einigen Seiner Anh�nger nach
Konstantinopel (heute Istanbul) und schlie�lich nach Adrianopel
(heute Edirne, T�rkei) verbannt wurde. Bevor Bahau�ll�h
von Bagdad abreiste, machte Er einige Seiner n�chsten Familienmitglieder
mit Seiner Stufe als Gottesoffenbarer vertraut.Shoghi Effendi hat die wichtigsten Ereignisse zusammen
gefasst, die in den zehn Jahren von 1853 bis 1863 w�hrend
des Aufenthalts Bahau�ll�hs in Bagdad stattgefunden haben.
Obwohl n�here Einzelheiten �ber Bahayyih Kh�nums Anteil an
diesen historischen Geschehnissen nicht bekannt sind, vermit
22 wertvoller Stoff aus Kaschmir oder feiner Wolle
23 Aus einem m�ndlichen Bericht Tub� Kh�nums, in Lady Bloomfield
The Chosen Highway, S. 93telt uns der folgende Auszug aus einem Brief Shoghi Effendis
einen faszinierenden und fesselnden Eindruck von der Bedeutung
ihres Beitrags:�Und wenn zu einer sp�teren Zeit dieses verehrte und edle
Mitglied der Heiligen Familie damals in jugendlichem
Alter von der f�hrenden Hand ihres Vaters mit Aufgaben
betraut wurde, die kein M�dchen ihres Alters h�tte auf sich
nehmen wollen oder k�nnen, ergriff sie mit spontaner Freude
ihre Gelegenheit und erf�llte die ihr anvertraute Pflicht!
Sowohl der schwierige und �u�erst ernste Charakter solcher
Aufgaben, die sie immer wieder durchzuf�hren hatte,
w�hrend sich zugleich durch die R�cksichtslosigkeit und
Verderbtheit Mirza Yahy�s in Bagdad ein m�chtiger Sturm
entfesselte und die Stadt �berschwemmte, als auch die z�rtliche
Sorge, die sie in so jungen Jahren w�hrend der Zeit bekundete,
in der Bahau�ll�h sich in die Berge von Sulaym�niyyih
zur�ckgezogen hatte, heben sie als einen Menschenhervor, der sowohl f�hig als auch gewillt ist, Belastungen
auf sich zu nehmen und das durch ihre hohe Geburt von ihr
verlangte Opfer darzubringen.�24Im Mai 1863 verlie� Bahau�ll�h Bagdad, begleitet von Familienmitgliedern
und sechsundzwanzig Anh�ngern. Da vieleprominente Pers�nlichkeiten wie auch das einfache Volk
Bahau�ll�h hoch sch�tzten, kam es bei Seiner Abreise �zu tumultartigen
Szenen�. Der H�ter berichtet dar�ber:�Auf Seinem Pferd, einem Rotschimmelhengst edelsten
Gebl�ts, dem besten, das Seine Freunde f�r Ihn hatten erwerben
k�nnen, ritt Er an den gebeugten R�cken unz�hliger
gl�hender Bewunderer vorbei zur ersten Etappe einer Reise,
die Ihn nach Konstantinopel f�hren sollte.24 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 33
44ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
... Eine Karawane wurde zusammen gestellt aus f�nfzig
Maultieren, einer berittenen Garde von zehn Soldaten und
einem Offizier, sowie sieben Paaren Howdahs mit je vier
Sonnenschirmen best�ckt, und zog nun innerhalb eines
Zeitraums von hundertzehn Tagen in kleinen Tagesetappen
durch die Gebirge und Schluchten, die W�lder, T�ler und
Triften der malerischen Landschaften Ostanatoliens ihres
Weges bis zum Hafen S�ms�n am Schwarzen Meer.�25�Man kann sagen, dass mit der Ankunft Bahau�ll�hs in
Konstantinopel 1863, der Hauptstadt des Osmanischen Reiches
und dem Sitz des Kalifats ... das grausamste, unheilvollste und
dennoch ruhmreichste Kapitel ... des Heroischen Zeitalters
Seiner Sendung ... aufgeschlagen wurde.� Der H�ter best�tigt,
dass �nun ein Zeitabschnitt begann, in dem uns�gliche Entbehrungen
und beispiellose Pr�fungen mit den herrlichsten geistigen
Siegen einhergingen.�26 Diese Zeit ist durch Bahau�ll�hs
�ffentliche Erkl�rung Seiner Sendung und Stufe gekennzeichnet
und durch den Beginn Seiner Verk�ndigung dieser Mission
durch eine Reihe von Briefen und schwerwiegenden Botschaften,
die Er an die K�nige und Herrscher der Welt sandte.
Die Anfangsphase der Verk�ndigung Bahau�ll�hs begann in
Konstantinopel und f�hrte dazu, dass die osmanische Regierung
die Verbannten urpl�tzlich mitten im Winter nach Adrianopel
weiter verbannte. Shoghi Effendi schreibt: �Bahau�ll�h, Seine
Familie und Seine Gef�hrten brachen unter den Tr�nen ihrer
zur�ckbleibenden Freunde, von t�rkischer Polizei begleitet, an
einem kalten Dezembermorgen auf einige im Wagen, andere
auf Tragtieren, die Habe auf Ochsenkarren zu ihrer zw�lft�gigen
Reise, die sie quer durch ein frostiges, von heftigen St�rmen
durchbraustes Land in eine Stadt f�hrte, die Bahau�ll�h
als einen Ort kennzeichnet, �der nur von solchen betreten wird,
die sich gegen die Amtsgewalt des Herrschers aufgelehnt haben.�
Bahau�ll�h weist auf die Leiden hin, welche die Verbannten
erduldeten und bezeugt, �Sie trieben Uns aus deiner
25 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 219; 9:9 und S. 220; 9:10
26 ebenda, S. 222, 9:13Stadt (Konstantinopel) und haben Uns dabei so gedem�tigt, wie
man niemanden auf Erden je dem�tigte.� In einem Seiner Sendschreiben
beschreibt Er, was sich ereignet hatte:�Als sie Uns aus deiner Stadt verbannten, setzten sie Uns in
Karren, wie sie die Menschen gew�hnlich f�r Gep�ck und
dergleichen benutzen. So behandelten sie Uns, falls du die
Wahrheit wissen willst. So wurden Wir weggeschickt und in
die Stadt gebracht, die sie als die Wohnstatt der Aufr�hrer
betrachten. Bei Unserer Ankunft konnten wir keine Bleibe
finden und wohnten notgedrungen an einem Ort, den nur
der bed�rftigste Fremdling in seiner Not betreten w�rde.
Dort wohnten Wir eine Weile. Als Wir zunehmend unter den
beschr�nkten R�umlichkeiten litten, mieteten Wir H�user,
die ihre Bewohner verlassen hatten, weil sie so kalt waren.
So waren Wir im tiefsten Winter gezwungen, in H�usern zu
wohnen, die nur im Sommer bewohnbar sind. Weder Meine
Familie noch die, die Mich begleiteten, hatten die notwendige
Kleidung, sich gegen die schneidende K�lte dieses eisigen
Wetters zu sch�tzen.�27Der Chronist Nab�l beschreibt die k�rperlichen M�hsale, welche
die Verbannten auf sich nehmen mussten: �In diesem Jahr
herrschte so strenge K�lte, dass selbst die �ltesten Leute sich
nicht erinnern konnten, je einen so harten Winter erlebt zu haben.
In einigen Gegenden Persiens und der T�rkei erlagen selbst
Tiere dem Frost und kamen in Schneest�rmen um. Die Gegend
am oberen Euphrat, um Ma�dan-Nuqr�h, war mehrere Tage lang
mit Eis bedeckt, was bisher noch nie vorgekommen war, und in
D�y�r-Bakr blieb der Fluss volle vierzig Tage zugefroren. Einer
jener nach Adrianopel Verbannten erinnert sich: �Um Wasser aus
den Quellen zu sch�pfen, musste direkt daneben ein Feuer gemacht
und stundenlang unterhalten werden, bis sie auftauten.�28
27 Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung, S�ratu�l-Mul�k S. 236-237,
Abs. 7528 Nabil, zitiert in Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 227; 9:22; Bericht
eines Verbannten, zitiert ebendaihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
In ihrem sp�teren Leben schildert Bahayy�h Kh�num auf
ergreifende Weise die Ereignisse, die sich kurz vor der Verbannung
Bahau�ll�hs und Seiner Familie aus Konstantinopelund ihrer Abreise nach Adrianopel zugetragen hatten.
Sie erinnert sich an die �Verzweiflung und Ungewissheit�,
die dadurch verursacht wurden, dass die Beh�rden drohten,
Bahau�ll�h an den einen, die Familienmitglieder an einen
anderen Ort und Seine Anh�nger wiederum irgendwo anders
hinzuschicken. Sie sagte, �diese Reise war die schrecklichste�,
die die Verbannten bisher erlebt hatten. Sie erinnert sich:
�Es war zu Beginn des Winters und sehr kalt; fast ununterbrochen
schneite es heftig. Da wir weder warme Kleidungnoch richtige Nahrung hatten, war es ein Wunder, dass wir
die Reise �berlebten. Als wir in Adrianopel ankamen, waren
wir alle krank sogar die jungen und starken. �Jener Winter�,
so versichert sie, �war f�r uns eine Zeit heftigster Leiden
wegen der K�lte, dem Hunger und vor allem wegen der
schrecklichen Ungeziefer, von denen es in unserem Hause
wimmelte.�29Shoghi Effendi macht darauf aufmerksam, wie stark sich
diese Erfahrungen ein Leben lang auf das Gr��te Heilige Blatt
auswirkten. �Ein au�ergew�hnlich harter Winter in Verbindung
mit den Entbehrungen, die die ungesunde Unterkunft und die
verheerende finanzielle Notlage w�hrend dieser Zeit �u�erster
Angst und Sorge mit sich brachte: Dies alles richtete ihre Gesundheit
f�r immer zugrunde und schw�chte ihre Lebenskraft,
derer sie sich bis dahin so sehr erfreute.�30Die Ankunft Bahau�ll�hs und der Verbannten in Adrianopel
im Dezember 1863 bildet den Hintergrund f�r den n�chsten
Akt dieser dramatischen Entfaltung des Baha-Glaubens.
Shoghi Effendi schreibt: �Der Vorhang hebt sich zu dem anerkannterma�en
bewegtesten, gef�hrlichsten Abschnitt des erstenBahai-Jahrhunderts, einem Abschnitt, der doch zugleich
die ruhmreichste Phase des Wirkens Bahau�ll�hs er�ffnen
29 Das Gr��te Heilige Blatt, zitiert in Myron Phelps Master in �Akka,
S. 47-4830 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34
47sollte: Die Verk�ndigung Seiner Botschaft an die Welt und ihre
Herrscher.�31Der Aufenthalt in Adrianopel sollte f�nf Jahre dauern, von 1863
bis 1868. Nach kurzer Zeit gewann Bahau�ll�h den Respekt und
die Bewunderung der Regierungsbeamten und die Liebe der Bev�lkerung.
Aber je mehr Seine geistige Stufe sichtbar wurde, um
so mehr beunruhigten sich Seine Feinde, besonders Sein Halbbruder
Mirza Yahy�, der sich tatkr�ftig aufmachte, nicht nur die
moralische F�hrung Bahau�ll�hs in der Gemeinde anzufechten,
sondern auch nach Seinem Leben trachtete. Bahau�ll�h nennt
diese Zeitspanne voll von Ersch�tterungen und Krisen �Tage
der Anspannung�. Inmitten dieser gr��ten Krise offenbarte Er
ein Sendschreiben, in dem Er die Tragweite Seines Anspruchs,
der verhei�ene Gottesoffenbarer f�r dieses Zeitalter zu sein, klar
darstellt. Er veranlasste, dass der Inhalt dieses Sendschreibens
MirzaYahy�, demjenigen, der dieAutorit�t und F�hrerschaft anfocht
und den anderen B�b�smitgeteiltwurde. MirzaYahy�sAblehnung,
die Stufe Bahau�ll�hs anzuerkennen, bedeutete das Signal
zum offenen und endg�ltigen Bruch zwischen Bahau�ll�h
und Mirza Yahy�. Dieser Bruch stellt eines der d�stersten Daten
in der Bahai-Geschichte dar. Bahau�ll�h Selbst beschreibt
dieses Ereignis als die �gr��te Trennung�. �Um jedem einzelnen
Verbannten die volle Freiheit zu lassen, zwischen Ihm und den
Feinden zu w�hlen, zog sich Bahau�ll�h mit Seiner Familie�
f�r einige Monate von allen Gl�ubigen zur�ck. Am Ende dieser
Zeit akzeptierten fast alle Gl�ubigen die Stufe Bahau�ll�hs und
gelobten Ihm die Treue.32Der Ernst dieser Krise, berichtet Shoghi Effendi �bereitete
Bahau�ll�h unermessliche Sorgen, lie� Ihn sichtlich altern
und versetzte Ihm durch seine Auswirkungen den schwersten
31 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 228; 9:24
32 Bahau�ll�h, zitiert ebenda, S. 229; 10:1; Shoghi Effendi, Gott geht
vor�ber, S. 234; 10:8 und 10:1; Bahau�ll�h, zitiert ebenda, S. 229;
10:1ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
Schlag, den Er je in Seinem Leben hatte aushalten m�ssen.�
Dennoch hielt Ihn das nicht davon ab, die n�chste Phase der
Verk�ndigung Seiner Mission einzuleiten. Shoghi Effendi
weist darauf hin:�Obwohl Bahau�ll�h von Kummer gebeugt war und noch
immer an den Folgen des Mordanschlags litt, und obwohl
Er sich bewusst war, dass eine neue Verbannung h�chstwahrscheinlich
bevorstand, erhob Er sich dennoch mit beispielloser
Macht, ungeachtet des Schlages, den Seine Sacheempfangen hatte, ohne R�cksicht auf die Gefahren, von denen
sie umringt war, und noch bevor die Feuerprobe v�llig
�berstanden war, um die Ihm aufgetragene Sendung denen
zu verk�nden, die in Ost und West die Z�gel h�chster irdischer
Macht in H�nden hatten. Durch diese Verk�ndigungsollte die Sonne Seiner Offenbarung in ihrem Mittagsglanz
erstrahlen, sollte Sein Glaube die ganze F�lle Seiner g�ttlichen
Macht offenbaren.�33Und tats�chlich, mitten in diesem Aufruhr offenbarte
Bahau�ll�h Sendschreiben, welche die Bedeutung Seiner Stufe
und Botschaft voll und ganz erkl�rten. Die Auswirkung dieser
Sendschreiben und die anhaltenden Machenschaften Mirza
Yahy�s und seiner Verb�ndeten ermutigten die �u�eren Feinde
des Glaubens, und sie boten den Anlass, Bahau�ll�h, Seine Familie
und Anh�nger aufs Neue zu verbannen.Die Familienmitglieder Bahau�ll�hs wurden Zeuge dieser
oben beschriebenen Geschehnisse. In ihren Erinnerungen weist
Bahayyih Kh�num darauf hin, dass die Familie sehr arm war
und st�ndig gro�e Not litt. Sie hatten sich tats�chlich so an das
Leiden gew�hnt, dass sie relativ zufrieden h�tten leben k�nnen,
w�re da nicht �dieses Gef�hl der Angst und Vorahnung einer
unbekannten Gefahr� und die Aktionen Mirza Yahy�s gewesen.
Einige dieser dramatischen Schreckensszenen jener Jahre sind
in den Berichten Bahayyih Kh�nums zu finden, in denen sie
33 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 230; 10:1; S. 238-239; 10:16
49auch die Antwort Mirza Yahy�s auf die Erkl�rung Bahau�ll�hs
folgenderma�en beschreibt:�Bahau�ll�h erkl�rte zu dieser Zeit ausf�hrlich, dass Er der
Verhei�ene war, den ,Gott offenbaren werde�, und Der, den der
B�b angek�ndigt hatte. Er schrieb das �Sendschreiben der Erkl�rung�(
Lawh-i-Amr) und ordnete an, dass Sein Sekret�r es zu
Subh-i-Azal34 bringen solle, der, nachdem er es gelesen hatte,
sehr w�tend und ,vom Feuer der Eifersucht verzehrt wurde�.
Er lud Bahau�ll�h zu einem Fest ein und teilte sich mit Ihm
eine Speise, in deren eine H�lfte er Gift gemischt hatte. Dieser
Anschlag hatte zur Folge, dass Bahau�ll�h einundzwanzig
Tage lang ernsthaft erkrankte.Aus Wut �ber den Misserfolg versuchte Subh-i-Azal einen neuen
Plan. Er versuchte den Badew�rter zu bestechen, Bahau�ll�h
w�hrend Seines Bades zu ermorden und fl�sterte ihm ein, wie
einfach, ohne Furcht vor Entdeckung, er dies tun k�nne.
Dieser Mann geriet in derartige Panik und Schrecken, dass
er unbekleidet auf die Stra�e lief.�35Bahayyih Kh�num erinnert sich auch daran, dass Bahau�ll�h
w�hrend Seines Aufenthalts in Konstantinopel an die K�nige
und Herrscher der Welt Sendschreiben offenbarte. Sie bemerkt:
�Er verk�ndete nun offener, dass Seine Autorit�t g�ttlich und
Ihm direkt von Gott verliehen war, den unter verschiedenen
Namen alle Religionen der Welt erwarteten.� Sie best�tigt:
�Die Ersch�tterung war gro�; der von Ihm ausstrahlende heilige
Einfluss erreichte immer weitere und gr��ere Kreise.�36
34Bahayyih Kh�num, zitiert in Myron Phelps Master in �Akka, S. 48-50;
M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The
Chosen Highway, S. 60M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The
Chosen Highway S. 63ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
Sie beschreibt die furchtbaren Folgen f�r die Familie und
f�r den Glauben, die das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen
den anhaltenden Machenschaften Mirza Yahy�s und der
Reaktion der Feinde des Glaubens auf Bahau�ll�hs zunehmenden
Einfluss waren:�Die Unruhen und das Unheil, das Subh-i-Azal damals verursachte,
hielten best�ndig an, so dass die Autorit�ten dieGeduld verloren und beschlossen, den Geliebten und Seine
Familie erneut zu verbannen.Jedoch war nicht allein das Verhalten Subh-i-Azals der Anlass
zu dieser weiteren Verbannung. Unsere stets wachsamen
Feinde, die den gro�en Einfluss Bahau�ll�hs f�rchteten,
nutzten den st�ndigen �rger des verr�terischen Halbbruders
als Vorwand, die Regierung zu veranlassen, diesen erhabenen
Gefangenen an einen Ort zu verbannen, an dem keingebildeter und angesehener Mensch Ihn aufsuchen k�nne.
Die Verleumdungen Subh-i-Azals waren in der �ffentlichkeit
verbreitet und die Regierungsvertreter so beeinflusst,
dass sie ihnen Glauben schenkten. ...�37Der H�ter beschreibt, wie das Gr��te Heilige Blatt an diesen
Ereignissen in Adrianopel teil hatte und wie sie auf �die
Kr�fte der Spaltung� reagierte, und er versichert: �W�hrend
der gr��ten Trennung, die in den Jahren der ,Anspannung� jedes
Herz erbeben lie�, stand sie wie eine hochaufragende S�ule
unersch�tterlich und fest; und dieses Blatt des ewigen Lotusbaumes
erzitterte nicht durch die emporsteigenden St�rme der
Trostlosigkeit.�38Shoghi Effendi hebt ihre besonderen Wesensz�ge hervor
und lenkt unsere Aufmerksamkeit auf ihren unersch�tterlichen
Glauben, ihre Gelassenheit und Bereitschaft zu verzeihen.
37 ebenda, S. 6138 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 33; S.
27Obwohl geschichtliche Einzelheiten nicht bekannt sind, weist
Shoghi Effendi darauf hin, dass sie besondere Schritte und
Strategien unternahm, um den F�hrungsanspruch Bahau�ll�hs
in der Gemeinde zu wahren und das Verst�ndnis einiger Gl�ubiger
�ber die Stufe und Autorit�t Bahau�ll�hs zu vertiefen.
Er schreibt: �Sie f�hrte das Feld an, indem sie die Herzen gewann,
die Seelen f�r sich einnahm und Zweifel und Missverst�ndnisse
zerstreute. Mit den Wassern ihrer unendlichen G�te
brachte sie dornige Herzen zum Erbl�hen in der Liebe Gottes,
und durch den Einfluss ihrer reinen Liebensw�rdigkeit verwandelte
sie die Unvers�hnlichen und Unbeugsamen in entflammte
Liebende, die der unvergleichlichen Sache der himmlischen
Sch�nheit v�llig ergeben waren.�39Gro�e Ungewissheit und Verwirrung herrschten in den Tagen,
bevor der schicksalhafte Beschluss, Bahau�ll�h und Seine
Anh�nger erneut zu verbannen, erlassen wurde. Ger�chte gingen
umher, dass die Verbannten verstreut und an unterschiedliche
Orte verbannt oder heimlich hingerichtet werden sollten.
Dann wurde pl�tzlich der Befehl bekannt gegeben. Shoghi
Effendi schreibt: �Eines Morgens wurde pl�tzlich das Haus
Bahau�ll�hs von Soldaten umstellt, an den Toren zogen Wachen
auf, Seine Anh�nger wurden wieder einmal vor die Beh�rden
zitiert und verh�rt und erhielten die Weisung, sich zur
Abreise fertig zu machen.� Sowohl innerhalb der Familie als
auch in der Gemeinde fand der durch diesen Befehl ausgel�ste
Tumult Widerhall. Wenn Bahayy�h Kh�num sich in ihrem
sp�teren Leben daran erinnerte, war es f�r sie �als ob wir erst
gestern in dieses neue Ungl�ck gest�rzt worden w�ren.� Sie
berichtet, wie die untr�stlichen Freunde und Anh�nger in den
Garten von Bahau�ll�hs Haus str�mten und entschlossen waren,
diese Trennung nicht zuzulassen. Telegramme wurden an
die Regierung in Konstantinopel gesandt, um einen Aufschub
zu erbitten. Schlie�lich verlie� Bahau�ll�h mit Seiner Familie
am 12.August 1868 Adrianopel und begab sich unter der Bewachung
einer t�rkischen Eskorte nach Gallipoli. Jedoch war
39 ebenda, S. 27-28ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
der endg�ltige Verbannungsort zur Zeit ihrer Abreise noch unbekannt.
Um die Lage Seiner Familie zu erleichtern und sie zu
besch�tzen, ersuchte Bahau�ll�h den Sultan um ein Gespr�ch,
damit Er die Gelegenheit bekomme, die Wahrheit Seines Anspruchs
zu beweisen, aber dieses Gesuch wurde unbeachtet gelassen.
In einem Sendschreiben erkl�rt Bahau�ll�h, warum Er
sich zu diesem Schritt veranlasst sah: �Wenngleich es Ihm, der
die Wahrheit ist, nicht ansteht, sich an irgendeinen Menschen
zu wenden, da ja alle erschaffen sind, Ihm zu gehorchen, so
haben Wir doch im Hinblick auf die Lage dieser kleinen Kinder
und die gro�e Zahl Frauen, die so weit von ihren Freunden
und ihrer Heimat verbannt wurden, in diese Sache eingewilligt.
Trotzdem ist nichts geschehen.�40In demselben Sendschreiben dr�ckt Bahau�ll�h Seine Emp�rung
�ber die Leiden aus, welche die Regierung �ber Seine
Familie und Seine Gef�hrten gebracht hatte und h�lt dem Sultan
vor: �Selbst wenn du diesem Lebensspender und Welterneuerer
die Verantwortung f�r Aufruhr und Streit anlastest welches
Verbrechen sollten Frauen, Kinder und stillende M�tter begangen
haben, da� die Gei�el deines Zorns sie trifft? Noch nie
hat eine Religion Kinder zur Verantwortung gezogen.�41 Dann
f�hrt Er weiter fort:�Du hast Menschen ausgeraubt, die weder rebellierten noch
der Obrigkeit den Befehl verweigerten. Nein, sie blieben
unter sich und gedachten Gottes Tag und Nacht. Als sp�ter
der Verbannungsbefehl gegen diesen J�ngling erging, waren
alle best�rzt. Doch die mit Meiner Verbannung beauftragten
Beamten erkl�rten: �Die anderen wurden keines Vergehens
beschuldigt und nicht durch die Regierung ausgewiesen.
Sollten sie dich zu begleiten w�nschen, wird sie niemand
daran hindern.� Diese Ungl�ckseligen trugen daher alle
Kosten selbst und gaben ihren Besitz daf�r hin. Sie gaben
40M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield The
Chosen Highway, S. 62; Bahau�ll�h Anspruch und Verk�ndigung,
Lawh-i-Ra��s, S. 181/182:2sich mit Unserer Gegenwart zufrieden, setzten ihr ganzes
Vertrauen in Gott und reisten noch einmal mit Ihm, bis die
Festung von �Akka zum Gef�ngnis von Bahá wurde.�42
Shoghi Effendi schildert die zerm�rbende Ungewissheit,
welche die Gl�ubigen in jener Zeit qu�lte:�Selbst in Gallipoli, wo man drei N�chte blieb, wusste noch
kein Mensch, was das Schicksal Bahau�ll�hs sein werde.
Die einen glaubten, dass Er und Seine Br�der an denselben
Ort verbannt, die �brigen aufgeteilt und ins Exil geschickt
w�rden. Andere meinten, Seine Gef�hrten w�rden nach Persien
zur�ckgeschickt, w�hrend wieder andere ihre Hinrichtung
erwarteten. Der urspr�ngliche Regierungsbefehl hie�,
Bahau�ll�h, �q�y-i-Kal�m43 und Mirza Muhammad-Qul�
zusammen mit einem Diener nach �Akka zu verbannen und
die �brigen nach Konstantinopel zu schicken. Dieser Befehl,
der Szenen unbeschreiblichen Jammers zur Folge hatte,
wurde jedoch auf Grund der Vorstellungen Bahau�ll�hs
und der Vermittlung �Umar Effendis, eines Majors, der die
Verbannten zu begleiten hatte, wieder zur�ck genommen.
Schlie�lich wurde beschlossen, alle Exilanten, etwa siebzig
an der Zahl, nach �Akka zu verbannen.�44Bis zu einem gewissen Grad waren die Gl�ubigen beruhigt,
dass sie letztendlich doch nicht von Bahau�ll�h getrennt wurden.
Shoghi Effendi vermerkt jedoch: �Die Gefahren und Tr�bsale,
denen sich Bahau�ll�h bei Seiner Abreise von Gallipoli
gegen�bersah, waren so schwer, dass Er warnend zu Seinen
Gef�hrten sagte, dass diese Reise mit keiner der fr�heren Reisen
zu vergleichen sein werde und dass, wer sich nicht Manns
genug f�hle, der Zukunft ins Auge zu blicken, besser daran t�te,
an einen beliebigen anderen Ort zu gehen, um vor Pr�fungen
bewahrt zu bleiben; denn sp�ter werde es keine M�glichkeit
42 Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung, S. 182,3
43 Mirza M�s�44 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 252; 10:43
54ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
des Entkommens mehr geben. Seine Gef�hrten achteten jedoch
einm�tig dieser Warnung nicht.�45Bahau�ll�h, Seine Familie und Gef�hrten brachen von Gallipoli
am 21. August 1869 zum vierten und letzten Abschnitt
ihrer Verbannung auf. Im Verlauf dieser Reise mussten die Vertriebenen
dreimal auf andere Schiffe umsteigen; es liegt auf
der Hand, dass gerade die Kinder hierunter litten. Ihr Bestimmungsort
war die Gef�ngnisstadt �Akka, wohin die t�rkischen
Obrigkeiten die schlimmsten Verbrecher schickte.46
Offensichtlich z�hlten die �u�erst hohe Anspannung und
Angst f�r die Familie und die Gef�hrten Bahau�ll�hs, die
die Machenschaften der inneren wie der �u�eren Feinde des
Baha-Glaubens hervorriefen, zu den gr��ten Herausforderungen
w�hrend der Jahre in Adrianopel. Shoghi Effendi bezeugt
die Wirkung dieser Anspannungen auf das Gr��te Heilige
Blatt, indem er feststellt: �Die Anspannung und Unruhe
jener Zeit wirkten sich nachhaltig auf ihr Gem�t aus, so dass
ihr sch�nes und engelhaftes Gesicht die Z�ge dieses gro�en
Leides bis zu ihrem Tod beibehielt.�47Mit der Verbannung Bahau�ll�h�s nach �Akka beginnt die letzte
Phase Seines Wirkens. Die vierundzwanzig Jahre, die Er bis
zu Seinem Hinscheiden im Jahre 1892 hier verbrachte, umfassen
mehr als die H�lfte Seiner gesamten Amtszeit. Diese Verbannung
wird nach den Worten des H�ters �in die Geschichte
als ein Zeitabschnitt eingehen, in dem sich ein wundersamer
und wahrhaft umw�lzender Wandel in den Lebens- und Wirkensumst�nden
des Verbannten vollzog.� Man wird dieserVerbannung �vor allem der Verfolgungen wegen gedenken, die
in Seinem Heimatland zwar mit Unterbrechungen, aber ungew�hnlich
grausam wieder aufflammten, und ob des gleichzeitigen
Wachstums der Zahl Seiner Anh�nger und schlie�lich
45 ebenda, S. 253; 10:4446 Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung, Lawh-i-Ra��s, S. 183:5
47 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34
55auch wegen der Tragweite und des Umfangs der gewaltigen
Zunahme Seines Schrifttums.�48Mit der Ankunft der Verbannten in �Akka begann �eine sehr
schwere Krise, die von bitterem Leid, strengen Einschr�nkungen
und heftigem Aufruhr gekennzeichnet war.� In einem
Seiner Sendschreiben schreibt Bahau�ll�h: �Die Beamten erteilen
jeden Tag neue Befehle, und ein Ende ihrer Tyrannei ist
nicht in Sicht.Tag und Nacht schmieden sie neue R�nke.� Er
best�tigt ebenso: �Seit der Erschaffung der Welt bis auf den
heutigen Tag ward solche Unmenschlichkeit nie gesehen noch
von ihr geh�rt.� Tats�chlich waren die ersten neun Jahre dieser
Verbannung so entsetzlich, dass Bahau�ll�h �Akka als das
�Gr��te Gef�ngnis� bezeichnet. Er nennt �Akka �die trostloseste
Stadt der Welt, die unansehnlichste von allen, und sie habe
das abscheulichste Klima, das fauligste Wasser und in ihren
Mauern sei nur der Widerhall der Eulen Schreis zu h�ren. Man
m�chte meinen, sie sei die Stammburg der Eulen.�49
Besonders qualvoll war der letzte Abschnitt der Reise nach
�Akka, den Bahayyih Kh�num anschaulich schildert:�Schlie�lich kamen wir in Haifa an, wo wir mit St�hlen
an Land getragen werden mussten. Hier blieben wir einige
Stunden, um dann zur letzten kurzen Strecke unserer
Seereise wieder eingeschifft zu werden. Die Hitze ... war
�berw�ltigend. Wir wurden in ein Segelboot verfrachtet, auf
dem wir acht Stunden bei Windstille und ohne Schutz vor
den gl�henden Sonnenstrahlen furchtbare Qualen ertrugen,
bis wir zuletzt �Akka erreichten, das Ende unserer Reise.
Unter gro�en Schwierigkeiten konnten wir hier anlegen.
Die Frauen unserer Gruppe wurden an Land getragen.
48ebenda, S. 256; 11:6; Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung,
Law-i-Ra���s, S. 183-184:6; Bahau�ll�h, zitiert in Shoghi Effendi
Gott geht vor�ber, S.256 258; 11:6; 11:10; 11:6; 11:8; Bahau�ll�h,
Anspruch und Verk�ndigung, S�ratu�l-Haykal: N�siri�d-D�n Sh�h,
S. 153:267ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
Alle Einwohner der Stadt hatten sich versammelt, um die
Ankunft der Gefangenen mitzuerleben. Da ihnen gesagt worden
war, dass wir Treulose, Verbrecher und Aufr�hrer seien,
war die Haltung der Menge uns gegen�ber sehr bedrohlich.
Ihre Verfluchungen und Verw�nschungen erf�llten uns mit
neuer Qual. Wir f�rchteten uns vor dem Unbekannten. Wir
wussten nicht, was unserer Gruppe, den Freunden und uns
selbst bevorstand.Man brachte uns in die alte Festung von �Akka, wo wir zusammengepfercht
wurden. Dort gab es kaum Luft; man gabuns ein wenig sehr altes, grobes Brot; wir konnten kein frisches
Trinkwasser bekommen, und unsere Leiden wurdennicht weniger. Dann brach Typhus aus, fast alle erkrankten
daran.�Abdu�l-Bahá wandte sich an den Gouverneur, der jedoch
zun�chst wenig geneigt war, die harten, von ihm verordneten
Bestimmungen, zu lockern.Der Mufti hatte in der Moschee einen Farman50 vor dem
Volk verlesen, der voller falscher Beschuldigungen war.
Wir wurden als Feinde Gottes und als die schwersten Verbrecher
beschrieben. Das Volk wurde ermahnt, diese �blenMisset�ter zu meiden. Das rief nat�rlich starken Hass und
bittere Feindschaft gegen uns hervor.�51Bahau�ll�h berichtet �ber die M�hsale, welche die Verbannten
bei der Ankunft im Gef�ngnis erduldeten. Er bezeugt:
�Bei unserer Ankunft wurden wir von Wachen umzingelt und
alle zusammen M�nner und Frauen, jung und alt in der Kaserne
gefangen gesetzt. In der ersten Nacht erhielten wir weder
zu essen noch zu trinken, denn die Wachposten, die das Kasernentor
bewachten, durften niemanden passieren lassen. Nie
50 Erlass, Edikt51 M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady Bloomfield, The
Chosen Highway, S. 66mand dachte an den schlechten Zustand dieser Ungl�ckseligen.
Selbst als sie um Wasser baten, wurde es ihnen verweigert.�52
Das Gr��te Heilige Blatt war unter den Erkrankten. In ihrem
sp�teren Leben erinnerte sie sich daran, wie sie bei ihrer
Ankunft im Gef�ngnis von dieser entsetzlichen Situation �berw�ltigt
und ohnm�chtig wurde. Ihre Freunde versuchten vergeblich,
frisches Wasser zu bekommen, damit sie wieder dasBewusstsein erlange. Sie waren gezwungen, ungenie�bares
Wasser aus einer schmutzigen Pf�tze auf dem Boden zu nehmen,
mit dem ein Mann, der Matten anfertigte, seine Binsen
anfeuchtete. Aus dieser Pf�tze entnahm man etwas Wasser,
siebte es und befeuchtete damit ihre Lippen. Doch es war so
ekelhaft, dass sie erneut ohnm�chtig wurde. Schlie�lich kam
sie zu Bewusstsein, nachdem man ihr etwas Wasser in das Gesicht
gespritzt hatte. Sie beschreibt auch, wie furchtbar es sich
auf den Gesundheitszustand der Bábys und kleinen Kinder
auswirkte, dass sie nichts zu essen und zu trinken hatten, und
berichtet, dass immer, wenn man Bahau�ll�h etwas Nahrung
brachte, Er anordnete, es den kleinen Kindern zu geben.53
Die physischen Entbehrungen und das Vorgehen, die Verbannten
von der �brigen Bev�lkerung zu isolieren, dauerten
eine Zeit lang an. Bahayyih Kh�num berichtet, dass sie w�hrend
der ersten beiden Jahre, die sie dort verbrachten, nur dreimal
das Gef�ngnis f�r ganz kurze Zeit verlassen durften. Au�erdem
hatten sie nur sehr wenig Geld, und niemand half ihnen bei den
Aufgaben des t�glichen Lebens, so dass gro�enteils Navvab,
Bahau�ll�hs geliebte Ehefrau, und das Gr��te Heilige Blatt f�r
die ganze Familie waschen, kochen, n�hen und die Kleidung
ausbessern mussten.54Eine weitere Auswirkung der strengen Einkerkerung der
Verbannten war, dass es f�r die Pilger unm�glich wurde, in die
52Bahau�ll�h, Anspruch und Verk�ndigung, Lawh-i-Ra��s, S. 182-183:4
Nach Erinnerungen des Gr��ten Heiligen Blattes, in Myron Phelps
Master in �Akka, S. 78; S. 80-81Nach den m�ndlichen Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in Lady
Bloomfield The Chosen Highway, S. 68; siehe Tub� Kh�num, in ebenda,
S. 93ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
Gegenwart Bahau�ll�hs zu gelangen. Bahayy�h Kh�num erw�hnt:
�Als Nab�l, der Geschichtsschreiber, nach �Akka kam,
durfte er die Stadt nicht betreten. Einige Zeit verbrachte er in
der H�hle des Elias auf dem Berg Karmel. Von dort aus ging
er gew�hnlich (ungef�hr zehn Meilen) zu einer Stelle jenseits
der Festungsmauern, von wo aus er die Fenster unserer drei
kleinen Gef�ngniszellen sehen konnte. Hier wartete er auf das
seltene und hei� ersehnte Gl�ck, Bahau�ll�hs Hand vom mittleren
kleinen Fenster aus winken zu sehen.�55Der pl�tzliche und tragische Tod im Jahre 1870 von Mirza
Mihd�, dem geliebten Sohn Bahau�ll�hs, der als der Reinste
Zweig bekannt war, vermehrte die Sorgen und das Leid der
Verbannten. Im Alter von zweiundzwanzig Jahren st�rzte er,
w�hrend er im Gebet versunken auf dem Dach der Gef�ngnisbaracken
auf und ab schritt, durch einen Lichtschacht underlag seinen Verletzungen. Als Bahau�ll�h herbeigerufen wurde,
bat er flehentlich seinen Vater, �dass sein Leben als Opfer
angenommen werde f�r alle, die daran gehindert werden, in die
Gegenwart ihres Geliebten zu gelangen,� und es so zu erm�glichen,
dass die Pilger in die Gegenwart Bahau�ll�hs kommen
konnten. Dieses mit so viel Liebe dargebrachte Opfer wurde
angenommen. Allm�hlich �ffneten sich die T�ren f�r die Pilger,
die aus Persien und anderen L�ndern der Welt kamen.56
Zu den Leiden, die Bahau�ll�h und die Verbannten ertrugen,
kam noch ein Verleumdungsfeldzug voller Schm�hungen
und Intrigen hinzu, angef�hrt von denen, die sich gegen Seine
F�hrerschaft auflehnten. Obwohl Bahau�ll�h Seine Anh�nger
ausdr�cklich davor gewarnt hatte, sich an ihren Peinigern zu
r�chen, missachteten einige Gl�ubige Seine Anweisungen und
t�teten drei ihrer Verfolger. Ihre �berst�rzte Tat f�hrte dazu,
dass Bahau�ll�h in Gewahrsam genommen und zum Verh�r
dem Stadtkommandanten vorgef�hrt wurde. Auch flammte dadurch
die Feindschaft der Bev�lkerung gegen�ber den Vertriebenen
wieder auf.5755 M�ndliche Erz�hlungen Bahayyih Kh�nums, in ebenda, S. 68
56 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 260-261; 11:12
57 Weitere Einzelheiten siehe ebenda, S. 262; 11:16 11:21
59Mit der Zeit erkannten alle Schichten der Bev�lkerung die
Unschuld Bahau�ll�hs, und der Geist Seiner Lehren drang in
ihr Bewusstsein. Shoghi Effendi verweist darauf, dass �die
Hochflut des Elends und der Erniedrigung abzuebben begann
und sich ein Wandel in den Geschicken des Glaubens ank�ndigte.�
Nach neunj�hriger Gefangenschaft in den Mauern der Gef�ngnisstadt
durfte Bahau�ll�h die Stadttore hinter sich lassen.
Er konnte schlie�lich Seinen Wohnsitz in einem Haus in Bahj�
aufschlagen, das am Stadtrand, n�rdlich von �Akka gelegen ist.
Bahau�ll�h weist auf die Wende in den Begleitumst�nden hin,
die im Verlauf Seiner Verbannung in �Akka stattfanden, indem
Er schreibt: �Der Allm�chtige ... hat dieses Gef�ngnis in das
Erhabene Paradies, den Himmel aller Himmel, verwandelt.�58
Obwohl die Lebensverh�ltnisse Bahau�ll�hs sich beachtlich
ver�nderten, so war �noch bemerkenswerter� wie Shoghi
Effendi bezeugt �die beispiellose Zunahme Seines Schrifttums
w�hrend Seiner Gef�ngnishaft.� Diese an Offenbarung
so reiche Zeit �muss als eines der vitalsten und fruchtbarsten
Stadien in der Entwicklung Seiner Lehre gewertet werden.�59
W�hrend der Zeit in �Akka fuhr Bahau�ll�h fort, Seine Sendung
den K�nigen und Herrschern der Welt zu verk�nden. Er
offenbarte das Kitáb-i-Aqdas, das Heiligste Buch, die Sammlung
der wichtigsten Gesetze und Anordnungen Seiner Sendung
und andere Sendschreiben, welche die Seiner Sendung
zugrunde liegenden Lehrs�tze und Prinzipien bekr�ftigen und
erg�nzen.Gegen Ende Seines Lebens durfte Bahau�ll�h sich freier
bewegen; es war Ihm nicht nur gestattet, au�erhalb der Stadtmauern
der Gef�ngnisstadt �Akka zu wohnen, viermal fand Er
auch Gelegenheit, Haifa zu besuchen. Er hatte das Wohlgefallen
der Regierung und die Zuneigung der einheimischen Bev�lkerung
gewonnen. Seine Religion begann sich in vielen verschiedenen
Teilen der Welt zu verbreiten und begeisterte eine
gr��ere Vielfalt von Menschen. Shoghi Effendi bemerkt, dass
58 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 264; 11:21; Bahau�ll�h, in ebenda,
S. 270; 11:34ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
kurz vor dem Hinscheiden Bahau�ll�hs der Glauben �begann,
sich im Licht eines Aufschwungs zu sonnen, wie er ihm nie
zuvor verg�nnt war.�60Auf diesem Hintergrund erscheint es interessant, dar�ber
nachzudenken, welchen Anteil das Gr��te Heilige Blatt an
den Geschehnissen hatte, die sich w�hrend der Verbannung
in �Akka ereigneten. Obwohl nur wenige und bruchst�ckhafte
Einzelheiten �ber die genaue Rolle, die das Gr��te Heilige
Blatt bei diesen Ereignissen spielte, �berliefert sind, steht uns
zumindest das Zeugnis Shoghi Effendis zur Verf�gung, in dem
Er beschreibt, wie tief sich die Gefangenschaft in diese heroische
Seele eingepr�gt hat. Die in ihr ruhenden geistigen Eigenschaften
durchdrangen offensichtlich alles, was sie tat. Shoghi
Effendi versichert: �Erst als sie gemeinsam mit Bahau�ll�h
in den Mauern der Gef�ngnisstadt �Akka eingesperrt wurde,
auf der H�he ihrer Kraft und im �berma� ihrer Liebe f�r Ihn,
entfaltete sie diese Gaben, die sie nach �Abdu�l-Bahá unter
den Mitgliedern der Heiligen Familie auszeichnen als die
strahlendste Verk�rperung dieser aus Gott geborenen Liebe
und dieses menschlichen Mitgef�hls, das nur wenige Sterbliche
empfinden k�nnen.�61Die bestimmende Kraft im Leben des Gr��ten Heiligen
Blattes lag in dem klaren Verst�ndnis von der Bedeutung der
Sache ihres Vaters und in ihrer Ergebenheit, sie zu unterst�tzen.
Shoghi Effendi best�tigt: �Indem sie aus ihrem Geist und
Herzen jede weltliche Bindung verbannte, selbst den Gedanken
an eine Ehe aufgab, indem sie entschieden einem Bruder
zur Seite stand, dem sie so ergeben half und diente, erhob sie
sich und weihte ihr Leben dem Dienst an der glorreichen Sache
ihres Vaters.� Dann beschreibt Shoghi Effendi einige Aufgabengebiete,
in denen das Gr��te Heilige Blatt w�hrend derZeit in �Akka einen bedeutenden Beitrag leistete. Er hebt auch
bestimmte Wesensz�ge hervor, die zweifellos entscheidend
dazu beitrugen, die Einheit unter den Verbannten aufrecht zu
erhalten und mit den Beh�rden Kontakt zu pflegen, um allm�h
60 ebenda, S. 301; 13:161 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34
61lich deren Abneigung, die sie Bahau�ll�h entgegen brachten
w�hrend der ersten neun Jahre der Verbannung in der Gef�ngnisstadt,
in Wohlwollen zu verwandeln. Er schreibt: �Ob nundurch die hervorragende Leitung der Angelegenheiten Seines
Haushalts oder die gewissenhafte Pflege sozialer Beziehungen
zur Abschirmung von Bahau�ll�h und auch von �Abdu�l-Baha,
sei es die unabl�ssige Aufmerksamkeit, die sie den t�glichen
Bed�rfnissen ihres Vaters schenkte, oder durch den Edelmut,
die Freundlichkeit und G�te, die sie in allem offenbarte inzwischen
hatte das Gr��te Heilige Blatt l�ngst bewiesen, dass sie
es verdiente, zu den edelsten Gestalten gez�hlt zu werden, die
mit dem Lebenswerk Bahau�ll�hs eng verbunden waren.�62
Die folgende Beschreibung Shoghi Effendis gew�hrt einen
Einblick in die schwierige Lage, in der sich �Abdu�l-Bahá
und das Gr��te Heilige Blatt befanden, wenn sie mit den �rtlichen
Beh�rden verhandelten. Er schreibt: �Wie gro� war die
Undankbarkeit, wie blind der Fanatismus, wie hartn�ckig die
Bosheit der Beamten, ihrer Frauen und ihrer Untergebenen als
Erwiderung auf die gro�e Mildt�tigkeit, die sie und ihr Bruder
ihnen so reichlich bekundeten. Ihre Geduld, ihre Seelengr��e,
ihr allen Menschen unterschiedslos entgegen gebrachtes Wohlwollen
konnten nicht die Feindseligkeit dieses verderbten Geschlechts
entwaffnen, sondern dienten nur dazu, ihren Hass zu
entflammen, ihre Eifersucht zu erwecken und ihre �ngste zu
sch�ren.� Shoghi Effendi vergleicht auch den Seelenzustand
der Verbannten, die w�hrend dieser Zeit in �Akka �u�erste Entbehrungen
und Gefahren auf sich nehmen mussten, mit dem zuversichtlichen
Optimismus, den das Gr��te Heilige Blatt zeigte� ein Optimismus, der auf der Erkenntnis beruhte, dass die Kraft
des Glaubens zuletzt den Sieg erringen werde. Er schreibt: �Die
Schwermut, die sich �ber die kleine Gruppe der eingekerkerten
Gl�ubigen, die in der Festung von �Akka schmachteten, ausgebreitet
hatte, stand im Gegensatz zu dem Geist zuversichtlicher
Hoffnung und tief verwurzeltem Optimismus, der aus ihrem
heiteren Antlitz strahlte. Kein noch so schweres Ungl�ck konn62
Shoghi Effendi, in Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34-35
62ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
te das Leuchten ihres heiligen Gesichtes verdunkeln, und keine
Ersch�tterung sie in ihrer edlen und w�rdigen Gelassenheit
beeintr�chtigen.�63W�hrend der sp�teren Jahre Seines Lebens
wohnte Bahau�ll�h in dem hochherrschaftlichen Haus in Bahj�;
�Abdu�l-Baha, Seine geliebte Schwester Bahayyih Kh�num und
�Abdu�l-Bahas Familie jedoch lebten weiterhin in der Gef�ngnisstadt
�Akka. Schon einige Monate vor Seinem Hinscheidenvertraute Bahau�ll�h �Abdu�l-Bahá an, dass das Ende Seines irdischen
Lebens nahe sei. Shoghi Effendi schildert die folgenden
Ereignisse, die sich in jener Zeit zutrugen:�In der Nacht vor dem elften Shavv�l 1309 n.d.H. (8. Mai
1892) bekam Er leichtes Fieber, das am Tag darauf etwas
anstieg, dann wieder abklang. Er f�hrte auch weiterhin Gespr�che
mit bestimmten Freunden und Pilgern, aber baldSechs Tage bevor Er starb, lie� Er, im Bett an einen Seiner
S�hne gelehnt, alle Gl�ubigen, darunter einige Pilger,
die sich im Landhaus versammelt hatten, zu sich rufen, was
sich als ihre letzte Audienz bei Ihm erweisen sollte. �Ich bin
sehr zufrieden mit euch allen�, sprach Er g�tig und liebevoll
zu der weinenden Schar, die um Ihn stand. �Ihr habt viele
Dienste geleistet und wart sehr eifrig in eurem Werk. Jeden
Morgen und jeden Abend seid ihr hierher gekommen. Gott
stehe euch bei, dass ihr einig bleibt. M�ge Er euch helfen,
die Sache des Herrn des Seins zu erheben.� An die Frauen,
darunter Seine Familienmitglieder, die um Sein Bett standen,
richtete Er �hnlich ermutigende Worte und versicherte
ihnen nachdr�cklich, dass Er sie alle in einem Dokument,
das Er dem Gr��ten Zweig (�Abdu�l-Baha) anvertraut habe,
Dessen F�rsorge empfehle.64Shoghi Effendi berichtet, dass Bahau�ll�hs �Fieber erneut
auftrat, heftiger als zuvor. Sein Allgemeinzustand verschlim63
ebenda, S. 3564 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 301-302; 13:2; 13:3
63merte sich zusehends, dann traten Komplikationen auf, die am
zweiten Dhi�l-Qa�dih 1309 n.d.H. (29. Mai 1892 ) um die Morgend�mmerung,
acht Stunden nach Sonnenuntergang, im 75.Jahr Seines Lebens, zu Seinem Hinscheiden f�hrten.�65
Eine Nichte Bahayyih Kh�nums erz�hlt, dass neun Tage nach
dem Hinscheiden Bahau�ll�hs Sein Testament zun�chst vor den
M�nnern und danach vor den Frauen Seines Haushaltes verlesen
wurde. Durch dieses Testament errichtete Bahau�ll�h Sein
B�ndnis mit den Gl�ubigen und ernannte Seinen Sohn �Abdu�l-
Bahá nicht nur zum Mittelpunkt des Bundes, sondern auch als
Nachfolger Bahau�ll�hs zum Oberhaupt des Glaubens und bevollm�chtigten
Ausleger Seiner Schriften. Alle wurden angewiesen,
sich �Abdu�l-Bahá zuzuwenden und Ihn um F�hrung zu
bitten. Trotz der klaren Vorkehrungen, die in Seinem Testament
getroffen worden waren, entstand in der weiteren Familie und
der Gemeinde nach sehr kurzer Zeit Uneinigkeit �ber dessen
Auslegung. �Abdu�l-Bahas Stellung und Autorit�t wurden angefochten.
Als zum Beispiel �Abdu�l-Bahá versuchte, eine Anzahl
Sendschreiben, die Bahau�ll�h kurz vor Seinem Hinscheiden f�r
viele Seiner Anh�nger offenbart hatte, zu erhalten, teilte ihm Sein
Halbbruder Mirza Muhammad-�Al� mit, dass diese Sendschreiben
nicht existierten. Au�erdem erkl�rte sich keiner der m�nnlichen
Familienmitglieder bereit, �Abdu�l-Bahá bei der Durchf�hrung
der vor Ihm liegenden Aufgaben zu unterst�tzen.66Die Briefe, die Bahayyih Kh�num bald nach dem Hinscheiden
Bahau�ll�hs schrieb, gew�hren einen tiefen Einblick in
die Gef�hle, die dieser schwere Verlust in den Herzen der Mitglieder
der Heiligen Familie ausl�ste. In einem Brief vom Mai
1892 beschreibt sie das Ausma� ihrer eigenen Verlassenheit
und zeigt zugleich Wege auf, wie man sich in Zeiten von Pr�fungen
verhalten solle. Sie schreibt:�Keine Feder kann wirklich schildern, welch schMirzaiche
Gef�hle in unseren Herzen aufwallten. Jeder Ausdruck w�r
65 ebenda, S. 301-30266 Siehe den m�ndlichen Bericht Tub� Kh�nums, in Lady Bloomfield The
Chosen Highway, S. 109-110ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
de sich als absolut unzureichend erweisen, w�re weniger,
als was durch ein Nadel�hr ginge, denn Worte und Silben
sind unf�hig, das Ausma� dieses unvorstellbaren Leides
auszudr�cken. Sie sind wie ein winziger Tropfen im Vergleich
zu einem Ozean. Nicht einmal in der gewaltigen Unermesslichkeit
innerer Bedeutungen und Auslegungen kanndieses furchtbare Geschehen beschrieben werden. Endlos
ist die Geschichte, die �ber das Feuer des schMirzaichen
Verlustes, das die Herzen der Gefangenen verzehrte, berichtet.
W�hrend dieser dunklen, von furchtbarem Ungl�ck erf�llten
Zeit und hierbei ist Gott mein Zeuge schmolzenunsere Herzen dahin und unaufh�rlich rannen die Tr�nen
aus unseren Augen.Wenn wir uns jedoch dem unwiderruflichen Gehei� des Allm�chtigen
gegen�ber sehen, sollten wir uns in dieser Weltmit dem Gewand der Geduld und Unterwerfung kleiden,
und zu den verdienstvollsten aller Taten z�hlt es, wenn wir
unsere Angelegenheiten in Seine H�nde legen und uns Seinem
Willen unterwerfen.�67In einem Auszug eines Briefes, den sie 1897 schrieb,
schildert sie auch ihren Schmerz �ber das Verhalten derjenigen,
die den Glauben angreifen: �Solltest du dich nach diesen Hinterbliebenen
erkundigen, so geht es uns durch die Gnade desHerrn und die Barmherzigkeit Seines g�ttlichen Mysteriums
gut, aber unser Kummer kennt keine Grenzen. Wir flehen an
der Schwelle des Ewigen und Allm�chtigen Geliebten, Er m�ge
vor uns die Tore der Freude aufschlie�en, die Achtlosen und in
tiefem Schlaf Versunkenen erwecken und den Verfechtern des
Aufruhrs einen Sinn f�r Gerechtigkeit verleihen, so dass dieser
Sturm sich lege, diese Zwietracht getilgt werde, und wir wieder
die S��e segensreicher Tage kosten m�gen.�68Das Hinscheiden Bahau�ll�hs hinterlie� tiefe Spuren und
drohte, die Gesundheit des Gr��ten Heiligen Blattes zu schw�67
Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 97
68 ebenda, S. 99chen. �Abdu�l-Bahá dr�ckt Seine Sorge um die Gesundheit und
das Wohlbefinden Seiner Schwester in einem Sendschreiben an
einen Gl�ubigen aus dem Osten aus. Er beschreibt ihren ersch�pften
Gesundheitszustand und macht folgende zu Herzengehende �u�erung: �Schon seit l�ngerer Zeit, genauer seit dem
Tag, an dem Bahau�ll�h in Sein Reich aufgestiegen ist, wurde
Meine Schwester so d�nn und schwach und durch die qualvolle
Trauer so ersch�pft, dass sie fast zusammenbrach.� �Abdu�l-
Bahá vertraut diesem treuen Gl�ubigen an, dass es der innigste
Wunsch Seiner Schwester war, diese Welt zu verlassen, und
dass Er �es nicht ertragen konnte, sie in diesem Zustand zu
sehen.� So gewann Er die Hilfe Seines Freundes, der das Gr��te
Heilige Blatt auf einer Reise begleiten konnte, damit sie
�eine Luftver�nderung� erfahre.69Bahau�ll�hs Hinscheiden vergr��erte nicht nur das Leiden
Bahayy�h Kh�nums und schw�chte ihre k�rperlichen Kr�fte,
sondern rief Geschehnisse hervor, die zu ihrer zunehmenden
sozialen Isolation f�hrten und sie in ihrem Entschluss bekr�ftigten,
den Angriffen auf den Glauben Widerstand zu leisten.
Shoghi Effendi stellt fest:�Von Kindheit an hatte sie stets sehr gelitten, jedoch erweckten
die Seelenqualen, die das Hinscheiden Bahau�ll�hs verursachten,
in ihr eine Entschlossenheit wie nie zuvor, die kein
Widerstand beugen konnte und die ihre zarte Konstitution L�gen
strafte. Inmitten des Staubes und der Hitze, den diese treulose
und rebellische Gemeinschaft durch ihren Aufruhr ausl�ste,
sah sie sich gezwungen, famili�re Bande zu l�sen, alte
und nahe Freundschaften aufzugeben, weniger Treugesinnte
zu entlassen, um sich einer Sache, der sie voll inniger Liebe
und Ergebenheit so treu diente, v�llig widmen zu k�nnen.�70
Shoghi Effendi best�tigt in �hnlicher Weise, dass �ihr Schmerz
durch das Hinscheiden der Abha Sch�nheit noch verst�rkt und
das Feuer ihrer Trauer durch die Grausamkeit der Treulosen noch
69 �Abdu�l Baha, in ebenda, S. 14-15ihre einzigartige rolle w�hrend der amtszeit Bahau�ll�hs
weiter gesch�rt wurde.� Er beschreibt, wie sie auf die Untreue der
Familienmitglieder und deren Angriffe auf den Glauben reagierte
und wie sehr sich dies alles auf die Stufe Bahayy�h Kh�nums
auswirkte. �Inmitten dieses aufr�hrerischen Sturms�, so bezeugt
Shoghi Effendi, �leuchtete das Antlitz dieses kostbaren Schatzes
des Herrn umso strahlender, und alle Mitglieder der Baha-Gemeinde
erkannten ihren Wert und hohen Rang. Der heftige Angriff
der Emp�rer gegen die heiligen �berzeugungen der Gl�ubigen
riefen in ihr weder Furcht noch Verzweiflung hervor.�71
Shoghi Effendi gibt einen Einblick, welch einzigartige
Aufgaben das Gr��te Heilige Blatt in dieser kritischen �bergangsphase
verrichtete: �Als einzige aus Bahau�ll�hs Familietr�stete und unterst�tzte sie den Gr��ten Heiligen Zweig72,
�Abdu�l-Baha, gegen den sich fast alle Seiner treulosen Verwandten
gemeinsam verschworen hatten. Bei ihrer k�hnenAufgabe halfen ihr die st�ndigen Bem�hungen Munírih Khánums,
der Heiligen Mutter, und ihrer T�chter, die, wenn sie alt
genug waren, mit dazu beitrugen, die ungeheuren Leistungen
zu erringen, die auf immer mit dem Namen �Abdu�l-Bahas verbunden
sind.� Shoghi Effendi lenkt die Aufmerksamkeit auf
die Erfahrungen, die Bahayyih Kh�num auf ihre wichtige Rolle
vorbereitet hatten, die sie bei der Verteidigung des Bundes zu
spielen haben w�rde: �Mit Kr�ften ausgestattet, die das nahe
und st�ndige Zusammensein mit Bahau�ll�h ihr verliehen hatte,
und gesegnet durch das gro�artige Beispiel, das der st�ndig
anwachsende Aufgabenbereich �Abdu�l-Bahas ihr bot, war sie
vorbereitet, dem Ansturm, den das verr�terische Verhalten der
Bundesbrecher73 ausl�ste, die Stirn zu bieten und selbst seinen
zerst�rerischsten Angriffen zu widerstehen.�7473 In den Baha-Schriften ist ein Bund verankert, der genaue Vorkeh
rungen trifft f�r die Ernennung eines Nachfolgers nach dem Tode des
Begr�nders und der Einrichtung von administrativen Institutionen,
um die Angelegenheiten der Religion zu leiten. Bundesbrecher sind
Mitglieder der Religionsgemeinschaft, die �ffentlich versuchen, die
F�hrerschaft der Religion zu untergraben und ihre Einheit zu zerst�ren.
74 ebenda, S. 37; S. 361895 aufgenommen in einem Studio, im Hintergrund ein Gem�lde.
� Baha-WeltzentrumDie Beziehung Bahayyih Kh�nums zu ihrem Bruder �Abdu�l-
Bahá �berstieg bei weitem die gef�hlsm��igen Bande, die
Familienmitglieder �blicherweise miteinander verbinden.
Diese Beziehung war mystischer und geistiger Natur, voll
gro�er Zartheit. In Seinen Briefen wendet sich �Abdu�l-Bahá
an sie mit den Worten: �Meine innig geliebte und tiefgeistige
Schwester�, �meine verehrte und vornehme Schwester� und
�meine Schwester im Geiste und Gef�hrtin meines Herzens.�
Liest man diese Briefe, so wird deutlich, dass �Abdu�l-Bahá
um den hohen geistigen Rang Bahayyih Kh�nums wusste. Er
erw�hnt ihre Bereitschaft, sich dem Dienst am Baha-Glauben
zu opfern, schenkt ihrem unersch�tterlichen Festhalten am
Baha-Bund und ihrer treuen Unterst�tzung Anerkennung und
Wertsch�tzung und r�hmt ihre F�higkeiten, ihr solides Urteilsverm�gen
und ihre Charaktereigenschaften. Vor allem gilt Seine
Sorge ihrem Wohlbefinden und ihrem Gl�ck.1In diesem Kapitel wollen wir herausfinden, auf welch un�bertreffliche
Art das Gr��te Heilige Blatt, von Shoghi Effendials �Abdu�l-Bahas �brillante Schwester� beschrieben, zum
Schutz und zur Entfaltung des Baha-Glaubens w�hrend der
Amtszeit �Abdu�l-Bahas beigetragen hat. Wir werden das Augenmerk
besonders auf ihre zuverl�ssige Unterst�tzung lenken,
die sie in den Jahren nach dem Hinscheiden Bahau�ll�hs
dem Bund des Baha-Glaubens erwies, und auf ihre Dienste
als �Abdu�l-Bahas �w�rdige Beauftragte, Stellvertreterin und
Statthalterin� w�hrend Seines Aufenthalts in der westlichen
Welt sowie auf die meisterhafte Art, in der sie den Haushalt
ihres geliebten Bruders managte.2Die Geschichtsschreibung erw�hnt nur wenige Einzelheiten
�ber das eigentliche Wirken des Gr��ten Heiligen Blattes.
Jedoch bieten die Aussagen des H�ters des Glaubens ein umfassendes
Ger�st, in dem die zu vereinenden Bruchst�cke zufinden sind. Besch�ftigt man sich mit den Geschehnissen, die
sich in der Baha-Gemeinde w�hrend der Amtszeit �Abdu�l
1 �Abdu�l-Baha, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 7;
S. 10; S. 17Bahas ereigneten, und zieht die Erkl�rungen Shoghi Effendis
�ber deren Bedeutung hinzu sowie die Berichte von Baha-Pilgern
aus Ost und West, die �Akka und Haifa besuchten, so kann
man sich schlie�lich ein ungef�hres Bild von Bahayyih Kh�nums
Mitwirkung w�hrend dieser Zeit der Baha-Geschichte
machen.Bahau�ll�hs Testament, das Buch Seines Bundes, wurde vollst�ndig
von Seiner eigenen Hand geschrieben. Wie im 2. Kapitel
erw�hnt, wurde das Testament am neunten Tag nach Seinem
Hinscheiden �in Gegenwart von neun aus Seinen Gef�hrten
und Familienmitgliedern erw�hlten Zeugen entsiegelt und am
selben Nachmittag vor einer gro�en Versammlung, darunter
Seine S�hne, einige Verwandte des B�b, Pilger und ans�ssige
Gl�ubige, an Seinem Heiligsten Grab verlesen.� Die Bedeutung
dieses �einzigartigen, epochemachenden Dokuments� besteht
darin, dass es die Mittel bereit stellt, um �die Wirksamkeit
des Glaubens fortzuf�hren, seine Unverletzbarkeit zu gew�hrleisten,
ihn vor Spaltung zu bewahren und seine weltweite Ausdehnung
zu f�rdern.�3Nach den im Testament Bahau�ll�hs getroffenen Vorkehrungen
wurde �Abdu�l-Bahá zum Nachfolger Bahau�ll�hs ernannt,
dem die Vollmacht verliehen war, die Schriften Seines
Vaters auszulegen. Shoghi Effendi weist auf die Auswirkungen
dieser Ernennung hin.�Abdu�l-Bahá wurde �zum hohen Amt
des Mittelpunkts Seines Bundes erhoben und zum Nachfolger
der Manifestation Gottes, eine Stellung, die Ihm die Kraft gab,
au�erordentlichen Schwung in die weltweite Verbreitung der
Religion Seines Vaters zu bringen, ihre Lehre auszubauen, alle
Schranken niederzurei�en, die sich ihrem Fortschritt hemmend
in den Weg stellen k�nnten und ihre Verwaltungsordnung ins
Leben zu rufen sowie diese in ihren Grundlinien zu umrei�en,
3Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 320; 14:4, S. 328-329; 15:3
71dies Kind des Bundes und Vorbote einer Weltordnung, deren
Bau den Anbruch des Goldenen Zeitalters der Baha-Sendung
kennzeichnen wird.�4Der neu ins Leben gerufene Bund bildete den Auftakt zur
Errichtung der administrativen Struktur, welche die weltweite
Verbreitung des Baha-Glaubens erm�glichte zuerst auf dem
Nordamerikanischen Kontinent und von dort aus auf der restlichen
Welt. Bevor eine solche Ausdehnung jedoch stattfinden
konnte, �musste der neu begr�ndete Bund Bahau�ll�hs� mit
den Worten Shoghi Effendis, �eine Feuertaufe bestehen, die seine
Festigkeit der ungl�ubigen Welt vor Augen und von seiner
Unzerst�rbarkeit k�nden sollte.� Er betont den Ernst dieser Pr�fung
und beschreibt sie als �eine der h�rtesten Pr�fungen, die
die Sache Gottes in diesem Jahrhundert zu bestehen hatte.�5
Diese von 1892 bis 1896 vier Jahre andauernde Krise wurde
durch Mirza Muhammad-�Al� , einem Halbbruder �Abdu�l-
Bahas, heraufbeschworen, den Bahau�ll�h in Seinem Buch
des Bundes besonders genannt hat, und der an zweiter Stelle
steht nach �Abdu�l-Baha. Shoghi Effendi erl�utert den Hintergrund:
�Die eigentliche Ursache f�r das Entstehen der Krise
lag in brennender, hemmungsloser, verzehrender Eifersucht,
von der nicht nur Mirza Muhammad-�Al�, der Hauptverletzer
des Bundes, sondern auch einige seiner n�chsten Verwandten
erf�llt waren Eifersucht auf den Vorrang, den �Abdu�l-Bahá
anerkannterma�en durch Stellung, Einfluss, F�higkeiten, Wissen
und T�chtigkeit vor allen anderen Familienmitgliedern hatte.�
Der H�ter erl�utert, dass blinder Neid �im Herzen Mirza
Muhammad-�Al�s schwelte� und dieser werde �insgeheim
gesch�rt durch die zahllosen Beweise der Auszeichnung, der
Wertsch�tzung und Gunst, die �Abdu�l-Bahá nicht nur von Seiten
Bahau�ll�hs, Seiner Gef�hrten und Anh�nger erfuhr, sondern
Ihm auch von zahlreichen Nichtgl�ubigen zustr�mten, die
der angeborenen Gr��e innewurden, die �Abdu�l-Bahá schon
von Kindheit an besa�.� Mirza Muhammad-�Al� �war keineswegs
zufrieden, dass er im Testament zum zweith�chsten Rang
4 ebenda, S. 326-327; 14:12unter den Gl�ubigen erhoben worden war�, seine Feindselig
keit wurde noch gr��er, �als ihm zum Bewusstsein kam, wel
che Folgen dieses Dokument hatte.�6Shoghi Effendi beschreibt die Auswirkung dieser Feindse
ligkeit Mirza Muhammad-�Al�s und die Unterst�tzung, die er
von der weiteren Familie und nahen Gef�hrten �Abdu�l-Bahas
erhielt:�Diesem �Gr��ten Aufwiegler� gelang es allm�hlich, durch
unnachgiebige Beharrlichkeit, mit L�gen, Halbwahrheiten,
Verleumdungen und ma�losen �bertreibungen fast die
ganze Familie Bahau�ll�hs und eine betr�chtliche Anzahl
von Gl�ubigen aus seinem engeren Bekanntenkreisauf seine Seite zu ziehen. Die beiden �berlebenden Frauen
Bahau�ll�hs,7 Seine beiden S�hne, der wankelm�tige
Mirza D�y�u�ll�h und der treulose Mirza Bad�u�ll�h mit
seiner Schwester und Halbschwester und deren Gatten, von
denen der eine, Siyyid�Al�, ein Verwandter des B�b, der
andere der verschlagene Mirza Majdi�d-D�n war, dessen
Schwester und Halbbr�der die Kinder des edlen, gl�ubigen,
nun verstorbenen �q�y-i-Kal�m sie alle vereinigten
sich in dem entschlossenen Bestreben, die Grundlagen des
Bundes, die das unl�ngst verk�ndete Testament gelegt hatte,
zu zerst�ren. Selbst Mirza �q� J�n, der vierzig Jahre lang
als Sekret�r Bahau�ll�hs gewirkt hatte und MuhammadJav�d-
i-Qasv�n�, der seit den Tagen in Adrianopel damitbesch�ftigt war, die unz�hligen Schriften, die die Erhabene
Feder offenbarte, abzuschreiben, sowie seine ganze Familie
machten mit den Bundesbr�chigen gemeinsame Sache und
lie�en sich in ihre Machenschaften hineinziehen.�8
6In islamischen Kulturen des mittleren Ostens war Polygamie �blich.
Bahau�ll�h heiratete gem�� dieser Tradition drei Frauen. Nachdem
Bahau�ll�h den Baha-Glauben begr�ndet hatte, erkl�rte Er in dem
von Ihm offenbarten Buch der Gesetze die Einehe als die einzig annehmbare
Verhaltensweise f�r Baha.ebenda, S. 331-332 ; Zur genaueren Er�rterung siehe Adib Taherzadeh
The Covenant of Bahau�ll�h, Part 2W�hrend dieser Zeit, die �dem Hinscheiden Bahau�ll�hs�
folgte, �das den st�rmischen Angriff zerst�rerischer Kr�fte nach
sich zog�, stieg das Gr��te Heilige Blatt �nun in der Bl�te ihres
Lebens zum Gipfel ihrer M�glichkeiten auf und erf�llte angemessen
ihreAufgabe.� Sie wurde zur wichtigsten St�tze �Abdu�l-
Bahas, dem ernannten Mittelpunkt des Bundes. Der H�ter stellt
fest: �Sie allein blieb aus Bahau�ll�hs Familie �brig, das Herz
des Gr��ten Zweiges �Abdu�l-Bahá zu erheitern, gegen den sich
fast alle Seiner treulosen Verwandten geschlossen verschworen
hatten, und Ihn bei Seinen Bem�hungen zu unterst�tzen. Bei
ihrer schweren Aufgabe standen ihr unerm�dlich Munir�h Kh�num,
die Heilige Mutter, die Frau von �Abdu�l-Baha, zur Seite
sowie diejenigen ihrer T�chter, die alt genug waren, um bei
der Vollendung dieses gewaltigen Werkes mitzuhelfen, mit dem
�Abdu�l-Bahas Name f�r immer verbunden sein wird.�9
Auch wenn nicht genau bekannt ist, was Bahayyih Kh�num
im Einzelnen unternommen hat, so lassen sich doch gewisse
R�ckschl�sse ziehen, indem man die gegen �Abdu�l-Bahá gerichtete
Kampagne und die Ma�nahmen, die Er unternahm, umihre Auswirkung in Schranken zu halten, genauer pr�ft.
Diejenigen, die aufstanden, um den von Gott errichteten
Bund zur�ckzuweisen, starteten eine Kampagne der Verleumdung
gegen �Abdu�l-Baha. Sie griffen nicht nur den Kern von
Bahau�llahs Testament an, sondern zogen auch �Abdu�l-Bahas
Charakter in Zweifel und machten offenkundig falsche Aussagen
�ber Seine Stufe, Seinen Gebrauch der Fonds und die
Art, wie Er als Oberhaupt den Glauben f�hrte. Shoghi Effendi
beschreibt die Einzelheiten dieser falschen Beschuldigungen,
die sie nicht nur innerhalb der Baha-Gemeinde, sondern auch
in der breiten �ffentlichkeit verbreiteten. Er schreibt:
�Wo sie nur konnten, bei Freunden und Fremden, Gl�ubigen
und Nichtgl�ubigen, hohen und kleinen Beamten, inWort und Schrift, teils offen, teils in Andeutungen, stellten
sie �Abdu�l-Bahá als einen ehrgeizigen, eigenwilligen, prin
9Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 37
74zipien- und schamlosen Thronr�uber hin, der bewusst die
testamentarischen Verf�gungen Seines Vaters missachte. Er
ma�e sich in absichtlich verh�llter, vieldeutiger Sprache eine
Stellung an, die derjenigen der Manifestation gleichkomme,
der in Seiner Korrespondenz mit dem Westen im Begriff
sei, sich als den wiedergekommenen Christus hinzustellen,
den Gottessohn, wiedergekommen �in der Herrlichkeit des
Vaters�; der in Seinen Briefen an die indischen Gl�ubigen
sich als den verhei�enen Sh�h Bahr�m10 bezeichne und sich
das Recht anma�e, die Schriften Seines Vaters auszulegen,
eine neue Sendung einzuleiten und gleich Ihm die Gr��te
Unfehlbarkeit ausschlie�liches Vorrecht der Tr�ger des
Prophetenamtes zu besitzen. Sie behaupteten ferner, Er
habe aus Eigennutz Zwietracht ges�t, Feindschaft gestiftet
und die Waffe der Exkommunikation geschwungen; Er habe
dem Testament, das, wie sie behaupteten, in erster Linie die
privaten Angelegenheiten der Familie Bahau�ll�hs betreffe,
einen ganz anderen Sinn unterstellt, indem Er es als einen
Bund von weltweiter Bedeutung, seit Ewigkeit bestehend,
einzigartig und ohnegleichen in der Geschichte s�mtlicher
Religionen, hinstellte; Er habe Seine Br�der und Schwestern
um ihr rechtm��iges Erbteil gebracht und es an Beamte
ausgegeben f�r Seine eigenen Interessen; Er habe s�mtliche
Einladungen zu einer Aussprache �ber die strittigen Fragen,
um die bestehenden Schwierigkeiten beizulegen, abgelehnt;
Er habe neuerdings die Heiligen Schriften11 gef�lscht, von
Ihm selbst verfasste Texte eingeschoben und den Sinn einiger
der wichtigsten Schreiben aus der Feder Seines Vaters
entstellt; schlie�lich sei Sein Verhalten daran schuld,
dass die Fahne des Aufruhrs unter den Gl�ubigen im Orient
gehisst worden und die Schar der Getreuen gespalten, in
raschem Niedergang begriffen und dem Untergang geweiht
sei.�12Erl�ser der Welt und Verhei�ener, der in der zoroastrischen Religion
vorhergesagt wirdW�hrend dieser �vier leidvollen Jahre� von 1892-1896 bem�hte
sich �Abdu�l-Bahá darum, Mirza Muhammad-�Al� undseine Helfer vor dem Bundesbruch zu bewahren. Der H�ter
berichtet, dass alle Bem�hungen �Abdu�l-Bahas �Seine fortgesetzten
Schlichtungsversuche, Seine ernsten Bitten, alle Liebe
und G�te, mit der Er Mirza Muhammad-�Al� �bersch�ttete,
alle Ermahnungen und Warnungen, ja selbst Sein Angebot des
freiwilligen R�cktritts, um den drohenden Sturm zu verh�ten,
letztlich erfolglos blieben.13Angesichts der Belastung dieser lang anhaltenden Krise
kann man sich gut vorstellen, dass alles, was das Gr��te Heilige
Blatt tat, um �das Herz ihres Bruders zu erheitern und Seine
Anstrengungen zu unterst�tzen�, Ihm reichlichen Trost spendete
und praktische Hilfe bedeutete.14 Ihr besonnener Mut, ihre
absolute Standhaftigkeit, Zuverl�ssigkeit und andere geistige
Wesensz�ge wurden zweifellos zur Quelle, aus der �Abdu�l-
Bahá gro�en Trost sch�pfte. Au�erdem konnte �Abdu�l-Bahá
sich jederzeit auf ihre Kenntnis des Glaubens, ihr klares Verst�ndnis
des Bundes und ihre unersch�tterliche Treue gegen�ber
dem ernannten Mittelpunkt verlassen und diese Kr�fte f�r
den Schutz der Baha-Sache einsetzen .Ihr Weitblick, den sie allen vermittelte, mit denen sie in Kontakt
kam, spiegelt sich in ihren aufschlussreichen Briefen aus
der damaligen Zeit wider. Diesen Austausch nutzte Bahayyih
Kh�num, den Gl�ubigen die Stufe �Abdu�l-Bahas zu verdeutlichen
und ihnen bewusst zu machen, wie wichtig es f�r sie
war, fest im Bunde zu bleiben. In einem solchen Brief an eine
Baha im Osten schreibt sie:�Gelobt sei Gott, dass Er dich, Sein wohl beh�tetes Blatt,
bef�higt hat, allezeit die Herrlichkeit Seines gnadenreichen
Antlitzes zu lobpreisen und deinem Leben durch das Gedenken
Seiner Sch�nheit Kraft gibt und dir gestattet, dich von
allem au�er Ihm zu l�sen, damit du fortw�hrend mit Seiner
Liebe verbunden bist. Er half dir gn�dig, Seinem m�chtigen
13 ebenda, S. 331; 15:914 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 37
76und unwiderlegbaren Testament treu zu bleiben, dich fest
an den Saum des Gewandes Dessen zu halten, der der Mittelpunkt
des Bundes Gottes, des All-G�tigen, ist und deinen
Blick v�llig auf das leuchtende Antlitz Dessen zu richten,
,Den Gott vorgesehen hat�, den Einen, Der dieser seit ehedem
bestehenden Wurzel entsprossen ist.� Wahrlich, umdiese Ausgie�ung g�ttlicher Gnadengaben und Segnungen
voll und ganz zu w�rdigen, m�sste Gott eine Myriade an
Lobges�ngen und Dankgebeten dargebracht werden. Wir
flehen zum K�nigreich unseres Herrn, des All-Herrlichen,
dass Er stets Seine belebenden D�fte �ber dich verstr�me,
dich durch den erbauenden Zustrom Seiner Freude entz�cke,
durch Seinen Heiligen Geist erquicke und dir Kraft
verleihe, Seinen Dienerinnen und Bl�ttern zu dienen.�12
Durch ihren Briefwechsel wirkte sie mit, die Gl�ubigen in
ihrem Glauben zu vertiefen. Dar�ber hinaus scheint es auch
wahrscheinlich zu sein, dass das Gr��te Heilige Blatt aktiv
daran arbeitete, die Mitglieder der ausgedehnten Familie, die
sich gegen �Abdu�l-Bahas Ernennung aufgelehnt hatten, in den
Jahren vor deren formaler Trennung vom Glauben zu schulen
und liebevoll zu f�hren. Als die offizielle Trennung eintrat, bewies
ihre bedingungslose Bereitschaft, sich von den Familienmitgliedern,
die den Bund verletzt hatten, zu trennen, wie klar
sie die Bedeutung des Bundes Bahau�ll�hs verstanden hatte.
Besonders in einer Kultur, in der der eigentliche Platz des sozialen
Lebens einer Frau innerhalb der Familie war, f�hrte die
Trennung famili�rer Beziehungen nicht nur zu vielen praktischen
Schwierigkeiten, sondern rief zugleich im Herzen des
Gr��ten Heiligen Blattes tiefe Traurigkeit hervor und verst�rkte
zweifellos ihre Gef�hle der Isolierung. Da jedoch in ihrem
Leben der Dienst an der Baha-Sache vorrangig war, war sie
bereit, dieses Opfer zu bringen. Ihre aus voller �berzeugung
verrichteten T�tigkeiten waren sicherlich Balsam f�r das Herz
�Abdu�l-Bahas.Obwohl diese Phase der Krise, die durch die Auflehnung
Mirza Muhammad-�Al�s und seiner Verb�ndeten herbeigef�hrt
77wurde, sich tats�chlich vor�bergehend zerst�rerisch auswirkte,
beschreibt Shoghi Effendi die letzten Endes heilsame Wirkung,
die sie in der Baha-Gemeinde hervorrief. Er versichert, �dass
die ganze Episode, recht besehen, nichts weiter war als eine
der periodisch wiederkehrenden Krisen, wie sie seit Beginn
des Baha-Glaubens w�hrend des ganzen Jahrhunderts immer
wieder n�tzlich waren, um ihn von sch�dlichen Elementen zu
s�ubern, seine Grundlagen zu festigen, seine Best�ndigkeit zu
beweisen und um ein nur noch gr��eres Ma� seiner verhaltenen
Kr�fte freizusetzen.� Und Shoghi Effendi stellt tats�chlich fest,
dass, nachdem die Krise erfolgreich behoben worden war, �ein
g�ttlich gestifteter Bund mit seinen Vorkehrungen unanfechtbar
verk�ndet, der Sinn und Zweck dieses Bundes klar erfasst
und seine Grundlagen in den Herzen der weitaus meisten Glaubensanh�nger
fest verankert waren.� Der Weg war nun offen,um den Glauben Bahau�ll�hs im Westen zu verbreiten, und
dies f�hrte auch dazu, dass die verantwortungsvollen Aufgaben,
die auf den Schultern Bahayyih Kh�nums lasteten, noch
zunehmen sollten.15Eines der vorrangigen Ziele �Abdu�l-Bahas als neu ernanntes
Oberhaupt des Baha-Glaubens war, �das Licht der von Seinem
Vater begr�ndeten Religion auch �ber den Westen� zu verbreiten.
Shoghi Effendi weist darauf hin, dass der anf�ngliche
Entschluss, diesen Prozess in Gang zu setzen, �ein gl�ckliches
Ereignis� erahnen lie�, �das die Nachwelt als einen der gr��ten
Triumphe Seines Amtes betrachten werde, ein Ereignis,
das schlie�lich unsch�tzbare Segnungen �ber die westliche
Welt bringen und binnen kurzem den Kummer und die Sorgen
Seiner Exilgef�hrten in �Akka zerstreuen werde. Die gro�e
Republik im Westen16 wurde ausgezeichnet, vor allen anderen
15 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber S. 337; 16:1 + 2
16 Die Vereinigten Staaten.L�ndern des Abendlandes als erste Gottes unsch�tzbaren Segen
zu empfangen und der Hauptmittler bei seiner Weitergabe
an viele Bruderl�nder auf den f�nf Kontinenten der Erde zu
werden.�17Etwas �ber ein Jahr nach Seinem Hinscheiden wurde am
23. September 1893 zum ersten Mal in Nordamerika der Glaube
Bahau�ll�hs �ffentlich erw�hnt. In einer Schrift, die Reverend
Henry H. Jessup, Direktor der Presbyterianischen Mission
in Nordsyrien, verfasst hatte, wird der Name Bahau�ll�h genannt.
Bei der 1893 in Chicago abgehaltenen Weltkonferenz
der Religionen (World Parliament of Religions), als ein Teil der
World�s Columbian Exposition, einer Weltausstellung, die an
Christoph Kolumbus� Entdeckung von Amerika vor vierhundert
Jahren erinnern sollte, verlas Reverend George A. Ford aus
Syrien diese Schrift. Diesem bahnbrechenden Moment folgte
bald die Ankunft eines �gyptischen Gl�ubigen in den Vereinigten
Staaten, der vor kurzem den Baha-Glauben angenommen
hatte. Innerhalb relativ kurzer Zeit f�hlte sich eine Anzahl
Menschen zu dem Glauben hingezogen und begann, ihr Leben
seinem Dienst zu weihen.Im Jahr 1898 �u�erten einige neue Gl�ubige aus Nordamerika
und Frankreich ihren Wunsch, �Abdu�l-Bahá zu besuchen.
Eine Gruppe von f�nfzehn Pilgern machte sich per Schiff
auf den Weg ins Heilige Land. Wegen der schwierigen Reise
verteilten sie sich in drei aufeinander folgende Gruppen, deren
erste die Gef�ngnisstadt �Akka am 10.Dezember 1898 erreichte.
Shoghi Effendi beschreibt �Abdu�l-Bahas tiefgehenden
Einfluss auf diese ersten Pilger aus dem Westen und nennt die
herausragenden Merkmale ihres Besuches:�Die enge pers�nliche Beziehung, die zwischen dem Mittelpunkt
des Bundes Bahau�ll�hs und den neu gewonnenenHerolden Seiner Offenbarung im Westen zustande kam; die
bewegenden Umst�nde ihres Besuches am heiligen Grab,
wobei ihnen die gro�e Ehre zuteil wurde, von �Abdu�l-Bahá
17 ebenda, S. 338; 16:3pers�nlich in das innerste Gemach gef�hrt zu werden; der
Geist, den ihnen ihr liebevoller, g�tiger Gastgeber trotz der
K�rze ihres Aufenthaltes in so reichem Ma�e durch Wort
und Beispiel einfl��te; der leidenschaftliche Eifer, die unbeugsame
Entschlossenheit, die Seine anfeuernden Ermahnungen,
lichtvollen Lehren und die vielen Beweise Seinerg�ttlichen Liebe in ihren Herzen entz�ndeten all dies bezeichnet
den Beginn eines neuen Abschnitts in der Entwicklung
des Glaubens im Westen.�18Die Wirkung dieser ersten Pilgerreise f�hrte nicht nur zu
einer geistigen Erneuerung bei den einzelnen Teilnehmern,
sondern sorgte auch f�r Motivation und Antrieb, den Glauben
in der westlichen Welt zu verbreiten, wie Shoghi Effendi berichtet:
�Mit der R�ckkehr dieser gott-trunkenen Pilger, einige
nach Frankreich, andere in die Vereinigten Staaten, begann
eine ununterbrochene, systematische T�tigkeit, die als sie in
Schwung kam und ihre St�tzpunkte bis nach Westeuropa und
in die Staaten und Provinzen Nordamerikas vorschob, so viel
Gewicht bekam, dass �Abdu�l-Bahá beschloss, sobald Er aus
Seiner noch andauernden Haft in �Akka befreit w�re, eine
Lehrreise nach dem Westen anzutreten.�19Der Besuch der Pilger, der einen sch�pferischen Impuls auf
den Fortschritt des Glaubens ausl�ste, �bte zudem auf Bahayyih
Kh�num und die Mitglieder der Familie �Abdu�l-Bahas eine
tiefe Wirkung aus. Shoghi Effendi schreibt: �Nur die Ankunft
dieser Pilger konnte die Schwermut, die die untr�stlichen
Angeh�rigen �Abdu�l-Bahas umfangen hielt, letztendlich beheben.
Diese wiederholten Besuche spendeten dem Gr��tenHeiligen Blatt, die gemeinsam mit ihrem Bruder als einzige
unter den Mitgliedern des Haushalts ihres Vaters der Rebellion
fast aller Verwandten und Freunde die Stirn bieten musste,
jenen Trost, der ihr bis ans Ende des Lebens so reichlich Kraft
gab.�2020 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 59-60
80Die von den ersten Pilgern aus dem Westen aufgezeichneten
Berichte bieten sowohl einen faszinierenden Einblick in die
Art, wie die wenigen amerikanischen und europ�ischen Frauen
und M�nner von der anziehenden Pers�nlichkeit �Abdu�l-
Bahas beeindruckt waren, als auch wertvolle Aufzeichnungen
Seiner Aussagen und Anweisungen. Dar�ber hinaus spiegeln
diese Pilgerberichte, von denen einige sich auf die Person und
die Aufgaben des Gr��ten Heiligen Blattes beziehen, unmittelbare
Eindr�cke vom Leben der Verbannten in der Gef�ngnisstadt
�Akka wider.Weibliche Pilger aus dem Westen hatten das Vorrecht, mit
den Frauen der Familie �Abdu�l-Bahas und mit anderen Baha-
Frauen, die zu der gro�en Gruppe der Verbannten geh�rten,
eng verbunden zu sein. M�nnliche Pilger aber teilten dieses
Vorrecht nicht. Folglich waren die Frauen aus dem Osten bei
Zusammenk�nften der Baha entsprechend der in dieser Gegend
vorherrschenden Tradition gew�hnlich verschleiert. Es
galt nicht als schicklich, wenn eine Frau aus dem Osten unverschleiert
in einer gemischten Gesellschaft erschien. Die Frauen
aus dem Westen jedoch waren nicht derartig eingeschr�nkt. Sie
konnten frei sowohl mit Frauen als auch mit M�nnern zusammen
kommen, ohne einen Schleier zu tragen.Die ersten Pilgergruppen, die 1898 aus dem Westen nach
Haifa kamen, reisten mit Pferdekutschen nach �Akka, wo
�Abdu�l-Bahá zu jener Zeit lebte. Die kanadische Baha May
Maxwell hinterlie� der Nachwelt folgende Beschreibung �ber
ihre Ankunft im Haus �Abdu�l-Bahas in �Akka und ihre erste
Begegnung mit Ihm: �Wir gingen durch ein steinernes Tor, das
auf einen viereckigen Hof f�hrte und stiegen eine Treppe zu
den oberen Wohnungen hinauf. Dort fanden wir unseren Geliebten,
der am Fenster eines kleinen Raumes stand und aufdas himmelblaue Meer blickte.�21 Sie berichtet, dass, sobald sie
von �Abdu�l-Bahá begr��t worden waren, das Gr��te Heilige
Blatt, die Frau �Abdu�l-Bahas und Seine Tochter hereinkamen.
Sie beschreibt, wie die Pilger willkommen gehei�en wurden,
21 May Maxwell, An Early Pilgrimage S. 18und mit welchen Aktivit�ten die Frauen des Haushaltes besch�ftigt
waren:�Sie empfingen uns mit Liebe und Freudentr�nen, als w�ren
wir eine Zeitlang verreist gewesen und nun endlich in unsere
himmlische Heimat zur�ckgekehrt, wie es auch wirklich
war! Sie f�hrten uns in unsere Zimmer, die sie leider unseretwegen
ger�umt hatten; sie sorgten f�r unser Wohlbefinden,
kamen all� unseren W�nschen zuvor und umgabenuns mit aufmerksamer F�rsorge. Durch alles schien jedoch
das Licht strahlender Geistigkeit; ihre g�ttliche Liebe ergoss
sich durch diese g�tigen menschlichen Kan�le und ihr
eigenes Leben, ihre eigene Bequemlichkeit bedeutete ihnen
so viel wie eine Handvoll Staub. Sie opferten sich und verga�en
ihr eigenes Selbst, in der Liebe und im Dienst an der
g�ttlichen Schwelle.�22Ella Goodall Cooper, die zur ersten Gruppe der westlichen
Pilger geh�rte, die �Akka besuchten, zeichnet mit folgender
Beschreibung ein anschauliches Bild des Gr��ten Heiligen
Blattes:�Gleich nach dem Vorrecht, dem Geliebten Meister selbst23
begegnen zu d�rfen, rangierte das Privileg, Seine ruhmvolle
Schwester, Bahayyih Kh�num, bekannt als das Gr��te Heilige
Blatt, zu treffen. Ihre Pers�nlichkeit hat sich unausl�schlich
meinem Ged�chtnis eingepr�gt. Gro�, schlank und von
edler Haltung erweckte ihre Gestalt den Eindruck vollkommener
Ausgewogenheit von Energie und Ruhe, st�hlernerAusdauer und innerer Gelassenheit und vermittelte dem Betrachter
ein nicht zu beschreibendes Gef�hl an Sicherheit,Ihr sch�nes Antlitz war das weibliche Gegenst�ck zu dem
�Abdu�l-Bahas, die von Leid und Entbehrung gezeichne22
ebenda, S. 19ten Linien gemildert durch die geduldige Lieblichkeit des
Mundes; die hohe Stirn, die von Verstand und Wille zeugt,
erleuchtet durch die wunderbar verst�ndnisvollen Augen. ...
Beobachtete man, wie der Ausdruck ihrer Augen sich �nderte
� in einem Augenblick verdunkelten sie sich vor Mitgef�hl
oder SchMirza im n�chstenAugenblick spr�hten sie vor Freude
und Humor so vertiefte sich um so mehr der Eindruck
ihrer unwiderstehlichen, geistigen Anziehungskraft.�24
Der Geist, der im Haushalt �Abdu�l-Bahas vorherrschte, bewegte
die Frauen aus dem Westen zutiefst. Mrs. Phoebe Hearst
beschreibt ihre Eindr�cke in den Briefen an ihre Freunde und
erw�hnt einleitend, wie schwierig es ist zu beschreiben, was sie
in den drei denkw�rdigen Tagen ihres Aufenthaltes in �Akka
erlebt hat. Sie schreibt: �Vom materiellen Standpunkt aus gesehen,
war alles einfach und schlicht, aber die geistige Atmosph�re,
die den Ort erf�llte und sich im Leben und Tun der Gl�ubigen
offenbarte, war wirklich wundervoll und etwas, das ich
noch nie zuvor erlebt habe. Man muss sie nur anschauen und
erkennt, dass dies heilige Menschen sind.� In einem anderen
Brief berichtet sie: �Alle in diesem Haushalt waren stille, heilige
Menschen, deren Leben den einzigen Sinn hatte: Der Sache
Gottes zu dienen. Sie sind sehr schlicht gekleidet, aber auf so
anmutige Art, dass dies ihrem h�chst bescheidenen Heim eine
gewisse Erhabenheit verleiht. Die Reinheit ihrer Sitten spiegelt
sich in ihren ruhigen, g�tigen und offenen Gesichtern wider,
die sie als eine Gemeinschaft auszeichnen. T�glich flehe ich zu
Gott, mir zu helfen, dass ich ihnen und dem Gesegneten Meister
mehr und mehr an Geistigkeit gleich komme.�25Aus den Pilgerberichten geht deutlich hervor, dass die Frauen
aus �Abdu�l-Bahas Haushalt wesentlich an vielenAktivit�ten,
die mit den Pilgern zu tun hatten, beteiligt waren. May Max
24Ella Goodall Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation in Star of
the West; 23,Nr. 7(1932): 202Phoebe Hearst, Brief vom 19. November 1899 an Mr. Isaiah H. Brad
ford, in Baha-World; 801, Phoebe Hearst, Brief vom 5. Dezember
1899 an O.M. Bábcock, in ebenda, 802well beschreibt zum Beispiel, wie �Abdu�l-Bahá die Pilger zum
Schrein von Bahau�ll�h begleitete und wie bei ihrem Eintritt
die Frauen der Heiligen Familie, dicht verschleiert, durch eine
T�r an der gegen�berliegenden Ecke des Geb�udes hereinkamen.
Sie gingen nach vorn und begr��ten freundlich die Pilger.
Anschlie�end setzten alle den Besuch des Schreins fort.
Kurz vor ihrer Abreise wurden die Pilger in einen Raum
gef�hrt, in dem die Bilder Bahau�ll�hs und des B�b ausgestellt
waren. Dieses Erlebnis beeindruckte alle zutiefst. Unmittelbar
danach wandte sich �Abdu�l-Bahá an die Pilger mit Abschiedsworten,
die Er ihnen als F�hrung mit auf den Weg gab. MayMaxwell f�ngt die Stimmung der Pilger beim Zeitpunkt ihrer
Abreise und den liebevollen Zuspruch der Mitglieder der heiligen
Familie ein:�Als Er aufgeh�rt hatte zu sprechen, nahmen uns die Mitglieder
der Heiligen Familie liebevoll beiseite, und einen
Augenblick lang schien es, als m�ssten wir sterben. Doch
unser Meister lie� Seinen mitf�hlenden Blick auf unseren
Gesichtern ruhen, bis wir Ihn wegen unserer Tr�nen nicht
mehr sehen konnten. Dann nahmen uns die Familienmitglieder
nacheinander in die Arme; unsere Seelen waren zutiefst
ergriffen und es schien, als w�ren alle Lebensbande
zerrissen. Schlie�lich, als wir uns von dem Heim unseres
himmlischen Vaters entfernten, erreichte uns pl�tzlich Sein
Geist; eine gro�e Kraft und Ruhe erf�llten unsere Seelen,
der Schmerz �ber die k�rperliche Trennung verwandelte
sich in Freude geistiger Vereinigung.�26Ella Goodall Cooper erinnert sich ebenfalls an die Gef�hle
dieses Abschieds und gibt uns eine Ahnung der tiefen Liebesbande,
die w�hrend dieser ersten historischen Pilgerreise
zwischen den Frauen aus dem Westen und den Mitgliedern
der Familie �Abdu�l-Bahas entstanden. Sie schreibt: �Als der
bef�rchtete Augenblick des Abschieds gekommen war, konn
26 May Maxwell, An Early Pilgrimage S. 42-43te der Kummer �ber die Trennung von den geliebten Frauen
nur durch die Aussicht auf einen zuk�nftigen Besuch gelindert
werden. Ich erinnere mich daran, als letztes in das ruhige, g�tige
und strahlende Antlitz des Gr��ten Heiligen Blattes gesehen
zu haben, an ihre tiefen verst�ndnisvollen Augen, die das
Licht der Liebe Gottes auf uns verstr�mten, dieses Licht, das
im Laufe der Jahre nur noch heller leuchtet.�27Im folgenden Auszug aus einem Brief, den Bahayyih Kh�num
im Jahre 1901 an eine Baha im Osten schrieb, weist sie
auf die liebevolle gegenseitige Beziehung zwischen den Frauen
der Heiligen Familie und den fr�hen Gl�ubigen aus dem
Westen hin. In dem Brief hei�t es:�Eine Anzahl deiner geistigen Schwestern, n�mlich Frauen,
die den Glauben angenommen haben, sind aus Paris und
den Vereinigten Staaten auf ihrer Pilgerreise hier angekommen.
Vor kurzem erreichten sie diesen heiligen und hellstrahlenden
Ort und hatten die Ehre, sich an Seiner HeiligenSchwelle niederzuwerfen und in das strahlende Antlitz
�Abdu�l-Bahas zu blicken, der der Mittelpunkt des Bundes
des Allm�chtigen Gottes ist m�ge mein Leben ein Opfer
f�r Ihn sein. Wir erfreuen uns jetzt ihrer Gesellschaft und
sind im Geiste �u�erster Liebe und Kameradschaft mit ihnen
verbunden. Sie alle m�chten ihnen in der Sprache des
Herzens ihre liebevollen Gr��e schicken.�28Die anf�ngliche Verbreitung des Glaubens in der westlichen
Welt erhielt durch den sch�pferischen Einfluss dieser fr�hen
Pilger einen zus�tzlichen Antrieb. Nach ihrer Heimkehr trugen
die Pilger aktiv ihren Glauben weiter. Sie regten andere an, in
entfernte L�nder zu reisen, um den Glauben zu lehren. Keimhafte
administrative Baha-Institutionen wurden errichtet, und
einige der wichtigsten Schriften Bahau�ll�hs und Sendschreiben
�Abdu�l-Bahas wurden ins Englische �bersetzt. Hinzu
kam, dass die Baha in Amerika ein Unternehmen von immen
27 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation S. 20428 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 104
85ser Bedeutung und atemberaubender Vision wagten, �ber das
Shoghi Effendi folgendes berichtet:�... schlie�lich baten die Baha von Chicago, angeregt
durch das Beispiel ihrer Glaubensgenossen in �Ishq�b�d,
die bereits mit dem Bau des ersten Mashriqul-Adhkar29
der Baha-Welt begonnen hatten, und beseelt von dem
Wunsch, ihrem Glauben und ihrer Hingabe in �hnlicher
Weise geb�hrenden Ausdruck zu verleihen, �Abdu�l-Bahá
um die Erlaubnis, ebenfalls ein Haus der Andacht errichten
zu d�rfen. Dies wurde ihnen sogleich mit einem Schreiben
im Juni 1903 mit Begeisterung gew�hrt. Die Ermutigung,
die ihnen �Abdu�l-Bahá sp�ter zuteil werden lie�, veranlassten
sie, trotz ihrer geringen Zahl und begrenzten Mittel,
sich an das Unternehmen zu wagen, das als gr��ter Einzelbeitrag
zu betrachten ist, den die Baha in Amerika und imganzen Westen bisher f�r die Sache Bahau�ll�hs geleistet
haben.�30Dem Bau des Baha-Hauses der Andacht mitten im Herzen
des nordamerikanischen Kontinents stimmte �Abdu�l-Bahá
nicht nur ermutigend zu, sondern Er legte sogar pers�nlich
w�hrend Seiner Reisen durch den Westen den Grundstein zu
diesem Bau.Ende1898,zweiJahrenachderAbreisedererstenamerikanischen
Pilger vom Heiligen Land, brach die zweite schwere Krise w�hrend
der Amtszeit �Abdu�l-Bahas aus. Diese Krise kam vorwiegend
von au�en und �hielt mit verschiedenen Schwankungen an
Intensit�t �ber sieben Jahre an.� Sie �entsprang den st�ndigen
Intrigen und krassen Entstellungen� Mirza Muhammad-�Al�s,
29 W�rtlich: �D�mmerungsort des Lobpreises Gottes�; Bezeichnung f�r
ein Baha-Haus der Andacht.30 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber S. 348-349; 16:20
86des �Erzfeindes des Bundes und seiner Helfershelfer�, die es fertig
brachten, bei der t�rkischen Regierung Verdacht zu erregen
und sie dazu veranlasste, �Abdu�l-Bahá wieder unter strengsten
Arrest zu stellen. Shoghi Effendi beschreibt die Auswirkungen
dieser heimt�ckischen Angriffe auf �Abdu�l-Bahá und Seine Familie
und stellt fest: �Diese zweite schwere Krise.... brachte Ihn
in gro�e Lebensgefahr, beraubte Ihn f�r eine Reihe von Jahren
wieder der verh�ltnism��igen Freiheit, die Er inzwischen genossen
hatte, peinigte Seine Familie und die Glaubensangeh�rigen
in Ost und West und stellte wie nie zuvor die ganze Niedertracht
Seiner grimmigen Feinde blo�.�31Der Erlass des Sultans, der sowohl die Gefangennahme
�Abdu�l-Bahas als auch der in der Verbannung lebenden Gemeinde
anordnete, trat im August 1901 in Kraft. Zun�chst wurde
er streng eingehalten, und �Abdu�l-Bahá musste sich langen
Verh�ren seitens der Obrigkeiten unterziehen. Die Situation
der Verbannten verschlimmerte sich durch die anhaltenden Machenschaften
der Bundesbrecher, die durch �m�ndliche Mitteilungen,
f�rmliche Nachrichten und pers�nliche Gespr�che... diesen Pers�nlichkeiten die �berzeugung aufdr�ngten, dass
rasches Handeln unbedingt geboten sei.� Sie stellten auf raffinierte
Weise �ihre Beweisf�hrungen auf die jeweiligen Interessen
und Vorurteile derer ab, deren Hilfe sie suchten.� Shoghi
Effendi bezeugt: �Mit Hilfe von Verleumdung und Bestechung
vermochten sie, bestimmte Leute zu bewegen, als Zeugen ihre
Unterschrift unter die von ihnen aufgesetzten Dokumente zu
setzen, die sie dann durch Mittelsm�nner an die Hohe Pforte
schickten.� �Derart schwere Anschuldigungen in so vielen Berichten
verfehlten nat�rlich nicht ihre Wirkung auf den Herrscher,
der ohnedies in st�ndiger Angst vor Aufruhr unter seinen
Untertanen lebte. Es wurde darum eine Kommission ernannt,
die den Auftrag hatte, der Sache nachzugehen und �ber die Ergebnisse
zu berichten.�32�Abdu�l Bahá wurde mehrfach vorgeladen und wies jede
Beschuldigung, die man gegen Ihn vorbrachte, zur�ck, stellte
31 ebenda, S. 351; 17:2den Wahnwitz dieser Anschuldigungen blo� und machte zum
Beweis Seiner Argumente die Kommissionsmitglieder mit den
Vorkehrungen bekannt, die Bahau�ll�h in Seinem Testament
getroffen hatte. Die Situation blieb jedoch �u�erst schwierig;
Ger�chte �ber die �Abdu�l-Bahá drohenden Gefahren verbreiteten
sich, Berichte �ber den Untergang der Gemeinde und ihren
F�hrer erdreisteten gewisse Elemente innerhalb der Bev�lkerung,
sich mit den Bundesbrechern zusammen zu tun. Ausdieser Situation heraus setzte �Abdu�l-Bahá zum Schutz der
Gemeinde eine Reihe strenger Ma�nahmen ein. Shoghi Effendi
stellt fest, dass die Krise �Abdu�l-Bahá dazu veranlasste �die
Zahl der Pilgerbesuche zu beschr�nken und eine Zeitlang die
Besuche ganz auszusetzen. Er gab Anweisung, dass Seine Post
�ber einen Vertrauensmann in �gypten geleitet werde, statt
nach Haifa ... wies ferner die Gl�ubigen wie Seine Sekret�re
an, alle Baha-Schriften zu sammeln und an einem sicheren
Ort zu verstecken. Er riet ihnen dringend, sich in �gypten niederzulassen
und ging selbst so weit, ihnen die gewohnten Zusammenk�nfte
in Seinem Haus zu verwehren.�33�ber die Atmosph�re der Anspannung und Angst und das
zunehmende Gef�hl der Isolation, das unter den Verbannten
herrschte, berichtet Shoghi Effendi: �Selbst Seine [�Abdu�l-
Bahas] zahlreichen Freunde und Bewunderer verzichteten in
diesen unruhigen Tagen darauf, Ihn zu besuchen, aus Furcht,
dadurch ebenfalls in die Sache verwickelt und den Beh�rden
verd�chtig zu werden. An manchen Tagen und N�chten, wenn
es am tr�bsten aussah, stand Sein Haus, das lange Jahre hindurch
der Brennpunkt aller Gesch�ftigkeit gewesen, v�llig
verlassen da. Spione beobachteten es, offen wie insgeheim, belauerten
jede Regung und beschnitten die BewegungsfreiheitIn gro�en Z�gen beschreibt Shoghi Effendi, wie lebenswichtig
in dieser kritischen Zeit der Beitrag des Gr��ten Heiligen
Blattes war. �In den Tagen der Untersuchungs-Kommission�,
schreibt er, �war sie eine zuverl�ssige und getreue Hilfe
33 ebenda, S. 356; 17:9f�r den einzigartigen Zweig Bahau�ll�hs [�Abdu�l-Baha] und
Seine unvergleichliche Gef�hrtin.� Ihre feste �berzeugung und
Gewissheit beruhten auf ihrem Verst�ndnis des Bundes, und ihr
unersch�tterlicher Einsatz f�r die von �Abdu�l-Bahá festgelegte
Richtung spendete ihrem Bruder zweifellos Kraft und Trost
und galten der gepeinigten Baha-Gemeinde als Beispiel. Ein
Pilger, der 1906 das Heilige Land besucht hatte, berichtete tats�chlich,
dass man �Abdu�l-Bahá habe sagen h�ren, Er k�nnesich nicht vorstellen, wie Er ohne das Gr��te Heilige Blatt und
Seine Frau, Munírih Khánum, auskommen k�nnte, so sehr liebe
Er sie und so treu ergeben liebten und dienten sie Ihm.35
Nach Pilgerberichten spielte Bahayyih Kh�num w�hrend
dieser Zeit eine wichtige Rolle im Umgang mit hochgestellten
Frauen aus der weiteren Gemeinde. Eine Pilgerin beschreibt
die �schwierige Zeit in �Akka im Jahre 1905� und erinnert sich,
dass ein syrischer Offizier in der t�rkischen Armee, der immer
freundlich zur Heiligen Familie gewesen war, sich pl�tzlich
gegen sie wandte. Als sein Plan, sich bei den M�chtigen
von Konstantinopel beliebt zu machen, scheiterte, wurde er
als Gefangener nach Damaskus geschickt. Sie berichtet, dass
�Abdu�l-Bahá diesen falschen Freund mit keinem Wort tadelte,
sondern Er und Bahayyih Kh�num sprachen sogleich bei der
bek�mmerten Ehefrau vor und boten ihr Geld und jegliche Unterst�tzung
an.36Trotz der Einschr�nkungen, die der Baha-Gemeinde auferlegt
wurden, fand �Abdu�l-Bahá Wege, um die T�tigkeiten fortzuf�hren,
die f�r die Verbreitung und Festigung des Glaubens
sowie f�r den Aufbau seiner keimhaften Gemeindeordnung so
wichtig waren. Die Arbeit am Bau des Schreins f�r den B�b
in Haifa wurde unvermindert fortgesetzt. �Abdu�l-Bahá offenbarte
weiterhin eine F�lle von Sendschreiben, die den Gl�ubigen
F�hrung und Antwort auf ihre Fragen gew�hrten. Ernahm au�erdem verschiedene Unternehmungen in Angriff, die
35 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 28,
Mirzaeh Gail, Summon up Remembrance S. 277-27836 Weitere Einzelheiten siehe Helen Goodall und Ella Goodall Cooper,
Daily Lessons Received at �Akka, S. 42-43Seine �unerm�dliche Energie, bewundernswerte Gelassenheit
und unersch�tterliche Zuversicht� bezeugten. An erster Stelle
standen der Plan f�r den Bau des weltweit ersten Hauses der
Andacht in �Ishq�b�d, der als Vorbereitung f�r den Bau eines
Muttertempels in Willmette, Illinois, dienen sollte und die Wiederherstellung
des Hauses des B�b in Sh�r�z.37Zur selben Zeit schrieb �Abdu�l-Bahá �in der Stunde h�chster
Ungewissheit� Sein Testament nieder. Shoghi Effendi beschreibt
es als �das unsterbliche Dokument, in dem Er dieGrundz�ge der Gemeindeordnung umriss, die nach Seinem
Hinscheiden in Kraft treten und die Errichtung jener Weltordnung
ank�ndigen sollte, deren Kommen der B�b verhei�en und
deren Gesetze und Prinzipien Bahau�ll�h formuliert hatte. Im
Verlauf dieser bewegten Jahre schuf Er ... die ersten administrativen,
geistigen und erzieherischen Einrichtungen der sich
stetig ausdehnenden Religion in Persien, ihrer Wiege, in der
gro�en Republik des Westens, der Wiege der Gemeindeordnung,
in Kanada, Frankreich, England, Deutschland, �gypten,
im �Ir�q, in Russland, Indien, Birma, Japan und selbst auf weit
abgelegenen pazifischen Inseln.� Um auch den Anforderungen
einer rasch wachsenden und sich immer vielf�ltiger gestaltenden
Baha-Gemeinde entgegenzukommen, f�rderte Er tatkr�ftig
die ��bersetzung, Ver�ffentlichung und Verbreitung von
Baha-Literatur, die inzwischen schon eine Vielfalt von B�chern
und Schriften in persischer, arabischer, englischer, t�rkischer,
franz�sischer, deutscher, russischer und birmanischer
Sprache umfasst.�38Wenn die Umst�nde es erlaubten und �so oft der Ihn umtobende
Sturm eine Pause einlegte�, versammelten sich an�Abdu�l-Bahas Tisch Pilger, Freunde und Sucher ... darunter
Repr�sentanten der christlichen, islamischen, j�dischen, zoroastrischen,
hinduistischen und buddhistischen Religion.� 39 Eine
Pilgerin schildert im folgenden Bericht ihre Eindr�cke �ber die
Herausforderungen, denen sich die Mitglieder der Heiligen Fa
37 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber S. 357; 17:11
38 ebenda, S. 357f; 17:12milie und die gerade anwesenden Pilger gegen�ber sahen und
wie sie diese Schwierigkeiten meisterten. Sie schreibt:
�Man k�nnte sich vorstellen, dass dem Besucher das t�gliche
Leben einer Familie von Gefangenen selbst das einer
Heiligen Familie traurig und niederdr�ckend vorkommen
m�sste, aber wie seltsam es auch klingen mag, im �Gr��ten
Gef�ngnis�40 ist genau das Gegenteil der Fall. Obwohl keine
absolute Regelm��igkeit im Tagesablauf m�glich ist fast
jede h�usliche Angelegenheit kann zu v�llig unvorhersehbaren
Umst�nden f�hren bleibt die ruhige Heiterkeit dieser
feinen Menschen unver�ndert bestehen. Sie erf�llen ihre t�glichen
Pflichten, leisten ihre Liebesdienste, bringen ihre kleinen
Opfer, unterrichten ihre Kinder und spielen auch mit
ihnen kurz gesagt, sie f�hren, unter den au�ergew�hnlichsten
Umst�nden, ein perfektes Modell des Familienlebens.
Niemals h�rt man sie �ber die harten Bedingungen klagen,
vielmehr ergeben sie sich bei allem, was geschieht, dem Willen
und der Weisheit Gottes und vertrauen auf zuk�nftige
Segnungen als Frucht f�r ihre jetzige Geduld, Segnungen
die allen V�lkern der Welt zugute kommen werden.Obwohl jeder Einzelne st�ndig wachsam ist vom j�ngsten
Diener bis zum Gr��ten Heiligen Blatt wird davonkein Aufhebens gemacht. Nicht mal das Knarren einer entlegenen
T�r oder ein fremder Schritt entgeht ihren aufmerksamen
Ohren, doch niemals hat der Besucher den Eindruck,
dass er der Grund f�r Besorgnis ist. Wenn pl�tzlich der ganze
Esstisch in einen anderen Raum gebracht werden muss,
um der Beobachtung der t�rkischen Besucher zu entgehen,
geschieht dies mit einem stillen L�cheln und ohne eine
Andeutung von Unannehmlichkeit. Wie einfach und einleuchtend
w�re es gewesen, die mitf�hlenden Pilger durchihr t�gliches Martyrium und den st�ndigen Druck, den ihre
unsichere Lage mit sich bringt, zu beeindrucken ...
40Bahau�ll�h nannte Akka das �Gr��te Gef�ngnis�, als Er 1868 dort
ankamMan w�rde kaum glauben, dass man ein t�rkisches Gef�ngnis
besuchte, bef�nde man sich nicht so nahe bei den Kasernen
und ihren W�chtern.Ein weiterer Grund zur Freude f�r den Besucher besteht
darin, ihren spontanen und bezaubernden Humor zu entdecken.
Sie freuen sich �ber jeden kleinen Scherz, indem sie
soviel wie m�glich dar�ber lachen und ermutigen sich gegenseitig,
auf die angenehme Seite der Dinge zu schauen,um sich so von der tragischen Seite ihres Daseins abzulenken
.�41Eine Zeitlang lockerten sich die Lebensbedingungen in
�Akka ein wenig. Doch waren im osmanischen Reich historische
Kr�fte am Werk, die die Geschicke des Sultans unddas Leben der Verbannten mit der Zeit radikal ver�ndern sollten.
In dem Klima zunehmender politischer Unruhe, die sich
im osmanischen Herrschaftsgebiet ausbreitete, begannen die
Bundesbrecher erneut mit ihren Intrigen. Alarmiert entsandte
der Sultan �Abdu�l-Hamid im Winter 1907 wieder einmal
eine Untersuchungskommission nach �Akka. Die Kommission
f�hrte dieselben Dokumente mit sich, die schon die fr�here
Kommission nicht bekr�ftigen konnte und folglich verworfen
hatte. Sie unterstellten als erstes die �rtliche Beh�rde ihrer Autorit�t.
Eine Atmosph�re der Angst breitete sich aus, als Beamte,
die bekannterma�en �Abdu�l-Bahá freundlich gesonnen
waren, entlassen und wieder Spitzel um �Abdu�l-Bahas Haus
herum aufgestellt wurden. Selbst die Armen von �Akka wagten
nicht, sich Seinem Haus zu n�hern, und Ger�chte gingen um,
�Abdu�l-Bahá werde gewaltsam nach F�z�n in Tripolis verbannt
und v�llig von der Welt abgeschnitten.42Trotz Drohungen und Warnungen vor den Folgen weigerte
sich �Abdu�l-Bahá w�hrend des monatelangen Aufenthalts
der Kommission best�ndig, sie zu treffen oder irgend etwas mit
41 Helen Goodall und Ella Goodall Cooper, Daily Lessons Received at
�Akka, S. 9.42 Weitere Einzelheiten siehe H.M. Balyuzi, �Abdu�l-Baha, Bd. 1 S. 178-179
92ihren Mitgliedern zu tun zu haben. Shoghi Effendi beschreibt
�Abdu�l-Bahas Haltung zu jener Zeit: �Obwohl die Gefahren
und N�te Ihn aufs H�rteste bedr�ngten, obgleich das Schiff,
das Ihn voraussichtlich zusammen mit den Kommissionsmitgliedern
wegbringen sollte, st�ndig bereit lag, zuweilen in
�Akka, zuweilen in Haifa, und trotz wilder Ger�chte, die �ber
Ihn umherschwirrten, blieb die heitere Ruhe, die Er seit Seinem
neuerlichen Arrest unver�ndert bewahrt hatte, ungetr�bt,
Seine Zuversicht war unersch�tterlich.�43Shoghi Effendi berichtet �ber die letzte dieser Kommission
im Heiligen Land. Ihre Mitglieder waren nach Haifa gegangen,
um den Schrein des B�b zu inspizieren, der sich gerade im Bau
befand.�Bald nach dieser Inspektion konnte man eines Tages kurz
nach Sonnenuntergang pl�tzlich sehen, wie das Schiff, das
vor Haifa lag, die Anker lichtete und Kurs auf �Akka nahm.
Wie ein Lauffeuer verbreitete sich unter der erregten Bev�lkerung
die Kunde, dass die Kommissionsmitglieder sicheingeschifft h�tten. Man nahm an, dass es vor �Akka halten
w�rde, bis �Abdu�l-Bahá an Bord genommen w�re unddann zu seinem Bestimmungsort f�hre. Die Mitglieder Seiner
Familie befiel Angst und Entsetzen, als man ihnen das
Herannahen des Schiffes meldete. Die wenigen Gl�ubigen,
die zur�ckgeblieben waren, weinten vor Kummer �ber die
bevorstehende Trennung von ihrem Meister. �Abdu�l-Bahá
aber sah man in dieser schlimmen Stunde allein und ruhig
im Hof Seines Hauses auf und ab wandeln.Doch bei Einbruch der Dunkelheit sah man pl�tzlich, wie
die Bootslichter abdrehten, und das Schiff den Kurs wechselte.
Es war jetzt klar, dass es in Richtung Konstantinopel
fuhr. Unverz�glich �berbrachte man diese Kunde �Abdu�l-
Baha, der in der zunehmenden Dunkelheit immer noch in
Seinem Hof auf und ab schritt. Einige Gl�ubige, die sich
43 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 360; 17:17
93an verschiedenen Punkten aufgestellt hatten, um den Kurs
des Schiffes zu beobachten, st�rzten nun herbei, um die frohe
Kunde zu best�tigen. An diesem historischen Tag war
eine der gr��ten Gefahren, die das kostbare Leben �Abdu�l-
Bahas je bedroht hatten, von der Vorsehung pl�tzlich und
endg�ltig abgewendet worden.Bald nach der �berst�rzten, v�llig unerwarteten Abfahrt des
Schiffes trafen Nachrichten ein, dass auf dem Weg des Sultans
bei seiner R�ckkehr von der Moschee, in der er seine
Freitagsgebete verrichtet hatte, zum Palast eine Bombe explodiert
sei.Wenige Tage nach diesem Anschlag auf sein Leben lieferte
ihm die Kommission ihren Bericht ab, doch der Sultan und
die Regierung waren noch zu sehr beansprucht, als dass sie
ihm Beachtung geschenkt h�tten. Der Fall wurde zur�ckgestellt,
und als er nach ein paar Monaten wieder vorgelegtwurde, schlossen sich die Aktendeckel f�r immer dar�ber
infolge eines Ereignisses, das den Gefangenen von �Akka
pl�tzlich ein f�r allemal der Macht Seines k�niglichen
Feindes enthob.�44Die jungt�rkische Revolution brach im Jahre 1908 aus. Der
Sultan wurde gezwungen, die von ihm ehemals aufgehobene
Verfassung wieder einzusetzen und alle unter dem alten Regime
festgenommenen religi�sen und politischen Gefangenen
freizulassen. Um sicher zu sein, dass �Abdu�l-Bahá �in die Kategorie
dieser Gefangenen geh�re�, fragte man telegrafisch in
Konstantinopel nach, �worauf man prompt eine best�tigende
Antwort erhielt.�45Diese letzte Zeit der Gefangenschaft war f�r �Abdu�l-Bahá
und die Mitglieder Seiner Familie voll gro�er Gefahren und
Pr�fungen. Im R�ckblick auf die hervorstechenden Merkmale
dieser sieben Jahre von 1901 1908 macht Shoghi Effendi
44 ebenda, S. 360f; 17:17-17:22besonders auf �die unaufh�rlichen Machenschaften� von Muhammad-�
Al� und seinen �ver�chtlichen Helfern� aufmerksam,
wie auch auf die �Unruhen, die ihre klug gef�hrte Kampagne
falscher Darstellung und Verleumdung in Gegenden hervorrief,
die mit Sultan �Abdu�l-Hamid und seinen Ratgebern direkt
verbunden waren.� Diese heimt�ckischen Aktivit�ten verursachten
�Untersuchungen und Nachforschungen� und f�hrtenerneut zu einer strengen Gefangenschaft. Durch sie lebten die
�Gefahren� f�r die Verbannten wieder auf.46�ber die Beitr�ge, die das Gr��te Heilige Blatt zu den
besonderen Ereignissen jener kummervollen Zeit leistete, ist
nur wenig bekannt. Jedoch beschreibt Shoghi Effendi die herausragenden
Charaktereigenschaften und die Geisteshaltung,die Bahayyih Kh�num offenbarte und die Wirkung dieser Eigenschaften
auf die Geschehnisse. Er best�tigt: �Ohne ihreschlaflose Wachsamkeit, ihr Taktgef�hl, ihre H�flichkeit, ihre
au�ergew�hnliche Geduld und heroische Tapferkeit h�tten
sich schwere Komplikationen ergeben k�nnen. Ebenso w�re
die Last der M�hen und Sorgen �Abdu�l-Bahas beachtlich vermehrt
worden.�47So endete eine vierzig Jahre andauernde Haft in der Gef�ngnisstadt
�Akka. Zu Beginn ihrer Gefangenschaft waren�Abdu�l-Bahá und Bahayyih Kh�num Anfang zwanzig, bei ihrer
Freilassung standen sie an ihrem Lebensabend.Innerhalb von acht Monaten nach Seiner Freilassung gelang
es �Abdu�l-Baha, eines der bedeutsamsten Werke Seiner Amtszeit
zu vollbringen die Errichtung eines w�rdigen Mausoleums
und die Beisetzung der sterblichen �berreste des B�b
auf dem Berg Karmel, f�nfzig Jahre nach Seinem M�rtyrer
46 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,
S. 37-38tod. Dieses historische Unternehmen hatte seinen Anfang zu
Lebzeiten Bahau�llahs genommen und fand seinen Abschluss
w�hrend der schwierigsten Zeit der Gefangenschaft �Abdu�l-
Bahas. Bahau�ll�h selbst hatte die Stelle, wo der Schrein des
B�b errichtet werden sollte, bestimmt und die Baha im Iran
angewiesen, f�r die Sicherheit der sterblichen �berreste des
B�b zu sorgen.1899 wurden die heiligen Gebeine des B�b auf Anweisung
�Abdu�l-Bahas nach �Akka gebracht, wo sie am 31. Januar
1899, �f�nfzig Mondjahre nach der Erschie�ung des B�b in
Tabr�z, ... eintrafen.� Im selben Jahr legte �Abdu�l-Bahá mit
eigener Hand den Grundstein zu dem Geb�ude, mit dessen Bau
Er einige Monate sp�ter begann. Inzwischen erreichte der Marmorsarkophag,
der die Gebeine des B�b aufnehmen sollte, dasHeilige Land. Er war eine Liebesgabe der Baha von Rangoon,
Birma. Fast zehn Jahre lang dauerte es, bis das Untergeschoss
des Schreins fertig gestellt war. W�hrend der Durchf�hrung des
Baues sah sich �Abdu�l-Bahá von �mannigfachen Problemen�
und vordringlichen Aufgaben bedr�ngt, die durch die Machenschaften
der Bundesbrecher hervorgerufen worden waren unddurch Seine erzwungene Abwesenheit von Haifa auf Grund
Seiner erneuten Gefangenschaft in �Akka, wodurch Er das Unternehmen
nur begrenzt �berwachen konnte.48Auf Grund der langwierigen Schwierigkeiten, die mit dem
Bau des Schreins zusammenhingen, und der Gefahren, denen
�Abdu�l-Bahá und Seine Familie ausgesetzt waren, erschien es
Ihm unbedingt erforderlich, den Sarg, der die sterblichen �berreste
des B�b enthielt, bis zu seiner Beisetzung zu verbergen.
Daher vertraute Er diesen Sarg der Obhut des Gr��ten Heiligen
Blattes an. Er wurde eine Zeit lang in ihrem Zimmer im Haus
von �Abdu�ll�h-P�sh� verborgen, in dem sich �Abdu�l-Bahá
und Seine Familie aufhielten.Jahre sp�ter teilte eine Frau mit, die das Privileg hatte, w�hrend
dieser Zeit im Haushalt �Abdu�l-Bahas zu dienen, wie das
Gr��te Heilige Blatt mit dieser schweren Aufgabe umging. Sie
48 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 365f: 18:4 18:6
96das Begr�Bnis der sterBlichen �Berreste des B�B am Berg Karmel
erinnerte sich daran, dass Bahayyih Kh�num oft stundenlang
in ihrem Zimmer in absolutem Schweigen auf der Mandar
(gepolsterte Bank) sa�, und sie fragte sich damals, warum das
Gr��te Heilige Blatt sich so verhielt. Nach Jahren jedoch verstand
sie, dass die Stille und die ehrerbietige Haltung, die sie
beobachtet hatte, den sterblichen �berresten des B�b, die sich
im Zimmer des Gr��ten Heiligen Blattes befanden, galt. Zweifellos
war sich Bahayyih Kh�num voll bewusst, welch heiliges
Gut sie zu sch�tzen hatte und wie notwendig es war, den Ort
geheim zu halten, an dem die kostbaren sterblichen �berreste
des B�b aufbewahrt wurden.49Im Jahr 1909 brachte �Abdu�l-Bahá schlie�lich das Vorhaben
zu einem erfolgreichen Abschluss. Die heiligen Gebeine
des B�b fanden endlich in Seinem Schrein auf dem Berg Karmel
ihre letzte Ruhest�tte. Shoghi Effendi berichtet:Am �Tag des ersten Naw-R�z-Festes, das Er nach Seiner
Freilassung feierte, lie� �Abdu�l-Bahá den Marmorsarkophag
unter gro�er M�he an die vorbereitete Gruft verbringen. Am
Abend legte Er im Beisein von Gl�ubigen aus Ost und West
beim Schein einer einzigen Lampe auf feierliche, bewegende
Weise mit eigenen H�nden den h�lzernen Sarg mit den heiligen
�berresten des B�b und Seines Gef�hrten50 in diesen
Sarkophag.� �Abdu�l-Bahá gab �diesen ruhmreichen Sieg� den
Baha mit folgenden Worten bekannt:�Die froheste Kunde ... ist, dass der heilige, strahlende Leib
des B�b, ... sechzig Jahre lang vor drohenden Feinden und
aus Furcht vor �belwollenden, ohne Rast und Ruhe von
Ort zu Ort verbracht, nunmehr feierlich durch die Gnade
der Sch�nheit Abha am Naw-R�z-Tag51 im heiligen Sarg,
im erhabenen Schrein am Berg Karmel, beigesetzt ist. ...
Ein seltsamer Zufall f�gte es, dass am selben Naw-R�z-Tag
ein Telegramm aus Chicago eintraf mit der Nachricht, dass
49 Zeenat Baghdadi, zitiert in Ali Nakhjavani The Greatest Holy Leaf: A
Reminiscence; Baha World; 18:6050 Der B�b war mit einem Seiner Anh�nger hingerichtet worden.
51 Neujahr im Baha-Kalender.die Gl�ubigen aller amerikanischen Zentren Abgeordnete
gew�hlt und nach Chicago entsandt und �ber die Lage und
den Bau des Mashriqul-Adhkar [Haus der Andacht] endg�ltig
entschieden h�tten.�52Sobald �Abdu�l-Bahá die �berreste des B�b einem sicheren und
st�ndigen Ruheplatz �bergeben hatte, machte Er sich auf, �mit
edlem Mut, Vertrauen und Entschlossenheit� den Baha-Glauben
in der westlichen Welt zu verbreiten. Seine dreij�hrige Reise
f�hrte Ihn zuerst nach �gypten, dann nach Europa und zuletzt
nach Amerika. W�hrend dieser Zeit ��bertrug Er mit unersch�tterlichem
Vertrauen die Verantwortung f�r die vielf�ltigen Einzelheiten,
die aus Seiner langenAbwesenheit vom Heiligen Land
entstehen w�rden, Seiner vertrauten und verehrten Schwester.�
Shoghi Effendi betont die Bedeutung dieser Bestimmung und
die hohe Stellung, zu der Bahayyih Kh�num erhoben wurde,
und bezeugt, dass sie w�hrend der Abwesenheit �Abdu�l-Bahas
�Seine kompetente Stellvertreterin, Repr�sentantin und Statthalterin
war, der niemand gleich kam.�53Um zu verstehen, wie wichtig die Rolle war, die das Gr��te
Heilige Blatt in dieser Zeit der Baha-Geschichte spielte, ist es
sinnvoll, �ber die Bedeutung der Worte Shoghi Effendis nachzudenken,
mit denen er das Wesen und die Beschaffenheit ihres
Beitrags beschreibt. Bahayyih Kh�num war �Abdu�l-Bahas
�sachkundige Vertreterin�, und als �Vertreterin� ihres Bruders
war sie berufen, an Seiner Stelle zu stehen. Sie war erm�chtigt,
in Seinem Namen zu handeln und die Verantwortung f�r
die Angelegenheiten des Glaubens w�hrend Seiner Abwesenheit
zu �bernehmen. Ihre Ernennung war nach der Darstellung
Shoghi Effendis nicht nur ein Ehrenamt, und ihre Aufgaben, die
52 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 367; 18:9 18:11
53 ebenda, S. 371; Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest
Holy Leaf, S. 39; S. 28�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen
sie erf�llte, waren nicht rein zeremonieller Art. Die Wortwahl
des H�ters beinhaltet vielmehr eine ganz genaue Beschreibung
dar�ber, wie sie ihre lebenswichtige Rolle ausf�hrte. Der Ausdruck
�Statthalter� l�sst zudem erkennen, welcher Art die von
ihr vermutlich verrichteten Aufgaben waren, denn dieser Ausdruck
bezeichnet einen Amtsvertreter, eine Person, die dazu berufen
wurde, die Aufgaben eines K�nigs oder eines Magistrats
durchzuf�hren. Der Ausdruck wird auch f�r einen Menschen
verwendet, der von Gott beauftragt wurde, in Regierungs-oder
in religi�sen Angelegenheiten Amtsgewalt auszu�ben, oder f�r
eine Person, die einen anderen vertritt.54 Obwohl die speziellen
Aufgaben, die das Gr��te Heilige Blatt ausf�hrte, nicht bis ins
Detail aufgezeichnet sind und sich nur durch Schlussfolgerungen
herleiten lassen, kann man erkennen, dass die Funktionen, die
sie w�hrend der Abwesenheit �Abdu�l-Bahas erf�llte, von weit
reichender Bedeutung waren und administrative und geistige
F�hrung der Gemeinde beinhalteten. Sie war als einzige dazu
erm�chtigt, in Seiner Abwesenheit Entscheidungen zu treffen.
Wie man berichtete, hatte sich das Gr��te Heilige Blatt w�hrend
der Zeit, in der �Abdu�l-Bahá auf Reisen war, mit vielen
Angelegenheiten im Heiligen Land zu befassen, f�r die sonst Er
verantwortlich gewesen w�re. Ihr Einflussgebiet nahm immer
mehr zu. Sie empfing sowohl W�rdentr�ger als auch Beamte
beiderlei Geschlechts, sprach im Namen �Abdu�l-Bahas zu den
Pilgern, inspirierte sie, half den Armen und bot den Kranken
ihre �rztliche Hilfe an.55Direkt vor Seiner Abreise nach �gypten im September 1910
richtet �Abdu�l-Bahá ein zu Herzen gehendes Sendschreiben an
Seine Schwester, in dem Er ihr Seine bevorstehende Abreise
mitteilt und zutiefst bedauert, dadurch von ihr getrennt zu sein.
Er dr�ckt Sein unersch�tterliches Vertrauen in sie aus und bittet
sie inst�ndig, f�r Ihn im Schrein Bahau�ll�hs um Best�tigung
f�r Seine Bem�hungen zu beten:54 Websters�s Third International Dictionary of the English Language
Unabridged: Viceregent [Statthalter/ in]55 Bahayyih Nakhjav�ni, The Life and Service of the Greatest Holy Leaf,
in Baha World 18 (1979-1983): 71G�ttliche Weisheit hat diese zeitweise Trennung verf�gt,
aber ich sehne mich mehr und mehr danach, wieder bei dir
zu sein. Geduld ist gefragt und Langmut und Vertrauen in
Gott und Bitten um Seine Gnade. Da du dort bist, bin ich im
Herzen vollkommen beruhigt.Vor kurzem habe ich geplant, nach �gypten zu fahren, wenn
Gott dies will. Lege du in meinem Namen dein Haupt an der
Heiligen Schwelle nieder und umh�lle Stirn und Haar mit
dem Duft des Staubes jener Pforte. Bitte sodann darum, dass
ich in meiner Arbeit best�tigt werde, und dass ich als Dank
f�r Seine endlosen Gnadengaben so Er es will einen
Tropfen aus dem Meer der Dienstbarkeit erlangen m�ge.�56
Nach Seinem Aufenthalt in �gypten reiste �Abdu�l-Bahá am
11. August 1911 nach Europa. Er landete in Marseille, fuhr von
dort nach Thonon-les-Bains und kam am 4. September 1911 in
London an, wo Er sich etwa einen Monat aufhielt. Dann reiste
Er weiter nach Paris, wo Er neun Wochen lang blieb. Im Dezember
1911 kehrte Er nach �gypten zur�ck und verbrachtedort den Winter. Zu Seiner zweiten Reise in den Westen brach
Er am 25. M�rz 1912 auf und fuhr mit dem Schiff �ber Neapel
nach New York, wo Er am 11. April ankam.57 Aus New
York schickte �Abdu�l-Bahá folgendes Sendschreiben an Seine
Schwester:In sehr gutem Gesundheitszustand bin Ich in New York angekommen.
Ich denke immer an dich und flehe innigst ander Schwelle der Gesegneten Sch�nheit, Er m�ge dich in der
Feste Seines Schutzes beh�ten. Wir befinden uns in bester
Gesellschaft und sind voller Freude. Ich hoffe, dass du unter
Seiner segensreichen F�rsorge besch�tzt sein m�gest.
56�Abdu�l-Baha, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 13
57Weitere Details �ber die Reisen �Abdu�l-Bahas in Europa und Amerika,
siehe Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 19. Kapitel
100�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen
Schreibe mir sogleich, wie es R�h� Kh�num58 und Shoghi
Effendi geht. Informiere mich vollst�ndig und verheimliche
nichts, das ist am besten.Wie aus dem Vorhergehenden deutlich wird, beabsichtigte
�Abdu�l-Bahá nicht nur Seine Schwester �ber den Verlauf
Seiner Reisen und Seinen Gesundheitszustand zu informieren,
sondern Er wandte sich au�erdem an Seine Schwester, um von
ihr klare und freim�tige Informationen zu erhalten und w�hlte
sie aus, um durch sie mit der Baha-Gemeinde im Heiligen
Land in Verbindung stehen zu k�nnen.�Abdu�l-Bahas heldenhafte Reise durch Nord Amerika dauerte
acht Monate. Sie f�hrte ihn von K�ste zu K�ste, mit vielen
Zwischenstationen. Am 5. Dezember 1912 reiste Er von
New York nach Liverpool und von dort nach London, Paris,
Stuttgart, Budapest und Wien. Shoghi Effendi beschreibt die
Auswirkung und Bedeutung der Reisen �Abdu�l-Bahas in den
Westen:�Im Verlauf dieser epochemachenden Reisen legte �Abdu�l-
Bahá vor gro�en, bedeutenden Versammlungen, denen zuweilen
mehr als tausend Menschen beiwohnten, mit einfachen,
treffenden Worten und gro�er �berzeugungskraftzum erstenmal seit der Aufnahme Seines Amtes die kennzeichnenden
Prinzipien der von Seinem Vater gestiftetenReligion dar, die zusammen mit den im Kitáb-i-Aqdas60
niedergelegten Gesetzen und Geboten den Grundstock der
j�ngsten Offenbarung Gottes vor der Menschheit bilden. Die
unAbhangige, von Aberglauben und Tradition befreite Wahr
58 Eine Tochter �Abdu�l Bahas59 �Abdu�l Baha, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 17-18
60 W�rtlich: Das Heiligste Buch; das Buch, in dem Bahau�ll�h die Charta
f�r die zuk�nftige Weltzivilisation niedergeschrieben hat, die zu errichten
Er erschienen ist.heitssuche; die Einheit des ganzen Menschengeschlechts
� Hauptlehre und Leitprinzip des Glaubens �; die grundlegende
Einheit aller Religionen; strikte Ablehnung jeglichen
Vorurteils, ob religi�ser, rassischer, gesellschaftlicher oder
ethnischer Art; der unabdingbare Einklang von Religion und
Wissenschaft; Gleichheit f�r Mann und Frau, die beiden
Fl�gel, mit denen der Vogel Menschheit sich aufschwingen
kann; die Einf�hrung der Schulpflicht; die Adoption einer
universellen Hilfssprache; die Beseitigung der Extreme von
Reichtum und Armut; die Einrichtung eines Welttribunals
zur Schlichtung von Streit unter V�lkern; die W�rdigung
jeglicher im Geiste des Dienstes geleisteten Arbeit als Gottesdienst;
die Verherrlichung der Gerechtigkeit als herrschendes
Prinzip in der menschlichen Gesellschaft und derReligion als Bollwerk f�r den Schutz aller Menschen und
V�lker; die Stiftung eines dauernden universalen Friedens
als das erhabenste Ziel f�r die ganze Menschheit dies sind
die Grundelemente dieser g�ttlichen Verfassung, die Er im
Verlauf Seiner Lehrreisen den Meinungsf�hrern wie dem
gro�en Publikum verk�ndete. Die Darstellung dieser lebenspendenden
Wahrheiten des Glaubens Bahau�ll�hs, denEr als �den Geist des Zeitalters� bezeichnete, erg�nzte Er
wiederholt durch eindringliche Warnungen vor einem drohenden
Weltenbrand, der, wenn die Staatsm�nner ihn nichtabwendeten, den ganzen europ�ischen Kontinent in Flammen
setzen werde. Auch sagte Er im Verlauf dieser Reisen
die radikalen Ver�nderungen voraus, die auf diesem Kontinent
stattfinden werden, sprach die unvermeidlich einsetzende
Bewegung zur Dezentralisation der politischen Macht
an, wies auf die Wirren hin, die in der T�rkei ausbrechen
werden, sprach von der auf dem europ�ischen Kontinent
einsetzenden Judenverfolgung und verk�ndete entschieden,
dass �das Banner der Einheit der Menschheit gehisst werde,
dass das Heiligtum des Weltfriedens errichtet und diese Welt
in eine andere verwandelt werde.� 6161 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 373-374; 19:7
102�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen
Im folgenden Abschnitt fasst Shoghi Effendi zusammen,
welch tiefe Wirkung �Abdu�l-Bahas Reisen auf Bahayyih Kh�num
aus�bten, welchen Ansporn sie ihr gaben und welch gro�e
Freude und Zufriedenheit sie empfand, als sie vom Fortschritt
des Glaubens erfuhr:�Kaum hatte �Abdu�l-Bahá die K�sten der europ�ischen
und amerikanischen Kontinente betreten, wurde unsere
geliebte Kh�num von den begeisternden Nachrichten �ber
den unaufhaltsamen Fortschritt der Sache, der ihr trotz ihrer
weitreichenden Erfahrungen unglaublich erschien, fast
�berw�ltigt. Die Jahre, in denen sie sich im Sonnenschein
der geistigen Siege �Abdu�l-Bahas so wohl f�hlte, z�hlten
vielleicht zu den heitersten und gl�cklichsten ihres Lebens.
Sie h�tte es sich damals, als sie im Garten ihres Vaterhauses
in Teheran in Begleitung dessen herumlief, der bestimmt
war, eines Tages der gew�hlte Mittelpunkt von Gottes unzerst�rbarem
Bunde zu sein, kaum vorstellen k�nnen, dassdieser Bruder f�hig sein w�rde, in so entfernten Gegenden
und unter so unbekannten Rassen solch gro�e und denkw�rdige
Siege zu erringen.�62Auch �Abdu�l-Bahá selbst war begeistert und wohl auch ein
wenig verwundert, wie gro� die Aufnahmebereitschaft f�r die
Baha-Religion in der westlichen Welt war. In einem bewegenden
Brief an das Gr��te Heilige Blatt bittet Er Seine geliebte
Schwester, den Schrein Bahau�ll�hs aufzusuchen und
Dankgebete zu verrichten. Er offenbarte sogar ein besonderes
Gebet, das sie in Seinem Namen sprechen sollte. Das Sendschreiben
lautete:�O meine liebe Schwester! Preis sei Gott! Unter der sch�tzenden
Gnade der Gesegneten Sch�nheit ist hier in denwestlichen L�ndern ein Lufthauch aus den Roseng�rten
Seiner Gnadengaben her�bergeweht, und die Herzen vieler
62 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 39
103Menschen werden wie durch einen Magneten zum AbhaReich63
hingezogen.Was immer sich ereignete, geschah durch die Best�tigungen
des Geliebten; denn welcher Verdienst k�me uns zu oder
welche F�higkeiten h�tten wir? Wir sind wie ein S�ugling,
doch gen�hrt an der Brust himmlischer Gnade. Wir sind
nur schwache Pflanzen, die im Fr�hlingsregen Seiner Gnadengaben
wachsen. Um Gott f�r diese Gaben zu danken,bedecke dich mit deinem Mantel und besuche an einem
bestimmten Tag den Schrein, die ka�bih64 unserer Herzenssehnsucht,
wende dich in meinem Namen Ihm zu, lege deinO g�ttliche Vorsehung! O Du vergebender Herr! Ein S�nder,
der ich bin, habe ich keine andere Zuflucht au�er Dir.
Aller Lobpreis sei Dir, dass Du, w�hrend ich �ber Berge und
durch T�ler wanderte, auf der See Gefahren und Schwierigkeiten
ausgesetzt war, stets auf meine Hilferufe geantwortet
hast, mich best�tigst, beg�nstigst und durch den Dienst an
Deiner Schwelle geehrt hast.Einer schwachen Ameise verliehst Du die Kraft Salomons.
Du hast eine M�cke zu einem L�wen im Reiche Deiner
Gnade werden lassen. Du hast einen Tropfen zu Wellen
der See anschwellen lassen und eine Motte auf den Gipfel
der Gnade erhoben. Alles wurde durch Dich erreicht. Welche
Kraft bes��e sonst dieser zerbrechliche Staub, welche
Macht dieses schwache Wesen?O g�ttliche Vorsehung! Sieh nicht auf unsere S�nden, sondern
gew�hre uns Zuflucht. Blicke nicht auf unsere �blen
63Abha bedeutet w�rtlich der/die/das Herrlichste; somit kann unter
Abha-Reich das herrlichste Reich, oder das Reich der Herrlichkeit
verstanden werden.Ein besonderer Ausdruck im Islam. Er wird hier mehr allgemein gebraucht,
um einen Ort der Anbetung zu bezeichnen�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen
Wege, sondern schenke uns Erbarmen. Achte nicht auf das,
was wir verdient haben, sondern �ffne weit vor uns Dein
Gnadentor.Du bist der M�chtige, der Kraftvolle! Du bist der Sehende
und der Wissende!��65Am 13. Juni 1913 reiste �Abdu�l-Bahá von Marseille nach
�gypten und kam einige Tage sp�ter in Port Said an. Die meiste
Zeit Seines fast sechsmonatigen Aufenthalts hielt Er sich in
Ramleh, einem Vorort von Alexandria auf, um sich vor Seiner
Weiterfahrt nach Haifa auszuruhen und Seinen Gesundheitszustand
wiederherzustellen. Bahayyih Kh�num und einige andere
Mitglieder der Heiligen Familie sowie Shoghi Effendi reisten
nach �gypten, um �Abdu�l-Bahá bei der R�ckkehr von Seinen
historischen Reisen zu empfangen. Erneut schildert Shoghi
Effendi einen Eindruck der Gef�hle und Emotionen, die sie
bei dieser lang ersehnten Wiedervereinigung von Bruder und
Schwester erlebt haben muss. Er schreibt: �Kaum wage ich,
die Begeisterung und Freude zu beschreiben, die in ihrer Brust
schwellten, als sie �Abdu�l-Bahá bei Seiner siegreichen R�ckkehr
aus dem Westen begr��te. Sie war h�chst erstaunt �ber die
Vitalit�t, zu der Er trotz all der unvorstellbaren Beschwernissen
f�hig war. Sie bewunderte zutiefst das Ausma� der Kr�fte, die
Seine Vortr�ge freigesetzt hatten, und dankte Bahau�ll�h, dass
sie solch einen strahlenden Sieg Seiner Sache und den nicht
minder strahlenden Erfolg Seines Sohnes miterleben durfte.�66
Das Gr��te Heilige Blatt blieb einige Wochen in �gypten.
Sie �bernahm wieder einmal die F�hrung von �Abdu�l-Bahas
Haushalt, der bald zum Anziehungspunkt f�r Baha-Besucher
aus vielen Teilen der Welt wurde. Einige westliche Frauen, zu
denen Mrs. Lua Getsinger und Mrs. Isobel Fraser z�hlten, hatten
das Privileg, w�hrend ihrer Pilgerreise in �Abdu�l-Bahas
Haus wohnen zu d�rfen. Nach einiger Zeit kehrte das Gr��te
65 �Abdu�l-Baha, in ebenda, S. 11f66 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 372f. 19:6; Shoghi Effendi in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 39fHeilige Blatt nach Haifa zur�ck, um dort die Pilger zu empfangen
und die Aktivit�ten der Gemeinde zu beaufsichtigen.67
R�h� Asdaq, eine persische Pilgerin, hinterlie� eine faszinierende
Aufzeichnung �ber ihre Eindr�cke, in denen sieschildert, wie das Leben im Heiligen Haushalt kurz vor der
R�ckkehr �Abdu�l-Bahas nach Haifa verlief. Sie erz�hlt, dass
ihre Familie von Ihm eingeladen worden war, ins Heilige Land
auf Pilgerreise zu kommen. W�hrend die Pilger den Geist an
den Schreinen in sich aufnahmen und gro�e geistige Kraft aus
dem Zusammensein mit dem Gr��ten Heiligen Blatt sch�pften,
war ihr einziger Kummer, �Abdu�l-Bahá nicht begegnen zu
k�nnen. Sie berichtet, dass ihr Vater nach Alexandria in �gypten
reisen musste. Auf ihre Bitte hin hatte er vor seiner Abreise
eine einst�ndige Unterredung mit dem Gr��ten Heiligen Blatt.
Wir erfuhren, dass R�h�s Vater in Alexandria mit �Abdu�l-Bahá
zusammengetroffen war, und bei seiner R�ckkehr brachte er
die frohe Nachricht mit, dass �Abdu�l-Bahá bald nach Haifa
zur�ckkommen w�rde.Sofort bereitete man alles f�r �Abdu�l-Bahas Ankunft vor,
obwohl das genaue Datum nicht bekannt war. Sein Lieblingsgericht
wurde zubereitet, Kleider wurden gen�ht und alles wurde
fertig gestellt. Die Pilgerin beschreibt die allgemeine Erregung:
�Die Eingangshalle von des Meisters Haus wurde f�r Seine
Ankunft vorbereitet. Alle Pilger und Angeh�rige des Haushalts
hatten sich dort eingefunden. Es war eine Freude, als
�Abdu�l-Bahá aus der Kutsche stieg und auf das Haus zuschritt.
Das Gr��te Heilige Blatt und Seine T�chter liefenNach einer kurzen Ruhepause ... trat der Meister aus Seinem
Zimmer heraus, setzte sich zu uns und wandte sich an
die Anwesenden mit den Worten: ,Willkommen, willkommen�
... Nachdem Seine Tochter ein Gebet gesungen hatte
67Siehe Mirza Ahmad Sohrab, �Abdu�l-Bahá in Egypt, S. 141; S. 182; S.
330�aBdu�l Bahas reisen nach �gypten und in den westen
..., sagte Er: ,M�get ihr alle in Gottes Obhut bewahrt bleiben.�
Dann zogen sich die Frauen, deren Herzen vor Gl�ck
�berstr�mten, zur�ck und erlaubten den ebenso bewegten
M�nnern, denen die Tr�nen in den Augen standen, die Halle
zu betreten. Alsbald h�rten wir alle das lauthals und herzerw�rmend
gesungene Tablet von Ru�y� ... ert�nen, das unsere
Herzen mit Freude erf�llte. So war das an diesem gl�cklichen
5. Dezember 1913, es passierten Dinge, die keiner von
uns jemals vergessen w�rde; alles war in unsere Herzen und
Gem�ter tief eingemei�elt.�68Sp�ter erfuhr die Pilgerin, dass das Gr��te Heilige Blatt in
ihrer privaten Unterredung mit R�h�s Vater vor seiner Reise
nach Alexandria ihn gebeten hatte, �Abdu�l-Bahá zu fragen, ob
Er nicht fr�her nach Haifa zur�ckkommen k�nne, �um den besorgten
Herzen der Pilger und der Angeh�rigen des Heiligen
Haushalts Ruhe zu schenken.� Nach den Worten der Pilgerin
erinnerte sich ihr Vater daran, dass �Abdu�l-Bahá l�chelte, als
Er diese Botschaft von Bahayyih Kh�num h�rte und sagte:
�Wie schlau von ihr ausgedacht!�69Seit den Tagen Bahau�ll�hs hatte das Gr��te Heilige Blatt die
F�hrung des Haushaltes ihres Vaters �bernommen, eine Aufgabe,
in der sie wie Shoghi Effendi es ausdr�ckte �sich auszeichnete�.
Seit fr�hester Kindheit half sie ihrer Mutter hierbei.
Nach dem Tod ihrer Mutter �bernahm sie die Hauptverantwortung
f�r dieses Amt: Sie regelte die praktischen Angelegenheiten
des Haushalts, sorgte daf�r, dass Nahrungsmittel gekauft
und zubereitet wurden, traf sich mit den Frauen der Pilger und
Staatsbeamten und k�mmerte sich um die Frauen, die zu Besuch
kamen. Sie war von dem Wunsch beseelt, auf die allt�glichen
68 R�h� Asdaq, One Life One Memory, S. 25-2669 �Abdu`l-Baha, zitiert von Dr. M�s� Khud�d�st, in ebenda, S. 26
107Bed�rfnisse Bahau�ll�hs zu achten, damit Er gen�gend Zeit
fand, sich mit den Dingen zu besch�ftigen, die allein Er ausf�hren
konnte. Daher �pflegte sie gewissenhaft� gesellschaftliche
Beziehungen, um es Bahau�ll�h zu erm�glichen, nur mit
solchen Menschen zusammenzutreffen, die Er wirklich treffen
wollte. Nach dem Hinscheiden Bahau�ll�hs unterst�tzte sie aus
ganzem Herzen ihren Bruder �Abdu�l-Baha.70W�hrend der Amtszeit �Abdu�l-Bahas wurde das Gr��te
Heilige Blatt ernannt, die Verantwortung f�r Seinen Haushalt
zu �bernehmen. Sie fuhr hierin fort und erweiterte zugleich
die Aufgaben, die sie zu Lebzeiten ihres Vaters �bernommen
hatte. Ella Goodall Cooper, eine der fr�hen Pilgerinnen, berichtet,
dass die Frauen des Haushalts die einzigartige geistige
Stufe des Gr��ten Heiligen Blattes anerkannten. Ihre Pilgernotizen
geben einen Einblick, wie das Gr��te Heilige Blatt ihre
F�hrungsrolle aus�bte, indem sie hervorhebt, dass ihre �starke,
aber zugleich freundliche Autorit�t sie auf ganz nat�rliche
Weise zum Vorstand der Gruppe von Menschen machte, die im
Haushalt �Abdu�l-Bahas lebten.� Sie bemerkt, dass �die Familie
des Meisters ihre so echte und doch bescheidene Autorit�t
unwillk�rlich akzeptierte und bei jeder Gelegenheit ihren weisen
und g�tigen Rat erbat. So arbeiteten alle zusammen, damit
�Abdu�l-Bahá gen�gend Zeit und Kraft blieb, Sein Leben dem
Dienst an der ganzen Menschheit zu widmen, wie sie sich wohl
bewusst waren.�71In der Aus�bung ihres Amtes als Vorstand des Haushaltes
von �Abdu�l-Bahá und als die �verehrte Gastgeberin einer stetig
wachsenden Anzahl von Pilgern aus Ost und West, die zu
�Abdu�l-Bahas Residenz str�mten�, entwickelte das Gr��te
Heilige Blatt nicht nur ein Gef�hl f�r Organisation, Ordnung
und einen verbindenden Geist, sondern zeigte auch einen Sinn
f�r das Praktische und eine F�higkeit, verschiedenartigste Herausforderungen
zu meistern, ohne sich in kleinlichen Details70 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 34-35
71 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation, S. 2072 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 38
108managerin des haushalts und gastgeBerin F�r die pilger
Es z�hlte zu den Aufgaben des Gr��ten Heiligen Blattes,
die Aktivit�ten der Baha-Frauen, die dort wohnten oder als
Pilgerin dorthin kamen, zu koordinieren. Eine der fr�hen Pilgerinnen
gew�hrt einen faszinierenden Einblick in die T�tigkeit
des Gr��ten Heiligen Blattes, indem sie schreibt:�Sie hatte den Vorsitz in dem Raum, den man das ,Damenzimmer�
nannte, in dem alle Familienmitglieder zusammentrafen
und auch die weiblichen Besucher bewirtet wurden.Von der fr�hmorgendlichen Teestunde an, bei der �Abdu�l-
Bahá oft anwesend war, bis zum letzten Gute-Nacht-Gru�,
den die ersch�pften, doch dankbaren Besucher fl�sterten,
stand ,Kh�num� (wie sie liebevoll genannt wurde) immer
zur Verf�gung. W�hrend des langen Tages, der vor sechs
Uhr in der Fr�he begann und selten vor elf oder zw�lf Uhr
nachts endete, fanden h�ufig in diesem gemeinsamen Zimmer
spontane Zusammenk�nfte statt. ... F�r uns westliche
Pilger bedeuteten diese einfachen, von geistigem Frieden
und Freude erf�llten Versammlungen neue und unglaubliche
Erfahrungen.Die heiligen Sendschreiben, gesungen von den persischen
Frauen auf Wunsch des Gr��ten Heiligen Blattes (was diese
Frauen sehr gl�cklich machte), das Gemurmel leiser Stimmen,
wenn es Neuigkeiten gab, das Brodeln des freundlichen
Samowars, w�hrend die bedienenden jungen M�dchen den
Tee umherreichten, und vor allem, die kaum fassbare, aber
pulsierende Atmosph�re der Liebe und Dienstbarkeit zogen
alle in ihren Bann, auch die Kinder... Sogar die V�gel schienen
diesen angenehmen Geist zu sp�ren, denn sie flogen
ungehindert ein und aus durch die offene T�r, die zu dem
Hof unter freiem Himmel f�hrte.�73Ein anderer Pilgerbericht gibt zus�tzlich Auskunft �ber einige
der Aufgaben, die Bahayyih Kh�num als Vorsitzende des
73 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation, S. 203
109�Damenzimmers� zu erf�llen hatte. Man erz�hlt: �Die Freunde
wandten sich an sie, um Namen f�r ihre Kinder zu bekommen
oder um wegen einer bevorstehenden Hochzeit ihren Rat und
Segen f�r die Verbindung zu erbitten. Sie teilte im allgemeinen
den Freunden mit, wie sich die Sache verbreitete und was immer
�Abdu�l-Bahá gesagt hatte. F�r die Frauen der Baha-Gemeinde
im Heiligen Land war sie der Mittelpunkt.�74Das �Damenzimmer� war auch ein Magnet f�r die Pilger,
die zu Besuch waren. Marie Watson, die sich 1921 als Pilgerin
dort aufhielt, schreibt �ber die Besuche bei den Damen des
Haushalts, die jeden Tag von vier Uhr bis sieben Uhr abends
stattfanden:�Mittwoch nachmittags findet ein ,Frauentreffen� statt in
dem gro�en, in der Mitte gelegenen Raum, zur�ckgezogen
von den m�nnlichen Blicken der vielen Besucher, die der
Meister zu jeder Tageszeit empf�ngt. Auch die Baha-Frauen,
die au�erhalb wohnen, nehmen an diesen Treffen teil,
bei denen eine der T�chter des Meisters Gebete und Sendschreiben
Bahau�ll�hs liest oder singt.Immer wird Tee mit persischen Keksen und Trauben angeboten.
Wenn der Meister Zeit findet, begr��t Er im allgemeinen
die Versammlung, spricht einige Worte und machtEine besondere Verantwortung, die gro�es Vertrauen voraussetzte
und dem Gr��ten Heiligen Blatt �bertragen wordenwar, bestand darin, die geistigen Sch�tze der Familie unter ihre
Obhut zu nehmen. Sie musste auf die heiligen Schriften der
Gr�nder des Glaubens acht geben, die Portr�ts Bahau�ll�hs
und des B�b erhalten und sicher stellen, dass die Reliquien und
historischen Gegenst�nde, die mit der fr�hen Geschichte des
Glaubens zusammenh�ngen, gesammelt und aufbewahrt wur
74 �Ali Nakhjavani, in The Greatest Holy Leaf: A Reminiscence, S. 60
75 Marie A. Watson, My Pilgrimage to the Land of Desire, S. 8
110managerin des haushalts und gastgeBerin F�r die pilger
den. Das Gr��te Heilige Blatt bewahrte diese kostbaren Reliquien
nicht nur, sondern sie f�hrte sie auch den weiblichen
Pilgern vor. Es gibt viele Berichte, wie Bahayyih Kh�num die
Pilger in einen Raum im Hause �Abdu�l-Bahas geleitete, in
dem sie die Bilder Bahau�ll�hs und des B�b betrachten konnten.
Die Baha, die zum Weltzentrum ihres Glaubens pilgern,
sch�tzten und sch�tzen auch heute noch die Gelegenheit sehr,
diese Portraits anschauen zu d�rfen. Diese Bilder werden aus
grunds�tzlichen Erw�gungen weder vervielf�ltigt noch in der
Baha-Gemeinde verbreitet.76Da die finanziellen Mittel beschr�nkt und die Umgebung
oft gef�hrlich und feindlich waren, war es eine �u�erst schwierige
Aufgabe, geb�hrend f�r die Pilger zu sorgen. Seit der Zeit
Bahau�ll�hs bis zu der Zeit, in der die Verbannten aus dem
Gef�ngnis frei kamen dies geschah w�hrend der Amtszeit
�Abdu�l-Bahas wurden weibliche Pilger oft im Haushalt der
Familie untergebracht. Auch in sp�teren Jahren, selbst als in
Haifa H�user f�r die Pilger gebaut worden waren, bereiteten
die Frauen aus �Abdu�l-Bahas Familie weiterhin f�r alle das
Essen, sorgten daf�r, dass es den Pilgern �berbracht wurde und
k�mmerten sich um ihre t�glichen Bed�rfnisse. Marie Watson
beschreibt in den folgenden, auf eigenen Erfahrungen beruhenden
Betrachtungen das Ausma� dieser Aufgabe und denGeist, in dem die Arbeit verrichtet wurde. Sie schreibt:
�Zu dem Haushalt �Abdu�l-Bahas geh�rten mehr als hundert
Personen, ohne die Kinder der Gl�ubigen und Seine eigenen
Enkelkinder mitzuz�hlen. Wie wunderbar vielsagendund beispielhaft f�r die ganze Welt ist dieser gelebte Dienst,
den jedes Familienmitglied so heiter leistet! Da ist so eine
Harmonie und Einheit in diesem Haushalt, in dem unentwegt
das allt�gliche Leben seinen Lauf nimmt. F�r jeden
Notfall ist gesorgt; unerwartete Besucher werden immer mit
einer Gelassenheit und Aufrichtigkeit aufgenommen, die
sich nur vorstellen kann, wer dies, wie ich t�glich miterlebt
76 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation, S. 203
111hat. Wo in dieser weiten Welt w�re eine Parallele zu finden,
die nur ann�hernd diesem Beispiel gleichkommt? Keine
Klagen, kein Streit unter der Vielfalt der unterschiedlichen
Temperamente und Menschen, die im Leben ganz verschiedene
Stellungen innehaben. Wie bunte Blumen wachsen sie
in einem Garten voll gr��ter Lieblichkeit...�77Dieselbe Pilgerin betont die zentrale Rolle, die Bahayyih
Kh�num in dem Haushalt spielte: �Von fr�h morgens bis sp�t
abends ist sie gefordert, und mit Hilfe der T�chter des Meisters
f�hrt sie jede Einzelheit dieses riesigen Haushalts durch.�78
Ella Goodall Cooper, eine der fr�hen westlichen Pilgerinnen,
bezeichnet die Art, wie Bahayyih Kh�num an das Leben
herangeht, als vollkommenes Beispiel f�r ein �ausgepr�gtes
Gleichgewicht zwischen den praktischen und geistigen Lehren�.
Sie erz�hlt die folgende Begebenheit, die wie in einem
Schauspiel �die praktische Leistungsf�higkeit� Bahayyih Kh�nums
festh�lt, und schreibt:� Eines Tages warfen wir einen Blick in die K�che und sahen
sie, auf einem niedrigen Stuhl sitzend, mit ihren festen,
geschickten H�nden ein gro�es Lamm zerlegen, das gerade
vom Markt gebracht wurde. Schnell zerlegte sie es und erteilte
gleichzeitig Anweisungen, aus welchen Teilen Br�he
gekocht und welches Teil zum Abendessen verwendet werden
sollte, welches Teil f�r morgen aufgehoben werden und
welches wiederum den armen oder arbeitsunf�higen Freunden,
die t�glich vom Tisch �Abdu�l-Bahas versorgt wurden,
zukommen sollte. Auf den Regalen standen gro�e T�pfe,
in denen der Reis in sauberem Wasser eingeweicht wurde,
um daraus das k�stliche �Pilau �, ein ber�hmtes persisches
Gericht, zuzubereiten. Auch an vielen anderen Dingen war
deutlich abzulesen, wie viele Stunden erforderlich waren,
um f�r das materielle Wohl der Besucher zu sorgen.
77 Marie A. Watson, My Pilgrimage to the Land of Desire, S. 8-9
78 ebenda, S. 9 siehe auch �Ali Nakhjavani The Greatest Holy Leaf, S. 63
112managerin des haushalts und gastgeBerin F�r die pilger
Hierbei lernten wir ihre praktische Leistungsf�higkeit
kennen. Diese enorme Arbeit, die mit einer solchen Bewirtung
verbunden ist und die nur mit den primitivstenund einfachsten Mitteln durchgef�hrt werden konnte,
muss man gesehen haben, um sie wirklich zu sch�tzen.
Wir erfuhren, dass sie die Angelegenheiten des Haushalts
organisierte; jede der T�chter des Meisters �bernahm abwechselnd
eine Woche lang die Aufgabe, diese zu leiten,die Speisen und Eink�ufe zu planen sowie daf�r zu sorgen,
dass alles gekocht und zweimal t�glich den verschiedenen
Gruppen gebracht wurde. Ohne flie�endes Wasser,nur mit Holzkohle als Brennstoff, ohne Gas oder Strom,
nur mit �l allein das Saubermachen und F�llen derPetroleumlampen nahmen viel Zeit und Energie in Anspruch.�
79Mary Hanford Ford, eine der fr�hen Pilgerinnen aus dem
Westen, gibt eine weitere Beschreibung der Arbeitsweise in
�Abdu�l-Bahas Haushalt. Sie hebt besonders einen Arbeitsansatz
hervor, der das Geistige und Praktische miteinander verbindet,
und eine Probleml�sung, die die W�rde des Individuums
wahrt. Sie schreibt:�Die Damen der Familie sind bewundernswerte Hausfrauen.
Sie n�hen sich all ihre einfachen Gew�nder selbst mit Hilfe
einer N�hmaschine aus der westlichen Welt. Sie beaufsichtigen
die Erzeugnisse der K�che f�r ihre vielen G�steund achten auf hygienische Sauberkeit ihrer Umgebung. Sie
verk�rpern das Bild der modernen Heiligen, die uns, so wie
wir sie wahrnehmen, dazu zwingen, unser gesamtes geistiges
Weltbild zu revolutionieren: Eine mond�ne Frau aus der
westlichen Welt so hilflos wie manche dieser gek�nstelten
Damen sind und so sehns�chtig nach geistiger Kultur fand
sich eines Tages in dem einf�hlsamen Haushalt ohne ihren
Koffer wieder, und so nobel gekleidet, dass sie sich inmitten
79 Cooper, Bahayyih Kh�num An Appreciation, S. 204
113dieser liebensw�rdigen Einfachheit, die dort herrschte, besch�mt
f�hlte. Das Gr��te Heilige Blatt fertigte ihr daraufhin
mit ihren eigenen wundersch�nen H�nden ein Kattunkleid
an, das ein Muster an Eleganz und Schlichtheit war.
Die westliche Frau gr�belt vielleicht noch immer �ber der
Frage, wie eine so tiefgr�ndige Geistigkeit mit einer so hervorragenden
Fertigkeit und einem ebensolchen Sinn f�r dasPraktische verbunden sein kann, aber in Wirklichkeit sind
diese immer Seite an Seite zu finden.�80Die Pilger, die das Vorrecht hatten, pers�nlich mit Bahayyih
Kh�num zusammenzutreffen, waren tief bewegt. Sie wurden
durch die so lebhaften Berichte der Ereignisse aus den fr�hen
Tagen des Glaubens inspiriert und wurden sich immer mehr
der hohen Stufe des Gr��ten Heiligen Blattes bewusst. Sie zogen
auch reiche Lehren daraus, dass sie ihren Umgang mit den
Gl�ubigen beobachteten und ihre allgemeine Einstellung zum
Leben miterlebten. Marjorie Morton, die Bahayyih Kh�num
gegen Ende ihres Lebens begegnete, teilt ihre Beobachtungen
mit. Sie �u�ert sich zu den kulturell bedingten Einschr�nkungen,
unter denen die Frauen der Heiligen Familie lebten,
und stellt fest, dass das Gr��te Heilige Blatt solche Einschr�nkungen
genauso akzeptierte wie �schlechtes Wetter, das sie im
Haus zur�ckhielt.� Mrs. Morton schreibt: �Sie hatte ihr Leben
so gestaltet, wie es die Begrenzungen ihrer Umgebung zulie�en,
in die sie ihre eigenen geistigen Kr�fte hat einflie�en lassen,
und sie hat einen Spielraum f�r all ihre Eigenschaften und
F�higkeiten gefunden.�81 Sie beteuert:� Ihr Leben kann man nicht als Martyrium bezeichnen, denn
sie selbst erkannte es nicht als ein solches. Sie war nicht wie
die M�rtyrer au�er sich vor Entz�cken und sp�rte kein Verlangen,
das Banner zu erheben, dem Gefecht entgegen zueilen und sich mit heldenhaftem Wagemut zu opfern. Ihre
80 Mary Hanford Ford, Oriental Rose, S. 162-16381 Marjory Morton, Bahayyih Kh�num, in Baha World 5 (1932 1934)
S.181managerin des haushalts und gastgeBerin F�r die pilger
Inbrunst brannte mit einer best�ndigen Flamme. Angesichts
von Pr�fungen und Gefahren lief sie nicht davon, noch versteckte
sie sich, sondern beschritt den gefahrvollen Wegmit ruhigem Atem. Ihr Mut entsprang ihrem verstehenden
Glauben, und es war dieser Glaube, dieses Verst�ndnis, das
sie gelassen durch die Jahre unabl�ssiger M�he und �u�ersten
Einsatzes trug. So hielt sie Zeiten unergiebigen Wartens
aus und sch�pfte ihre Kraft daraus, das nicht wieder gutzumachende
Leid und den Verlust zu ertragen.�82Mrs. Morton schreibt Folgendes �ber das Gr��te Heilige
Blatt, von der sie viel f�r ihr eigenes Leben lernte:
�Durch ihre Ausgeglichenheit, ihr Feingef�hl, ihre T�chtigkeit
und ihr praktisches Urteilsverm�gen schuf sie imHaushalt Ordnung und Wohlbehagen und lie� dies alles, zusammen
mit den kleinen Dingen, die ein Wohlbehagen ausmachen,
zu einer harmonischen Atmosph�re verschmelzen.Ihr starker Wille setzte sich nie �ber einen anderen hinweg,
und nie zwang sie ihre entschiedene Meinung jemandem
auf. Ihr Umgang mit den Menschen war liebensw�rdig. Andere
m�gen mit einem Schlag die Schale zerbrechen; siejedoch brachte den Kern mit unendlicher Sorgfalt und Geschicklichkeit
zum Vorschein. In ihr fand man kein strengesFordern, kein Gebieten; l�chelnd winkte sie jemanden heran,
und sie h�tte es nicht zugelassen, dass jemand widerwillig
kam oder weil er sich ihrem Willen beugte. Sie �bte
ihren Einfluss auf so feine Art aus, dass man sich seiner
Wirkung kaum bewusst wurde.�83Das Zusammensein mit den Pilgern erf�llte das Gr��te Heilige
Blatt mit gro�er Zufriedenheit. Sie freute sich, wenn sie
Neuigkeiten �ber den Fortschritt des Glaubens in den verschiedenen
Teilen der Welt erfuhr und wenn sie diese Neuigkeiten
mit den Besuchern teilen konnte. Es ist auch interessant fest
82 ebenda, S. 185zustellen, dass sie mit vielen Pilgern nach ihrem Besuch im
Heiligen Land korrespondierte. In einem Brief, den sie an eine
Baha aus dem Osten gerichtet hat, ermutigt Bahayyih Kh�num
diese zum Handeln: �Gelobt sei Gott! Nachdem sie die Heilige
Schwelle des Barmherzigen in diesem geweihten Land erreicht
haben, diesen leuchtenden Ort, konnten sie das Geschenk der
g�ttlichen D�fte der Heiligkeit mit nach Hause nehmen, um
die M�gde Gottes diese D�fte einatmen zu lassen, die leblosen
K�rper durch die Macht Seiner wunderbaren Ermahnungen,
Seiner erhabenen Ratschl�ge und Lehren zu erfrischen und anzuregen,
nein vielmehr um sie zu beleben und zu erquicken�.
Zum Schluss sichert sie der Gl�ubigen zu, dass sie nicht vergessen
worden ist und dass sie in den Heiligen Schreinen f�r
sie und die anderen Bahai-Frauen beten wird.84Ebenso schrieb sie an eine Frau aus dem Westen, die w�hrend
der Abwesenheit des Gr��ten Heiligen Blattes auf Pilgerfahrt
im Heiligen Land war, es t�te ihr sehr leid, nicht da gewesen
zu sein, um sie zu empfangen. Sie ermutigte die Gl�ubige,
nicht entt�uscht zu sein, sondern �Abdu�l-Bahas F�hrung f�r sie
zu befolgen, n�mlich �in die Welt zu gehen und den Menschen
die frohe Botschaft des K�nigreiches zu �berbringen und die
schlafenden Seelen zu erwecken.� Sie �u�erte die Hoffnung,
dass �wir bald von ihren wundervollen Diensten auf dem Weg
der Sache Gottes h�ren werden�, und gibt der Frau den Rat,
auf �Abdu�l-Bahá zu vertrauen, indem sie bekr�ftigt: �Seien sie
�berzeugt, dass sie schlie�lich erfolgreich sein werden, denn
Er hat sie gesandt und Er wird sicherlich mit ihnen sein und
ihnen immer helfen.�85Acht Monate nach �Abdu�l-Bahas R�ckkehr von seinen ausgedehnten
Reisen ins Heilige Land brach der Erste Weltkrieg aus,
der die Welt ins Elend st�rzte und den Kontakt von �Abdu�l
84 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 110
85 ebenda, S. 111Bahá mit den Baha, die nicht im Heiligen Land lebten, v�llig
abschnitt. Wieder einmal legte sich �ein Schatten von Gefahr�
�ber Sein Leben und das Seiner Familie. Shoghi Effendi weist
darauf hin, dass letzten Endes der Krieg dazu f�hrte, dass der
Glaube vom Joch der osmanisch t�rkischen Herrschaft befreit
wurde, wenn er auch f�r die Einwohner des Heiligen Landes
�strenge Entbehrungen und gro�e Gefahren� mit sich brachte.
Mit folgenden Worten charakterisiert er die Auswirkung des
Krieges auf die Einwohner des Heiligen Landes und erw�hnt
zugleich, wie sehr �Abdu�l-Bahá sich bem�hte, das Leid der
Menschen zu lindern:� Die gro�e Not, die die Bev�lkerung bedr�ckte infolge krasser
Unf�higkeit, sch�ndlicher Nachl�ssigkeit, Grausamkeit
und stumpfer Gleichg�ltigkeit der zivilen und milit�rischen
Machthaber, wurde obgleich sehr gelindert durch �Abdu�l-
Bahas G�te und Gro�mut, Umsicht und liebevolle F�rsorge
� noch versch�rft durch eine strenge Blockade. St�ndig war
Haifa von Bomben der Alliierten bedroht, und einmal war
die Gefahr so gro�, dass �Abdu�l-Bahá mit Seiner Familie
und den dortigen Gemeindemitgliedern vor�bergehend
nach Ab�- Sin�n umziehen musste, einem Dorf vor den H�geln
�stlich von �Akka. Der t�rkische Oberkommandeur�u�erte jetzt die Absicht, Ihn [�Abdu�l-Baha] zu kreuzigen
und Bahau�ll�hs Grabst�tte einzuebnen.�86Aus den Schriften und Ansprachen �Abdu�l-Bahas aus der
Zeit Seiner Reisen im Westen geht hervor, dass Er den Ausbruch
des Krieges vorhergesehen hatte. Es wird auch berichtet, dass
Er sogar schon vor Seiner R�ckkehr ins Heilige Land begonnen
hatte, Vorkehrungen f�r den Kriegszustand zu treffen. In weiser
Voraussicht hatte Er veranlasst, dass einige Baha, die im Jordantal
und an den Ufern des Sees in Galil�a wohnten, Getreide
anbauten und lagerten. Sp�ter hielt Er sich in Tiberia auf und
sorgte pers�nlich daf�r, dass das Getreide nach Haifa und �Akka
86 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 401; 20:23
117verschifft wurde. Mit diesem Getreide konnte �Abdu�l-Bahá
w�hrend der Hungersnot der Jahre 1914-1918 die Armen in dieser
Gegend ern�hren. Lady Bloomfield beschreibt dies:�In Haifa hatte die Blockade die Einwohner in eine gef�hrliche
Situation gebracht. Als die Briten dort ankamen,stellten sie fest, dass �Abdu�l-Bahá die Zivilbev�lkerung
vor dem Verhungern gerettet hatte. Vorr�te, die Er hatte
anbauen und in unterirdischen Kellern und an anderen Orten
lagern lassen, wurden an Menschen aller in Haifa wohnenden
Nationalit�ten verteilt. �Abdu�l-Bahá f�hrte dies auf
milit�rische Art durch, wie man bei der Armee die Rationen
ausgibt. Gro� war die Dankbarkeit der Frauen und Kinder,
die Er durch Seine F�higkeit, schon im Jahr 1912 die Trag�die
und das Leid vorauszusehen, rettete, indem Er Vorkehrungen
f�r die Katastrophe getroffen hatte, die das Landerst in den Jahren 1917 und 1918 heimsuchen sollte. Als die
Briten schlie�lich Haifa einnahmen, waren die Reservevorr�te
f�r die Soldaten noch nicht angekommen, und eine der
Obrigkeiten suchte �Abdu�l-Bahá auf ...�87�Abdu�l-Bahá hatte tats�chlich gen�gend Vorr�te an Getreide,
um der Britischen Armee zu helfen.Einige Jahre sp�ter w�rdigten die britischen Beh�rden die
Rolle, die �Abdu�l-Bahá gespielt hatte �bei der Linderung der
Not, die w�hrend der dunklen, qualvollen Kriegstage auf der
Bev�lkerung des Heiligen Landes gelastet hatte� und verliehen
Ihm 1920 die britische Ritterschaft.88Das Gr��te Heilige Blatt spielte in dieser Zeit bei den
von �Abdu�l-Bahá ausge�bten humanit�ren T�tigkeiten eine
bedeutsame Rolle. Shoghi Effendi berichtet dar�ber, wie sie
auf die Geschehnisse und die allt�glichen N�te reagierte und
legt dar: �Das Alter schien die Empfindsamkeit ihres liebevollen
Herzens noch mehr hervorzuheben und ihr Mitgef�hlzu vergr��ern.� Shoghi Effendi bezeugt, dass �der Anblick des
87 Lady Bloomfield, The Chosen Highway, S. 210; S. 214
88 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 403; 20:27
118entsetzlichen Leids um sie herum� das Gr��te Heilige Blatt
nicht �berw�ltigte, sondern vielmehr �ihre Kr�fte st�hlte und
ungeahnte F�higkeiten in ihr hervorrief, die selbst die ihr nahe
stehenden Freunde nicht vermutet h�tten.�89Bahayyih Kh�num war f�r die Speisung der Armen zust�ndig,
die zum Haus �Abdu�l-Bahas strebten. Man erz�hlt, dass
sie f�r die Armen, die um Unterst�tzung baten, kochte, ihnen
Rationen zuschickte oder pers�nlich aush�ndigte, wenn sie
selbst zu ihr kamen. Shoghi Effendi schildert die Reichweite
ihrer T�tigkeiten und ihre Eigenschaften, die sie w�hrend der
Kriegsjahre offenbarte:�Mit Ausbruch des Krieges fand sie erneut die Gelegenheit,
den wahren Wert ihres Wesens zu offenbaren und die verborgenen
Kr�fte ihres Herzens freizusetzen. Dieser trostlose
Konflikt hatte dazu gef�hrt, dass eine Menge ausgehungerter
M�nner, Frauen und Kinder den Wohnsitz �Abdu�l-Bahas
in Haifa belagerten und Ihn um Erleichterung ihrer Leiden
baten, die durch Misswirtschaft, Grausamkeit und Achtlosigkeit
der Beamten der osmanischen Regierung verursachtworden waren. Mit einem von Liebe �berstr�menden Herzen
erhielten diese hoffnungslosen Opfer einer verachtenswerten
Tyrannei t�glich aus den H�nden des Gr��ten Heiligen
Blattes unvergessliche Beweise einer Liebe, die sie
zu beneiden und zu bewundern gelernt hatten. Ihre ermutigenden
und trostspendenden Worte, die Nahrung, das Geld,die Kleidung, die sie gro�z�gig verteilte, die Medikamente,
die sie selbst nach einem eigenen Verfahren herstellte und
sorgf�ltig anwendete das alles trug dazu bei, die Trostlosen
zu tr�sten, die Blinden sehend zu machen, die Waisen
zu besch�tzen, die Kranken zu heilen und den Heimatlosen
und Umherwandernden beizustehen.�90Diese Krise bot dem Gr��ten Heiligen Blatt noch eine weitere
Gelegenheit, ihren Dienst an der Menschheit auszuweiten
89 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 41
90 ebenda, S. 40und den Initiativen, die �Abdu�l-Bahá eingeleitet hatte, uneingeschr�nkte
Unterst�tzung angedeihen zu lassen. ShoghiEffendi hinterl�sst uns folgende Beschreibung ihrer besonderen
Wesensz�ge, die sie bei der Erf�llung dieser schwierigen
Pflichten aufwies, und schildert ihre beispielhafte Dienstbarkeit:
�Inmitten der dunklen Kriegstage hatte sie den h�chsten
Stand ihrer geistigen F�higkeiten erreicht. Kaum einer der zahllosen
Wohlt�ter der Gesellschaft, die dazu ausersehen waren,
in unterschiedlichem Ausma� das Elend und Leid zu lindern,
das dieser Gro�e Krieg verursacht hatte, tat dies so freim�tig
und selbstlos wie sie; wenige nur �bten diesen undefinierbaren
Einfluss auf die Empf�nger ihrer Wohltaten aus.�91
Das Kriegsende vorausschauend, besch�ftigte sich �Abdu�l-
Bahá w�hrend der Jahre, in denen Er von den Baha auf der
ganzen Welt abgeschnitten war, damit, Sendschreiben an sie zu
offenbaren. Selten erreichten Briefe das Heilige Land, auch der
Zustrom der Pilger war unterbrochen. Zu den ersten Pilgern,
die bei Kriegsende das Heilige Land erreichten, geh�rten Mrs.
Corinne True und ihre Tochter Edna, die in Haifa Ende 1919
ankamen. In sp�teren Jahren beschrieben die Angeh�rigen der
Familie �Abdu�l-Bahas das Gef�hl der Isolation und wie sehr
sie sich gesehnt hatten, Neuigkeiten �ber das Wohlbefinden
der Baha �berall auf der Welt und �ber den Fortschritt des
Glaubens zu erhalten. Man kann sich gut die Begeisterung in
�Abdu�l-Bahas Haushalt vorstellen, als endlich nach und nach
Briefe eintrafen, die von der Sicherheit der Gl�ubigen und �ber
die Aktivit�ten, die sie f�r den Fortschritt der Sache unternommen
hatten, berichteten.92Zu den Sendschreiben, die w�hrend der Kriegsjahre offenbart
und nach dem Ende der Feindseligkeiten verschicktwurden, z�hlten die Sendschreiben zum G�ttlichen Plan, die
sich an die nordamerikanischen Bahai richteten, und in denen
�Abdu�l-Bahá sie beauftragte, den Baha- Glauben weltweit
91 ebenda, S. 40-4192 Corinne True, Brief vom 16. November 1919 an die Herausgeber,
in Star of the West Nr. 17 (1920): 312; Genieve L. Coy, A Week in
�Abdu�l-Bahas Home, Star of the West 12, Nr. 12 (1921): 197
120zu verbreiten. Andere bedeutende Sendschreiben dieser Zeit
waren der Brief an Dr. August Forel und ein Schreiben an den
Vorstand der �Central Organisation for a Durable Peace�, der
�Zentralorganisation f�r einen dauerhaften Frieden �, das eine
besondere Abordnung in Den Haag �berreichte. Hinzu kamen
Hunderte von Sendschreiben, die an einzelne Gl�ubige gerichtet
waren, viele von ihnen schon fr�her geschrieben, aber erst
bei Kriegsende versandt.Shoghi Effendi schreibt �ber die Auswirkung des Kriegsendes
auf die Verh�ltnisse des Glaubens im Heiligen Land:
�Die Gefahr, die nicht weniger als f�nfundsechzig Jahre
lang das Leben der Glaubensstifter und des Mittelpunkts
des Bundes bedroht hatte, war durch den Krieg endg�ltig
und v�llig beseitigt. Nachdem die seitherige korrupte Verwaltung
einem neuen, liberalen Regime weichen musste,erfreuten sich das Oberhaupt des Glaubens und die beiden
Heiligen Schreine in der Ebene von �Akka und am Hang des
Karmel zum ersten Mal der Freiheit von Beschr�nkungen,
was sp�ter dann zur deutlicheren Anerkennung der Institutionen
der Sache f�hrte.�93Shoghi Effendi weist au�erdem darauf hin, dass �Abdu�l-
Bahá zus�tzlich zu der Hochachtung seitens der Britischen
Obrigkeiten und anderer prominenter und einflussreicher Personen
�vielfach Beweise der Anerkennung Seiner hohen und
einzigartigen Stellung seitens der religi�sen Gemeinden erfuhr,
seien sie muslimisch, christlich oder j�disch.� Die neue, den
Baha im Heiligen Land gew�hrte Freiheit f�hrte dazu, dass
immer mehr Pilger aus Ost und West nach Haifa kamen, die
nun relativ leicht und ungest�rt die Heiligen Schreine besuchen
durften.94Die letzten Jahre der Amtszeit �Abdu�l-Bahas zeichneten
sich dadurch aus, �dass der Glaube sich unaufhaltsam und vielf�ltig
entfaltete.� Der Prozess der Verbreitung und Festigung
93 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 403; 20:27
94 ebenda, S. 404; 20:27der Baha- Gemeinde im Osten wie im Westen dauerte weiter
an, die administrativen Institutionen des Glaubens entwickelten
sich, und die T�tigkeiten f�r den Glauben und sein Einfluss
weiteten sich aus. In Ishq�b�d wurde der Bau des Hauses
der Andacht vollendet, und in Wilmette, Illinois, �wurden die
Ausschachtungsarbeiten f�r den Muttertempel des Westens
erledigt und der Vertrag f�r den Bau des Fundamentes abgeschlossen.�
95W�hrend der Amtszeit �Abdu�l-Bahas hatte Bahayyih Kh�num,
die �brillante Schwester� �Abdu�l-Bahas, viel und auf
verschiedene Weise zur Entfaltung des Glaubens beigetragen.
Manche ihrer Heldentaten wurden in der Geschichtsschreibung
festgehalten, andere dagegen konnten von den Aussagen
Shoghi Effendis abgeleitet werden. Fest steht, dass das Gr��te
Heilige Blatt ihr Leben der Baha-Sache geweiht hatte. Gern
ergriff sie jede neue Gelegenheit, um zu dienen. Sie schreckte
vor keiner Gefahr zur�ck, noch hielt das Alter sie ab, neue und
herausfordernde Aufgaben zu �bernehmen.96Aus den Sendschreiben �Abdu�l-Bahas gewinnen wir einen
Eindruck, wie sehr Er die ununterbrochene und liebende Unterst�tzung
des Gr��ten Heiligen Blattes und ihre einzigartigen
F�higkeiten und Fertigkeiten sch�tzte, die sie bei all ihrem Tun
zeigte. �Abdu�l-Bahá nennt sie Seine �liebevolle Schwester�
und dr�ckt Seine z�rtliche und liebende Besorgnis aus, wenn
Er sagt: �Tag und Nacht wandern meine Gedanken stets zu dir.
Keinen Augenblick lang h�re ich auf, an dich zu denken. Meine
Sorge und mein Kummer gelten nicht mir; sie kreisen um dich.
Wann immer ich mir deine Leiden vergegenw�rtige, kann ich
die Tr�nen, die meinen Augen entstr�men, nicht zur�ckhalten.
... �Ja, �Abdu�l-Bahá beteuert, dass Worte unf�hig sind, ihren
Beitrag zu beschreiben: �Ich wei� nicht, mit welchen Worten
ich meine Sehnsucht nach meiner verehrten Schwester ausdr�cken
kann. Was auch immer meine Feder schreiben mag es96 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 28
97 �Abdu�l-Baha, in ebenda, S. 7-8; S. 18�Abdu�l-Bahas Hinscheiden in den fr�hen Morgenstunden des
28. November 1921 bezeichnet �den Abschluss der Urzeit, des
Apostolischen Zeitalters von Bahau�ll�hs Glauben�. �Abdu�l-
Bahas erlauchte Schwester Bahayyih Kh�num, das Gr��te
Heilige Blatt, die �letzte Spur Bahas�, wurde somit die �letzte
�berlebende� dieses �ruhmreichen, heroischen Zeitalters�.1
In den Ereignissen, von denen die Tage des Hinscheidens
�Abdu�l-Bahas gepr�gt waren, spielte das Gr��te Heilige
Blatt eine sehr entscheidende Rolle. Trotz ihres bereits hohen
Alters und der tiefen Trauer um den Verlust des geliebten
Bruders �berwand sie alle Begrenzungen, die ihr dadurch
auferlegt waren. Sie nahm alle Kraft zusammen und rief die
tief trauernde Baha-Gemeinde auf, sich dem neu ernannten
H�ter Shoghi Effendi zuzuwenden, ihn zu akzeptieren und
zu unterst�tzen. Durch ihren Einsatz stellte sie den Schutz
und die fortgesetzte Weiterentwicklung und Festigung des
aufbl�henden Glaubens Bahau�ll�hs sicher. Die vorbildhafte
Art ihrer Dienste und das tiefe Fundament ihres Charakters
und ihrer Ergebenheit, aus dem sie damals sch�pfte, werden
von Shoghi Effendi wie folgt bezeugt: �Niemand konnte sich
jemals tr�umen lassen, dass eine Frau in ihrem Alter, von so
schw�chlicher Konstitution, mit so empfindsamem Herzen,
beladen mit dem Kummer einer fast achtzig Jahre w�hrenden
ununterbrochenen Leidenszeit, einen so schweren Schicksalsschlag
so lange �berdauern k�nnte. Und doch wird dasZeugnis k�nftiger Geschichte nicht weniger als die Annalen
unseres unsterblichen Glaubens belegen, dass ihr Anteil am
Fortschritt und Erstarken der Weltgemeinde, die von �Abdu�l-
Bahá mitgestaltet war, den Anteil aller anderen Familienmitglieder
weit �bertraf.� In einem weiteren Brief versichert er,
dass �k�nftige Generationen besser imstande sein werden,
Bahayyih Kh�nums Bedeutung in den fr�hen Tagen der Offenbarung
und insbesondere nach dem Heimgang �Abdu�l-1 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 60; S. 23
2 ebenda, S. 41-42; Auszug aus einem Brief in Shoghi Effendis Auftrag,
ebenda S. 71In diesem Kapitel erforschen wir, was sich in den Tagen
von �Abdu�l-Bahas Hinscheiden abspielte, wobei unsere besondere
Aufmerksamkeit einigen entscheidenden Ma�nahmenund Handlungen gilt, die Bahayyih Kh�num unternahm, um
den Bund zu sch�tzen und den Glauben zu f�rdern. Wir st�tzen
uns dabei nicht allein auf das Zeugnis Shoghi Effendis,
sondern auch auf die Berichte von Pilgern und anderen Baha
aus dem Westen, die in der Zeit von �Abdu�l-Bahas Heimgang
in Haifa lebten. Zu den damals anwesenden Pilgern aus dem
Westen z�hlten das Ehepaar Dr. Krug aus New York, Herr
und Frau Bosch aus Kalifornien und Fr�ulein Johanna Hauff
aus Deutschland.3 Fr�ulein Ethel Rosenberg, eine Baha aus
England, und Herr Curtis Kelsey aus den Vereinigten Staaten
wohnten zu dieser Zeit im Heiligen Land. Diese Freunde genossen
das Vorrecht, in vielerlei Hinsicht wie �Abdu�l-Bahas
Familienangeh�rige behandelt zu werden. Die Pilger aus dem
Osten und aus dem Westen wurden eingeladen, im Heiligen
Land zu verweilen, bis Shoghi Effendi nach Haifa zur�ckgekehrt
war, und die �ffentliche Verlesung von �Abdu�l-Bahas
Testament stattgefunden hatte. Somit waren sie in der Lage,
die Rolle des Gr��ten Heiligen Blattes in den historischen Ereignissen
dieser bewegten Wochen unmittelbar mitzuerleben.Als �Abdu�l-Bahas gro�es Lebenswerk sich seinem Ende n�herte,
wurde es durch �Seine Tr�ume, Seine Gespr�che undSeine Sendschriften� immer deutlicher, dass Er sich bewusst
war, dass �Sein Ende nahte�. Shoghi Effendi schildert die letzten
Lebenstage �Abdu�l-Bahas in folgender r�hrender Weise:
��Abdu�l-Bahá verstr�mte bis zum letzten Tag Seines irdischen
Lebens Seine unwandelbare Liebe auf hoch undniedrig, lieh den Armen und Niedergedr�ckten denselben
3Vgl. den Brief von Ethel Rosenberg vom 8. Dezember 1921 an die geliebten
Freunde in England, in Star of the West 12, Nr. 19 (1922), S. 300
125Beistand und versah die gleichen Pflichten im Dienst f�r
den Glauben Seines Vaters, wie Er es seit Kindertagen gewohnt
war. Am Freitag vor Seinem Heimgang wohnte Ertrotz gro�er Schw�che dem Mittagsgebet in der Moschee
bei und verteilte hernach Almosen unter die Armen, wie Er
dies immer zu tun pflegte. Er diktierte verschiedene Sendbriefe
� Seine letzten �, segnete die Eheschlie�ung eines
treuen Dieners, wobei Er darauf bestanden hatte, dass sie an
diesem Tage stattfand; dann ging Er zu der �blichen Zusammenkunft
der Freunde in Seinem Haus. Am n�chsten Tagbekam Er Fieber und war am folgenden Sonntag au�erstande,
das Haus zu verlassen, schickte aber alle Gl�ubigen zum
Grabmal des B�b zum Besuch eines Festes, das ein Pars�-
Pilger aus Anlass des Jahrestages der Erkl�rung des Bundes
veranstaltete. Am gleichen Nachmittag empfing Er trotz
zunehmender Schw�che mit stets gleicher liebensw�rdiger
H�flichkeit den Muft� [muslimischen Rechtsgelehrten], den
B�rgermeister und den Polizeichef von Haifa, und ehe Er
sich zur Nacht zur�ckzog der letzten Seines Lebens �,
erkundigte Er sich nach dem Wohlbefinden eines jeden Mitglieds
Seines Haushaltes, der Pilger und der Freunde inAus der Nacht vor Seinem Heimgang wird berichtet, dass
�Abdu�l-Bahá um Mitternacht aufwachte, nach dem Gr��ten
Heiligen Blatt rief und sich von allen verabschiedete. Shoghi
Effendi schildert bewegende Einzelheiten:�Nachts um Viertel nach eins stand Er auf und ging zum
Tisch in Seinem Zimmer, trank etwas Wasser und legte sich
wieder hin. Etwas sp�ter bat Er eine Seiner beiden T�chter,
die aus Sorge um Ihn wach geblieben waren, das Moskitonetz
aufzuschlagen und klagte �ber Atembeschwerden.Man brachte Ihm etwas Rosenwasser, von dem Er trank,
worauf Er sich wieder hinlegte. Als man Ihm etwas zum Es
4Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 408 f.; 21:6
126sen anbot, sagte Er deutlich: ,Ihr wollt, dass ich esse, jetzt,
da ich gehe?� Eine Minute sp�ter schwang sich Sein Geist
auf zum Flug in die ewige Heimat, um endlich zur Herrlichkeit
Seines Vaters versammelt zu werden und die FreudeLouise Bosch, eine Pilgerin aus dem Westen, beschreibt in
einem Brief an ihre Freundin Ella Cooper die Stunden unmittelbar
nach dem Heimgang �Abdu�l-Bahas: �Wir f�nf Pilger aus
Europa standen in dem Zimmer zusammen mit der Heiligen
Familie. Die heilige Mutter (Munírih Khánum, �Abdu�l-Bahas
Ehefrau) hielt die Hand meines Mannes, das Gr��te Heilige
Blatt hielt die meine. Nach einer Weile kehrten wir zum Pilgerhaus
zur�ck und lie�en die heilige Familie unter sich. Es war
noch Nacht kein Mondschein. Bald danach d�mmerte der
Morgen, und endlich ging �ber dem Schauplatz dieser denkw�rdigen
Nacht mit gro�er Pracht die Sonne auf. Jetzt gingen
wir wieder hin�ber zur heiligen Familie. Wir fanden sie ganz
ersch�pft nach dem �bergro�en SchMirza�6Bahayyih Kh�num war durch das pl�tzliche Hinscheiden ihres
geliebten Bruders tief ersch�ttert. Sie nannte Seinen Tod �ein
Erdbeben, das die S�ulen der Welt ersch�ttert hat�. Im gleichen
Brief legt sie ein herzzerrei�endes Zeugnis ab:�Das war der verheerendste Schlag, die schrecklichste
Heimsuchung, das schMirzaichste Unheil. Es war ein Erdbeben,
das die S�ulen der Welt ersch�ttert hat. Es erzeugte
Tumult und Aufruhr unter den Bewohnern von Himmel und
Erde. Diese schreckliche Trennung �berkam uns als un
5ebenda, S. 409; 21:7; vgl. auch Abbas Adib, Brief vom 4. Januar 1922
an Dr. Zia M. Bagdadi, in Star of the West 12, Nr. 19 (1922), S. 302
6Louise Bosch, Brief vom 5. Dezember 1921 an Ella G Cooper, in Star
of the West 12, Nr. 18 (1922) S.278entrinnbare Pr�fung und trostlose Verf�gung. Sie zerst�rte
alle Hoffnung auf Gl�ck, und alle Freude verging. Dieser
Hingang hat die ganze Menschheit in Trauer geh�llt, allen
V�lkern der Erde hat er Schmerz und Tr�nen beschert.
Sein Blitzstrahl hat die Welt verzehrt und die Herzen ihrer
Bewohner getroffen, so dass sie Sackleinen anlegten und
sich Asche aufs Haupt streuten. Dieses j�he Unheil hat den
Morgen verdunkelt und den hellen Mittag in Nacht verwandelt.
SchMirzaiches Wehklagen entrang sich unserer Brust,
und aus unseren Augen str�mte das Lebensblut. Auch die
himmlischen Heerscharen �chzten und wehklagten. Ihr
Wehgeschrei stieg bis in den h�chsten Himmel auf, und die
schluchzenden Bewohner der Zelte der Herrlichkeit der
Schock stand ihnen ins Gesicht geschrieben stimmten
Klagelieder an. In Trauer und Tr�nen, mit zerrissenen Gew�ndern,
ohne Kopfbedeckung und barfu� eilten die Himmelsdienerinnen
aus ihren erhabenen, makellosen Gem�chernShoghi Effendi vermittelt weiteren Einblick in die Natur
des Verlustes, den das Gr��te Heilige Blatt erduldete und in
ihr zunehmendes Gef�hl der Vereinsamung: �Das Hinscheiden
�Abdu�l-Bahas war f�r sie in seiner tragischen Unvermitteltheit
ein furchtbarer Schlag, von dem sie sich nie v�llig
erholte. F�r sie war Er, den sie �Aq� (Meister) nannte, stets
eine Zuflucht in der Not gewesen. Sie hatte gelernt, auf Ihn ihr
ganzes Vertrauen zu setzen. In Ihm hatte sie reichen Ausgleich
gefunden f�r jeden Verlust, f�r jede erlebte Treulosigkeit und
f�r jeden Undank, den sie von Freunden und Verwandten erfahren
hatte.�8Trotz ihres hohen Alters, ihrer zarten Konstitution, ihres pers�nlichen
SchMirzas und ihrer w�rdevollen Einfachheit standdas Gr��te Heilige Blatt auf, um in diesem �u�erst schwierigen,
gef�hrlichen Zeitabschnitt eine wegweisende Rolle zu
spielen.7 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 174 f
8 Shoghi Effendi, ebenda, S. 41Kurz nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas wurden die
in Haifa lebenden Baha geweckt. Sie versammelten sich im
Empfangsraum von �Abdu�l-Bahas Haus. Viele weinten und
waren in Sorge um das weitere Geschick des Baha-Glaubens
nach �Abdu�l-Bahas Tode. In den Erinnerungen an Curtis
Kelsey, den jungen amerikanischen Baha, den �Abdu�l-Bahá
ins Heilige Land gerufen hatte, um f�r die Baha-G�rten eine
elektrische Beleuchtung zu installieren, wird beschrieben, was
Bahayyih Kh�num in dieser schicksalhaften Nacht unternahm:
�Das Gr��te Heilige Blatt ging ruhig gefasst umher, tr�stete
die Trauernden und linderte ihren SchMirza Als Curtis
sah, wie sie von einem zum andern ging, hier eine Schulter
streichelte, dort eine ausgestreckte Hand hielt, bemerkte er,
dass sie die gleiche St�rke zeigte, die �Abdu�l-Bahá ausgestrahlt
hatte. Manche sp�rten das und hielten sich an sie.
Ihre Gelassenheit und Ausgeglichenheit, ihr Mitgef�hl, das
sie uneingeschr�nkt verstr�mte, gaben ihm die Gewissheit,
dass der Glaube nicht wanken w�rde. Sie war in diesem Augenblick
das Oberhaupt des Glaubens, den ihr teurer Bruderneunundzwanzig Jahre lang so erfolgreich geleitet, f�r den
Er alles hingegeben hatte. Sie war ein Turm der St�rke, um
den sich alle scharten, um Halt zu finden.Indem er das Gr��te Heilige Blatt beobachtete, traf sich
sein Blick mit dem ihren, und sie ging zu ihm. Da er nicht
weinte, fragte er sich, warum sie zu ihm kam.�Kelsey, sagte sie, ,w�rdest du mit Fujita und Khusraw
nach �Akka gehen und die Freunde dort vom Heimgang des
Meisters unterrichten? Komm danach sofort zur�ck.��9
Das Gr��te Heilige Blatt gab nicht nur der Baha-Gemeinde
am Ort unmittelbar Trost und F�hrung, sie war auch der
Kanal, durch den die Baha in aller Welt von �Abdu�l-Bahas
9Hinscheiden unterrichtet und alle Vorkehrungen f�r Seine Beisetzung
getroffen wurden.Am fr�hen Morgen des 28. November 1921 telegrafierte
Bahayyih Kh�num an die Leitung der Baha-Tempelvereinigung,
die Keimzelle des Nationalen Geistigen Rates derBaha der Vereinigten Staaten: �seine heiligKeit �aBdu�l-
Bahá ins reich Abha auFgestiegen. inFormiert die Freunde.
[gezeichnet] gr�sstes heiliges Blatt.� �hnliche Telegramme
mit der Mitteilung von �Abdu�l-Bahas Tod gingenan die Baha im Osten und an Regierungsstellen in Pal�stina.
Die Nachricht von �Abdu�l-Bahas pl�tzlichem, unerwartetem
Hinscheiden verbreitete sich, in den Worten Shoghi
Effendis, �wie ein Lauffeuer durch die Stadt, wurde sofort
telegrafisch weit �ber die Erde verbreitet und st�rzte die
Gemeinde der Anh�nger Bahau�ll�hs in Ost und West in
tiefe Trauer.� Daraufhin, so f�hrt der H�ter fort, str�mten
�Botschaften von fern und nah, von hoch und niedrig, per
Telegramm oder durch Briefpost [herein] und �bermittelten
den Mitgliedern der leiderf�llten, untr�stlichen Familie den
Ausdruck des Lobpreises, der Hingabe, des SchMirzas und
des Mitgef�hls.�10�Abdu�l-Bahas Testament befand sich in einem Umschlag,
der die Adresse Seines �ltesten Enkels Shoghi Effendi trug, der
zu jener Zeit in England an der Universit�t Oxford studierte.
Wahrscheinlich war das Testament dem Gr��ten Heiligen Blatt
zur Aufbewahrung anvertraut worden. Daher pr�ften Bahayyih
Kh�num und ausgew�hlte Familienmitglieder, ob das Testament
Anweisungen f�r die Beisetzung �Abdu�l-Bahas enthalte.
Als sich herausstellte, dass das Testament keinen bestimmten
Platz f�r Seine Bestattung angab, entschied man, die sterblichen
�berreste �Abdu�l-Bahas in einem der R�ume im Schrein des
B�b zu bestatten, und alle notwendigen Vorbereitungen f�r die
Beisetzung wurden veranlasst.1110 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.
114; Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 409: 21:8
11 Vgl. Ali Nakhjav�ni, The Greatest Holy Leaf: A Reminiscence, S. 60;
nach R�h�yyih Rabbani, The Priceless Pearl, S. 88 f.
130Der einzigartige Charakter der Beisetzung, ihr Rang und
ihre Feierlichkeit sind vom H�ter in der folgenden Beschrei
bung festgehalten worden:�Am Begr�bnis selbst, das am Dienstag morgen stattfand
ein Begr�bnis, wie es Pal�stina nie zuvor sah nahmen
mindestens zehntausend Menschen aus allen Schichten,
Religionen und ethnischen Gruppen des Landes teil. Der
Hochkommissar [Sir Herbert Samuel] berichtete sp�ter
einmal: ,Eine gro�e Menschenmenge war zusammengekommen,
tief bek�mmert �ber Seinen Tod, aber zugleichfroh, dass Er gelebt hatte.� Sir Ronald Storrs, damals Gouverneur
von Jerusalem, schrieb �ber das Begr�bnis: ,Nieerlebte ich einen einm�tigeren Ausdruck der Trauer und
der Hochachtung, als er hier bei der �u�erst einfachen Feier
zutage trat.�Der Sarg mit den sterblichen �berresten �Abdu�l-Bahas
wurde auf den Schultern Seiner Geliebten zu Seiner letzten
Ruhest�tte getragen. Der Leichenzug wurde von der Stadtpolizei
als Ehrengarde angef�hrt, anschlie�end folgten der
Reihe nach die Pfadfinder der muslimischen und der christlichen
Gemeinden mit ihren Fahnen, dann eine Schar muslimischer
Chors�nger, die ihre Verse aus dem Qur��n sangen,die Leiter der muslimischen Gemeinde unter der F�hrung
des Muft� und eine Anzahl Priester der katholischen, der orthodoxen
und der anglikanischen Kirche. Hinter dem Sarggingen die Mitglieder Seiner Familie, der britische Hochkommissar
Sir Herbert Samuel, der Gouverneur von JerusalemSir Ronald Storrs, der Gouverneur von Ph�nizien Sir
Steward Symes, Beamte der Regierung, in Haifa residierende
Konsuln verschiedener L�nder, Notabeln12 aus Pal�stina,
Muslime, Juden, Christen und Drusen, �gypter, Griechen,
T�rken, Araber, Kurden, Europ�er und Amerikaner, M�nner,
Frauen und Kinder. Unter den Klagen und dem Schluchzen
12 W�rdentr�ger, Pers�nlichkeitenmanch kummerbeladenen Herzens bewegte sich der lange
Trauerzug langsam den Hang des Karmel hinauf zum Grabmal
des B�b.Nahe dem �stlichen Eingang zum Schrein wurde der Sarg
auf einen schlichten Tisch gestellt, und vor der gro�en
Trauergemeinde hielten neun Sprecher als Vertreter der
muslimischen, j�dischen und christlichen Glaubensbekenntnisse,
darunter auch der Muft� von Haifa, ihreSarg und erwies �Abdu�l-Bahá gesenkten Hauptes vor
dem Schrein die letzte Ehre; die anderen Beamten der
Regierung folgten seinem Beispiel. Dann wurde der Sarg
in einen Raum des Schreins gebracht und dort ernst und
ehrerbietig an seinem letzten Ruheplatz in einer Gruft
neben derjenigen, in der die Gebeine des B�b liegen, beigesetzt.�
13Beschreibungen der triumphartigen Leichenprozession und
Berichte �ber die bewegenden Trauerreden der W�rdentr�ger
wurden den Frauen der heiligen Familie zugeleitet, die wegen
der herrschenden gesellschaftlichen und kulturellen Gepflogenheiten
leider nicht an �Abdu�l-Bahas Begr�bnis teilnehmen
konnten. Louise Bosch, eine Pilgerin aus Amerika, schrieb an
ihre Freundin Ella Cooper, �die Frauen aus dem heiligen Haushalt
freuten sich �ber all die Ansprachen, als sie davon h�rten,
und nachdem sie sie gelesen hatten, zitierten sie das arabische
Sprichwort: ,Das Gute ist wirklich wahr, wenn es sogar vom
Feind bezeugt wird.��14In den Tagen unmittelbar nach �Abdu�l-Bahas Heimgang
empfingen die Frauen aus Seinem Haushalt von morgens bis
abends Besuche von weinenden Syrerinnen, T�rkinnen und
Araberinnen, die ihre Anteilnahme zeigten, wie es im Lande
�blich war. Manchmal konnten sie sich aber zwischendurch
13 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 410 f: 21:11-13
14 Louise Bosch, Brief vom 9. Dezember 1921 an Ella G. Cooper, in Star
of the West 12, Nr. 18 (1922) S.282-283heimlich zur�ckziehen und Sein Grab in einem Raum im
Schrein des B�b besuchen.15Der damals anwesende amerikanische Pilger John Bosch
beschreibt, wie er bei seinem Aufstieg zum Schrein am Berg
Karmel vor sich eine verschleierte Frau sah, die langsam
und beschwerlich ging. Sie erschien ihm �ber die Ma�en
abgespannt, und er �berlegte einen Moment lang, ob es f�r
ihn schicklich w�re zu versuchen, sie zu unterst�tzen. Aus
Mitgef�hl und H�flichkeit ging er ohne Z�gern heran, ergriff
die Frau am linken Arm und half ihr, den steilen Hang
hinaufzusteigen. Pl�tzlich schlug die Gestalt den Schleier
zur�ck und blickte ihm tief in die Augen. Mr. Bosch notiert
seine erschreckte Reaktion und beschreibt, was dann geschah:
�Ich blickte in die wunderbarsten blauen Augen die
Augen eines Engels. Es ist sehr schwer, das Aussehen eines
Engels zu schildern oder zu erkl�ren. Ich dachte wirklich,
dass sie eine junge Frau war.� Als er sp�ter zum Pilgerhaus
zur�ckkehrte, wurde Mr. Bosch von einer der Perserinnen
besucht, die ihm die tiefe Wertsch�tzung des Gr��ten Heiligen
Blattes �bermittelte f�r die Unterst�tzung, die er ihr
gew�hrt hatte.16Bei all ihrer Trauer widmete sich das Gr��te Heilige Blatt als
Vorstand von �Abdu�l-Bahas Haushalt der Vielfalt der Aufgaben,
die in den Tagen unmittelbar nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden
ihre Aufmerksamkeit erforderten. Der H�ter beschreibt einige
dieser T�tigkeiten: �In der Woche nach Seinem Hinscheiden wurden
t�glich f�nfzig bis hundert Arme von Haifa in Seinem Hause
gespeist, und in Seinem Namen wurde am siebten Tag unter etwa
tausend von ihnen Korn verteilt, ohne Ansehen der ethnischen
oder Glaubenszugeh�rigkeit. Am vierzigsten Tag veranstaltete
15 Johanna Hauff in einem Brief vom 3. Dezember 1921 an ihre Eltern,
Biographie Adelbert M�hlschlegel Sein Leben und sein Wirken, S.
29-33; Baha-Verlag GmbH., Hofheim/Ts.; Ethel Rosenberg im Brief
vom 8. Dezember 1921 an die geliebten Freunde in England, Star of
the West 1922, S. 30116 Mirzaeh Gail (Hsg.), �Abdu�l-Baha: Portrayals from East and West,
materials from the papers of Ali-Kuli Khan and the conversations of
John and Louise Bosch, in World Order 6, Nr. 1 (1971) S. 41
133man eine eindrucksvolle Feier zu Seinem Ged�chtnis, zu der �ber
sechshundert Teilnehmer aus Haifa, �Akka und angrenzenden Ge
bieten Pal�stinas und Syriens geladen waren, darunter Beamte und
Notabeln unterschiedlicher religi�ser und ethnischer Herkunft.
Und an diesem Tag wurden auch �ber hundert Arme gespeist.�17
Eine Pilgerin aus dem Westen bezeugt, dass die Gedenk
feier ausschlie�lich von den Mitgliedern von �Abdu�l-Bahas
Haushalt ausgerichtet wurde. Sie beschreibt dieses denkw�r
dige Ereignis, das im Hause �Abdu�l-Bahas stattfand:
�Die langen Tische waren mit rankenden Bougainvilleazweigen
geschm�ckt, deren h�bsche purpurne Bl�ten zusammen
mit dem Wei� der Narzissen und dem Goldgelbder in gro�en Schalen aufgetischten Orangen aus dem Garten
des geliebten Meisters in den weiten, hohen R�umen
ein liebliches Bild ergaben. Im �brigen waren die Zimmer
nur mit der ged�mpften Farbenpracht erlesener persischer
Teppiche geschm�ckt. Keine �berfl�ssigen Nippessachen
beeintr�chtigten die herrschende schlichte W�rde. ...
Nach dem Lunch kamen die G�ste in den gro�en Empfangsraum,
der auch ohne Schmuck war, abgesehen von demBildnis Dessen, zu Dessen Ehren man sich versammelt hatte,
sowie einigen antiken persischen Gobelins an einer Wand.
Davor war ein Rednerpult aufgestellt, von wo aus Ansprachen
an die gedr�ngte Schar der stillen, and�chtigen Zuh�rer
gerichtet wurden, die mit Herz und Seele lauschten.
Der Gouverneur von Ph�nizien sagte in seinem Nachruf folgendes:
�... Die meisten von uns, glaube ich, haben ein klares
Bild von Sir �Abdu�l-Bahá Abb�s vor Augen: Seine w�rdevolle
Gestalt, wie sie gedankenvoll durch unsere Stra�en geht,
Seine h�fliche, g�tige Art, Seine Freundlichkeit, Seine Liebe
zu kleinen Kindern und zu Blumen, Seine Freigebigkeit und
F�rsorge f�r die Armen und Leidenden. So bescheiden war
17 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 411 f; 21:14
134Er und so einfach, dass man in Seiner Gegenwart fast verga�,
dass Er auch ein gro�er Lehrer war, und dass Seine Schriften
und Gespr�che Hunderten und Tausenden von Menschen in
Ost und West Trost und Erleuchtung brachten. ...��18
Eine Zeit erneuter Sorgen�Abdu�l-Bahas Tod verursachte bei vielen Baha im Heiligen
Land und in aller Welt tiefe Besorgnis �ber die Zukunft des
jungen Glaubens. Sie machten sich Gedanken, wer �Abdu�l-
Bahas Nachfolger sein k�nne. Einige f�rchteten, �Abdu�l-Bahas
Halbbruder Mirza Muhammad-�Al�, der nach dem Hinscheiden
Bahau�ll�hs die Bestimmungen Seines Bundes gebrochen hatte,
k�nnte versuchen, seinen F�hrungsanspruch in der Gemeinde zu
erneuern. Mirza Muhammad-�Al� hatte die in Bahau�ll�hs Testament
verf�gte Ernennung �Abdu�l-Bahas zum Oberhaupt des
Glaubens nicht anerkannt und derma�en zerst�rerische Umtriebe
angezettelt, dass er seine Bindung an die Baha-Gemeinde gel�st
hatte. Einzelheiten �ber seine Intrigen und seine Angriffe auf
den Bund sind in einem fr�heren Kapitel dargestellt worden.
Durch �Abdu�l-Bahas pl�tzlichen Heimgang dreist geworden,
nutzte Mirza Muhammad-�Al� die Chance, seinen F�hrungsanspruch
im Glauben wieder einzubringen. Und so wirdtats�chlich berichtet, dass er wenige Tage nach �Abdu�l-Bahas
Tod am Haus des Meisters eintraf und Einlass begehrte. Die
Nachricht von seiner Ankunft wurde dem Gr��ten Heiligen
Blatt durch einen W�chter �bermittelt. Ihr Gro�neffe R�h� Effendi
�berbrachte ihre Antwort: �Unsere Vielgeliebte erlaubt es
nicht und w�nscht es nicht, dass du hereinkommst, und wenn
du kommst, wirst du unser Leid vergr��ern.� Daraufhin ging
Muhammad-�Al� weg. Aber er war jetzt aktiv bestrebt, seinen
F�hrungsanspruch wieder geltend zu machen, sowohl durch
Presseartikel als auch durch gewissenlose Appelle an einzel
18 Lady Blomfield (und Shoghi Effendi), The Passing of �Abdu`l-Baha. Excerpts
from Compilation prepared January 1922, in BahaYear Book 1, (April 1925
-April 1926), S. 29; Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 412; 21:15
135ne Baha in verschiedenen L�ndern vor allem in �gypten,
Persien und Nordamerika �, ihn als rechtm��igen Nachfolger
Bahau�ll�hs zu akzeptieren.19Erf�llt vom Geist des Gottesbundes �bernahm Bahayyih
Kh�num einen Hauptteil der Verantwortung f�r die Ergreifung
von Ma�nahmen, um den Baha-Glauben in aller Welt vor
den Angriffen der Bundesbrecher zu sch�tzen und die weitere
Einheit und Standhaftigkeit der Gemeinde zu sichern. Im Bewusstsein
der drohenden Gefahren richtete sie nicht nur Warnungen
an die Gl�ubigen, in denen sie sie auf die kommende
Zeit der Pr�fungen vorbereitete, sondern gab ihnen auch Ratschl�ge,
wie sie vorgehen sollten, um mit den erwarteten Angriffen
fertig zu werden. Ihr Telegramm an den Vorstand der
Baha-Tempelvereinigung, das am 14. Dezember 1921 eintraf,
zeigt ihr realistisches Verst�ndnis vom Ernst der Situation:
�Jetzt ist eine zeit grosser pr�Fungen. die Freunde sollten
in der Verteidigung der sache Fest und einig sein. naKezeen
[BundesBrecher] starten weltweit umtrieBe �Ber die presse
und andere Kan�le. w�hlt einen ausschuss aus Klugen K�hlen
K�pFen um mit dem presseFeldzug in ameriKa Fertig zu
werden.� Einige Monate sp�ter schildert sie in einem Brief an
einen Gl�ubigen im Osten, wie die Feinde des Glaubens das
Hinscheiden �Abdu�l-Bahas genutzt h�tten, um ihren Anspruch
auf F�hrerschaft geltend zu machen und um zu versuchen, die
Gemeinde zu unterminieren. Sie schreibt:�Und jetzt, in einer solchen Zeit, der Zeit unseres Leides
und tiefen Kummers, in der Absicht, von der Verh�llung
der Sonne des Bundes und des Mondes geistiger Eintracht
zu profitieren, ergreift die Triebfeder des Unheils, der Mittelpunkt
des Aufruhrs [Muhammad-�Al�], seine scheinbareinmalige Chance, zettelt eine heftige Verschw�rung an
und beginnt, mit der Unterst�tzung des zweiten Anf�hrers
[Muhammad-�Al�s Bruder Mirza Bad�u�ll�h], die ausgefal
19Abbas Adib, Brief vom 4. Januar 1922 an Dr. Zia M. Bagdadi, in Star
of the West 12, Nr. 19 (1922), S. 302f; Adib Taherzadeh, The Covenant
of Bahau�ll�h, S. 276 flensten, b�sartigsten Anschuldigungen zu verbreiten. Tag
und Nacht sch�rt er emsig Unruhe und f�hrt Anschl�ge und
Winkelz�ge durch, die im einzelnen aufzuz�hlen zu lange
dauern w�rden. ...20Diese Zeit der Sorge dauerte etwa vierzig Tage. Sie endete
mit der Verk�ndigung durch das Gr��te Heilige Blatt, dass
Shoghi Effendi gem�� der Bestimmungen in �Abdu�l-Bahas
Testament zum H�ter des Baha-Glaubens ernannt sei.21
In dieser kritischen Periode diente das Gr��te Heilige Blatt
als Kontaktstelle zwischen der Heiligen Familie und den Baha
in aller Welt. An sie wandten sich einzelne Gl�ubige und Baha-
Institutionen mit ihren Anfragen. Die Telegramme und Briefe,
die sie verschickte, wurden von den Freunden als Rettungsleine
erlebt, als greifbare Zusicherung, dass sie nach �Abdu�l-Bahas
Hinscheiden nicht von der Quelle der F�hrung abgeschnitten
waren. Als zum Beispiel die amerikanischen Freunde anfragten,
ob aus Anlass von �Abdu�l-Bahas Heimgang ein besonderer Gedenkgottesdienst
geplant sei, kam als Antwort folgendes Telegramm:Bahayyih Kh�num war nicht nur die Instanz unmittelbarer
F�hrung; noch wichtiger war, dass sie die Baha-Welt �ber die
Existenz von �Abdu�l-Bahas Testament unterrichtete und �ber
die darin enthaltenen Vorkehrungen f�r die Leitung der Glaubensgemeinde
nach Seinem Hinscheiden. In einem Telegramman den Vorstand der Tempelvereinigung in Chicago lesen wir
unter anderem: �meister gaB in wille und testament umFassende
weisung. �Bersetzung Folgt. inFormiert Freunde. [gezeichnet]
gr�sstes heiliges Blatt.�23F�r die Baha-Gemeinde, die sich um die Zukunft ihres
Glaubens sorgte, war die offizielle Bekanntgabe des Gr��ten
Heiligen Blattes an die Baha-Welt, dass es ein Testament von
20 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.
114, S. 12121 Adib Taherzadeh, The Covenant of Bahau�ll�h, S. 276
22 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 114
23 ebenda, S. 114�Abdu�l-Bahá gab, gewiss ein gro�er Quell der Freude und der
Beruhigung.Die Familienmitglieder und die Pilger, die sich in dieser Zeit
in Haifa aufhielten, wussten, dass �Abdu�l-Bahá einen Umschlag
hinterlassen hatte, der an Seinen damals nicht im heiligen Land
anwesenden �ltesten Enkelsohn Shoghi Effendi adressiert war. In
Briefen an die Baha in den Vereinigten Staaten wurde das Vorhandensein
von �Abdu�l-Bahas Testament und die Tatsache, dass
die Voraussetzung f�r die Verlesung des Testaments die R�ckkehr
Shoghi Effendis sei, erw�hnt. Diese Briefe zeugen auch von der
Spannung, mit der die Familie seine R�ckkehr erwartete.24
Die Bekanntgabe von Shoghi Effendis ErnennungBei �Abdu�l-Bahas Heimgang war Shoghi Effendi vierundzwanzig
Jahre alt. Nach Beendigung seines Studiums an derAmerikanischen Universit�t in Beirut hatte er zwei Jahre in
engster N�he zu seinem geliebten Gro�vater in Haifa verbracht.
Er hatte als �bersetzer f�r �Abdu�l-Bahas Sendschreiben und
Briefe gedient, hatte �Abdu�l-Bahá auf Seinen Besuchen bei
religi�sen W�rdentr�gern begleitet und Seine Kontakte mit hohen
Regierungsbeamten, Seine Beziehungen mit den Armen
und die Art, wie Er die Arbeit der sich entfaltenden Baha-Gemeinde
lenkte, verfolgt.Im Fr�hjahr 1920 hatte Shoghi Effendi das Heilige Land
verlassen, um im weiteren Verlauf des Jahres seine Studien an
der Universit�t Oxford in England aufzunehmen. Da es sein
Hauptziel war, sich der �bersetzung der Baha-Schriften ins
Englische zu widmen, hatte er Studieng�nge ausgew�hlt, die
sein Weltverst�ndnis bereicherten und seine Beherrschung des
Englischen verbesserten. Durch den unerwarteten Tod seines
Gro�vaters wurden diese Studien j�h unterbrochen.25
24 Brief von Monover Kh�num an Ruth Wales Randall vom 22. Dezember
1921, in: Star of the West, 12, Nr. 18 (1922), S. 275 f; Brief von Louise
Bosch vom 5. Dezember 1921, ebenda S. 276 ff25 �Adib Taherzadeh, The Covenant of Bahau�ll�h, S. 284
138Die Nachricht von �Abdu�l-Bahas Tod wurde den Baha in
London am 29. November 1921 vom Gr��ten Heiligen Blatt
telegrafisch �bermittelt. Shoghi Effendi wurde etwas sp�ter am
gleichen Tag informiert. Er war von der pl�tzlichen Mitteilung
und von dem �bergro�en Verlust v�llig ersch�ttert.
Shoghi Effendis R�ckkehr ins Heilige Land verz�gerte sich
zun�chst durch seinen Gesundheitszustand und dann durch
Schwierigkeiten, die notwendigen Reisedokumente zu beschaffen.
Am 16. Dezember 1921 reiste er per Schiff aus England
ab, begleitet von seiner Schwester R�hang�z und von Lady
Blomfield, einer treuen englischen Baha, die mit der Familie
�Abdu�l-Bahas seit langem eng verbunden war. Das Schiff legte
in �gypten an, und man reiste mit dem Zug weiter. Am 29. Dezember,
einen Monat nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden, traf die
Gruppe in Haifa ein. In der Biographie von Shoghi Effendi beschreibt
seine Witwe R�h�yyih Kh�num die Ankunft und seine�Viele Freunde gingen zum Bahnhof, um ihn abzuholen.
Es wird berichtet, dass er bei seiner Ankunft an des Meisters
Haus so ergriffen war, dass man ihm beim Ersteigen
der Treppe behilflich sein musste. Im Haus erwartete ihn
die einzige Person, die sein Leid irgendwie mildern konnte:
Seine geliebte Gro�tante, �Abdu�l-Bahas Schwester. Sie
� die immer so schwach, so ruhig, so bescheiden war hatte
sich schon in den zur�ckliegenden Wochen als starker Fels
gezeigt, an den sich die Gl�ubigen in dem Sturm anklammerten,
der so pl�tzlich �ber sie hereingebrochen war. Der
Rang ihrer Seele, ihre Erziehung, ihre Stufe machten sie
tauglich f�r die Rolle, die sie in dieser �u�erst schweren,
gefahrvollen Zeit in der Sache und in Shoghi Effendis Leben
spielte.�26Wie schon erw�hnt, war �Abdu�l-Bahas Testament an Shoghi
Effendi gerichtet. Das Gr��te Heilige Blatt hatte die Baha
26 ebenda, S. 285; R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 88 f
139Welt zwar davon in Kenntnis gesetzt, dass es ein Testament
�Abdu�l-Bahas gab, aber Seine Verf�gungen waren noch nicht
bekannt, da die Person, an die es gerichtet war, es er�ffnen und
seinen Inhalt zur Kenntnis nehmen musste. Ein paar Tage nach
Shoghi Effendis R�ckkehr wurde ihm das Testament vorgelesen.
Ganz offensichtlich war er in keiner Weise vorbereitet auf
das, was er erfuhr. Seine Reaktion auf seine Einsetzung als H�ter
des Baha-Glaubens, als der ernannte Nachfolger �Abdu�l-
Bahas, ist im folgenden Bericht seiner Witwe R�h�yyih Kh�num
festgehalten:�Um die Wirkung, die dies auf ihn hatte, auch nur ein wenig
zu verstehen, m�ssen wir uns vergegenw�rtigen, dass
er selbst bei mehr als einer Gelegenheit nicht nur mir, sondern
auch anderen, die mit am Tisch im westlichen Pilgerhaus
sa�en, versicherte, dass er vorher keine Ahnung von
der Existenz der Institution des H�tertums gehabt habe, am
allerwenigsten davon, dass er zum H�ter ernannt war. Allenfalls
hatte er vielleicht erwartet, dass �Abdu�l-Bahá ihm,
da er der �lteste Enkel war, Anweisungen zur Wahl des Universalen
Hauses der Gerechtigkeit hinterlassen und ihn alsdie Person eingesetzt h�tte, die f�r die Einhaltung dieser
Anweisungen zu sorgen und die Wahlversammlung einzuberufen
h�tte.�27Nach der Verlesung des Testaments vor Shoghi Effendi
wurden die darin enthaltenen Bestimmungen nach und nach
der Baha-Gemeinde und den Regierungsbeamten im Heiligen
Land mitgeteilt. Am 3. Januar 1922 wurde �Abdu�l-Bahas Testament
�neun M�nnern, zumeist Familienangeh�rigen �Abdu�l-
Bahas, laut vorgelesen, und die Siegel und Unterschriften, die
es trug, sowie Seine eigene Handschrift wurden ihnen gezeigt.�
Der H�ter beauftragte einen von ihnen, einen Baha aus Persien,
eine getreue Abschrift des Testamentes zu erstellen, und
diese wurde einige Tage danach vom Gr��ten Heiligen Blatt
27 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 90
140an die Baha in Persien gesandt. Am 7. Januar 1922 wurde
�Abdu�l-Bahas Testament in Seinem Haus in Gegenwart von
Baha aus Persien, Indien, �gypten, England, Italien, Deutsch
land, Amerika und Japan verlesen.28�ber diese zweite Versammlung hat der Biograph von Cur
tis Kelsey folgendes festgehalten:�... eine gro�e Versammlung dr�ngte sich in den Empfangsraum
im Haus des Meisters, um die Verlesung des Testaments
anzuh�ren. Der Text war klar: Shoghi Effendi warzum H�ter des Glaubens und zum alleinigen Ausleger der
Offenbarung auf Erden ernannt, zum Oberhaupt einer Weltreligion,
die den g�ttlichen Auftrag hatte, die Menschheitaus dem Treibsand des Materialismus hinauf zu den begr�nten
H�hen der Geistigkeit zu heben und den Menschenallerorten zu helfen, die Realit�t der Einheit der Menschheit
zu begreifen und sie in ihr eigenes Dasein zu integrieren;
eine globale Gesellschaft zu errichten, konstruiert nach den
Pl�nen, die von Gott gesandt und uns durch Bahau�ll�h
�bermittelt wurden ein gewaltiges Unternehmen. Kein
Wunder, dass Shoghi Effendi, diese empfindsame Seele, ersch�ttert
war und mehrere Tage lang das Bett h�ten mu�te,unf�hig, etwas zu sich zu nehmen. Das Gewicht der Welt
war ihm auf die Schultern gelegt worden, ihm, der nur dem
Meister dienen wollte, der Sein �bersetzer sein wollte, der
niemals eine F�hrungsrolle im Glauben angestrebt oder an
eine solche M�glichkeit gedacht hatte. Diesem bescheidenen,
strahlenden jungen Mann wurde nun der Mantel derViele von denen, die die Verlesung von des Meisters Testament
angeh�rt hatten, blieben fast den ganzen Tag im Haus
�Abdu�l-Bahas, studierten sorgf�ltig jeden Satz und suchten
etwas Klarheit dar�ber zu gewinnen, wohin der Glaube sich
bewegte. Curtis erinnerte sich, dass er, als die Zusammen
28 ebenda, S. 97kunft beendet war, einige M�nner sah, die weinend fortgingen.
Es waren Freudentr�nen; denn mit der ErnennungShoghi Effendis zum H�ter hatte der Meister die Zukunft
der Sache Gottes besch�tzt.�29Shoghi Effendi war bei der Verlesung des Testaments an
die Familienangeh�rigen nicht anwesend, auch nicht bei dessen
offizieller Vorstellung vor der ausgew�hlten Gruppe von
Baha, die in Haifa zugegen waren. Ebensowenig wohnte er
der �ffentlichen Gedenkfeier bei, die nach Landessitte f�r Verstorbene
vierzig Tage nach ihrem Tode abgehalten wurde. Von
dieser Gedenkfeier wird folgendes berichtet:�Die G�ste w�nschten sehr, dass Shoghi Effendi einige
Worte an sie richte, und einer der Freunde �berbrachte ihm
diese Botschaft. Shoghi Effendi hielt sich bei dem Gr��ten
Heiligen Blatt in deren Zimmer auf. Er sagte, dass er zu
traurig und ersch�ttert sei, um dieser Bitte zu entsprechen
und schrieb statt dessen in aller Eile einige Worte auf, die
an seiner Statt verlesen werden sollten. Darin dr�ckte er die
von Herzen kommende Dankbarkeit seiner selbst und von
�Abdu�l-Bahas Familie f�r die Anwesenheit des Gouverneurs
und der Redner aus, die mit ihren aufrichtigen Worten
�Sein heiliges Andenken in unseren Herzen wieder aufleben
lie�en... Ich wage die Hoffnung zu �u�ern, dass wir, Seine
Verwandten und Seine Familie, uns durch unsere Taten und
Worte des ruhmreichen Beispiels w�rdig erweisen werden,
das Er uns vorgelebt hat, und dadurch Ihre Wertsch�tzung
und Liebe verdienen werden. M�ge Sein unwandelbarer
Geist mit uns allen sein und uns f�r immer miteinander verbinden.�
Zu Beginn dieser Botschaft sagt er: �Der Schlagwar zu unerwartet und zu schMirzaich f�r meine jungen
Jahre, als dass ich an dieser Versammlung der Geliebten des
vielgeliebten �Abdu�l-Bahá teilnehmen k�nnte.�3030 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 97
142Nachdem das Testament vor den Gl�ubigen aus aller Welt,
die an �Abdu�l-Bahas Beisetzung teilgenommen hatten, verlesen
war, verk�ndete das Gr��te Heilige Blatt der Baha-Welt
seine Bestimmungen und die Ernennung Shoghi Effendis. Am
7. Januar wurden zwei Telegramme nach Persien gesandt mit
folgendem Wortlaut: �gedenKFeiern haBen auF der ganzen
welt stattgeFunden. der herr aller welten hat in seinem
willen und testament seine VerF�gungen oFFenBart. Kopie
Folgt. inFormiert die gl�uBigen.� Und: �wille und testament
erheBt shoghi eFFendi mittelpunKt sache.� Am16.Januar ging folgendes Telegramm an die Vereinigten Staaten:
�testament ernennt shoghi eFFendi h�ter der sache und
oBerhaupt haus der gerechtigKeit. inFormiert ameriKanische
Freunde. (gezeichnet) gr�sstes heiliges Blatt.� Bald
nach dem Versand der Telegramme verschickte Shoghi Effendi
acht ausgew�hlte Abschnitte aus �Abdu�l-Bahas Testament an
die Baha.31Die Nachricht von den eindeutigen Verf�gungen des Testaments
�ber die Ernennung Shoghi Effendis zum H�ter derSache und Ausleger der Schrift wurde in der ganzen Baha-
Welt mit Freude aufgenommen. Es gab jedoch einige wenige,
die �Abdu�l-Bahas Tod als Gelegenheit betrachteten, in der Religion
zu Ansehen und Macht zu gelangen. Zun�chst kam die
wichtigste Gegnerschaft von Mirza Muhammad-�Al� und seinen
Kohorten. Dieser treulose Halbbruder �Abdu�l-Bahas versuchte
nicht nur, seinen F�hrungsanspruch unter den Bedingungen
von Bahau�ll�hs Testament das er schon zu �Abdu�l-Bahas
Lebzeiten verletzt hatte erneut geltend zu machen, sondern er
bereitete dem H�ter auch gro�e Schwierigkeiten, indem er die
Obhut �ber den Schrein Bahau�ll�hs an sich brachte. R�h�yyih
Kh�num schreibt:�Kurz nach dem Heimgang �Abdu�l-Bahas reichte dieser
unzufriedene, niedertr�chtige Halbbruder (er, der vorspiegelte,
er habe noch ein Anrecht auf die NachfolgeBahayyih Kh�num, ebenda. S. 98; Bahayyih Kh�num, in Bahayyih
Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 114Bahau�ll�hs!) eine Forderung aufgrund islamischen Rechts
auf einen Anteil an dem Grundst�ck �Abdu�l-Bahas ein, da
er Sein Bruder sei. Er hatte seinen Sohn der in Amerika
lebte und dort den Anspruch seines Vaters verfocht kommen
lassen, damit sie diesen neuen direkten Angriff auf
den Meister und Seine Familie gemeinsam f�hrten. Nicht
zufrieden mit diesem neuen Beweis seiner wahren Natur,
stellte er bei den Zivilbeh�rden den Antrag, ihm die Obhut
�ber den Schrein Bahau�ll�hs zu �bertragen, da er �Abdu�l-
Bahas rechtm��iger Nachfolger sei. Die britischen Beh�rden
wiesen dies zur�ck, da es sich offenbar um eine religi�se
Angelegenheit handelte. Daraufhin wandte er sich an
das religi�se Oberhaupt der Muslime und forderte den Mufti
von �Akka auf, die offizielle Betreuung von Bahau�ll�hs
Schrein zu �bernehmen. Dieser Oberhirte sagte jedoch, er
sehe nicht, wie er das tun k�nne, da die Baha-Lehren sich
nicht im Einklang mit dem Recht der Shariah bef�nden.
Nachdem alle Versuche fehlgeschlagen waren, schickte er
seinen j�ngeren Bruder Badiullah mit einigen Anh�ngern
zum Schrein Bahau�ll�hs, wo sie am Dienstag, dem 30.
Januar, dem Baha-Wachmann gewaltsam die Schl�sselzum Heiligen Grab entwendeten und so Muhammad-�Al�s
Recht bekr�ftigten, der gesetzliche H�ter von seines Vaters
Ruhest�tte zu sein. Dieser skrupellose Akt verursachte eine
solche Erregung in der Baha-Gemeinde, dass der Gouverneur
von �Akka Order gab, die Schl�ssel bei den Beh�rden
abzuliefern, und am Schrein Wachposten aufstellte. Er ging
aber nicht weiter und weigerte sich, die Schl�ssel einer der
beiden Parteien zu �berlassen.�32Dieser be�ngstigende Zustand zog sich �ber mehrere Mo
nate hin und bereitete Shoghi Effendi und dem Gr��ten Heili
gen Blatt viel Kummer und Sorge.In den ersten Monaten seiner Amtszeit f�hrte Shoghi Ef
fendi ausgedehnte Besprechungen mit einer Anzahl erfahrener
32 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 106 f
144Baha aus verschiedenen Teilen der Welt, die er ins Heilige
Land einlud, um mit ihnen dar�ber zu beraten, wie die Grundlage
f�r die Bildung des Universalen Hauses der Gerechtigkeit
zu schaffen sei. Es zeigte sich sehr bald, dass die Errichtung
dieser Institution von einer Voraussetzung abhing: Der Wahl
�rtlicher und nationaler Institutionen in L�ndern, in denen
Baha lebten. Sobald der H�ter zu diesem Schluss gekommen
war, nahm er sofort hellsichtige Ma�nahmen in Angriff, mit
denen Prozesse in Gang kamen, die schrittweise zur Errichtung
von Institutionen der administrativen Ordnung des Glaubens
f�hrten, wie in �Abdu�l-Bahas Testament vorgesehen.33
Shoghi Effendi lie� die Teilnehmer in ihre Heimatl�nder
zur�ckkehren und die Bildung �rtlicher Geistiger R�te sowie
die Errichtung nationaler Gremien vorbereiten. Zum Beispiel
sollten die beiden anwesenden Amerikaner ihrer bevorstehenden
Baha-Nationaltagung �bermitteln, dass der Vorstand der
Baha-Tempelvereinigung in einen Nationalen Geistigen Rat
umgewandelt werden solle, dem die Leitung der nationalen Belange
der amerikanischen Baha-Gemeinde zu �bertragen sei.
Diese embryonale nationale K�rperschaft wurde im April 1922
gew�hlt.34Einer der heimkehrenden Teilnehmer dieser ersten Beratungen
mit dem H�ter berichtete der amerikanischen Nationaltagung
seine Eindr�cke von diesem Treffen:�... zu diesem Besuch hatte uns Shoghi Effendi eingeladen.
In Haifa trafen wir Baha aus Persien, Indien, Birma, �gypten,
Italien, England und Frankreich. ...Bei der Ankunft
�berkam mich sehr stark der Eindruck, dass Gott im Himmel
und die Welt in guten H�nden ist. ... Wir trafen Shoghi
Effendi, der ganz in Schwarz gekleidet war, eine r�hrende
Gestalt. �berlegt nur, wof�r er heute steht! Alle die verwickelten
Probleme der gro�en Staatsm�nner der Welt sindein Kinderspiel im Vergleich mit den gro�en Problemen
dieses jungen Mannes, vor dem die Probleme der ganzen
33 ebenda, S. 111Welt liegen. ... Niemand macht sich eine Vorstellung von
seinen Schwierigkeiten, die au�ergew�hnlich sind. ... der
Meister hat uns nicht verlassen. Sein Geist ist unter uns mit
vergr��erter Intensit�t und Macht. ... Im Mittelpunkt dieser
Ausstrahlung steht dieser junge Mann, Shoghi Effendi. ... In
Seiner gro�en Weisheit hat uns Gott diesen zentralen F�hrungsort
gew�hrt, um schwierige Probleme zu l�sen. DieseProbleme mit unseren vergleichbar kommen zu ihm aus
allen Teilen der Welt. Er behandelt und l�st sie auf ganz ungezwungene
Weise. ... Die durch Bahau�ll�h und �Abdu�l-Bahá niedergelegten gro�en Grunds�tze finden jetzt eine
Grundlage in der �u�eren Welt des Gottesreiches auf Erden.
Diese Grundlage wird heute, mit gro�er Gewissheit und Bestimmtheit,
von Shoghi Effendi in Haifa gelegt.�35SchMirza die mit seiner in �bereinstimmung mit �Abdu�l
Bahas Testament erfolgten unerwarteten Ernennung zum
Rang des H�ters verbundenen Herausforderungen, dazu das Bewusstsein
vom Gewicht der mit diesem H�tertum verkn�pftenVerantwortung: Alles zusammen zehrte enorm an der schon
angeschlagenen Gesundheit und physischen Resistenz des jungen
H�ters. Noch hinzu kam, dass die erneuerten Umtriebe der
Bundesbrecher vor allem im Heiligen Land eine instabile Situation
erzeugten, die keineswegs abgeschw�cht wurde durch
die zwiesp�ltige Haltung der �rtlichen Bev�lkerung gegen�ber
einem so jungen Mann als Nachfolger der ehrw�rdigen Gestalt
�Abdu�l-Bahas, mit der sie vertraut waren. Das alles machte die
Situation noch schwieriger.Unter diesen Umst�nden entschloss sich Shoghi Effendi,
das Heilige Land zeitweilig zu verlassen, um, wie er hoffte, zu
beten und auszuruhen, Kraft und Zuversicht zu sammeln, bevor
er zu seinen Pflichten am Weltzentrum des Glaubens zur�ckkehrte.
Vor seiner Abreise vertraute er die Gesamtleitung des
Glaubens der Obhut seiner geliebten Gro�tante, des Gr��ten
35 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 120 f
146Heiligen Blattes an, �deren Charakter, Stufe und Liebe zu ihm
sie zu seiner St�tze und zugleich zu seiner Zuflucht machten�.
Dazu ordnete der H�ter noch an, dass Mitglieder der Heiligen
Familie sie bei der �bernahme dieser schweren Verantwortung
unterst�tzen sollten.36Wie sehr Shoghi Effendi in dieser kritischen Zeit von
Bahayyih Kh�nums Ermutigung und St�rke zehrte, verdeutlicht
folgender Auszug aus einem Brief, der bei ihrem Hinscheiden
im Jahr 1932 geschrieben wurde: �Nach dem Aufstieg �Abdu�l-
Bahas zum Reich des Allherrlichen schloss mich dieses Licht
der Himmlischen Heerscharen, hilflos wie ich war, in die Umarmung
ihrer Liebe ein, und mit unvergleichlicher Barmherzigkeit
und Z�rtlichkeit �berzeugte und f�hrte sie mich und trieb
mich an zu den Erfordernissen des Dienens. Jede Zelle dieses
gebrechlichen Wesens war durchtr�nkt von ihrer Liebe, belebt
durch ihre Menschlichkeit, getragen von ihrem unsterblichen
Geist. Niemals werde ich ihre Liebesbeweise und Wohltaten
auch nur f�r einen Augenblick vergessen, und ihre Wirkung auf
dieses leidgepr�fte Herz wird auch nach Monaten und Jahren
nicht verblassen.�37Die Entscheidung des H�ters, das Heilige Land zu verlassen,
wurde Anfang April mit folgendem Brief bekanntgegeben:
�Nach dem schMirzaichen Ereignis und gro�en Schicksalsschlag,
dem Aufstieg Seiner Heiligkeit �Abdu�l-Bahasins Reich Abha, ist dieser Diener so von Schmerz und Leid
heimgesucht und in die Unruhen, die die Feinde der Sache
Gottes bereiten, verstrickt, dass ich meine Anwesenheit hier
zu diesem Zeitpunkt und in solcher Atmosph�re f�r nicht
im Einklang mit der Erf�llung meiner wichtigen, heiligen
Verpflichtungen halte.Aus diesem Grund habe ich, da ich nichts anderes tun konnte,
die Belange der Sache Gottes innerhalb wie au�erhalb
des Heiligen Landes f�r eine gewisse Zeit unter die Auf
36 ebenda, S. 9937 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 29
147sicht der Heiligen Familie und die oberste Leitung durch
das Gr��te Heilige Blatt gestellt, bis ich durch die Gnade
Gottes Gesundheit, St�rke, Selbstvertrauen und geistige Energie
erlangen und die Arbeit des Dienstes, wie es mein Ziel
und mein Wunsch ist, g�nzlich und unwiderruflich selbst in
die Hand nehmen werde, womit sich mein h�chstes geistiges
Hoffen und Sehnen erf�llt haben wird.�38Von seinem �ltesten Cousin begleitet, brach Shoghi Effendi
am 5. April 1922 von Haifa nach Europa auf. Im Dezember
1922 kehrte er ins Heilige Land zur�ck. Erholt und gest�rkt
ergriff er die Z�gel der Sache Gottes und widmete sich ihrer
Ausbreitung und Festigung in aller Welt.3938 Shoghi Effendi, in Die unsch�tzbare Perle, S. 112 f
39 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 114; Adib Taherzadeh,
The Covenant of Bahau�ll�h, S. 2935. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Bahayyih Kh�num spielte in der Anfangsphase des Gestaltenden
Zeitalters der Baha-Religion eine entscheidendeRolle. Dieses Zeitalter ist mit dem Aufgang und der Errichtung
der Baha-Gemeindeordnung verbunden, des Systems,das die Baha-Schriften f�r die Verwaltung der Baha-
Weltgemeinde ausdr�cklich vorsieht. Die Charta, die diese
Gemeindeordnung genau festlegt, ist nichts anderes
als �Abdu�l-Bahas Testament. Durch ihr tiefes Verst�ndnis
dieses zukunftstr�chtigen Dokumentes und ihr unbeirrbares
Festhalten an seinen Bestimmungen, durch ihre l�ckenlose,
liebende Unterst�tzung f�r den ernannten H�ter Shoghi Effendi
und ihr Bem�hen, den Gl�ubigen die Bedeutung desBundes bewusst zu machen, hat das Gr��te Heilige Blatt
dazu beigetragen, die Baha-Welt auf ihren �bergang vom
Heroischen in das Gestaltende Zeitalter des Glaubens vorzubereiten.
Im vorliegenden Kapitel beginnt unsere Untersuchung
der vielf�ltigen T�tigkeiten Bahayyih Kh�nums in den
Zeiten, als Shoghi Effendi �die Gesch�fte der Sache Gottes
� zu Hause und weltweit der Aufsicht der Heiligen Familie
und der Leitung durch das Gr��te Heilige Blatt� �berlie�. In
drei aufeinanderfolgenden Jahren 1922, 1923 und 1924
war der H�ter �ber l�ngere Zeitabschnitte nicht im Heiligen
Land anwesend. Die Aufzeichnungen �ber Bahayyih Kh�nums
Wirken in diesen entscheidenden Perioden, die wir aus
Shoghi Effendis Korrespondenz, aus ihren eigenen Briefen
und aus Berichten von Pilgern und anderen Personen, die
mit ihr zusammentreffen durften, entnehmen, k�nnen nur l�ckenhaft
sein. Trotzdem vermitteln sie eine Vorstellung von
dem einzigartigen Dienst, den Bahayyih Kh�num ungeachtet
der Last ihres fortgeschrittenen Alters und der gewichtigen
Anforderungen, mit denen sie es zu tun hatte, erbrachte, um
den Glauben ihres Vaters zu verbreiten und zu festigen.1
1Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 21;
R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 114Obwohl Bahayyih Kh�nums Berufung zur �obersten Leitung�
des Baha-Glaubens nur als Zwischenl�sung gedacht war,
stellte sie doch alles andere als eine blo� repr�sentative Aufgabe
dar. Ihr Auftrag war allumfassend einschlie�lich der Leitung
der �Gesch�fte der Sache Gottes zu Hause und weltweit� und
beschrieb f�r das Gr��te Heilige Blatt die oberste Stellung in
der Heiligen Familie. Weiterhin ist von gro�er Bedeutung, dass
der Auftrag sich nicht nur auf das Innenleben der Baha-Gemeinde
erstreckte, sondern die F�hrung der Gesch�fte mit der
ganzen Welt einschloss. Dies wird aus Shoghi Effendis Brief
vom 5. April 1922 an die oberste Verwaltungsinstanz f�r Pal�stina
deutlich: �Da ich aus Gesundheitsgr�nden Haifa verlassen
muss, habe ich f�r die Zeit meiner Abwesenheit die Schwester
�Abdu�l-Bahas, Bahayyih Kh�num, als meine Stellvertreterin
benannt.� In diesem Brief teilt der H�ter den Beh�rden
auch mit, dass er eine Kommission eingesetzt hat, �um sie bei
der Gesch�ftsf�hrung der Baha-Bewegung in diesem Land
und anderswo zu unterst�tzen�, und er unterstreicht, dass die
Handlungsbefugnis des Vorsitzenden dieser Kommission an
Bahayyih Kh�nums schriftliches Einverst�ndnis gebunden ist.2
Sogleich nach Shoghi Effendis Abreise rief das Gr��te Heilige
Blatt das vom H�ter eingesetzte Beratungsgremium zusammen
und setzte die Baha-Welt �ber die Vorkehrungen inKenntnis, die er f�r die Verwaltung des Glaubens w�hrend seiner
Abwesenheit getroffen hatte. Im April 1922 schrieb sie an
das amerikanische Baha-Magazin Star of the West und legte
den Brief des H�ters bei, in dem er seine Abwesenheit vom
Baha-Weltzentrum bekanntgab. Ihr Brief in persischer Sprache
beschreibt die Ma�nahmen, die sie nach ihrer Berufung
ergriff, und verdeutlicht den Geist, in dem sie sich erhob, um
2Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 21;
R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S.114; Ausz�ge aus Shoghi
Effendis Brief vom 5. April 1922 an den Vertreter der Verwaltung Pal�stinas,
Oberst Symes, zitiert in R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare
Perle, S. 4175. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
ihrer neuen, gewichtigen Verantwortung gerecht zu werden. Es
folgt eine �bersetzung ihres Briefes:�Die Herzen des Volkes Baha3 brennen lichterloh aufgrund
des gro�en Ungl�cks, und ihr sehnsuchtsvolles Klagen steigt
zu den himmlischen Heerscharen und den engelsgleichen
Bewohnern des Reiches Abha4 empor; aber jetzt ist der Tag
des Dienens, und jetzt ist die Zeit, die heiligen Lehren �berall
zu verbreiten. Daher m�ssen sich die Geliebten Gottes
wie eine leuchtende Flamme erheben, um mit aller Macht
der Sache Gottes zu dienen; im Dienst m�ssen sie miteinander
wetteifern. Lasst sie wie Meteoriten die Ungetreuen
aussto�en, so dass sie auf der Verwahrten Schriftrolle Gottes
unter denen verzeichnet werden, die Seinem Bund und
Testament treu geblieben sind.Shoghi Effendi, der H�ter der Sache Gottes, der Erw�hlte
Zweig und der F�hrer des Volkes Baha, hat aufgrund seines
schweren, anhaltenden SchMirzas �ber diesen gro�en
Verlust, �ber diesen Gipfel der Heimsuchung den Beschluss
gefasst, das Heilige Land f�r kurze Zeit zu verlassen, um
Ruhe zu finden und seine Gesundheit zu stabilisieren; danach
wird er zur�ckkehren und seine Dienste und Pflichten
gegen�ber der Sache Gottes wahrnehmen. In seiner Abwesenheit
ist laut seinem beiliegenden Brief diese gefangene
Magd berufen, in Beratung mit den Mitgliedern des Heiligen
Haushalts die Angelegenheiten der Sache Gottes zuDeshalb habe ich vor�bergehend daf�r Sorge getragen, dass
die von Shoghi Effendi benannten Personen zusammenkommen
und die Gesch�fte in gemeinsamer Beratung mitihnen gef�hrt werden. Es ist meine Hoffnung, dass in der
Zeit seiner Abwesenheit die Geliebten des Herrn und die
Dienerinnen des Barmherzigen alle Anstrengungen machen
3 d.h. der Bahawerden, um die Sache Gottes zu f�rdern und ihr Wachstum
zu beschleunigen. Er ist f�rwahr gn�dig und barmherzig mit
Seinen Dienern.�5In einem weiteren, am Jahrestag der Erkl�rung Bahau�ll�hs
verfassten Brief aus dem Jahr 1922 an die �innig geliebten
Freunde in Amerika, zu H�nden der Herausgeber des Star of
the West� �u�ert das Gr��te Heilige Blatt namens der Familie
�Abdu�l-Bahas ihre tiefe Wertsch�tzung f�r die Beileidsbekundungen,
die von so vielen Baha eingetroffen sind. Sieunterstreicht, wie wichtig Shoghi Effendis Benennung einer
F�hrungsinstanz f�r die Administration des Glaubens ist, und
richtet an die Baha folgenden Appell: �Wir hoffen, dass die
Freunde Gottes, die Geliebten und die M�gde des Barmherzigen,
f�r uns beten, damit wir bef�higt werden, Shoghi Effendi
mit allem, was in unserer Macht steht, zu helfen, die ihm
�bertragene Sendung zu erf�llen.� Der Brief tr�gt die Unterschrift
�Bahaeyyeh Khanum und die Familie `Abdu'l-Bahás.�6
Leitung der Belange der Sache GottesW�hrend der Abwesenheit des H�ters trugen das Gr��te Heilige
Blatt und Angeh�rige der Heiligen Familie die Verantwortung
f�r die Verwaltung des Glaubens in aller Welt. Die Ernennung
des Gr��ten Heiligen Blattes als die oberste Leitung
dieser Gruppe bedeutete, dass sie die gr��te Verantwortung f�r
die Lenkung der Belange der Sache Gottes zu Hause und in
der Welt trug. Sie diente als Kontaktstelle f�r die Gl�ubigen,
gab Anleitung und Ermutigung, gew�hrte eine weise, ausgereifte
F�hrung und sorgte in dieser �bergangsperiode f�r einen
ausgeglichenen Kurs des Glaubens. Durch die Briefe, die sie
an einzelne Gl�ubige und an die Geistigen R�te �embryonale�
�rtliche Leitungsgremien des Glaubens in Ost und West
5 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 114 f
6 Bahayyih Kh�num, undatierter Brief �An unsere innig geliebten Freunde
in Amerika, in Star of the West 13, Nr. 4 (1922), S. 88
1535. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
schrieb, sammelte und ermunterte sie die Baha-Gemeinde. In
dieser kritischen Zeit fl��te sie den Gl�ubigen einen Geist des
Vertrauens ein und unterrichtete sie �ber die Bestimmungen
von �Abdu�l-Bahas Testament. Sie ermutigte sie, den neuen
H�ter zu akzeptieren und zu unterst�tzen und f�hrte die von
ihm vorgegebenen Handlungsrichtlinien aus. Sie verhalf den
Gl�ubigen zu einem tieferen Verst�ndnis der Notwendigkeit,
�rtliche und Nationale Geistige R�te zu errichten, kooperierte
mit dem Geistigen Rat von Haifa einem Gremium, das f�r
die Verwaltung des Glaubens im Heiligen Land eingerichtet
wurde �, st�rkte das Bewusstsein f�r die Bedeutung administrativer
Funktionen und gab den Ansto� zu Vorkehrungen, umden Glauben im Heiligen Land und in anderen Teilen der Welt
zu sch�tzen.Zu einem Zeitpunkt, als die Baha-Gemeinde den �bergang
aus der Amtszeit �Abdu�l-Bahas und dem Abschluss des Heroischen
Zeitalters des Glaubens in die Er�ffnungsphase des
Gestaltenden Zeitalters durchlebte, stellte das Gr��te Heilige
Blatt ein lebendes Verbindungsglied zwischen den beiden Zeitabschnitten
dar. Der �bergang erforderte nicht nur die Annahme
des neu ernannten H�ters als Oberhaupt der Glaubensgemeinschaft,
sondern auch ein Umdenken, so dass die Autorit�tder gew�hlten Geistigen R�te anerkannt wurde. Die F�higkeit
des Gr��ten Heiligen Blattes, diese Br�cke zu schlagen und
das Bewusstsein der Baha-Weltgemeinde zu formen, wird aus
den Briefen deutlich, die sie in dieser Zeit schrieb.
In ihren Briefen w�rdigt das Gr��te Heilige Blatt den pers�nlichen
Schmerz der Gl�ubigen �ber das Hinscheiden �Abdu�l-
Bahas, mit dem sie sich voll identifiziert. Sie versichert ihnen,
dass sie selbst und die anderen Angeh�rigen der Heiligen Familie
diese Gef�hle verstehen und mit ihnen teilen. Sie schreibt:
�Das Volk von Baha, das in der Hochroten Arche wohnt
und sich den Meereswogen des Herrn entgegenwirft, das
154die Segnungen des Reiches Abha erlangt hat und fest im
Gottesbund steht sie alle, M�nner und Frauen, Jung und
Alt, teilen in der Tat mit diesen Heimatlosen den Schmerz
�ber unseren Verlust, �ber dieses furchtbarste Ungl�ck. Mit
dem Ohr des Geistes haben wir das Wehklagen der Geliebten
Dessen vernommen, Der die Herzen mit Begeisterungerf�llte, derer, die gleich uns vom Feuer der Trennung versengt
wurden, und mit schwerem Herzen erheben wir unseren
SchMirzansschrei zum Himmel, und weinend richtenwir unsere Bittgesuche ... an die Schwelle der leuchtenden
Sch�nheit Gottes.� 7Das Gr��te Heilige Blatt erinnert die Gl�ubigen daran, dass
�Abdu�l-Bahá zwar in die n�chste Welt �bergegangen ist, dass
aber Sein Geist weiterhin eine f�hrende Kraft bleibt. Sie f�hrt
fort: �... alle werden verstehen, dass, wenngleich dieses heilige,
geheimnisvolle Wesen das Gewand Seines sterblichen Lebens
abgelegt hat, wenngleich dieser Vogel der Ewigkeit den K�fig
dieser Erde verlassen hat, Sein Geist weiterhin mitten unter
uns ist und Er weiterhin vom Reich des Allherrlichen aus �ber
uns wacht. Unaufh�rlich entz�ckt Er die Herzen der Geliebten,
und den Seelen derer, die fest im Gottesbund verwurzelt sind,
bringt Er allezeit frohe Botschaft.�8Bahayyih Kh�num weist die Gl�ubigen darauf hin, dass
�Abdu�l-Bahá sie geschult und in ihnen die F�higkeiten geweckt
hat, die f�r die fortgesetzte Entwicklung des Glaubens
gebraucht werden. Zur Verdeutlichung erinnert sie an folgende
Worte, die der Meister einmal ge�u�ert hat:�Als Christus von dieser sterblichen Welt Abschied nahm
und ins Ewige Reich aufstieg, hatte Er zw�lf J�nger, und
selbst von diesen wurde einer ausgesto�en. Aber weil diese
Handvoll Seelen sich erhob und in Selbstlosigkeit, Hingabe
und Losl�sung den Entschluss fasste, Seine heiligen Lehren
zu verbreiten und ohne Beachtung der Welt und aller
7 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 149
8 ebenda, S. 158 f5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
ihrer V�lker den s��en Duft Gottes zu verstr�men, und weil
sie v�llig in Christus aufgingen - deshalb hatten sie Erfolg,
durch die Macht des Geistes und indem sie die St�dte der
Menschenherzen einnahmen, so dass der Lichtglanz des einen,
wahren Gottes die ganze Erde �berflutete und das Dunkel
der Unwissenheit vertrieb.Wenn ich nun aus dieser Welt scheide, hinterlasse ich �ber
f�nfzigtausend Gesegnete, jeder Einzelne standhaft und
unersch�tterlich wie die hohen Berge, die Erde erhellend
wie funkelnde Sterne. Sie sind der Inbegriff der Treue, Mitmenschlichkeit
und Liebe. Sie sind die selbstaufopferndenW�chter der Sache Gottes, die F�hrer aller Wahrheitssucher.
Erkennt daraus, wie die Zukunft aussehen wird!�9Das Gr��te Heilige Blatt nimmt sich ein Beispiel an �Abdu�l-
Bahas Aussage. Sie ermuntert die Freunde zum Handeln und
dr�ckt ihr Vertrauen in deren F�higkeit zum Erfolg aus:
�Wenn wir im Einklang mit den Lehren der Abha-Sch�nheit10
und der Ratgebung �Abdu�l-Bahas handeln, dann wird
diese Welt mit Gewissheit zum Paradies Abha werden, und
ihre Dornen und Disteln der Grausamkeit werden in einen
bl�henden Garten der Getreuen verwandelt.M�gen wir alle bef�higt werden, dieses Ziel zu erreichen.�11
Das Gr��te Heilige Blatt erinnert die Gl�ubigen nicht nur
an die Erziehung, die sie aus den H�nden des Meisters erfahren
haben, sondern sie weist sie auch auf die Wichtigkeit des
Beispiels hin, das Er gegeben hat. So erw�hnt sie etwa �Abdu�l-
Bahas unerm�dliche Dienste f�r die Sache Gottes und die Pr�fungen
und Leiden, die Er im Laufe Seines Lebens zu erdulden
9 �Abdu�l-Baha, zitiert von Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.
123 fhatte. Sie berichtet: �Sein Leben lang war es Sein Los, ungerecht
behandelt zu werden und Beschwerlichkeiten, Schmerz
und Kummer ausgesetzt zu sein. Unter solchen Umst�nden war
es der einzige Trost Seines geheiligten Herzens, gute Nachrichten
�ber den Fortschritt des Glaubens, die Verk�ndigung des
Wortes Gottes, die Verbreitung der heiligen Lehren, die Einheit
und den Diensteifer der Freunde und die Standhaftigkeit Seiner
Geliebten zu vernehmen. Solche Nachrichten lie�en Sein Antlitz
l�cheln, dies war die Freude Seines edlen Herzens.�12
Aus eigenem Erleben und durch die enge Verbindung zu
ihrem geliebten Vater und Bruder war sich das Gr��te Heilige
Blatt gro�er geistiger Wahrheiten bewusst, und sie bereitete die
Gl�ubigen auf eine unvermeidlich bevorstehende Periode der
Pr�fungen vor und schulte sie in den Mitteln, mit denen sie die
g�ttliche Hilfe auf sich lenken k�nnten. Den Gl�ubigen sagt
sie: �Der liebevolle Rat �Abdu�l-Bahas hat die Geliebten des
Herrn in Zeichen und Sinnbilder der Demut und der Ergebenheit
umgewandelt. Er lehrte sie Selbstlosigkeit, Befreiung vom
Materiellen und Losl�sung von der Welt und bef�higte sie, die
Wahrheiten des Himmels zu verstehen.� Dies, so versichert sie,
ist eine verl�ssliche Vorbereitung auf die Pr�fungen, die das
Leben mit sich bringt. Sie schreibt:�Tests und Pr�fungen sind mit Sicherheit ein untrennbarer
Bestandteil und ein unerl�ssliches Erfordernis dieses Lebens,
besonders f�r die Menschheit, allen voran f�r jene,
die f�r sich den Besitz von Glauben und Liebe beanspruchen.
Nur durch Pr�fungen kann das Echte vom Wertlosen,Reinheit von Schmutz, das Wahre vom Falschen, unterschieden
werden. Der Sinn des heiligen Verses �W�hnendie Menschen, dass sie, wenn sie sagen: `Wir glauben�, in
Ruhe gelassen und nicht auf die Probe gestellt werden?�13
ist allezeit offenkundig und bei jedem Atemzug anwendbar,
und nur im Feuer wird sich zeigen, welches Gold am meisten
gl�nzt.5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Daher hoffe ich, dass wir durch Demut und ein reuevolles
Herz, Flehen und Gebet, guten Vorsatz und Treue, durch
Reinheit des Herzens und Festhalten an der Wahrheit, Emporstreben
zum Dienst und durch die Segnungen und Best�tigungen
des Herrn in ein Reich eintreten und zu einemZustand gelangen, in dem wir unter dem Schirm Seines Erbarmens
leben und Seine hilfreiche Hand uns Beistand undAuf die Nachricht einer Gruppe von Baha-Frauen, die in
dem Dorf Sang-i-Sar, Iran, an der Unterhaltung einer Baha-
Schule beteiligt waren, sie w�rden verfolgt und man habe ihre
Schule niedergebrannt, antwortete das Gr��te Heilige Blatt mit
einem Brief, der den Frauen half, den Vorfall im rechten Licht
zu betrachten. Zu Beginn versicherte sie diesen ergebenen
Gl�ubigen, dass sie selbst und die Heilige Familie �mit tiefstem
Kummer von den Leiden erfahren haben�, die sie durchgemacht
hatten; dann bot sie ihnen eine geistige Erkl�rung an
f�r das, was passiert war und f�r die Bedeutsamkeit ihrer Reaktion
darauf. Sie schreibt:�Da sie jedoch fest, standhaft und unersch�tterlich blieben,
als die Pfeile der Tyrannei auf sie flogen, und da dies um
der Gesegneten Sch�nheit15 willen und auf dem Pfade des
Alleingeliebten geschah, sollten sie Gott danken und Ihn
preisen, dass Er sie f�r diese gro�e Gnadengabe ausersehen
hat. ...Gott sei gelobt, sie haben einen Tropfen aus dem Meer der
Leiden erhalten�d�rfen, das den Erhabenen16 und die Sch�nheit
des Allherrlichen �berrollte; ihnen wurde ein Tr�pfchen
aus den Wogen der Schrecknisse zuteil, die �Abdu�l-Bahá
umtosten.�17Zum Schluss erinnert sie die Frauen: �Vertrauen sie voll
und ganz auf die Best�tigungen der Gesegneten Sch�nheit und
die Gaben und Segnungen �Abdu�l-Bahas.�18In ihrem Bestreben, die Gl�ubigen in ihrem Vertrauen zu best�rken
und sie zu ermuntern, die Baha-Werte in ihrem t�glichen
Leben zum Ausdruck zu bringen, hob das Gr��te Heilige Blatt
besonders die Bedeutung der Standhaftigkeit hervor. In einem
ihrer Briefe betont sie, wie wichtig gerade diese Tugend ist und
beschreibt den Gewinn, den die Gl�ubigen daraus ziehen:
�Alle Tugenden der Menschheit sind enthalten in dem einen
Wort �Standhaftigkeit�, wollten wir nur nach ihren Gesetzen
handeln. Einem Magneten gleich ziehen sie den Segen und
die Gaben des Himmels auf uns herab, so wir uns erheben,
die Pflichten zu erf�llen, die in ihnen liegen.Gott sei gepriesen, das Heim des Herzens ist erhellt durch
das Licht unersch�tterlicher Treue, und der Hort der Seele
tr�gt den Schmuck der Ergebenheit.Standhaftigkeit ist ein Schatz, der den Menschen so bereichert,
dass er weder der Welt noch irgendeines Menschenoder Dinges in ihr bedarf. Treue ist eine besondere Freude,
die uns Sterbliche zu erhabenen H�hen und zu gro�em Fortschritt
f�hrt, die uns die Vollkommenheiten des Himmelserlangen l�sst. Aller Preis sei dem heiligen Hofe des Geliebten,
der Seinem getreuen Volk diese wundersamste Gnadeund Seinen Geliebten diese beste der Gaben gew�hrt.� 19
So lenkte das Gr��te Heilige Blatt das Bewusstsein der
Baha-Gemeinde auf die durch �Abdu�l-Bahá vermittelten
18Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, Das Gr��te Heilige Blatt.
Herausgegeben vom Nationalen Geistigen Rat der Baha in Deutschland
zum f�nfzigsten Jahrestag des Hinscheidens des Gr��ten Heiligen
Blattes, S. 305. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
geistigen Lektionen und auf das Beispiel Seines Lebens, aber
gleichzeitig machte sie die Gl�ubigen mehr und mehr auf die
Notwendigkeit aufmerksam, den Glauben zu verbreiten und
damit zu beginnen, seine Institutionen zu errichten. In einem
ihrer Briefe schreibt sie: �Liebe Freunde! In dieser kritischen
Zeit, die der Glaube durchlebt, ist jedem einzelnen Baha eine
gro�e Verantwortung auferlegt, und er hat dr�ngende, vielf�ltige
Pflichten. ... Jetzt ist f�r die treuen Freunde �Abdu�l-Bahas,
die das herrliche Licht empfangen haben, die Zeit gekommen,
wie strahlende Sterne zu leuchten. Die Ausstrahlung unseres
Glaubens muss so gro� sein, dass Wolken des Zweifels aufgel�st
werden und die Welt zum Tagesanbruch der Wahrheit gef�hrt
wird.� In einem weiteren Brief bekundet sie, wie gl�cklich
sie ist, dass die standhaften Gl�ubigen der Ratgebung �Abdu�l-
Bahas folgen und sich zum Dienst am Glauben erheben:
�Aus jedem Winkel der Erde erreichen mich st�ndig gute
Nachrichten, dass das Wort Gottes erh�ht und Seine Sache
verherrlicht wird, und dass Seine Freunde in Liebe zu Ihm
ergl�hen und aufstehen, um die s��en D�fte zu verbreiten.
Alle sind fest im Glauben gegr�ndet und best�ndig. Sie
wenden sich in Ergebenheit ihm zu, dem ernannten, ausersehenen
Mittelpunkt, dem H�ter der Sache Gottes, dem Erw�hlten
Zweig, Seiner Eminenz Shoghi Effendi. Sie bildenGeistige R�te, halten Versammlungen ab, lehren mit gro�er
Beredsamkeit und Energie, bringen Beweise vor und verbreiten
die Lehren der G�ttlichen Sch�nheit und die Ratschl�ge
�Abdu�l-Bahas. Mit Sicherheit wird das Licht dieser
Lehren in kurzer Zeit die Erde erleuchten und die Herzen
des Volkes Bahá erfreuen.�20So macht sie auch in dem folgenden Zitat klar, dass der
Hauptgrund ihrer Freude und Zufriedenheit die eingehenden
Berichte �ber die Arbeit der Baha f�r den Glauben sind. Sie
20 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,
S. 163, S. 147 fschreibt: �Die Nachricht �ber ihre Festigkeit im Bund, �ber
ihre Bem�hungen, in Einheit und Einigkeit zusammenzuarbeiten,
und ihren unerm�dlichen Eifer und Opfermut auf dem
Pfade des Dienens war mir ein Quell unbeschreiblicher Freude.
Denn mein ganzer Trost liegt jetzt in der Loyalit�t und Treue
der Freunde und meine einzige Freude im Fortschritt der Sache
Gottes.�21Um den bedeutenden Anteil Bahayyih Kh�nums an der Erziehung
der Baha-Gemeinde in den Bestimmungen des Bundesrichtig zu w�rdigen, muss man den einzigartigen Charakter von
�Abdu�l-Bahas Testament verstehen. Dieses von �Abdu�l-Bahá
eigenh�ndig niedergeschriebene historische Dokument stellt
die Vorlage der Baha-Gemeindeordnung und die Verfassung
einer zuk�nftigen Weltkultur dar und ist in der Religionsgeschichte
einmalig. Es verk�ndet nicht nur die �grundlegenden
�berzeugungen der Glaubensanh�nger Bahau�ll�hs�, sondern
�setzt die Institution des H�tertums als erbliches Amt ein und
umrei�t seine wesentlichen Aufgaben, sieht die Ma�nahmen
f�r die Wahl des Internationalen Hauses der Gerechtigkeit vor,
setzt dessen Aufgabenbereich fest und legt seine Beziehungen
zum H�teramt dar, schreibt die Pflichten der H�nde der Sache
Gottes vor, betont ihre Verantwortung und preist die Kraft des
unzerst�rbaren Bundes Bahau�ll�hs.�22Ebenso ruft das Dokument �die ganze Gemeinde der Anh�nger
Bahau�ll�hs dazu auf, sich einm�tig zu erheben, Seinen
Glauben zu verbreiten, sich �berall zu verteilen, unerm�dlich
zu wirken und dem heroischen Beispiel der Apostel Jesu
Christi zu folgen; es warnt vor den Gefahren des Umgangs mit
den Bundesbrechern und gebietet, die Sache Gottes vor den
Angriffen der Falschen und Heuchler zu schirmen, und r�t ihnen,
durch ihren Lebenswandel die Universalit�t des von ihnen
21 ebenda, S. 16322 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 429; 22:9
1615. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
erw�hlten Glaubens darzutun und seine hohen Grunds�tze zu
verteidigen.�23In Ost und West machten sich die Baha �Abdu�l-Bahas
Testament zu eigen und folgten Seinen Bestimmungen. Wie
der H�ter bezeugt, erhoben sie sich �mit klarem Blick und
unersch�tterlich entschlossen, das Gestaltende Zeitalter ihres
Glaubens zu er�ffnen, indem sie die Fundamente dieses weltumspannenden
administrativen Systems legten, das dazu bestimmtist, sich zu einer Weltordnung zu entwickeln, welche
die Nachwelt sicher als die Erf�llung aller Sendungen der Vergangenheit
und als ihre herrliche Kr�nung begr��en wird.�24Die Briefe, die das Gr��te Heilige Blatt an einzelne Gl�ubige
und an Baha-Gemeinden in aller Welt richtete, lassen bei
n�herer Pr�fung erkennen, in welchem Grade sie den Blick der
Gl�ubigen sch�rfte und ihr Verst�ndnis f�r die Konsequenzen
dieses historischen Dokuments erweiterte. Sie war es in hohem
Ma�e, die die Einheit der Baha-Gemeinde wahrte und den
Blick der Baha auf Shoghi Effendi, den neu ernannten H�ter,
lenkte.Die Briefe veranschaulichen, wie einf�hlsam sie den Gl�ubigen
zu einem tieferen Verst�ndnis des Gottesbundes verhalf,
wie er in des Meisters Testament niedergelegt war. Um zu unterstreichen,
wie wichtig es ist, einen ernannten Mittelpunktdes Bundes als Brennpunkt der Autorit�t zu haben, dem sich
die Gl�ubigen zuwenden m�ssen, bedient sie sich eindrucksvoller
Bilder. In einem ihrer Briefe schreibt sie:�Die Tatsache, dass es nur einen Mittelpunkt gibt, und dass
alle sich einem einzigen heiligen Wesen zuwenden, ist im
Reiche Seiner Sache wie der Schaft oder die Achse eines
M�hlsteins. Alle anderen Gesetze und Verordnungen m�ssen
um dieses eine kreisen. Im Tempel der Religion Gottes
ist der Mittelpunkt der Sache dem Herzen vergleichbar, denn
von diesem h�ngt nicht nur das Leben des menschlichen
K�rpers als Organismus ab, sondern auch alle Beziehungen
23 ebenda, S. 429 f; 22:9zwischen seinen Organen sowie deren Wachstum und deren
Lebenskraft. In der menschlichen Gesellschaft kann der
Mittelpunkt der Sache mit der Sonne verglichen werden,
deren magnetische Kraft die Bewegungen und Bahnen der
Planeten steuert. Der Mittelpunkt der Sache ist auch wie
ein Buchr�cken, denn durch ihn werden die Seiten alle zu
einem Buch zusammengefasst; ohne den R�cken w�ren die
Bl�tter lose und zerstreut.�25�Ein eindeutiger Bund macht unsere Pflicht klar; ein unmissverst�ndlicher,
pr�ziser Text erkl�rt das offenbarteBuch. Ein genau benannter Mittelpunkt ist bestimmt worden,
dem sich alle zuwenden m�ssen, und sein Spruch, der
Spruch des H�ters der Sache und Auslegers des Buches, ist
als verbindlich erkl�rt worden. ...Es ist zu hoffen, dass wir uns in neuem Geist erheben und
durch �berreiche Segnungen best�tigt werden, und dass wir
unsere Streitr�sser auf das Feld des Dienstes, der Reinheit,
Ehrlichkeit und des hohen Strebens dr�ngen. ...�26
Auf Fragen eines Gl�ubigen aus dem Osten bez�glich des
Bundes gab das Gr��te Heilige Blatt folgende Erl�uterung:
�Aus ihrem Brief ist zu ersehen, dass sie ihn vor dem Erhalt
des Testamentes des Mittelpunkts des Bundes geschrieben
haben. Inzwischen haben sie dieses Dokument bestimmt
sorgf�ltig gelesen. Dieser Text ist Seine verbindliche Verf�gung;
er stellt das wahre Leben dar f�r alle, die mit Verst�ndnis
ausgestattet sind. In ihm hat die Feder der Gro�mut
auf machtvollste, umfassendste, klarste, detaillierteste Weise
die Verpflichtungen dargelegt, die jeder Ebene in der Baha-
Gemeinde zufallen. ... Er hat ausdr�cklich den Mittelpunkt
25 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 133 f
26 ebenda, S. 133 f5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
benannt, dem sich alle zuwenden m�ssen, und damit unverbr�chlich
die Fundamente des Bundes gelegt und zementiert.Er hat unzweideutig den Mittelpunkt eingesetzt, nach dem
sich das ganze Volk Bahá ausrichten muss: Den Erw�hlten
Zweig, den H�ter der Sache Gottes. Dieses gro�e Geschenk
ist ein besonderer Wesenszug dieser Gr��ten Offenbarung,
dieser edelsten und vortrefflichsten aller Sendungen.�27
Bahayyih Kh�num unterwies die Baha nicht nur hinsichtlich
der allgemeinen Vorkehrungen des Bundes, sondern richtete
sie ganz gezielt auf den ernannten H�ter aus. In einem ihrer
Briefe schildert sie, wie �Abdu�l-Baha, der unfehlbare �Arzt�,
im voraus wusste, dass die Gl�ubigen Sein Hinscheiden als
furchtbaren Schlag erleben w�rden. Um dessen Wucht zu mildern,
bezeugt sie:� ... Er bereitete ein hochwirksames Heilmittel zu und ersann
ein einzigartiges, unvergleichliches Heilverfahren ein
Verfahren, das so vortrefflich, herrlich, ausgezeichnet, so
machtvoll, vollkommen und vollendet ist. Durch Seinen Federzug
ewiger Freigebigkeit hat Er in Seinem gewichtigen,
unverletzlichen Testament den Namen Shoghi Effendis niedergelegt
� des Zweiges, der aus den zwei Sch�sslingen derhimmlischen Herrlichkeit hervorwuchs, des Astes, der den
zwei geweihten, heiligen Lotosb�umen entsprossen ist.28
Daraufhin nahm Er Seinen Flug zu den himmlischen Heerscharen
und zum erleuchteten Horizont. Jetzt ist es Sachejedes gefestigten, ergebenen Freundes, jedes standhaften,
entflammten Gl�ubigen, der von Seiner Liebe beseelt ist,
diese heilende Medizin auf einen Zug auszutrinken, damit
die Qual der Trennung ein wenig gemildert und die bittere
Not des Verlassenseins zerstreut wird.�29Ein Hinweis auf Shoghi Effendis Herkunft. V�terlicherseits war er ein
Nachkomme des B�b, und m�tterlicherseits ein Nachfahre Bahau�ll�hs
(weiteres siehe Glossar)In einem anderen Fall unterstreicht sie die klare und ausdr�ckliche
Form von Shoghi Effendis Ernennung. Sie f�hrtaus: ��Abdu�l-Bahas Testament ist Seine verbindliche Verf�gung.
Es f�hrt die Gl�ubigen zusammen, bewahrt ihre Einheit,
stellt den Schutz des Gottesglaubens sicher. Es bestimmt einen
eindeutigen Mittelpunkt, da es schriftlich und unwiderleglich
Shoghi Effendi als H�ter des Glaubens und Erw�hlten Zweig
einsetzt, so dass sein Name auf der Verwahrten Tafel durch
die Finger der Gnade und Gunst verzeichnet ist.� Bei einem
weiteren Anlass, als sie auf einen Bericht �ber die Aktivit�ten
eines Bundesbrechers antwortet, legt das Gr��te Heilige Blatt
noch einmal die Hauptpunkte des Bundes dar:�Der wesentliche Punkt lautet: Gelobt sei Gott, denn der
Weg Seines heiligen Glaubens ist vorgezeichnet, das Geb�ude
von Gottes Gesetz ist fest gegr�ndet und stabil. Er,
dem sich das Volk Bahá zuwenden muss, der Mittelpunkt,
auf den die Versammlung der Gl�ubigen den Blick zu richten
hat, der Ausleger der Heiligen Schrift, der H�ter der
Sache Gottes, der Erw�hlte Zweig, Shoghi Effendi, ist unzweideutig
und im Einklang mit klaren, schl�ssigen undunmissverst�ndlichen Vorgaben ernannt worden. Die Religion
Gottes, die Gesetze und Gebote Gottes, die gesegneten
Lehren, die f�r jedermann verbindlichen Pflichten stehen
alle klar und unverh�llt wie die Sonne in ihrer Mittagsherrlichkeit
vor uns. Es gibt kein verborgenes Geheimnis, keinunentdecktes Mysterium. Es gibt auch keinen Spielraum f�r
Interpretationen oder Debatten, keinen Anlass zu Zweifel
oder Zaudern. Die Stunde der Lehre und des Dienens ist gekommen.
Dies ist die Zeit f�r Einheit, Einigkeit, Solidarit�t
und hochherzige Bem�hung.�30Nachrichten �ber die Anerkennung Shoghi Effendis durch
die Gl�ubigen waren f�r das Gr��te Heilige Blatt eine Quelle
der Freude und des Gl�cks. Auf eine solche Nachricht schreibt
30 ebenda, S. 141, S. 2175. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
sie einmal: �Die gute Botschaft ist eingetroffen, dass in den
Versammlungen der Freunde �Abdu�l-Bahas Testament m�ge
unser Leben ein Opfer f�r Seine Selbstlosigkeit sein vorgelesen
wurde, und wir hier sind begl�ckt, von der Einheit, Standhaftigkeit
und Treue der Freunde zu h�ren und auch zu erfahren,
dass sie sich dem designierten Mittelpunkt, dem benannten,
genau bezeichneten H�ter der Sache Gottes, dem Ausleger des
Buches Gottes, dem Besch�tzer Seines Glaubens, dem W�chter
Seines Gesetzes, Shoghi Effendi zugewandt haben. Diese
Nachricht hat h�chste Freude gebracht.� Das Gr��te Heilige
Blatt f�hrt sogar im Einzelnen aus, was die Annahme Shoghi
Effendis und seiner festgelegten Funktionen durch die Gl�ubigen
bedeutet. In ihrer Antwort auf einen Brief schreibt sie:
�Der Tenor ihres Briefes l�sst klar erkennen, dass sie standhaft
in Seiner Sache sind und unbeirrt an Seinem Bund festhalten,
dass sie ihr Angesicht auf Shoghi Effendi, den bevollm�chtigten
Punkt, dem sich alle zuwenden m�ssen, den Mittelpunkt
der Sache, den Erw�hlten Zweig, den Ast, der aus den zwei
himmlischen B�umen hervorgewachsen ist, gerichtet haben.
Dies ist wirklich das Entscheidende, dies ist die Bedeutung
wahrer Hingabe, dies ist die unzerst�rbare, unbezweifelbare
Wahrheit, durch die das Volk von Baha, die Bewohner der Roten
Arche, ausgezeichnet sind.�31Aus den Briefen wird deutlich, dass es das Anliegen des
Gr��ten Heiligen Blattes war, die Baha zu sammeln und ihre
Aufmerksamkeit auf den neu ernannten H�ter als die Autorit�t
zu lenken, nach der sie sich alle richten m�ssen. Damit bef�higte
sie die werdende Gemeinde, in Einigkeit in ihr n�chstes
Entwicklungsstadium voranzuschreiten.DerAnsto� zu Bahayyih Kh�nums liebevoller Bem�hung um
Shoghi Effendi, zu ihrem unerm�dlichen Streben, die Baha-
Gemeinde auf diesen erw�hlten Nachfolger �Abdu�l-Bahas auszurichten,
kam nicht nur von ihrer tiefen Zuneigung und ihrer
Sorge um ihren Gro�neffen, sondern ebenso von der klaren,
deutlichen Weisung in �Abdu�l-Bahas Testament, dass die Gl�u
31 ebenda, S. 156, S. 161 fbigen gehalten sind, �Shoghi Effendi ... die gr��te Sorge angedeihen
zu lassen, damit der Staub der Verzagtheit und des Kummers
sein strahlendes Wesen nicht tr�be�. In dieser Absicht half
sie den Gl�ubigen, den Grund f�r Shoghi Effendis wiederholte
Abwesenheit aus dem Heiligen Land zu begreifen. Sie war eine
verl�ssliche Quelle genauer, zutreffender und gewiss beruhigender
Auskunft dar�ber, warum der neu ernannte H�ter es f�r
notwendig gehalten hatte, das Heilige Land zu verlassen. Auch
hielt sie die Gemeinde �ber die Pl�ne f�r seine R�ckkehr auf
dem Laufenden. So schreibt sie zum Beispiel einem Geistigen
Rat: �Wegen seines tiefen SchMirzas, Kummers und Leides als
Folge des schrecklichen Ereignisses hatte der Erw�hlte Zweig,
der H�ter der Sache Gottes, Shoghi Effendi den Wunsch, eine
Zeitlang an einem ruhigen Ort allein zu sein, um sich dem Bittgebet
und der Gemeinschaft mit Gott hinzugeben. Deshalb verlie�
er uns vor einiger Zeit, aber wir haben die starke Hoffnung,
dass er schon sehr bald ins Heilige Land heimkehren wird. Damit
hat diese betr�bte, traurige Seele den Brief Ihres gesch�tzten
Rates vorl�ufig, wenn auch nur kurz, beantwortet.� Aus diesem
letzten Satz kann man, nebenbei bemerkt, mit Interesse erkennen,
dass das Gr��te Heilige Blatt, ganz im Einklang mit ihrer
Einsetzung durch Shoghi Effendi, die Verwaltung des Glaubens
w�hrend der Abwesenheit des H�ters aktiv verfolgte.32
In einem eindringlichen, dramatischen Brief aus dem Jahre
1924 legt das Gr��te Heilige Blatt freim�tig dar, dass die
dreimalige l�ngere Abwesenheit des H�ters aus dem Heiligen
Land auch durch das Verhalten der Baha mit verursacht war.
Sie erinnert an Shoghi Effendis Befinden sofort nach dem Hinscheiden
�Abdu�l-Bahas im November 1921: �Mit zerr�tteterGesundheit, sein Herz voller Sorgen, kehrte er an diesen gesegneten
Ort zur�ck. Damals verbreiteten die Ungetreuen ihre
Verleumdungen in �u�erster Verirrung und h�chster Unbotm��igkeit,
in aller Offenheit und heimlich, und dieses Verhalten
erh�hte noch die Sorgenlast des H�ters. Deshalb ging er weg
32 �Abdu�l-Bahá in Das Testament in Dokumente des B�ndnisses,
Hofheim 1989, S. 64; Bahayyih Kh�num in Bahayyih Kh�num, The
Greatest Holy Leaf, S. 1795. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
und verbrachte einige Zeit in Abgeschiedenheit, wobei er die
Angelegenheiten des Glaubens weiterf�hrte, dessen Interessen
und Institutionen erwog, mit Gott sprach und Seine Hilfe
erflehte.� Wie sie erkl�rt, gab es in des H�ters Abwesenheit
�derartige Anzeichen von Standhaftigkeit und Treue, von Entschlossenheit,
Einheit, Liebe und Hingabe unter allen Freunden� M�nnern wie Frauen, in Ost und West und im Heiligen
Land �, dass einerseits der Mittelpunkt des Aufruhrs [Mirza
Muhammad-�Al�] und die Anma�enden und Niedertr�chtigen
sich geschlagen geben mussten, ihre Hoffnungen auf eine Spaltung
des Glaubens bitter entt�uscht, andererseits die vorbildliche
Wesensart und die tadellose Haltung der Gl�ubigen ... das
Herz des H�ters begl�ckten.� Das Ergebnis war, dass Shoghi
Effendi im Dezember 1922 mit v�llig wiederhergestellter Gesundheit
ins Heilige Land zur�ckkehrte, ausgestattet mit der
Kraft, seine heilige Pflicht zu erf�llen.33Weiter berichtet das Gr��te Heilige Blatt, wie der H�ter bei
seiner R�ckkehr ins Heilige Land die Korrespondenz mit den
Baha und den Geistigen R�ten aufnahm. Seine Briefe umrissen
die Pflichten der Gl�ubigen, und die Baha empfingen
die Briefe in Liebe und Dankbarkeit. Bald zeigte sich jedoch,
dass �bei einigen Gl�ubigen eine gewisse Missgunst entstanden
war, und dass einige ihren Geistigen Rat nicht so achteten
und ihm folgten, wie es sein sollte.� Einpr�gsam beschreibt sie,
welche Wirkung diese Nachricht auf den H�ter hatte, und f�gt
hinzu: �Es ist klar, wie solche Mitteilungen ... auf das Herz
des H�ters wirkten und welch abtr�gliche Reaktion sie hervorriefen.
Es f�hrte dazu, dass seine Gesundheit ein zweites Mal
nachgab, und dann, auf beharrliches Dr�ngen dieser unbedeutenden
Seele, auf die dringenden Bitten des Heiligen Haushalts
und den wiederholten Aufrufen der ihm Nahestehenden ging
er letzten Sommer weg.�34Das Gr��te Heilige Blatt berichtet, dass die mehrmonatige
Abwesenheit des H�ters im Jahre 1923 seiner Gesundheit
guttat und ihn bef�higte, sich wieder aktiv um die Baha-Ge
33 Bahayyih Kh�num in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 203 f
34 ebenda, S. 204 fmeinde zu k�mmern. Die Treue der Gl�ubigen und ihre Bem�hungen
tr�steten sein Herz und erf�llten ihn erneut mitZuversicht. Aber bedauerlicherweise wiederholte sich der vom
Gr��ten Heiligen Blatt beschriebene Vorgang und f�hrte ein
weiteres Mal zu seiner pl�tzlichen Abreise im Fr�hling 1924.
Sie teilt den Gl�ubigen die Ereignisse mit: �Aus bestimmten
Briefen erkannte er in einigen Gemeinden noch einmal mangelnde
Geistigkeit und Eintracht unter einigen Freunden und
eine Nichtachtung ihres Geistigen Rates. Dadurch wurde sein
Herz noch einmal betr�bt, und wiederum beschloss er abzureisen.�
Sie vertraut den Baha an, dass sie selbst und die anderen
Frauen in der Heiligen Familie alles in ihrer Macht Stehende
taten, um Shoghi Effendis Herz aufzuheitern und ihn beschworen,
seine Entscheidung zu �berdenken aber ohne Erfolg.35
Der n�chste Abschnitt dieses erstaunlichen Briefes enth�lt
eine Botschaft Shoghi Effendis, die er sie bat, den Baha zu
�bermitteln. Sie hat folgenden Wortlaut:Er sagte uns: �Ich habe ein feinf�hliges Herz. Ebenso wie
ich eine zwischen Menschen bestehende Abneigung f�hle
und dadurch verletzt werde, genau so bewundere und sch�tze
ich die hervorragenden Eigenschaften der Gl�ubigen;
ja, sie sind meinem Herzen n�her, als Worte beschreiben
k�nnen. Nach dieser allerschrecklichsten Pr�fung war mein
einziger Herzenstrost die Treue und Standhaftigkeit der
Freunde und ihre Liebe zur Gesegneten Sch�nheit und zu
�Abdu�l-Baha. Nichts kann je den Wert solch ausgezeichneter
Eigenschaften mindern, und daf�r bin ich allen Freunden,
M�nnern und Frauen gleicherma�en, zutiefst dankbar.
Und trotzdem kann die ganze Glut ihrer Liebe niemals aus
sich selbst heraus die Arche des Glaubens der ersehnten
K�ste n�herbringen. Sie kann niemals den V�lkern der Welt
den Anspruch des Volkes von Bahá beweisen. Um die Religion
Gottes zu sch�tzen und ihre Macht zu st�rken, m�ssen
die Freunde wirksame Mittel einsetzen: ihre Liebe muss so
35 ebenda, S. 2055. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
gro� sein, dass sie einander verehren und jede Missgunst
aus ihren Herzen verbannen.Wenn die Freunde zum Beispiel von den Nicht-Baha gefragt
werden: �Was unterscheidet euch von allen anderen?�,
und wenn die Freunde dann antworten: ,Auf dem Pfad der
Liebe f�r den Mittelpunkt unseres Glaubens w�rden wir
unser Leben und unseren Besitz opfern�, dann w�rden sich
zivilisierte Menschen mit einer solchen Antwort niemals
zufriedengeben. Sie w�rden nur sagen: ,Eure Liebe und Opferbereitschaft
f�r eine bestimmte Person kann unm�glichdas Heilmittel f�r die chronischen Krankheiten sein, unter
denen die heutige Gesellschaft leidet.� Wenn die Freunde
daraufhin antworten: ,Unsere Religion gibt uns Grunds�tze
und moralische Lehren mit, deren Wert auch der Weiseste
nicht leugnen kann�, dann erhalten sie zur Antwort: ,Hohe
Grunds�tze und Lehren werden nur dann den Charakter der
Menschen beeinflussen und die t�dlichen Krankheiten unserer
Gesellschaft heilen, wenn diejenigen, die ihren Glauben
daran bekennen und sie unterst�tzen, die ersten sind,
die danach handeln, indem sie ihren Wert und Nutzen in
ihrem eigenen t�glichen Leben und Handeln bezeugen und
zum Ausdruck bringen.� Solange dies nicht geschieht, gibt
es nichts, was die Baha vom Rest der Menschheit unterscheidet.
Weiter sagte er uns: ,Die V�lker der Welt betrachten heute
die Baha sehr sorgf�ltig und beobachten sie genauestens.
Die Gl�ubigen m�ssen jede Anstrengung unternehmen und
�u�erst behutsam sein, um jedes Gef�hl der Entfremdung
zu unterbinden und zu tilgen, und m�ssen es als ihre heilige
Pflicht ansehen, den Beschl�ssen ihrer Geistigen R�te
nachzukommen. In dem gleichen Ma�e, wie Abneigungzwischen einigen Gl�ubigen mein Herz gekr�nkt hat, wird
dieses Herz aber auch ihre Einigkeit, ihr gegenseitiges Verst�ndnis,
ihre liebevolle Zuneigung und ihre Ehrerbietunggegen�ber der Autorit�t ihres Geistigen Rates getreulich wi
170derspiegeln. Sobald ich die Widerspiegelung solcher Lichter
sp�re, werde ich sofort ins Heilige Land zur�ckkehren und
mich der Erf�llung meiner geheiligten Pflichten widmen.
�bermittle diese meine Botschaft allen Freunden.��36
Der Brief des Gr��ten Heiligen Blattes endet mit der
schlichten Feststellung: �Es ist jetzt zwei Wochen her, dass er
diese bewegende Erkl�rung abgegeben und das Heilige Land
verlassen hat.� Schlie�lich verweist sie die Gl�ubigen noch auf
den Passus in �Abdu�l-Bahas Testament, der sie dazu aufruft,
Shoghi Effendi die gr��te Sorge angedeihen zu lassen und
dr�ckt die Hoffnung aus, sie m�gen so fruchtbare Anstrengungen
machen, dass der geliebte H�ter davon ins Heilige Land
zur�ckgeholt wird.37R�h�yyih Kh�num, die Witwe des H�ters, vermittelt einen
�berraschenden Einblick in die Tiefe und Feinheit des Verh�ltnisses
zwischen dem Gr��ten Heiligen Blatt und dem jungen
H�ter. Sie sagt aus, dass nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden
Shoghi Effendi zum Mittelpunkt im Leben des Gr��ten Heiligen
Blattes wurde. R�h�yyih Kh�num erz�hlt von einer gro�en
Versammlung der m�nnlichen Baha, die in der Empfangshalle
von �Abdu�l-Bahas Haus in Haifa stattfand, als sie 1923 mit
ihrer Mutter zur Pilgerreise dort war. Sie schildert, was sich bei
diesem Anlass zugetragen hat:� ... meine Mutter und Edith Sanderson sa�en dort neben
dem H�ter, aber ich war bei den Frauen in einem Raum,
der zur Halle hin ge�ffnet war. Wir sa�en im Dunkel, so
dass wir die T�r offen lassen konnten (zu jener Zeit waren
M�nner und Frauen aus den L�ndern des Ostens nach der
Landessitte vollkommen voneinander getrennt) und doch
ein wenig von dem h�rten, was vor sich ging. Anscheinend
hatte sich ein Gl�ubiger aus dem Osten in einer pl�tzlich
aufwallenden Gem�tsbewegung erhoben und sich Shoghi
Effendi zu F��en geworfen; wir konnten das in unserem
36 Shoghi Effendi, zitiert ebenda, S. 206 ff5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Raum nicht sehen, sondern h�rten nur, dass drau�en gro�e
Unruhe entstand. Das Gr��te Heilige Blatt, so schmal und
gebrechlich, sprang mit einem lauten Schrei in die H�he,
in Sorge, dass dem jungen H�ter etwas zugesto�en sei. Sie
wurde beruhigt, als jemand die Nachricht hereinbrachte,
dass nichts Ernsthaftes vorgefallen war; doch war ihre Panik
so augenf�llig, dass sich mir die kleine Szene f�r immer
eingepr�gt hat.�38Das Gr��te Heilige Blatt achtete besonders darauf, die
Gl�ubigen auf die ausdr�cklichen Bestimmungen im Testament
des Meisters hinzuweisen, die zur Standhaftigkeit im
Gottesbund und zur Vermeidung des Kontaktes mit Personen
aufrufen, die die Einheit des Glaubens zu untergraben suchen.
Zum Beispiel beschreibt Bahayyih Kh�num in ihrem Brief an
einen Geistigen Rat des Ostens ausf�hrlich einige Umtriebe der
Bundesbrecher, die �Abdu�l-Bahá in Seinem Testament lediglich
angedeutet hatte. Sie stellte damit sicher, dass den Baha
die Gefahren deutlicher zum Bewusstsein kamen, die den noch
keimhaften Glauben nicht nur um die Zeit von Bahau�ll�hs
Heimgang bedroht hatten, sondern auch noch nach dem Hinscheiden
�Abdu�l-Bahas bedrohten, als der Bund erneut dergleichen Art von Druck und Gef�hrdung durch die Unzufriedenen
und Ehrgeizigen ausgesetzt war.39An die Gl�ubigen im Westen gewandt, betont das Gr��te
Heilige Blatt die Verpflichtungen der Baha gegen�ber dem
Gottesbund. Sie ermahnt sie:�Geliebte Freunde! Eine gro�e Pflicht eines jeden Baha ist
Wachsamkeit, um die Feste des Glaubens vor dem Angriff
der Feinde zu sch�tzen. In diesen Tagen hat ihre T�tigkeit
stark zugenommen. Sie sind immer rege und m�hen sich
aufs �u�erste, Schaden anzurichten, um den Vormarsch der
Sache Gottes zu behindern.38 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 235 f
39 N�here Einzelheiten bei Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The
Greatest Holy Leaf, S. 125-139Der Umgang mit solchen Menschen wird zu Uneinigkeit
und Unruhe unter den Freunden f�hren und dem Fortschritt
der Sache schaden. Deshalb ist es dringend notwendig,
dass die Freunde sich gr��ter Weisheit und Wachsamkeit
beflei�igen, um zu verhindern, dass durch die b�sen Pl�ne
der Feinde ein Bruch im Glauben entsteht. Die wenigen
Personen, die �Abdu�l-Bahá als sch�dlich f�r die Sache bezeichnet
hat, sind von allen Freunden zu meiden, wozu unsauch Shoghi Effendi selbst in seinem zweiten Brief an die
amerikanischen Gl�ubigen aufruft.�40Die Leitung der laufenden Arbeit der Baha-Gemeinde
Zus�tzlich zu ihrer Arbeit, den Gl�ubigen die ausdr�cklichen
Verf�gungen vom Testament �Abdu�l-Bahas sowie die Bedeutung
des Baha-Bundes nahezubringen, widmete sich Bahayyih
Kh�num den laufenden Gesch�ften der Baha-Gemeinde im
Heiligen Land und im Ausland.Das Gr��te Heilige Blatt beaufsichtigte den Abschluss
verschiedener Projekte, die �Abdu�l-Bahá in die Wege geleitet
hatte. Zum Beispiel hatte der Meister in Seinem letzten
Lebensjahr einen amerikanischen Gl�ubigen, Curtis Kelsey,
eingeladen, um f�r die Schreine in Haifa und Bahj� Generatoren
und elektrisches Licht zu installieren. Dieses Projekt
wurde 1922 unter Aufsicht des Gr��ten Heiligen Blattes beendet,
w�hrend Shoghi Effendi sich in Europa aufhielt. Curtis
Kelseys Biograph Nathan Rutstein schildert, was nach Abschluss
der Arbeiten unmittelbar vor der Abreise von Curtis
aus dem Heiligen Land geschah. Es wirft ein Licht auf die
einf�hlsame, praktische Art des Gr��ten Heiligen Blattes und
auf ihre Autorit�t:�Als Curtis gerade seine Koffer f�r die Heimreise packte,
wurde er ins Haus des Meisters gerufen. Dort f�hrte man
ihn in �Abdu�l-Bahas Zimmer, wo das Gr��te Heilige Blatt
40 Bahayyih Kh�num, ebenda, S. 164 f5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
und drei T�chter des Meisters auf ihn warteten. Sie begr��ten
ihn herzlich und r�ckten n�her an ihn heran, ja sie
umringten ihn. Eine der T�chter lobte ihn f�r die geleistete
Arbeit. ... als die gleiche Tochter insistierte, dass er Geld f�r
die Heimreise annehmen solle, sagte Curtis: `Nein, meine
Angelegenheiten sind geregelt.� Er konnte sich nicht vorstellen,
von der Familie des Meisters Geld anzunehmen.Aber die anderen T�chter bestanden nachdr�cklich darauf,
es sei wichtig, dass er das Geld annehme. Er blieb aber
weiter hartn�ckig bei seiner Weigerung. Endlich ergriff das
Gr��te Heilige Blatt Curtis bei der Hand, und mit den Worten:
`Kelsey, Sie brauchen das Geld f�r Ihre R�ckkehr nach
Hause!� legte sie ihm das Geld in die Hand.,Ich nehme es�, sagte Curtis, wenn sie es mich nach meiner
Ankunft zur�ckzahlen lassen.�Curtis sp�rte, dass das Gr��te Heilige Blatt einen g�ttlichen
Befehl erteilt hatte, das an die Art erinnert, wie �Abdu�l-
Bahá antwortete, wenn es um Festigkeit ging. Curtis nahm
das Geld h�flich an und dankte ihnen. Beim Verlassen des
Zimmers fragte er sich, woher sie seine finanzielle Lage
kannten, da er doch keiner Seele davon erz�hlt hatte.�41
Die f�hrende Hand des Gr��ten Heiligen Blattes ist auch
bei der Fertigstellung eines anderen Projekts erkennbar, das in
den Tagen des Meisters begonnen hatte. Vor Seinem Hinscheiden
beauftragte �Abdu�l-Bahá die amerikanischen Baha, eine
Lehrerin nach Persien zu entsenden, die die Leitung der Tarb�yat-
M�dchenschule, einer 1909 gegr�ndeten Baha-Schule,
�bernehmen sollte. Die bisherige Direktorin, Lillian Kappes,
war auf ihrem Posten in Teheran gestorben. Dr. Genevieve
Coy war bereit, diese Stelle anzutreten. Mit Brief vom 11. Juli
41 Nathan Rutsein, He Loved and Served, S. 108 f1922 an den Geistigen Rat von Teheran schreibt das Gr��te
Heilige Blatt:�Seine Heiligkeit �Abdu�l-Bahá hat ... nach dem Aufstieg
von Miss Kappes ins Reich Abha angeordnet, dass eine der
Dienerinnen Gottes in Amerika ausgew�hlt und auf ihren
Posten nach Teheran entsandt w�rde. Deshalb ist diese
treue, strahlende, hingebungsvolle Dienerin Gottes, Miss
Coy, ausgew�hlt worden. Fast einen ganzen Monat hat sie
in Haifa in der Gemeinschaft mit diesen ergebenen, leidgepr�ften
Dienerinnen Gottes verbracht, und sie hatte dieM�glichkeit, die heiligen Grabst�tten und Schwellen zu besuchen.
Jetzt wird sie unter dem Schutz und der F�rsorgeGottes abreisen. M�ge es Ihm gefallen, dass sie Teheran
sicher erreicht.�42Abschlie�end dr�ckt sie die Hoffnung aus, dass der Geistige
Rat Miss Coy jede Unterst�tzung gibt, so dass sie, �freudig
und begl�ckt in Geist und Seele, sich der Erziehung und Ausbildung
der M�dchen an der Tarb�yat-Schule widmen kann.�43
Der im �Star of the West� vom Februar 1923 enthaltene
Auszug aus einem Brief des Teheraner Geistigen Rates zeigt,
wie die F�hrung des Gr��ten Heiligen Blattes bereitwillige
Annahme und Unterst�tzung findet. Dort hei�t es:�Ihre Heiligkeit, das Gr��te Heilige Blatt, hat ... in einer
heiligen Tafel diese verehrte Dame [Miss Coy] besonders
eingef�hrt und in solchem Ma�e empfohlen, dass alle
Freunde sich danach sehnen und es w�nschen, ihr zu dienen.
Wir hoffen, dass die wichtigen Dienste und Schritte,
die Miss Kappes zur F�rderung des Wissens und der Charakterbildung
der Teheraner Baha-M�dchen eingeleitethat, in der Amtszeit dieser verehrten Dame weiterentwickelt
und vollendet werden, und dass die Tarb�yat-M�dchenschu
42 Bahayyih Kh�num, Brief vom 11.7.1922 an den Geistigen Rat der
Baha in Teheran, in Star of the West 13, Nr. 11 (1923), S. 314
43 ebenda5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
le entsprechend dem Wunsch der Freunde hohes Ansehen
und gr��te Vervollkommnung erreichen wird, damit ihre
Absolventinnen als bestens gebildete, gelehrte und geistige
Frauen der Bewegung f�r die Freiheit und den Fortschritt
der Baha-Frauen des Ostens in hervorragender Weise dienen
k�nnen.�44Das Gr��te Heilige Blatt setzte auch die tiefen Freundschaftsbeziehungen
fort, die zwischen einigen Gl�ubigen desWestens und ihrem Bruder �Abdu�l-Bahá bestanden hatten,
und sie erweiterte diese Liebesbande, so dass sie auch den neu
ernannten H�ter Shoghi Effendi einschlossen. Einem dieser
Freunde schreibt sie:�Schon seit langem haben wir keine Nachricht von ihnen erhalten,
und wir sehnen uns nach einem ihrer interessanten,
sch�nen Briefe, denn darin erfahren wir immer Trost durch
ihre Aufrichtigkeit, ihre Liebe f�r die Sache und ihre beharrliche
Energie in der Arbeit f�r die Sache. Sie waren immer
einer der besten Freunde des Meisters, sie sind einer der
�ltesten amerikanischen Gl�ubigen, einer der standhaften,
begeisterten Mitstreiter, und wir sind immer gl�cklich, von
ihnen zu h�ren. Es erfreut unser Herz, wenn wir erfahren,
dass die Freunde aktiv und aufrecht bei der Verbreitung der
Lehren sind.Immer warten wir sehns�chtig auf Nachricht von den
Freunden, um zu erfahren, dass sie in Amerika aufrichtig
und energisch aufstehen, um unserem geliebten H�ter zu
helfen und sein Herz zu erfreuen, damit er ins Heilige Land
zur�ckkehren und mit frischer Kraft seine B�rde schultern
kann. Diese wird ihm zu gro�, wenn er f�hlt, dass die
44ebenda, S. 314, Schulbildung f�r M�dchen anzubieten war von hoher
Bedeutsamkeit, da sie der damaligen gesellschaftlichen Konvention widersprach.
Die Tarb�yat-Schule war scharfen Anfeindungen konservativer
Muslime und zuletzt auch der Regierung ausgesetzt. 1934 wurde
sie durch einen Erlass des Erziehungsministeriums geschlossen.
176Freunde sich nicht mit ihm verbinden, um die Anweisungen
des Geliebten auszuf�hren. Wir wissen, dass diese Gebote
und Lehren der Balsam f�r die Wunden und Leiden der Welt
sind. Wenn die Freunde nicht standhaft, aufrecht und vereint
an den Grunds�tzen Bahau�ll�hs festhalten, so wie sie von
�Abdu�l-Bahá erl�utert und erweitert wurden, und wenn sie
sie nicht in aller Klarheit lehren und rein und unverf�lscht
bewahren, wie k�nnen dann die Leiden der Menschheit
gemildert werden? Keine andere Lehre hat vermocht, die
bestehenden Vorurteile zwischen V�lkern und Religionen
auszuMirzan und sie auf der Grundlage der reinen Wahrheit
zu vereinigen. Da wir jetzt diese gesegnete Arznei, dieses
g�ttliche Elixier besitzen, lasst uns nicht blind oder nachl�ssig
sein, sondern kraftvoll und mutig als treue Anw�lte f�r
dieses g�ttliche Allheilmittel eintreten.�45Das Gr��te Heilige Blatt diente als greifbares Bindeglied
zwischen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft
des Glaubens. Sie vermittelte den Baha ein Gef�hl der Best�ndigkeit
und eine klare Vision, die sich auf die vertrauteF�hrung aus den Schriften Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas
gr�ndete. Sie half ihnen, die fortdauernde G�ltigkeit dieser
F�hrung f�r die aktuellen Bed�rfnisse der Gegenwart zu begreifen,
und sie lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Inhalt der
Briefe Shoghi Effendis.sch�pfte das Gr��te Heilige Blatt Kraft aus der F�hrung, die
Shoghi Effendis Briefe aus den ersten Monaten seiner Amtszeit
vermittelten. Die Briefe des H�ters legten den Kurs f�r die
Weiterentwicklung des Glaubens fest, sie zeigten Erfordernisse
auf, bestimmten Handlungspriorit�ten und erweiterten das Verst�ndnis
der Gl�ubigen f�r den �bergang ins Gestaltende Zeitalter
der Sache Gottes.Eine Reihe von breit angelegten, keimhaften Themen wird
in Shoghi Effendis Briefen aus den ersten Jahren des H�ter45
Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.
220 f5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
tums angesprochen. Zum Beispiel betont er, wie wichtig es ist,
die Bestimmungen von �Abdu�l-Bahas Testament zu verstehen
und r�ckhaltlos zu �bernehmen. Er weist auf die Wichtigkeit
der Institution des Geistigen Rates hin und auf die dringende
Notwendigkeit, auf der ganzen Welt �rtliche und Nationale
Geistige R�te zu errichten. Er legt den Modus f�r die Wahl dieser
wichtigen Institution fest, umrei�t ihre Funktionen und beschreibt
ihre Beziehung zum Universalen Haus der Gerechtigkeit,
der kr�nenden Institution der Baha-Gemeindeordnung,
die in der Zukunft ins Leben zu rufen sei. Ferner erkl�rt er das
einzigartige Verfahren der Baha-Wahlen, unterstreicht die
Wichtigkeit der Beratung als das Werkzeug der Entscheidungsfindung
f�r die Geistigen R�te und schildert die geistigen, pers�nlichen
und intellektuellen Eigenschaften, die alle jene, die
in Geistige R�te gew�hlt werden, aufweisen sollen.
Dar�ber hinaus befassen sich Shoghi Effendis fr�he Briefe
mit den Herausforderungen, denen der Glaube in der �bergangsphase
zum Gestaltenden Zeitalter begegnet. Er erinnertdie Gl�ubigen an �Abdu�l-Bahas Aussage �ber eine Periode
der Pr�fungen und betont die Notwendigkeit der Standfestigkeit
der Gl�ubigen im Bund, ihrer Einheit und ihrer besonderen
Anstrengungen, die Sache Gottes zu lehren.46 Bahayyih Kh�num
kam in den Briefen, die sie in den Zeiten der Abwesenheit
des H�ters schrieb, immer wieder auf diese gleichen Themen
zur�ck. Ebenso griff sie eine Anzahl von Initiativen auf, die
zum Teil von Shoghi Effendi eingeleitet waren und sorgte f�r
ihre Verwirklichung. Die unverkennbare Einheit im Ziel und
enge Zusammenarbeit zwischen dem H�ter und dem Gr��ten
Heiligen Blatt wird besonders in den Vorbereitungen deutlich,
die f�r den Besuch von Jin�b-i-F�dil-i-Mazindar�n�, einem angesehenen
persischen Baha-Lehrer, in Nordamerika zur Ankurbelung
der dortigen Lehrarbeit zu treffen waren.Im September 1922 richtete der Nationale Geistige Rat der
Baha in den Vereinigten Staaten und Kanada ein Telegramm
an Bahayyih Kh�num, das eine Einladung an Jin�b-i-F�dil-i
46Einige der fr�hen Briefe Shoghi Effendis sind in dem englischsprachigen
Band Baha Administration enthalten.Mazindar�n� und seine Familie zu einem Besuch in Amerika
enthielt. Im Februar 1923 traf dieser Mann in New York ein;
in seinem Gep�ck hatte er einen Brief Shoghi Effendis an die
Baha in Nordamerika. In dem Brief des H�ters hei�t es:
�Unser geliebter Freund Jin�b-i-F�dil-i-Mazindar�n� ist froh
und dankbar, begleitet von seiner Familie, auf die freundliche
Einladung der amerikanischen Freunde zu einem weiteren
Besuch eingegangen, um den vielen Freunden beizustehen,
die auf dem ganzen Kontinent so treu f�r die Sache
Bahau�ll�hs arbeiten. ...Dass alle Freunde noch klarer die dringende, �berragende
Notwendigkeit erkennen, in diesen Tagen die Sache Gottes
zu lehren, dass sie sich erheben, um einen noch unerm�dlicheren,
systematischeren und ausgedehnteren Feldzug desDienens zu er�ffnen dies sind die hohen Ziele, die er sich
gesetzt hat und die er mit der zuverl�ssigen Hilfe und uneingeschr�nkten
Unterst�tzung jedes amerikanischen Gl�ubigenM�ge sein zweiter Besuch bei ihnen in seinem Verlauf und
Ergebnis einen neuen, denkw�rdigen Abschnitt in der Geschichte
der Sache Gottes in ihrem gro�en Land bedeuten!�47
Ein anderes Beispiel daf�r, wie das Gr��te Heilige Blatt f�r
das Gelingen eines von Shoghi Effendi eingeleiteten wichtigen
Projekts sorgte, betrifft die Vorbereitung eines Artikels �ber
den Baha-Glauben. Der Artikel sollte auf einer �Konferenz
der lebenden Religionen im Britischen Weltreich� vorgestellt
werden, die 1924 in London als Bestandteil der Ausstellung
des Britischen Weltreichs eingeplant war. Shoghi Effendi hatte
im Januar 1924 den amerikanischen Nationalen Geistigen Rat
brieflich gebeten, in Zusammenarbeit mit dem britischen Nati
47Auszug aus einem Brief Shoghi Effendis vom 16. Januar 1923 an die
Geliebten des Herrn und Dienerinnen des Barmherzigen in den Vereinigten
Staaten und Kanada, in Star of the West 14, Nr. 1 (1923), S. 26
1795. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
onalen Geistigen Rat zu diesem Anlass einen Text zu erarbeiten.
Im Juni 1924 erw�hnte das Gr��te Heilige Blatt in einem
in ihrem Auftrag an den britischen Nationalen Geistigen Rat
gerichteten Brief, dass sie beim amerikanischen Nationalen
Rat telegrafisch nach dem Stand und Fortschritt dieses Artikels
gefragt und daran erinnert habe, dass dieser bis zum Juli vorzulegen
sei. Tats�chlich wurde der Artikel termingerecht fertiggestellt,
eingereicht und auf der Konferenz vorgetragen.48Bei dem Nachdruck, der in den Schriften Bahau�ll�hs und
�Abdu�l-Bahas sowie in den Briefen Shoghi Effendis auf das
Lehren des Glaubens gelegt wird, ist es eigentlich selbstverst�ndlich,
dass auch das Gr��te Heilige Blatt in ihren Briefen
gro�en Wert darauf legte, die Baha zur Lehrarbeit anzuregen
und zu begeistern. So kommt sie zum Beispiel in einem Brief
von 1922 auf die Worte �Abdu�l-Bahas zu sprechen, mit denen
Er die Gl�ubigen zum Handeln aufruft:�Ihr Brief vom 12. Oktober 1922 ist eingetroffen und hat
unsere Erinnerung an die vielen sch�nen Tage aufgefrischt,
die sie hier verbrachten, als unser geliebter Herr, �Abdu�l-
Baha, noch auf Erden weilte. Solche Tage k�nnen durch
noch so viele Ereignisse in der Geschichte nicht aus dem
Herzen gel�scht werden nein, je weiter wir die Stufen
des Lebens emporsteigen, desto tiefer pr�gen sie sich in die
Struktur unseres Innersten ein.Ich habe ihren Brief sehr aufmerksam gelesen, und dabei
klangen mir die Worte des Meisters im Ohr Worte, die
wie warmer Regen in die Seelen und Herzen der Verst�ndigen
eindrangen. Jetzt ist die Zeit, wo wir alles vergessen
48Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 57 ff; Auszug aus einem
Brief vom 11. Juni 1924 i. A. von Bahayyih Kh�num an Mr. Simpson,
den Vorsitzenden des Nationalen Geistigen Rates von England, in Unfolding
Destiny, S. 25und unsere Gedanken auf den Fortschritt der Sache Gottes
konzentrieren sollten. Tag und Nacht sollten wir bestrebt
sein, dass die Prinzipien und Lehren Seiner Heiligkeit
Bahau�ll�hs und die Worte des Meisters in den Herzen der
getreuen Freunde voll zum Ausdruck kommen.Wenn ich die Geschichte der Sache Gottes �berdenke und mir
die unz�hligen Schwierigkeiten in Erinnerung rufe, die alle
ihre Vork�mpfer zu ertragen hatten, dann bin ich sofort �berzeugt,
dass die aufrichtigen Freunde, die die Ereignisse miterlebt
haben, keinen Augenblick z�gern, sondern mit Herz und
Seele alles opfern werden, was ihnen teuer ist, damit das verwirklicht
wird, wof�r der G�ttliche Plan offenbart wurde.�49
Als ihr eine Baha berichtete, dass sie eine Gruppe chinesischer
Studenten getroffen und mit ihnen �ber den Glauben
gesprochen habe, schrieb das Gr��te Heilige Blatt zur�ck: �Ich
habe mich sehr gefreut, von ihrem Treffen mit den chinesischen
Studenten zu erfahren. Ich bin sicher, dass sie eine starke Wirkung
ausge�bt haben und ihr Einfluss bei ihnen gro� ist, denn
ihr junger Geist ist empf�nglich und kann die Bedeutung dieser
Manifestation erfassen. Wenn sie nach China gehen, was sie ja
tun k�nnen, wenn sie es f�r klug halten, wird ihr Einfluss und
Erfolg hoffentlich noch gr��er sein.� In den folgenden Worten
ermutigt sie diese Baha, in ihren Bem�hungen nicht nachzulassen:
�Ich bete zu Gott, dass Er sie in ihrem Lehren best�tigt, und
wenn sie nach China gehen, dass Er sie zu einer Pionierin
macht, die die Botschaft dieser Sendung in die entlegensten
und unbekanntesten L�nder der Erde tr�gt.Die Mitglieder der Heiligen Familie senden ihnen mit mir
liebevolle Baha-Gr��e. M�ge der Geist �Abdu�l-Bahas sie
f�hren und bewahren.�5049 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 192f
50 ebenda, S. 1715. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Dem Gr��ten Heiligen Blatt war die Wichtigkeit unabl�ssiger
Bem�hung beim Lehren des Glaubens v�llig bewusstauch dann, wenn sich die Ergebnisse nicht sofort zeigen. In
einem Brief ermutigt sie die Baha wie folgt:�Sie schreiben, dass ihre Zahl klein ist. Aber es ist absolut
gewiss, dass Zahlen keine Rolle spielen. Auf die Aufrichtigkeit
und Hingabe des Herzens kommt es an. Es istdas Herz, das, wenn es alle irdischen Interessen verbannt
hat, strahlend aus dem Reich der Liebe und Selbstlosigkeit
hervorscheint, die Seelen der Verzagten und Verzweifelten
anzieht und ihre Wunden mit dem Balsam dieser Botschaft
heilt. Diese neue Offenbarung hat sich wirklich als Wasser
des Lebens f�r die Durstigen, als ein Meer des Wissens f�r
den Sucher, eine Botschaft der Anteilnahme f�r die Niedergedr�ckten
und als ein neuer Geist und neues Leben f�rdie ganze Welt erwiesen. Was jetzt bleibt, ist, dass wir, die
selbstlosen Diener unseres Herrn, durch eigenes Bem�hen
und durch Seine Gunst darin best�tigt werden, dieses Licht
�berall zu verbreiten und diese Frohe Botschaft in jede H�tte
und jeden Palast zu tragen.�51In einem weiteren Brief teilt sie den Freunden mit, dass sie
selbst am Schrein �Abdu�l-Bahas f�r den Erfolg ihrer Lehrarbeit
beten wird. Sie schreibt: �Ich bete am Heiligen Schrein
�Abdu�l-Bahas, unseres geliebten Herrn, dass sich gn�diglich
ihr Herzenswunsch verwirklicht, der dem geliebten H�ter der
Sache Gottes Freude und Gl�ck bringt: Dienst f�r die Einheit
der geliebten Freunde und Verbreitung der g�ttlichen Lehren,
die allein diese entseelte Welt retten k�nnen.�52Vor allem unterstreicht Bahayyih Kh�num die �berragende Bedeutung
und Dringlichkeit der Lehrarbeit, und sie hilft den Freunden,
den Zusammenhang zwischen dieser lebenswichtigen T�tigkeit
und pers�nlichem Gl�ck und Wohlbefinden zu verstehen.
�Jetzt ist es Zeit�, schreibt sie in einem ihrer Briefe, �uns mit aller
51 ebenda, S. 188Macht zu erheben und zu dienen, damit wir von Tag zu Tag gl�cklicher
werden und unser Herz mit W�rme und Freude f�llen.�53
Das Bewusstsein sch�rfen f�r die Funktionsf�higkeit
der Baha-AdministrationBahayy�h Kh�num unternahm gezielte Schritte, um den Baha-
Glauben vom Heroischen ins Gestaltende Zeitalter zu lotsen.
Sie machte bewusst, wie wichtig die Bildung von Geistigen
R�ten war und ermutigte und schulte die Gl�ubigen darin, ihre
Handlungen an den Verfahrensweisen der Baha-Administration
auszurichten. Ihr Weitblick und die F�hrung, die sie gab,
leiteten sich gleicherma�en aus ihrem klaren Verst�ndnis f�r
die Erfordernisse des Glaubens in diesem Entwicklungsstadium
ab, wie aus der F�hrung, die die fr�hen Briefe Shoghi Effendis
vermittelten. Diese neuen Leitlinien waren so entscheidend,
dass sie ihre Bedeutung sofort in ihren eigenen Briefen
hervorhob, die sie nach der 1922 erfolgten Abreise des H�ters
aus dem Heiligen Land schrieb, was sie auch weiterhin w�hrend
der Dauer ihres Amtes als �oberste Leitung der Religionsgemeinschaft�
fortf�hrte. Ruh�yyih Kh�num schildert einigeder Handlungen des Gr��ten Heiligen Blattes aus jener Zeit:
�Am 8. April 1922 richtete das Gr��te Heilige Blatt ein Rundschreiben
an die Freunde. Sie best�tigt deren Ergebenheitsadressen
und sagt, dass Shoghi Effendi auf ihre Mitarbeit bei
der Verbreitung der Botschaft z�hlt. Die Baha-Welt muss ab
sofort durch die Geistigen R�te verbunden werden, denen alle
�rtlichen Angelegenheiten vorgelegt werden m�ssen.�54
Bez�glich der Ermutigung, die Baha-Verwaltungsordnung
anzuwenden, l�sst sich manches aus der Art lernen, wie das
Gr��te Heilige Blatt selbst administratives Vorgehen in der passenden
Weise gestaltete. Ihre Briefe helfen zu erkennen, wie man
den �Geist freim�tiger, liebevoller Beratung� zeigt, der nach den
Worten des H�ters die �Grundlage der Sache Gottes� ist.55
53 ebenda, S. 18054 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 114
55 Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 635. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Bahayyih Kh�nums Briefe sind direkt und pers�nlich, einf�hlsam
und auf die individuellen Bed�rfnisse und besonderen
Situationen zugeschnitten, um die es geht. So lesen wir zum
Beispiel: �Sehr gerne w�rden wir jeden Brief einzeln beantworten,
aber der Schock, den uns dieser Verlust bereitete, war
so pl�tzlich und die Arbeit, die erledigt werden musste, so
�berw�ltigend, dass keine Zeit blieb. Jetzt m�chten wir sie wissen
lassen, dass ihre Worte des standhaften Glaubens und der
Liebe in all den Tagen unseres SchMirzas unser gr��ter Trost
waren, denn wir konnten f�hlen, dass jeder von ihnen treu und
ergeben darum ringen w�rde, die Arbeit weiterzutragen, f�r die
unser geliebter Meister Sein Leben gab.� Das Gr��te Heilige
Blatt best�tigt den Empfang von Briefen, die an Shoghi Effendi
und an sie selbst gerichtet waren, dr�ckt ihre Anerkennung f�r
die Dienste der Gl�ubigen aus und schreibt: �Ihre zahlreichen
Briefe an den geliebten H�ter und an mich sind alle angekommen
und haben uns den s��en Duft ihrer Hingabe und Aufrichtigkeit,
ihres starken Glaubens und ihrer t�tigen, wunderbaren
Dienste gebracht, die sie unerm�dlich f�r die Sache Gottes
leisten. Sie sollten gl�cklich sein, liebe Baha-Schwester, dass
sie in ihrem geistigen Leben so wunderbar best�tigt werden.�
... Dann macht sie Mitteilungen �ber den H�ter und seine unmittelbar
bevorstehende R�ckkehr ins Heilige Land und gibtabschlie�end folgende Ermutigung: �Die Frauen in der Heiligen
Familie und ich denken unentwegt an sie, geliebte Freunde
�Abdu�l-Bahas und beten f�r sie um Best�tigung und Gl�ck.
Ich danke all den lieben Freunden, die so treu und liebevoll mit
so hervorragenden Taten auf meinen freundschaftlichen Ruf
nach gr��erer Einigkeit und Liebe geantwortet haben. M�gen
die Gesegnete Sch�nheit [Bahau�ll�h] und �Abdu�l-Bahá sie
reich belohnen und ihre aufrichtigen Dienste mit gro�em Erfolg
kr�nen.�56Das Studium der Briefe Bahayyih Kh�nums zeigt, dass sie
die Verwaltung der Angelegenheiten des Glaubens auf praktische,
systematische, zielgerichtete und vorausschauende Wei
56 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,
S. 116, S. 223se anging. Ohne Z�gern f�hrte sie �nderungen ein, wenn die
Umst�nde es erforderten oder Shoghi Effendi den Auftrag dazu
gab. Ihre Briefe weisen auf geistige und administrative Prinzipien
hin und geben notwendige Information. So schreibt sie
zum Beispiel an die Geistigen R�te des Ostens: �Vor ein paar
Tagen habe ich ein Rundschreiben ausgesandt. Ein ausf�hrlicher
neuer Brief des H�ters an das Volk Bahá wurde ebenfalls
verschickt; zweifellos werden sie ihn jetzt studieren; er muss
unbedingt unter den Freunden in Umlauf gesetzt werden. Damit
will ich sagen, dass ich aus meiner gro�en geistigen Liebe f�r
sie, die standhaften Getreuen Gottes und Seines Bundes, daran
gegangen bin, ihnen auch diesen jetzigen Brief zu schreiben.�
Sie kommt dann in diesem Brief auf �u�erungen in �Abdu�l-
Bahas Testament und in anderen Tafeln �ber Abweichung zu
sprechen und warnt die Gl�ubigen vor den Gefahren, gegen
die Bestimmungen des Bundes zu streiten. Um den Gl�ubigen
zu einem besseren Verst�ndnis dieser Bestimmungen zu verhelfen,
k�ndigt sie an: �Obwohl das Testament bis jetzt aus
Gr�nden der Weisheit nicht �berall im Umlauf war und nur
den Geistigen R�ten in den verschiedenen L�ndern anvertraut
wurde, ist jetzt eine Fotokopie des vom Meister eigenh�ndig
geschriebenen Originaltextes angefertigt worden. Sie wird bald
verschickt werden zur geistigen Freude von ihnen allen, die sie
die Schatzkammern der Treue und Vertrauensw�rdigkeit sind,
damit jeder einzelne Gl�ubige, jeder Standhafte im Bund, der
dies w�nscht, sie lesen und kopieren kann.�57Ein weiterer Brief des Gr��ten Heiligen Blattes beleuchtet
ihr systematisches Vorgehen: Sie informiert die Gl�ubigen �ber
das inzwischen erkennbare Ergebnis eines Aufrufs, den sie an
die Baha-Gemeinde gerichtet hatte. Im gleichen Absatz betont
sie die Wichtigkeit, den Rang des Nationalen Geistigen Rates
zu verstehen und diese aufkeimende Institution zu unterst�tzen.
Sie schreibt: �Seit meinem letzten liebevollen Aufruf an
die Geliebten Gottes und �Abdu�l-Bahas geistige Kinder haben
die lieben Freunde in jedem Land wirklich einen wundervollen
57 ebenda, S. 211, S. 213 f5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Geist gezeigt, der uns alle zu Freude und Dankbarkeit bewegt
hat. F�r ihre Best�tigung und ihren Erfolg beten wir sehnlich
an den Heiligen Schreinen. Ich hoffe und bete, dass ihr Nationaler
Geistiger Rat in diesem Jahr durch g�ttliche Hilfe mit
einem beispiellosen Aufschwung gesegnet wird.�58Das Gr��te Heilige Blatt f�rderte nicht nur die keimhaften
Nationalen Geistigen R�te, sondern gab auch aktive Ermutigung
zur Bildung �rtlicher Geistiger R�te in der ganzen Baha-Welt
und half den Baha, die Aufgaben dieser Institutionen besser
zu verstehen. So verhalf sie den Gl�ubigen zu einem tieferen
Verst�ndnis der F�hrung, die die Briefe des H�ters zu diesem
Thema enthielten.Um diesen Sinn f�r die Bedeutsamkeit der Baha-administrativen-
Institutionen noch weiter zu entwickeln, unterstrich
das Gr��te Heilige Blatt den Zusammenhang zwischen den
Aktivit�ten der Gl�ubigen und ihrer administrativen Organe
� und dem geistigen Umbruch der ganzen Welt. Sie f�hrt aus:
�Es ist klar und offensichtlich, dass der K�rper der Menschheit
heute nach Gliedern und Organen lechzt, die tauglich, n�tzlich
und aktiv sind, damit ihre Bewegungen und Handlungen,
ihr Gebaren und Verhalten, ihre z�rtlichen Gef�hle, erhabenen
Denkweisen und edlen Zielsetzungen allezeit himmlische Tugenden
und Vollkommenheiten widerspiegeln und g�ttlicheEigenschaften, heilige Wesensz�ge zum Ausdruck bringen, um
dadurch allen Weltbewohnern neues Leben und einen neuen
Geist einzuhauchen und zur Ursache zu werden, dass die inneren
Bande und geistigen Verwandtschaften in allen Bereichen
menschlichen Bem�hens gen�hrt und gest�rkt werden.�59
Anl�sslich der Bildung eines neuen �rtlichen Geistigen
Rates dr�ckt das Gr��te Heilige Blatt seine Freude aus: �Mit
gro�er Freude haben wir von der Einheit unter den Freunden,
ihrer Standfestigkeit und Begeisterung erfahren, und dass es
ihnen gelungen ist, einen Geistigen Rat zu bilden.� Dann z�hlt
sie auf, was die Freunde tun m�ssen, um die Fundamente dieser
Institution zu st�rken: �Eines ist klar: Je st�rker das Band
58 ebenda, S. 221 finniger Liebe unter den Gl�ubigen wird und je wilder ihr Feuer,
um so mehr werden sie sich von den Segnungen des Altehrw�rdigen
der Tage umfangen finden und die unaufh�rlichenBest�tigungen des Gr��ten Namens60 gewinnen. So werden die
Geistigen R�te der Freunde zu Spiegelbildern der G�rten der
Himmlischen Heerscharen, die den Strahlenglanz des Reiches
Abha widerspiegeln.� Und im gleichen Brief bezeugt sie, dass
die Zentralgestalten des Glaubens der B�b, Bahau�ll�h und
�Abdu�l-Bahá alle frohlocken, wenn die Lehren des Glaubens
getreulich verwirklicht werden: �Aus Ihren himmlischen
Reichen und unsterblichen Gefilden schauen Sie alle Er, der
erhabene B�b, und Er, die Sch�nheit des Allherrlichen, und
die wundersame Gegenwart �Abdu�l-Bahas auf Ihre getreuen
Geliebten herab. Sie nehmen wahr, was diese in jeder Lage tun,
ihr ganzes Betragen und Verhalten, alle ihre Worte und Wege;
und Sie warten darauf, auszurufen: ,Gut gemacht!�, wenn Sie
sehen, wie die Lehren verwirklicht werden, und: ,Gesegnet bist
du!�, wenn jemand die Befehle seines Herrn in hervorragender
Weise ausf�hrt.�61Bahayy�h Kh�num ermutigte nicht nur zur Bildung Geistiger
R�te, sondern leitete diese R�te auch an, ihre Pflichten und
auch ihre Arbeitsweise besser zu verstehen. In dem folgenden
Zitat aus einem ihrer Briefe macht sie die Rolle bewusst, die der
Geistige Rat zu spielen hat, um die Einheit unter den Freunden
herzustellen und zu erhalten und um f�r die Lehren des Glaubens
einzutreten. Sie schreibt Folgendes:�Gelobt sei Gott, dass durch den gn�digen Beistand des
Reiches Abha diese ergebenen Freunde bef�higt wurden,
zu vollbringen, was dem Ruhm der Sache Gottes und dem
Schutz der Gemeinde der J�nger Bahau�ll�hs dient. Dies
ist nichts anderes, als Einheit und Verbundenheit in jeder
Lage zu f�rdern, die Bande der Einm�tigkeit und Eintracht
in allem zu st�rken und politischen Themen auszuweichen.
Besonders wichtig ist es, niemals ung�nstige Bemerkungen
60 Hinweis auf den Namen Bahau�ll�hs5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
oder Aussagen �ber die Freunde und die Geliebten Gottes
zu machen; denn jede �u�erung des Unmuts, der Missbilligung
oder der �blen Nachrede widerspricht den Erfordernissen
von Einheit und Eintracht und w�rde den Geist derLiebe, Verbundenheit und W�rde ersticken. Deshalb sind
die Mitglieder des ehrw�rdigen Geistigen Rates verpflichtet,
mit fester Entschlossenheit �u�erste Behutsamkeit zu wahren
und nicht zuzulassen, dass sich die Tore der Beschwerde
und des Unmuts �ffnen, oder einem der Freunde zu gestatten,
sich Tadel oder �bler Nachrede hinzugeben. Wer immer
so etwas beginnen m�chte, und sei er auch die Verk�rperung
des Heiligen Geistes selbst, sollte sich bewusst machen,
dass solches Verhalten zu Zwietracht im Volke Bahá
f�hrt und das Banner der Emp�rung aufrichtet.In diesen Tagen, da die V�lker der Welt nach den Lehren
der Sch�nheit Abha d�rsten, in denen das unvergleichliche,
Leben spendende Wasser der Unsterblichkeit bereitsteht,
und da wir Baha uns verpflichtet haben, der ganzen
Menschheit dieses Lebenswasser darzureichen und f�r unsere
Bereitschaft bekannt sind, daf�r jedes Leid und jede
Heimsuchung zu ertragen in diesen Tagen w�re es doch
erb�rmlich, wenn wir trotz alledem unsere heiligen Pflichten
und Verantwortlichkeiten vernachl�ssigten und uns auf
unerquickliche Debatten einlassen w�rden, die Erbitterung
und Leid ausl�sen und unsere Aufmerksamkeit auf Dinge
lenken, die nur Verdruss, Niedergeschlagenheit und Tr�bsal
bringen und den durchdringenden Einfluss von Gottes Wort
herabsetzen.�62Ein Brief des Gr��ten Heiligen Blattes an den Geistigen Rat
von Teheran zeigt nicht nur die Rolle, die sie spielte, indem sie
Beitr�ge f�r bestimmte Baha-Fonds entgegennahm, sondern
belegt auch deutlich ihre Vertrautheit mit den Vorg�ngen in der
Welt und ihr Verst�ndnis f�r den m�glichen Nutzen internatio
62 ebenda, S. 196 fnaler Zusammenarbeit und deren Auswirkung auf das Entstehen
eines Baha-Bewusstseins. Im Brief hei�t es:�Ihr Scheck �ber zweihundert Pfund als Beitrag zum Tempelfonds63
ist eingegangen und ordnungsgem�� nach Chicagoweitergeleitet worden. Was f�r eine durchdringende
Macht muss doch dieser Beweis der Zusammenarbeit und
Unterst�tzung, dieser Geist selbstlosen Opfers, im Reich
des Herzens und des Geistes freisetzen! Bedenken sie, in
welchem Grade die Welt menschlicher Tugend durch diesen
freigebigen Akt bereichert und geschm�ckt wird, und welch
herrliches Licht diese Offenbarung von Einheit und Solidarit�t
sicherlich �ber alle Regionen ergie�en wird! Diese
m�chtige Anstrengung ist tats�chlich m�glich geworden
� trotz der schlechten wirtschaftlichen Lage in Persien, wo
Not, Mangel und Depression so klar zutage treten. Da es
jedoch der Zweck dieses wertvollen Unternehmens, dieser
lobenswerten Bem�hung ist, den Ruhm der Sache Gottes zu
erh�hen, wird sie unweigerlich den Segen und die Gunstbeweise
Gottes auf sich ziehen.�64Aus dem Vorstehenden wird deutlich, dass das Gr��te Heilige
Blatt bef�higt war, die Wichtigkeit und praktische Notwendigkeit
klarzumachen, Geistige R�te zu bilden. Sie halfden Baha, die Aufgaben der R�te und die Rolle, die diese
Institutionen in der Entfaltung der Baha-Gemeindeordnung zu
spielen haben, richtig einzusch�tzen, und ebenso die Verantwortung
der Gl�ubigen zu begreifen, diese aufkeimenden R�te
zu betreuen und zu unterst�tzen.Der Geistige Rat von Haifa wurde im ersten Jahr der Amtszeit
des H�ters gebildet, und die Anfangsphase seines Wir
63 Ein Fonds f�r den Bau des Baha-Hauses der Andacht bei Chicago in
Wilmette, Illinois5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
kens deckt sich mit den Jahren der �obersten Leitung� durch
Bahayyih Kh�num. Erstmals im Dezember 1922 gew�hlt, war
dieser Rat nicht nur f�r die Organisation der Zusammenk�nfte
der �rtlichen Baha-Gemeinde verantwortlich, sondern �bernahm
auch die wichtige Funktion, mit den Geistigen R�ten der
Baha in aller Welt in Kontakt zu bleiben. In einem im Star of
the West ver�ffentlichten Brief definiert der Rat seinen Auftrag
wie folgt:�... entflammt durch seine [des H�ters] anhaltenden Bem�hungen
um eine verst�rkte Zusammenarbeit und Wechselbeziehung
zwischen den Baha-Zentren der Welt habenwir, die Mitglieder des neu errichteten Geistigen Rates von
Haifa, die gro�e Freude, unseren Br�dern und Schwestern
in �bersee die Hand zu reichen, welche so hart arbeiten,
um die einzigartigen Grunds�tze dieser g�ttlichen Offenbarung
umzusetzen. Je mehr gute Nachrichten wir �ber denFortschritt der Sache Gottes vernehmen, desto deutlicher
erkennen wir die Erf�llung der Worte des Meisters, als Er
mit strahlendem L�cheln von dem ausgedehnten Feld des
Dienens sprach, das vor den aufrechten, treuen Freunden
Gottes liegt.�65Dass es am Herzen des Baha-Weltzentrums den Geistigen
Rat von Haifa gab, der mit dem Gr��ten Heiligen Blatt zusammenarbeitete,
war zweifellos f�r die Baha in den verschiedenenTeilen der Welt ein Ansporn, in ihrem eigenen Bereich
�rtliche Geistige R�te zu bilden und das Wirkungsfeld dieser
Institution zu erweitern einer Institution, die den eigentlichen
Grundstock darstellt, auf dem Bahau�ll�hs Gemeindeordnung
zu entstehen bestimmt ist.Der Geistige Rat von Haifa trug erheblich dazu bei, dass
sich das Bewusstsein von einer weltweiten Baha-Gemeinde
bildete, indem er Nachrichten �ber Entwicklungen des Baha-
Glaubens in allen Teilen der Welt verbreitete. Zu diesem Zweck
65Brief des Geistigen Rates von Haifa vom M�rz 1923, in Star of the
West 14, Nr. 3 (1923), S. 90, S. 89entwarf der Geistige Rat einen Nachrichtendienst in Form von
Briefen, die in der Zeitschrift Star of the West publiziert wurden.
Au�erdem verschickte er Rundschreiben in persischer
Sprache an die Geistigen R�te des Ostens. Diese Berichte erm�glichten
in Ost und West ein verst�rktes Bewusstsein �berden Charakter der Baha-Arbeit und halfen mit, das Gef�hl
einer Baha-Identit�t zu entwickeln.Die Lekt�re der im Star of the West ver�ffentlichten Briefe
des Geistigen Rates von Haifa veranschaulicht, wie die Verbreitung
von Information dem Zusammenwachsen der weitverstreuten Baha-Gemeinden der Welt diente. So berichtet
der Rat im M�rz 1923 von einigen Veranstaltungen, die in
Haifa stattgefunden hatten: Vom Neunzehntagefest66 und der
Einrichtung einer Jugend-Lehrgruppe. Weiterhin berichtet der
Rat �ber die Bildung Geistiger R�te an verschiedenen Orten
im Nahen Osten und �ber Aktivit�ten der Baha in Ishq�b�d,
Russland und in Persien.67In dem Brief vom April 1923 verbreitet der Sekret�r des
Rates von Haifa die gute Nachricht von der Bildung neuer
Geistiger R�te in �gypten, in Hamadan (Persien) und in �Akka,
wo ein �lterer Gl�ubiger in den Rat gew�hlt wurde, der ein Gef�hrte
Bahau�ll�hs bei Seinen Verbannungen gewesen war.Der Sekret�r zitiert einen Brief des neu gebildeten Rates von
Hamadan �ber die Arbeit der Baha-Schulen f�r M�dchen und
Jungen in dieser Stadt, auch informiert er �ber Berichte aus
Ishq�b�d und von den Baha in Deutschland. Die gleiche Ausgabe
des Star of the West berichtet �ber die Reisen von Mr. und
Mrs. Hyde Dunn, zwei amerikanischen Baha, die nach Australien
und Neuseeland gingen, um dort den Glauben zu lehren.
Dort findet sich auch die folgende Aussage von Mr. Dunn �ber
Shoghi Effendi und die T�tigkeit des Gr��ten Heiligen Blattes:
�Die wundervolle Gnade und das Geschenk f�r die Sache Got
66 Das 19-Tagefest findet am ersten Tag eines jeden jeweils neunzehnt�
gigen Baha-Monats statt. Es ist das Herzst�ck des Baha-Gemein
delebens auf der �rtlichen Ebene und vereinigt Elemente der Andacht,
der Beratung und des geselligen Beisammenseins.5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
tes, das wir in dem geliebten Shoghi Effendi besitzen, lassen
uns alle ... staunen. Es ist ein wahrhaft herrlicher Tag, an dem
wir leben ein Tag, dem keine Nacht folgt. Auch scheint uns
das Gr��te Heilige Blatt mehr zu bedeuten als je. ,Die Bl�tter
werden das Heilmittel der Nationen sein.��68Die Rundbriefe des Geistigen Rates von Haifa an die Gl�ubigen
im Orient informierten �ber den Fortschritt des Glaubens
in Ost und West. Besonders wertvolle Meldungen wurden f�r
die Freunde im Osten �bersetzt. Zum Beispiel wurden Ansprachen
von Martha Root69 in China und Japan und ein Brief
Shoghi Effendis �ber diese Lehrt�tigkeit �bersetzt und in das
monatliche Rundschreiben eingef�gt, das verschiedenen Geistigen
R�ten und den Freunden im Orient zuging.70Ein Schreiben des Geistigen Rates von Haifa, das ungef�hr
zwei Jahre nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas verfasst
wurde, veranschaulicht die zunehmende Verbindung der
weit verstreuten Baha-Gemeinden miteinander und die immer
st�rkeren Auswirkungen von Ereignissen, die einen bestimmten
Ort betrafen, auf die ganze Baha-Welt. Der Ratberichtet �ber den Erhalt eines Briefes des Nationalen Geistigen
Rates von Persien, da er die Gl�ubigen in aller Welt auf
die wirtschaftliche Notlage ihrer Mitgl�ubigen in Deutschland
hinzuweisen w�nschte, einem Land, das unter den Bedingungen
des am Ende des 1. Weltkriegs geschlossenenFriedensvertrages litt. In dem zitierten Brief des Nationalen
Geistigen Rates hei�t es: �Ein eigenes Rundschreiben �ber
die wirtschaftliche Lage in Deutschland und die Not der dortigen
Freunde wurde [vom Nationalen Geistigen Rat] in alle
Provinzen Persiens verschickt in der Hoffnung, dass geistige
oder materielle Hilfe geleistet wird.� Au�erdem f�hrt der
Brief aus: �Die Nachrichten �ber den Fortschritt der Sache in
68 Brief im Auftrag des Geistigen Rates von Haifa vom April 1923 in
Star of the West 14, Nr. 5 (1923), S. 152 f; Auszug aus einem Brief von
Alfred Hyde Dunn, zitiert ebenda, S. 15369 Eine au�ergew�hnliche amerikanische Baha-Lehrerin, die auf Reisen
um die ganze Welt die Botschaft verk�ndete; siehe Glossar
70 Star of the West 14, Nr. 6 (1923), S. 184 fAustralien haben das Lehren in Persien wunderbar befl�gelt,
da sie den himmlischen Einfluss der G�ttlichen Lehren in der
ganzen Welt verdeutlichen.� Dazu merkt der Nationale Geistige
Rat noch an: �Je mehr Erfahrungen wir sammeln, desto
klarer wird uns die Bedeutung der Worte Seiner Heiligkeit
Bahau�ll�hs und des Meisters bewusst. Dies sind Schatztruhen,
die richtig verstanden dem gefestigten Gl�ubigeneinen Schl�ssel in die Hand geben zur L�sung eines jeglichen
Problems, das innerhalb sozialer Strukturen auftauchen
k�nnte. Es ist durch diese Macht, dass viele v�llig ungebildete
Freunde in Persien die Argumente jedes religi�sen F�hrers
widerlegen k�nnen.�71Das Mitgef�hl mit der Notlage von Mitgl�ubigen und der
Wunsch, zur Linderung ihrer Schwierigkeiten beizutragen,
wird auch aus dem folgenden, Ende 1923 versandten Bericht
des Geistigen Rates von Haifa deutlich:�Unser letztes Neunzehntagefest hatte eine besondere Note,
denn es war das erste seit Shoghi Effendis R�ckkehr nach
Haifa. Als Zeichen der Dankbarkeit f�r diese Segnung regte
der Gastgeber an, mehr finanzielle Hilfen an unsere Br�der
und Schwestern in Deutschland zu senden. Das Ergebnis
des Vorschlags war, dass eine Summe von rund vierzig
�gyptischen Pfund gespendet wurde, die den Freunden in
Deutschland zugestellt wird.Au�erdem wurden, als durch die Baha-Pionierin Agnes
Alexander die Nachricht von dem Erdbeben in Japan einging,
Spenden der Gl�ubigen aus Haifa nach Japan gesandt.�
72Die Rolle des Geistigen Rates von Haifa, die Aktivit�ten
der dort ans�ssigen Baha zu steuern, unterstrich die Bedeutung
der Institution �Geistiger Rat�. Die Schritte, die dieser
71 Brief des Geistigen Rates von Haifa vom 24. November bis 13. Dezember
1923, in Star of the West 14, Nr. 12 (1924), S. 372
72 ebenda, S. 3745. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Rat zur Verbreitung von Information �ber den Fortschritt des
Glaubens in Ost und West unternahm, trugen dazu bei, dass
der Baha-Glaube wirklich als Weltreligion gesehen werden
konnte und ein allgemeines Baha-Bewusstsein gest�rkt wurde.
Damit erg�nzte und unterst�tzte die Arbeit des Geistigen
Rates von Haifa die Initiativen des Gr��ten Heiligen Blattes.
Ihre Funktion war es, der administrativen T�tigkeit f�r den
Glauben allgemein die Richtung zu weisen und die notwendige
F�hrung zu geben, damit die Gl�ubigen bef�higt wurden,
die vom Oberhaupt des Glaubens gestellten Aufgaben auszuf�hren.
In dem Ma�e, wie Shoghi Effendi den Aktionsradius der
administrativen T�tigkeit am Weltzentrum des Glaubens entwickelte,
wurden in sp�teren Jahren die Aufgaben des Geistigen
Rates von Haifa vom Baha-Welt-Zentrum �bernommen.Das Gr��te Heilige Blatt leistete einen signifikanten Beitrag
zum Schutz des jungen Pfl�nzchens, des Baha-Glaubens: Sowohl
vor den Angriffen derer, die den Versuch machten, den
Bund hinsichtlich des von �Abdu�l-Bahá ernannten Nachfolgers
zu verletzen, wie auch vor den Verfolgungen durch seine
Feinde in seinem Geburtsland Persien.Wie in Kapitel 3 erw�hnt, bem�chtigte sich am 22. Januar
1922, kurz nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden, Sein ungetreuer
Halbbruder Mirza Muhammad-�Al� mit seiner Anh�ngerschaft
gewaltsam der Schl�ssel zum Schrein Bahau�ll�hs aus den
H�nden des Baha-Aufsehers. Sie behaupteten, dass nach islamischem
Recht die Aufsicht �ber den Schrein an sie als die
n�chsten �berlebenden Angeh�rigen Bahau�ll�hs �bergehen
solle. Shoghi Effendi verwies den Fall sofort an den Gouverneur
von �Akka, der die Schl�ssel in Verwahrung nahm bis zur
Pr�fung durch die britische Mandatsverwaltung, um die Frage
des rechtm��igen Eigentums zu entscheiden.Die L�sung des Falles erforderte �ber eine lange Zeit die
unausgesetzten Bem�hungen Shoghi Effendis. In seiner Abwe
194senheit k�mmerte sich das Gr��te Heilige Blatt um die Angelegenheit
und unternahm die notwendigen Schritte, um sie bei
den britischen Beh�rden weiter voranzubringen. In diesem Zusammenhang
interessiert der folgende Auszug aus einem Briefvom Mai 1922 an die Baha in Iran. Darin schildert Bahayyih
Kh�num den Stand der Dinge und schreibt: �Nachdem jetzt
vier Monate verstrichen sind, hat die Regierung ihren Spruch
gef�llt, in dem Sinne, dass die Frage der Baha-Gemeinde vorzulegen
sei: Was auch immer die Baha entscheiden, das wird
bindend sein. Wenn die Baha-Gemeinde beschlie�t, Mirza
Muhammad-�Al� zu exkommunizieren, dann hat er keinerlei
Recht auf die Aneignung.�73Unter diesen Umst�nden rief das Gr��te Heilige Blatt zu
einer systematischen Rechtskampagne seitens der Gl�ubigen
und Geistigen R�te in der ganzen Welt auf. Sie trug ihnen daf�r
auf, Gesuche an die britischen Beh�rden zu richten und gab
ihnen dazu folgende genaue Anleitung:�Deshalb m�ssen die Baha, wo immer sie wohnen, durch
den Geistigen Rat ihrer Stadt und mit der Unterschrift einzeln
benannter Mitglieder dieser gew�hlten K�rperschaft
die britischen Beh�rden in Jerusalem informieren, entweder
telegrafisch oder durch Briefe, die �ber die Botschafter
oder Konsuln Seiner Majest�t geleitet werden, dass die
Baha-Gemeinde in �bereinstimmung mit den eindeutigen
Schriften und dem Testament Seiner Eminenz �Abdu�l-
Baha, Sir �Abb�s Effendi, also mit wohlbekannten Texten,
die in Seiner eigenen Handschrift vorliegen Seine Eminenz
Shoghi Effendi als den Einen anerkennen, an den sich
alle Baha wenden m�ssen als H�ter der Sache Gottes,
und dass sie keinerlei Beziehungen, weder materiell noch
geistig, zu Mirza Muhammad-�Al� unterhalten, den sie gem��
der eindeutigen Schriften �Abdu�l-Bahas als von der
Baha-Religion ausgeschlossen betrachten.Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.
1195. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Es sollte daher das Ersuchen der Baha aller L�nder sein, der
M�nner wie der Frauen, aus jedem bedeutenden Zentrum,
wo auch immer auf der Welt sie wohnen, dass die Beamten
der Regierung Seiner Britischen Majest�t in Pal�stina, mit
Hauptsitz in Jerusalem, den kategorischen Befehl ergehen
lassen, den Schl�ssel zum Heiligen Grab dem Punkt der
Anbetung und dem Heiligtum aller Baha auf der Welt Seiner
Eminenz Shoghi Effendi, dem Erw�hlten Zweig, zur�ckzugeben
und auf diese Weise die Baha-Gemeinde, ob nunaus dem Osten oder Westen, zu noch gr��erer Wertsch�tzung
britischer Gerechtigkeit zu veranlassen als zuvor.�74
Zur Erleichterung dieser Aktion f�gte sie Kopien eines
Musterbriefes und eines Telegramms bei und merkte an: �Die
Eingabe soll von den Vertretern und bekannten Mitgliedern des
Baha-Glaubens in Ihrer Stadt unterzeichnet sein.�75
Als Shoghi Effendi im Dezember 1922 nach Haifa zur�ckkehrte,
setzte er mehrere Initiativen und Kontakte mit verschiedenen
Beh�rden fort. Endlich fiel die Entscheidung. Im Februar
1923 entschied der britische Hochkommissar in Pal�stina
zugunsten der Baha und reichte dem H�ter den Schl�ssel
zur�ck, etwas �ber ein Jahr nach seiner gewaltsamen Entwendung
von dem rechtm��igen Baha-Aufseher des Schreins von
Bahau�ll�h.76Ein weiteres Beispiel f�r Bahayyih Kh�nums strategische
Vorgehensweise bei der Mobilisierung der Baha-Gemeinde
f�r den Schutz des Glaubens liefert ihr Brief vom August 1922
an die Baha des Westens. In jener Zeit einer neuen, ausgedehnten
Verfolgungswelle gegen den Baha-Glauben im Landseiner Geburt schildert das Gr��te Heilige Blatt drastisch Art
und Umfang einiger solcher Angriffe:�Traurige Nachrichten haben uns in den letzten Tagen aus
Iran erreicht, die die gesamte Baha-Welt zutiefst betr�ben.
74 Bahayyih Kh�num, ebenda S. 119 f76 65 Siehe R�h�yyih Rabbani, nach Die unsch�tzbare Perle, S. 132 f
196In den meisten Gegenden dieses Landes wurden Leuchtfeuer
des Neides und der Bosheit entz�ndet und das Banner
der Aggression gegen diese schwer geschundene Gemeinde
gehisst. Sie haben kein Mittel unversucht gelassen, keine
Methode und kein Komplott unterlassen. Mit �u�erster
Feindschaft und Geh�ssigkeit haben sie sich erhoben, um
die B�ume in diesem Garten Gottes mit der Wurzel auszurei�en.
...... Sie nehmen die Gl�ubigen, M�nner und Frauen, gefangen
und machen die Kinder zu Waisen. Sie pl�ndern dasEigentum der Gl�ubigen, rauben ihnen Heim und Herd.�77
In Anbetracht der �u�erst gef�hrlichen Situation, in der es
f�r die persischen Baha keinerlei Schutz durch die Beh�rden
gab, rief das Gr��te Heilige Blatt die Baha-Gemeinde
in verschiedenen Teilen der Welt dringend zum Handeln auf:
�Bei Vorkommnissen dieser Art sind die Gl�ubigen in anderen
L�ndern verpflichtet, sofort umsichtige und vern�nftige Ma�nahmen
zu ergreifen, damit solche Feuer auf kluge Art gel�scht
werden.�78Bahayyih Kh�num regte ein zweigleisiges Verfahren an,
dem die Baha folgen sollten: Sie sollten bei der persischen
Botschaft jedes Landes vorstellig werden, und sie sollten ihre
Regierungen veranlassen, die Verfolgung der Baha �ber ihre
Botschafter in Teheran zur Sprache zu bringen. Zus�tzlich gab
das Gr��te Heilige Blatt genaue Anweisungen, wie in jedem
Fall zu verfahren sei.F�r die erste Aufgabe schreibt sie: �Jetzt ist es dringend n�tig
und auch die Bitte dieser leidgepr�ften Dienerin, dass die
Versammlung der dortigen Gl�ubigen sofort handelt und den
Fall dem Botschafter der iranischen Regierung unterbreitet.�
Als Hilfestellung beim Befolgen dieses Auftrags gab sie den
Baha genaue Anleitung �ber die Punkte, die sie beim iranischen
Botschafter vorbringen sollten:77 Bahayyih Kh�num in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,
S. 165, 1665. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Sie sollen ihm sagen: �Die heilige Sache Bahau�ll�hs hat
uns, Seine J�nger in aller Welt, so vereint und einander so
nahe gebracht, dass wir wie ein einziger K�rper sind. Wenn
im fernsten Osten der Fu� eines Baha auch nur von einem
Dorn geritzt wird, dann ist es, als wenn wir Baha hier im
Westen das gleiche erlitten h�tten. Wir haben nun aus dem
Iran erfahren, dass in Sh�r�z, in Sultan�b�d, in Hamad�n und
K�sh�n, sogar in Teheran und an anderen Orten der Fanatismus
der Unwissenden und Achtlosen zur Flamme angefacht
wurde und Unruhestifter den P�bel aufwiegeln mit dem
Ergebnis, dass unsere Br�der und Schwestern, die der ganzen
Menschheit nur wohl gesonnen sind, und auf denen tats�chlich
die Friedenshoffnung der Welt ruht, die zudem loyale
B�rger Irans und seiner Regierung sind, zum Ziel von Angriffen
wurden und sich mitten ins Feuer gesto�en befinden.
Daher ersuchen wir den Vertreter Irans, seine Regierung zu
bitten, sie m�ge unsere Br�der im Iran vor den Angriffen
ihrer Feinde sch�tzen und diese Herde der Geliebten Gottes
aus den Klauen des Wolfes befreien und f�r ihre Sicherheit
und ihr Wohlbefinden sorgen. Wenn Iran uns dieses Ergebnis
mitteilt, wird es sich die tiefe, aufrichtige Dankbarkeit
von Tausenden von Baha verdienen, die hier in diesen
L�ndern wohnen, und in unseren zahlreichen Versammlungen
wird die weit verbreitete Wertsch�tzung der gutenDienste der iranischen Regierung in unserer Sache bekundet
werden.�79F�r Teil Zwei ihrer strategischen Intervention gab das
Gr��te Heilige Blatt die folgende F�hrung heraus:�Au�erdem sollten sie, wenn irgend m�glich, in gleicher
Weise durch ihren eigenen Botschafter in Teheran vorstellig
werden, damit er die Aufmerksamkeit der iranischen
Beh�rden auf diese Verfolgungen lenkt und die dortige
79 ebenda, S. 168 fRegierung auf die M�glichkeit g�ttlicher Vergeltung und
auf das schimpfliche Brandmal hinweist, das durch solche
Ausschreitungen der Unbarmherzigen und Unwissenden
im Volk gegen diese unschuldige Glaubensgemeinschaft
erzeugt wird.Er soll sie darauf hinweisen, dass Tausende von Anh�ngern
dieser Religion der Gottesliebe in aller Welt mit Verwunderung
und Unverst�ndnis auf diese wilden Ausschreitungen
starren, die sich jetzt gegen ihre Br�der richten, und dass sie
begierig darauf warten zu h�ren, dass die dortige Regierung
diese unvergleichlichen, gesetzestreuen Menschen, die der
ganzen Menschheit wohl gesonnen sind, gegen die Angriffe
der grausamen W�lfe in Schutz nimmt.�80Auch auf einem weiteren, dritten Feld half das Gr��te Heilige
Blatt in bedeutendem Umfang dem Schutz des Glaubens. Sie
gab den Gl�ubigen Anweisungen f�r Ihre Reaktion auf die Machenschaften
der Bundesbrecher, besonders in Iran. Sie machteihnen nicht nur die Notwendigkeit bewusst, den Glauben zu
schirmen, sondern verhalf ihnen auch zu einem Verst�ndnis der
Motive derjenigen, die den Baha-Bund angriffen. F�r das Verhalten
in ganz bestimmten Situationen gab sie den Baha und
den Geistigen R�ten ausf�hrliche Richtlinien. In einem Brief an
den Geistigen Rat von Hamad�n, Iran, schreibt sie:
�In diesem ungeheuren Fall darf es keine Nachl�ssigkeit
oder Unaufmerksamkeit geben, denn ein gefl�stertes Wort
kann die Axt werden, die dem Baum des Glaubens an die
Wurzel gelegt wird; ein Wort aus dem Mund einer ehrgeizigen
Seele kann der z�ndende Funke werden, der in dieErnte des Volkes von Bahá geschleudert wird. Wir nehmen
Zuflucht bei Gott! M�ge Er uns allezeit vor dem fahrl�ssigen
Leichtsinn des hartn�ckigen Selbstes bewahren.5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
Denn eine b�se Absicht zu hegen ist eine Krankheit, die den
Menschen von allen himmlischen Segnungen ausschlie�t
und ihn tief in den Abgrund des Untergangs und der v�lligen
Vernichtung hineinwirft. Die Sache ist so: Jeder, ob
hoch oder niedrig, reich oder arm, gelehrt oder ungebildet,
selbst wenn er als Juwel unter den Menschen und als die
edelste, beste aller Blumen gilt sowie er einen Gedanken
oder ein Wort �u�ert, aus dem der Geruch der Selbstverherrlichung
oder eine schlechte, boshafte Absicht erkennbarwird, so macht er deutlich, dass es sein Ziel ist, das Wort
Gottes zu untergraben und die Gemeinde des Volkes Bahá
zu zersplittern. Solchen Menschen den R�cken zu kehren
ist eine heilige Pflicht; es ist eine unausweichliche Pflicht,
ihren Anspr�chen keine Beachtung zu schenken.�81In einem weiteren, an einen Gl�ubigen des Ostens gerichteten
Brief bezieht sich Bahayyih Kh�num auf die Aktivit�ten
des �Abdu�l-Husayn �var�h, eines herausragenden fr�hen
Gl�ubigen, der aber nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas versuchte,
die Autorit�t des H�ters zu untergraben. Er weigerte
sich, die Legitimation der Geistigen R�te anzuerkennen, und
suchte Anh�nger unter den Gl�ubigen des Ostens. Shoghi Effendi
schloss ihn sp�ter aus der Glaubensgemeinschaft aus.82
Zu den zerst�rerischen Auswirkungen von �var�hs Verhalten
schreibt das Gr��te Heilige Blatt:�Es ist wirklich wahr, dass Niedertracht die Intelligenz und
den Verstand schwinden l�sst und den K�nig der Vernunft
zum Sklaven des satanischen Selbstes und seiner Einfl�sterungen
macht. Dies wurde wieder und wieder unter Beweisgestellt, und der folgende gesegnete Text aus dem Testament
ist ein klares Zeugnis f�r diese bedeutende Wahrheit
und ist geeignet, den Sinn f�r Wachsamkeit und �u�erste
Vorsicht zu sch�rfen. Wie wundersam ist Sein Wort: ,Wer
hoff�rtig ist, wer Zwist und Streit im Schilde f�hrt, wird
81 ebenda, S. 212 f82 N�heres hierzu in Baha Administration, S. 137 ff
200zweifellos seine b�se Absicht keineswegs offen erkl�ren; er
ist vielmehr wie unreines Gold: Er wird vielf�ltige Mittel
und mancherlei Vorw�nde einsetzen, um die Versammlung
des Volkes Bahá zu entzweien.��83Au�erdem spricht das Gr��te Heilige Blatt in einem Brief
vom Mai 1924 direkt �die Frage von �var�h� an, des fr�heren
Mitglieds der Baha-Religion, der sich dem Glauben entfremdete,
als er merkte, dass sein Streben nach pers�nlicher Macht
durch die Vorkehrungen des Gottesbundes vereitelt war. Sie
schildert die Versuche, ihn zu f�hren und von seinem zerst�rerischen
Bem�hen, Uneinigkeit zwischen den Geistigen R�tenund den Gl�ubigen zu stiften, abzubringen. Auch stellt sie im
Einzelnen seine Anstrengungen dar, die Baha-Gemeinden in
Kairo, Beirut und Bagdad durch Verbreitung falscher Informationen
�ber die Bestimmungen des Bundes zu spalten, wasein Vorspiel zur endg�ltigen Aufl�sung der in �Abdu�l-Bahas
Testament ausdr�cklich vorgesehenen Institutionen sein sollte.
�var�hs Machenschaften, die zu ihrer Zeit sehr st�rend waren,
haben keine bleibende Wirkung. Am Ende ihres Briefes erkl�rt
sie, warum sie es f�r n�tig befunden hat, den tats�chlichen
Hergang der Ereignisse zu berichten. Sie w�hlt dazu folgende
Worte der Beruhigung, um den Gl�ubigen zu helfen, die Lage
im rechten Licht zu sehen: �Obwohl solches Reden und solches
Verhalten ohne Wirkung bleiben, keine Bedeutung haben und
unsere Aufmerksamkeit nicht verdienen, ist doch seine Treulosigkeit
in diesen Tagen der Heimsuchung und Not von solcher
Art, dass diese leidgepr�fte, hilflose Seele sich gezwungen sah,
eine kurze Schilderung der tats�chlichen Vorf�lle zu geben.�84
Was das Gr��te Heilige Blatt in Zusammenarbeit mit den
Mitgliedern der Heiligen Familie, welche Shoghi Effendi f�r
die Zeiten seiner Abwesenheit vom Heiligen Land mit der Aufsicht
der Gesch�fte des Glaubens betraut hatte f�r die Sache
83 �Abdu�l-Baha, Das Testament �Abdu�l-Bahas in Dokumente des B�nd
nisses, Hofheim 1989, S. 38; 1:1784 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,
S. 218 f5. Kapitel ihre rolle w�hrend shoghi eFFendis aBwesenheit
leistete, war in der Tat einzigartig. Kann uns nicht der Tribut,
den er ihr bei ihrem Tode im Jahr 1932 in den unten wiedergegebenen
Worten zollte, einen pers�nlichen Einblick in seine
Liebe und Wertsch�tzung all der Dienste geben, die sie in dieser
kritischen Zeit des �bergangs erbrachte? Hier der Wortlaut:
�Welche der Segnungen soll ich wiedergeben, die sie in ihrer
nie versagenden F�rsorge auf mich regnen lie�, in den kritischsten,
bewegtesten Stunden meines Lebens? F�r mich,der ich der erquickenden Gnade Gottes so dringend bedurfte,
war sie das lebende Sinnbild so vieler Eigenschaften, die
ich in �Abdu�l-Bahá zu verehren gelernt hatte. Sie war f�r
mich eine st�ndige Mahnung an Seine mitrei�ende Pers�nlichkeit,
Seine stille Ergebenheit, Seine Freigebigkeit undGro�mut. F�r mich war sie die Verk�rperung Seiner anziehenden
Liebensw�rdigkeit, Seiner allumfassenden Z�rtlichkeit
und Liebe.Es w�rde zu lange dauern, selbst wenn ich all diese Ereignisse
in ihrem Leben nur andeuten w�rde; jedes einzelnevon ihnen weist sie beredsam als eine Tochter aus, die w�rdig
ist, dieses unsch�tzbare Erbe anzutreten, das ihr von
Bahau�ll�h vermacht wurde. ...�85Als Shoghi Effendi gest�rkt und begierig, die Z�gel der Sache
Gottes in die Hand zu nehmen, nach Haifa zur�ckkehrte,
richtete er am 24. September 1924 einen Brief an �die Geliebten
des Herrn und Dienerinnen des Barmherzigen auf dem
amerikanischen Kontinent.� In diesem Schreiben �berdenkt
er die Auswirkungen der langen Perioden seiner Abwesenheit
und entwirft seine zuversichtliche Vision von der k�nftigen
Entwicklung des Baha-Glaubens. Er schreibt:�In der R�ckschau auf die d�steren Tage meines R�ckzugs,
die von bitterer Sorge und Schwermut erf�llt waren,
85 Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 194gedenke ich mit Anerkennung und Dankbarkeit der unverkennbaren
Beweise eurer Liebe und anhaltenden Glut, dieich immer wieder erhalten habe und die nicht unerheblich
geholfen haben, die Last zu erleichtern, die mein Herz so
sehr bedr�ckte.Ich kann mir gut vorstellen, in welchem Ausma� die langen
Monate der Ungewissheit, nein der Bedr�ngnis, Geist und
Seele jedes liebevollen, treuen Dieners des Geliebten beunruhigt,
nein, gepeinigt haben m�ssen. Aber ich kann euchversichern, dass der gro�artige Eifer, den ihr f�r den Schutz
Seiner Sache gezeigt habt, der unbeirrbare Glaube und unerm�dliche
Einsatz, den ihr zu ihrer F�rderung aufgebrachthabt, letzten Endes unwiderruflich von �Abdu�l-Bahá �berreich
belohnt werden, der von Seiner Wohnstatt droben der
sichere Zeuge all dessen ist, was ihr f�r Ihn erduldet und
erlitten habt.Und wenn ich jetzt in die Zukunft blicke, dann ist es mit
der Hoffnung, dass die Freunde in jedem Land, wie auch
immer ihre Denkweise und ihr Charakter gepr�gt sei, sich
allezeit aus freien St�cken und freudig um ihre �rtlichen
und insbesondere um ihre nationalen Zentren der Aktivit�t
scharen und deren Interessen in v�lliger Einm�tigkeit und
Zufriedenheit, mit vollkommenem Verst�ndnis, echter Begeisterung
und anhaltender Energie hochhalten und f�rdernwerden. Dies ist wirklich die eine Freude und Sehnsucht
meines Lebens, denn es ist der Springquell, aus dem alle
k�nftigen Segnungen flie�en werden, die breite Grundlage,
auf der die Sicherheit des g�ttlichen Bauwerkes letzten
Endes ruhen muss. D�rfen wir nicht hoffen, dass jetzt
endlich �ber unserer geliebten Sache ein hellerer Morgen
anbricht?�86Das tiefe Band zwischen dem H�ter und seiner Gro�tante
Bahayyih Kh�num war weit mehr als eine blo�e Familienbindung.
Ein Brief, der in seinem Auftrag geschrieben wurde, enth�lt
die Versicherung: �Niemand hat das zarte, geistige, himmlische
Band verstanden, das den H�ter mit ihr, der letzten Spur
Bahas, verbindet; kein Geist kann diese Stufe des Seins erkennen
oder ihre Erhabenheit richtig einsch�tzen.� In ihrem ganzen langen
Leben war Bahayyih Kh�num f�r Shoghi Effendi eine st�ndige
Quelle liebevoller Ermutigung. Er bezeugt, dass er �durch
die Hand ihrer Liebe erzogen� wurde, dass sein �zartes Wesen�
�mit ihrer Liebe durchtr�nkt, durch ihre Freundschaft erfrischt
[und] durch ihren unverg�nglichen Geist gest�tzt� wurde.1
In diesem Kapitel werden wir das Wesen dieser Beziehung
zwischen Shoghi Effendi und Bahayyih Kh�num n�her untersuchen
und dabei auch erforschen, wie es der H�ter anstellte,
die �Lehensherrin des Volkes Bahá mit den T�tigkeiten und
der bedeutsamen Entwicklung des Baha-Glaubens zu verbinden.
Einige der Dienste, die Bahayyih Kh�num in ihren letzten
Lebensjahren erbrachte, werden n�her dargestellt.2
Das Band zwischen dem H�terIn Kapitel 5 haben wir gesehen, wie Bahayyih Kh�num bereitwillig
die �oberste Leitung� des Baha-Glaubens �bernahm,als der H�ter ihr diese Verantwortung zuwies. Wir untersuchten
ihre stetigen Bem�hungen, die Baha-Gemeinde im Hinblick
auf die Bestimmungen des Baha-Bundes zu unterweisen und
ihre Unterst�tzung f�r den ernannten H�ter und seine Initiativen
zu gewinnen, die Gemeinde auf ihr n�chstes Entwicklungsziel
hin auszurichten und voranzuf�hren.31 Aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 77; Shoghi Effendi,
ebenda, S. 29das Band zwischen dem h�ter und dem gr�ssten heiligen Blatt
In der Zeit ihres Hinscheidens gibt Shoghi Effendi in Briefen
des Lobpreises einen Einblick in ihre gro�e Einf�hlsamkeit
und in die Art der Unterst�tzung, die sie ihm nach dem
Hinscheiden �Abdu�l-Bahas gew�hrte. �Nach dem Heimgang
�Abdu�l-Bahas in das Reich des Allherrlichen�, so bekennt er,
war sie �das Licht der himmlischen Heerscharen�; sie �umfing
mich, hilflos wie ich war, mit ihrer Liebe, und mit unvergleichlicher
Barmherzigkeit und Z�rtlichkeit �berzeugte, geleitete
und dr�ngte sie mich zu den Erfordernissen des Dienens.� Seine
rhetorische Frage unterstreicht das Ausma� seiner Dankbarkeit
f�r das Gr��te Heilige Blatt: �Wie kann meine vereinsamte
Feder ... die Segnungen wiedergeben, die sie seit meiner
fr�hesten Kindheit auf mich hat regnen lassen wie kann solch
eine Feder meine gro�e Dankes- und Liebesschuld an sie, die
meine Hauptst�tze, meine liebevollste Tr�sterin, die Freude
und Eingebung meines Lebens war, zur�ckzahlen?�4Angesichts der Herausforderung, die das H�tertum und
die gebieterische Notwendigkeit, den Baha-Glauben in aller
Welt zur Geltung zu bringen, f�r ihn bedeutete, war Shoghi
Effendi nicht nur auf die Ermutigung und Unterst�tzung durch
das Gr��te Heilige Blatt angewiesen, sondern lie� sich auch
von ihren pers�nlichen Eigenschaften befl�geln, die ihn an
�Abdu�l-Bahá gemahnten. Der H�ter weist auf die Tatsache
hin, dass Bahau�ll�h Seine geliebte Tochter dazu ausersehen
hat, ein �getreues Beispiel� zu sein, dem ihre Angeh�rigen alle
folgen sollten. In der R�ckschau auf seine Hochsch�tzung f�r
das Gr��te Heilige Blatt schreibt Shoghi Effendi: �F�r mich ...
war sie das lebende Zeichen f�r so manche Eigenschaft, die ich
in �Abdu�l-Bahá zu bewundern gelernt hatte. Sie war mir eine
st�ndige Erinnerung an Seine inspirierende Pers�nlichkeit, Seine
stille Entsagung, Seine Gro�z�gigkeit und Hochherzigkeit.
Sie war mir eine Verk�rperung Seiner liebenswerten Noblesse,
Seiner allumfassenden Z�rtlichkeit und Liebe.� Der H�ter
bezeugt die Tiefe der Eingebung und F�hrung, die er aus der
Betrachtung ihrer herausragenden Eigenschaften empfing. Er
4schreibt: �Wenn ich mir am Morgen und am Abend ihr geliebtes
Antlitz vergegenw�rtige und mir ihr L�cheln, das meinen
Geist labte, wieder vor Augen halte, �ber ihre Freigebigkeit,
ihre unz�hligen Freundschaftsbeweise f�r mich nachsinne und
die erstaunliche Langmut bedenke, die sie in ihren Leiden bewies,
dann werden die Flammen sehns�chtiger Liebe aufs neue
angefacht ...�5Aus den Briefen des H�ters wird deutlich, dass Bahayyih
Kh�nums innige Verbundenheit mit dem Baha-Glaubenund ihre Zuneigung f�r seine Anh�nger eine tiefe Wirkung
auf ihn aus�bten. In einem Lobpreis auf ihre Tugenden gibt
er Folgendes preis: �Ich kann ... aus deinem stillen Strahlen
die unendliche Liebe [f�hlen], die du f�r die Sache deines allm�chtigen
Vaters in dir trugst, die Zuneigung, die dich an den
bescheidensten und unbedeutendsten ihrer Anh�nger band, das
warme Gef�hl, das du in deinem Herzen f�r mich hegtest.�6
Der Geist selbstlosen Dienstes, der vom Gr��ten Heiligen
Blatt ausstrahlte, pr�gte sich Shoghi Effendi tief ein. Im Gedenken
an seine Gro�tante schreibt er nach ihrem Hinscheiden: �Der
Gedanke an die unausl�schliche Sch�nheit deines L�chelns wird
mich auf dem dornigen Wege, den zu gehen ich bestimmt bin,
immer tr�sten und st�rken. Die Erinnerung an deinen H�ndedruck
wird mich anspornen, standhaft deinem Pfade zu folgen.
Der bezaubernde Klang deiner Stimme wird, wenn die Stunde
der Tr�bsal am dunkelsten ist, daran erinnern, mich an dem Seile
festzuhalten, das du in all den Tagen deines Lebens so fest ergriffen
hattest.� Shoghi Effendi unterstreicht die Erleuchtung, die
er aus dem beispielhaften Leben des Gr��ten Heiligen Blattes
und aus jedem Opfer, das sie bereitwillig f�r die Sache Gottes
erbrachte, empfing, und er bekundet seinen Entschluss, ihrem
Beispiel zu folgen. Er schreibt: �In solchen Augenblicken bekr�ftige
ich meinen Entschluss, deinen Spuren zu folgen, den
5 ebenda, S. 42, S. 536 ebenda, S. 44; zitiert in Bahayyih Kh�num, Das Gr��te Heilige Blatt.
1846-1932. Herausgegeben vom Nationalen Geistigen Rat der Baha
in Deutschland zum f�nfzigsten Jahrestag des Hinscheidens des Gr��
ten Heiligen Blattes. Hofheim 1982, S. 25das Band zwischen dem h�ter und dem gr�ssten heiligen Blatt
Pfad deiner Liebe weiter zu erklimmen, dich als mein Vorbild zu
erw�hlen und jene Eigenschaften zu erlangen und im Leben umzusetzen,
die du f�r den Sieg dieser erhabenen, anspruchsvollen,
hell strahlenden, heiligen, wundersamen Sache w�nschtest.�7
Die vertraute Gef�hrtin Shoghi EffendisShoghi Effendis Hochsch�tzung f�r die Zuwendung des Gr��ten
Heiligen Blattes kannte kaum Grenzen. Er versichert, dass
Bahayyih Kh�num seine �vertraute Gef�hrtin�, der �Trost� seines
Herzens und �der eine, gro�e Balsam seines Lebens� war. Wie
wichtig diese zarte Beziehung f�r Shoghi Effendi war, enth�llt die
eindringliche Beschreibung aus einem in seinemAuftrag geschriebenen
Brief: �Dieses Juwel der Unsterblichkeit, dieses kostbare,
erhabene Wesen war des H�ters einzigartiger Trost, seine eine
Gef�hrtin in seinem schMirzarf�llten Leben und ihr gelang es
immer, ihn mit liebevoller Ermutigung und z�rtlichen Worten, mit
unabl�ssiger F�rsorge und mit ihrem L�cheln, das ihn wie eine
Brise aus himmlischen G�rten streifte, geistig zu erquicken.�8
Dieses einmalige, wirklich geheimnisvolle Band zwischen
Bahayyih Kh�num und Shoghi Effendi wird noch aus einem
weiteren, in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief deutlich:
�Die zarte geistige Anh�nglichkeit, die der H�ter f�r sie
f�hlte, und die himmlische Z�rtlichkeit und Zuneigung zwischen
dieser herrlichen Frucht des g�ttlichen Lotosbaumes9
und ihm selbst war ein so starkes Band, dass es sich der Beschreibung
entzieht. Kein Geist kann diesen erhabenen Zustand
erfassen. Dies ist ein wohlgeh�tetes Geheimnis, ein unerschlossenes,
kostbares Mysterium. Zu dieser Ebene kann der7 ebenda, S. 44 (zitiert in Bahayyih Kh�num, Das Gr��te Heilige Blatt
1846 -1932, S. 25); S. 54 f.8 Aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief, in Bahayyih
Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 75, S. 83, S. 76 f.
9 Bahau�ll�h; weiteres im GlossarDas eigentliche Wesen der Beziehung zwischen Shoghi Effendi
und dem Gr��ten Heiligen Blatt l�sst sich nicht wirklich
einsch�tzen, jedoch gew�hren die Berichte von Augenzeugen
und Pilgern fl�chtige Einblicke in diese innige Bindung.
R�h�yyih Kh�num, die Witwe Shoghi Effendis, schreibt, dass
die weitreichenden Verantwortlichkeiten als Oberhaupt des
Baha-Glaubens es dem H�ter erschwerten, einen gro�en
Kreis tiefer pers�nlicher Beziehungen zu anderen Menschen
zu unterhalten. Die engsten Beziehungen hatte er zu den Mitgliedern
der Familie und zu Beginn seiner Amtszeit zu seinen
Mitarbeitern und Sekret�ren. R�h�yyih Kh�num bezeugt:
�Wie treu und zart auch Shoghi Effendis Bande w�hrend seines
ganzen Lebens zu denen waren, die ihm am n�chsten standen,
so verband ihn doch das engste Band mit dem Gr��ten
Heiligen Blatt.�11R�h�yyih Kh�num teilt mit, dass es bis zum Tode des Gr��ten
Heiligen Blattes Shoghi Effendis Gewohnheit war, jeden
Tag allein mit seiner Gro�tante die Hauptmahlzeit einzunehmen,
wobei das Essen auf einem Tischchen in ihrem Schlafzimmer
serviert wurde. Auch verbrachte der H�ter vor ihrem
Lebensende den gr��ten Teil seiner freien Zeit in ihrer Gesellschaft.
12Der H�ter hatte auch die Gewohnheit, nach seinen Zusammenk�nften
mit Pilgern das Gr��te Heilige Blatt in ihrem Zimmer
aufzusuchen. Er sa� dann bei ihr und sprach zu ihr, wobei
er ihr sicherlich Neuigkeiten �ber den Fortschritt des Glaubens
mitteilte. Einmal war Bahayyih Kh�num im Bett, als sie den
H�ter kommen h�rte. Ein Bericht meldet: �Sobald sie Shoghi
Effendis Schritte und das �ffnen der T�r h�rte, machte sie Anstalten
aufzustehen, um in des H�ters Gegenwart zu sitzen. Obwohl
es nur ein kurzer Weg von der T�r zum Bett war, rannte
Shoghi Effendi von der T�r zum Bett und hielt sie sanft zur�ck
mit den Worten `J�iz n�st� (du darfst nicht). Er wollte sie nicht
st�ren.� Die Z�rtlichkeit dieses Austausches ist ergreifend,
11 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 239 f., S. 231
12 ebenda, S. 236; aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen
Brief, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 86
210ebenso das Bestreben des Gr��ten Heiligen Blattes, die Stufe
des H�ters zu respektieren.13Wie eng das Band zwischen Shoghi Effendi und seiner
Gro�tante war und welchen Platz sie in seinem Leben einnahm,
veranschaulicht auch eine Reihe pers�nlicher Erinnerungen,
die R�h�yyih Kh�num mitteilt. Sie schreibt: �Nichts k�nnte
klarer die tiefe Liebe aufzeigen, die er f�r sie hegte, als die
Tatsache, dass am Tage, als wir heirateten, wir in ihr Zimmer
gingen, in dem alles wie zu ihren Lebzeiten geblieben war, um
neben ihrem Bette stehend die schlichte Handlung der Baha-
Trauung, Hand in Hand, zu vollziehen. ...� R�h�yyih Kh�num
enth�llt noch folgendes: �An dem Tage, als er mir sagte, dass er
mich zu seiner Frau erw�hlt habe, steckte er mir den schlichten
goldenen Ring an den Finger, auf dem das Symbol des Gr��ten
Namens eingraviert ist, und den das Gr��te Heilige Blatt vor
Jahren ihm gegeben hatte.�14Die tiefe Bindung, die den H�ter mit dem Gr��ten Heiligen
Blatt verband, wird im �brigen aus dem Bericht R�h�yyih Kh�nums
aus der Zeit nach Bahayyih Kh�nums Hinscheiden deutlich:
�Den Armstuhl, in dem er in ihrem Zimmer immer gesessen
hatte, lie� er an den Platz stellen, wo er sich oft f�r eine
kurze Unterbrechung seiner Arbeit niederlie�, und er benutzte
ihn bis an sein Lebensende; sein Schlafzimmer war angef�llt
mit ihren Fotografien in verschiedensten Lebensabschnitten,
und mehr als ein Bild zeigte ihr Denkmal.�15Das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes nahm dem
H�ter seinen vertrautesten Gef�hrten und bereitete ihm daher
tiefsten SchMirza Das ganze Ausma� seines pers�nlichen Verlustes
zeigt sich im folgenden Auszug aus einem Brief, der in
seinem Auftrag geschrieben wurde:�Man kann sich nicht vorstellen, bis zu welchem Grade
dieses schreckliche, verh�ngnisvolle Ereignis ihn betr�bt
und die Ausstrahlung seines Herzens mehr, als Worte schil13
14�Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence. S. 64
R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 236, S. 238
ebenda, S. 238dern k�nnen, verdunkelt hat. Denn dieses heilige Wesen,
diese leuchtende Person hat ihn mit Herz und Seele und
mit ihrer unendlichen Liebe allezeit in der Umarmung ihrer
himmlischen Z�rtlichkeit gen�hrt und gehegt. Sie war
sein einziger, unsch�tzbarer Gef�hrte, sie war sein alleiniger
Trost in der Welt, und deshalb ist er durch den Verlust
ihrer hohen, w�rdigen Gegenwart so niedergedr�ckt, und
der Heimgang dieses liebenswerten Geistes ist f�r ihn so
schwer zu tragen.�16W�hrend seiner ganzen Amtsperiode als H�ter des Glaubens
verband Shoghi Effendi viele der wichtigsten Unternehmungen,
die er f�r die Entwicklung des Glaubens einleitete, mit dem
Gr��ten Heiligen Blatt. In den ersten Jahren erw�hnte er seine
Gro�tante in seinen Telegrammen und Botschaften. Zum Beispiel
schrieb er oft �das Gr��te Heilige Blatt und ich�, ... um die
enge Verbindung mit ihr zu verdeutlichen. In einem eigenh�ndigen
Nachsatz zu einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief
an Henry und Clara Hyde Dunn, das Ehepaar, das den Baha-
Glauben zu Lebzeiten �Abdu�l-Bahas in Australien eingef�hrt
hatte, schrieb Shoghi Effendi: �Die kommende Baha-Generation
wird ihre Erfolge feiern und verherrlichen. Sie nehmen
wirklich im Herzen des Gr��ten Heiligen Blattes und in meinem
eigenen Herzen einen bleibenden Platz ein, und wir beide werden
nicht nachlassen, f�r sie und ihre geliebten Mitarbeiter die
unverg�nglichen Segnungen des Meisters zu erflehen.�17
Au�er solchen Erw�hnungen in seiner Korrespondenz liebte
es Shoghi Effendi, Bahayyih Kh�num mit seinen Bem�hungen
zur F�rderung der kontinuierlichen Entwicklung des Glaubens
und mit einer Reihe gr��erer Unternehmungen in Verbindung
16 Aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief, in Bahayyih
Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 7817 Shoghi Effendi, zit. in R�h�yyih Rabbani Die unsch�tzbare Perle, S.
236; Shoghi Effendi Messages to the Antipodes, S. 53
212zu bringen, darunter den entt�uschend vereitelten Besuch der
K�nigin Marie von Rum�nien und ihrer Tochter in den heiligen
St�tten der Baha und der Konstruktion des Baues des Hauses
der Andacht in Wilmette, Illinois.Der H�ter machte Bahayyih Kh�num zu seiner Mitarbeiterin
in der t�glichen Arbeit f�r den Glauben. In einem Brief vom
24. November 1924 an den amerikanischen Nationalen Geistigen
Rat machte Shoghi Effendi auf den chaotischen Zustand
der Gesellschaft und auf die lebenswichtige Rolle der Baha
aufmerksam, diese Situation durch die �bermittlung der heilsamen
Botschaft Bahau�ll�hs zu verbessern, indem sie die
Auswirkungen Seiner Lehren in ihrem t�glichen Leben aufweisen.
Der H�ter erlie� im Namen des Gr��ten Heiligen Blattes
und in seinem eigenen Namen folgenden Aufruf:�Ich bitte sie, geliebte Freunde, in ihren Anstrengungen
fortzufahren, nein, sie zu verdoppeln, damit ihr Blick ungetr�bt,
ihre Hoffnungen ungeschm�lert und ihre Entschlossenheit
unersch�ttert bleibe, so dass die Macht Gottes inuns die Welt mit ihrer ganzen Herrlichkeit erf�lle.
In diesem leidenschaftlichen Aufruf steht das Gr��te Heilige
Blatt ganz an meiner Seite. Obwohl an ihrem Lebensabend
tief bek�mmert durch die leidvollen Berichte �ber die
Unterdr�ckung in Persien, richtet sie die tiefste Sehnsucht
ihres Herzens auf ihr Land, wo die Freiheit regiert, in begieriger
Erwartung, noch vor ihrem Hingang die Zeichen desweltweiten Triumphes dieser Sache zu erblicken, die sie so
innig liebt.�18Daraus wird deutlich, dass Bahayyih Kh�num die Aktivit�ten
der Baha-Weltgemeinde aufmerksam verfolgte. Sie war
18 Shoghi Effendi, in Baha Administration, S. 70sich ihrer Bed�rfnisse und ihrer einzigartigen Entwicklungsm�glichkeiten
in den unterschiedlichsten L�ndern bewusst,und sie nahm die Herausforderungen, denen die Gemeinde in
ihrem Geburtsland begegnete, sehr genau wahr.Ein weiteres Beispiel f�r die vereinten Bem�hungen des
H�ters und des Gr��ten Heiligen Blattes, das Fortschreiten des
Glaubens und seiner Lehren zu f�rdern, verdeutlicht ihre Ermutigung
der Baha in Indien, an der Gesamt-Asiatischen Frauenkonferenz
von 1931 teilzunehmen. Shoghi Effendi richtete�ber das Sekretariat des Nationalen Geistigen Rates von Indien
ein Telegramm an die Konferenz. Wie stark das Gr��te Heilige
Blatt und er selbst an diesem bedeutenden Ereignis interessiert
waren, zeigt seine Frage an den Nationalen Geistigen Rat, ob
�die im Namen des Gr��ten Heiligen Blattes und in meinem
eigenen Namen verschickte Botschaft� rechtzeitig eingetroffen
sei, um sie vor den Teilnehmerinnen der Konferenz zu verlesen.
Nachdem dies bejaht wurde, �u�erte er die Hoffnung, dass die
Baha-Konferenzteilnehmer �zu dem Verlauf aktiv beitragen
und damit die Lehren Bahau�ll�hs zur Wirkung bringen.� Er
weist darauf hin, dass dort �zahllose Kontakte verschiedenster
Art zwanglos hergestellt werden k�nnen. Man sollte sich also
bem�hen, diese einzigartige Gelegenheit zu nutzen.�19
K�nigin Marie von Rum�nienBahayyih Kh�num teilte mit Shoghi Effendi die Hochsch�tzung
der Dienste, die Martha Root, die �Stardienerin� und herausragende
Lehrerin, der Sache Bahau�ll�hs leistete. In Gott geht
vor�ber, seinem Buch �ber die Geschichte des Baha-Glaubens,
bezeichnet der H�ter die �berbringung der Baha-Botschaft
an K�nigin Marie im Jahre 1926 und ihre anschlie�ende
Identifizierung mit deren Lehren als den �herrlichsten und
weitaus bedeutungsvollsten� all der bemerkenswerten Dienste,
die Martha Root erbracht hat.2019 Shoghi Effendi, Messages of Shoghi Effendi to the Indian Subcontinent,
S. 69, S. 7020 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 25:31, S. 502
214K�nigin Marie, die Enkelin zweier Monarchen, die Sendbriefe
von Bahau�ll�h empfangen haben und zwar K�niginViktoria und Zar Alexander II war nach den Worten Shoghi
Effendis �eine vollendete Schriftstellerin, eine bezaubernde,
gewinnende Pers�nlichkeit, hoch begabt, mit klarem Blick,
von Natur aus wagemutig, voll Eifer und Flei� bei allen Werken
der Menschenliebe, [und sie] f�hlte ... sich als einzige unter
den K�niginnen, als einzige von k�niglichem Gebl�t und
Rang, veranla�t, Bahau�ll�hs Botschaft in ihrer ganzen Gr��e
aus eigenem Antrieb zu begr��en, Seine Vaterschaft zu verk�nden,
sowie auch die Prophetenschaft Muhammads und allen
M�nnern und Frauen die Baha-Lehren ans Herz zu legen und
deren Kraft, Erhabenheit und Sch�nheit zu preisen.� K�nigin
Maries einzigartigen Beitrag zum Baha-Glauben beschreibt
Shoghi Effendi in folgenden Worten:�Mit ihrem furchtlosen Glaubensbekenntnis vor Freunden
und Verwandten und besonders vor ihrer j�ngsten Tochter,
mit drei Lobgedichten, ihrem gr��ten, bleibenden Verm�chtnis
an die Nachwelt, mit drei weiteren W�rdigungsschreiben,
die sie als ihren Beitrag zur Baha-Literatur verfasste,
mit mehreren Briefen an Freunde und Bekannte sowie an
ihre Ratgeberin und geistige Mutter, mit vielf�ltigen Zeichen
ihres Glaubens und ihrer Dankbarkeit f�r die frohe
Botschaft, die ihr zuteil wurde durch die Baha-B�cher, die
sie und ihre j�ngste Tochter bestellten, und schlie�lich mit
der geplanten, aber nicht zustande gekommenen Pilgerfahrt
ins Heilige Land, wo sie die Stiftergr�ber des Glaubens aufsuchen
wollte mit alledem kommt es dieser erlauchten K�nigin
zu, den ersten Rang unter den k�niglichen St�tzen der
Sache Gottes einzunehmen, die in Zukunft sich aufmachen
werden und von denen jede mit den Worten Bahau�ll�hs
begr��t werden soll als �der Menschheit Auge, leuchtende
Zier auf der Stirn der Sch�pfung, Segensquell f�r die ganze
Welt.��21Die vielen Dienste, die K�nigin Marie dem Baha-Glauben
leistete, und die Geschichte von Martha Roots bemerkenswertem
Verh�ltnis zur K�nigin sind an anderer Stelle geschildert
worden.22 Hier wollen wir uns auf K�nigin Maries�nicht zustande gekommene Pilgerfahrt ins Heilige Land� konzentrieren,
weil das Gr��te Heilige Blatt davon so stark ber�hrt
wurde.23Die K�nigin und ihre Tochter, Prinzessin Ileana, hatten die
Absicht, bei ihren Reisen im Nahen Osten die Heiligen Bahai-
St�tten zu besuchen. In Erwartung der k�niglichen G�ste wurden
in Haifa Vorbereitungen getroffen, um diesen historischen
Besuch zu einem Erfolg werden zu lassen. Das Haus �Abdu�l-
Bahas wurde hergerichtet, und der H�ter lie� Bahau�ll�hs
Sendschreiben an K�nigin Maries Gro�mutter, K�nigin Viktoria,
in Iran in ausgesuchter persischer Kalligraphie abschreiben
und farblich ausmalen, als Geschenk f�r die K�nigin.
Im M�rz 1930 sandte Shoghi Effendi der K�nigin eine
f�rmliche Einladung zum Besuch des Weltzentrums des Glaubens.
Hier der Wortlaut:Siehe Martha Root, Herald of the Kingdom. A Compilation, hsg. von
Kay Zinky und A. Baram. New Delhi (Bahai-Publishing Trust) 1983;
s. auch M.R. Garis, Martha Root Lioness on the Threshold Wilmette,
Illinois (Baha Publishing Trust) 1983; Della L. Marcus, Her Eternal
Crown. Queen Marie of Romania and the Baha Faith. Oxford
(George Ronald) 2000Vgl. z. B. Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, S. 502-509; R�h�yyih
Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 190-194; Della L. Marcus, Her
Eternal Crown.Als eine Reaktion ausblieb, sandte Shoghi Effendi ein weiteres
Telegramm. Endlich traf eine Antwort ein, unterzeichnet
vom rum�nischen Regierungsvertreter in Kairo: �IHRE MAJEST�T
BEDAUERT, SIE NICHT BESUCHEN ZU K�NNEN,Die Absage des Besuches von K�nigin Marie und ihrer
Tochter zu den heiligen Baha-St�tten war ein Anlass tiefer
Entt�uschung nicht nur f�r die K�nigin selbst, sondern ebenso
f�r die Heilige Familie. Shoghi Effendi sprach von der �gro�en
Entt�uschung des hochbetagten Gr��ten Heiligen Blattes, das
ihre Ankunft sehnlich erwartet hatte.� R�h�yyih Kh�num gibt
uns die folgenden schMirzaichen Details der Geschehnisse:
�Ich erinnere mich, dass Shoghi Effendi mir mehrere Male
beschrieb, wie das Gr��te Heilige Blatt Stunde um Stunde
im Hause des Meisters gewartet hatte, um die K�nigin und
ihre Tochter zu empfangen denn Ihre Majest�t war doch
mit dem Schiff nach Haifa gefahren, und diese Nachricht
ermutigte Shoghi Effendi in dem Glauben, dass sie die geplante
Pilgerreise ausf�hren werde; die Zeit verstrich, und
es kamen keine Nachrichten, selbst nachdem das Boot angelegt
hatte. Sp�ter erfuhr der H�ter, dass die K�nigin und
ihre Begleitung auf dem Schiff aufgesucht worden waren
und ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Besuch politisch unklug
sei und nicht zugelassen werden k�nne. Dann wurde sie in
24 Shoghi Effendi, zit. in Della Marcus, Her Eternal Crown, S. 169
25 Ebenda, S. 114einen Wagen gesetzt und schnell aus Pal�stina hinaus in ein
anderes mittel�stliches Land gefahren.�26Das Gr��te Heilige Blatt verfolgte seit den Tagen des Meisters
bis an ihr Lebensende mit wachem Interesse den Fortschritt der
Baha-Gemeinde des Westens. Shoghi Effendi bezeugt, dass,
�als ihr Erdenleben sich dem Ende n�herte, es sehr aufgehellt
wurde durch die glanzvollen Leistungen ihrer getreuen Lieblinge
auf dem amerikanischen Kontinent.� Auch unterstreicht
er �den �berragenden Anteil� der amerikanischen Baha �an
der Linderung der B�rde, die dieses Erhabenste Blatt an seinem
Lebensabend so heroisch auf sich nahm.�27Ganz besonders interessierte sich Bahayyih Kh�num f�r
die Fortschritte beim Bau des Baha-Hauses der Andacht in
Wilmette, Illinois, dieses �einzigartige Geb�ude�, das Shoghi
Effendi als �die erste Frucht der langsam reifenden Gemeindeordnung,
das edelste Bauwerk, das im ersten Baha-Jahrhundert
errichtet wurde [und als] Sinnbild und K�nder einer
kommenden Weltzivilisation� beschrieb.28 Dieses historische
Unternehmen �eine Glanzleistung der Gemeindeordnung des
Glaubens Bahau�ll�hs im ersten Baha-Jahrhundert� wurde
zu Lebzeiten �Abdu�l-Bahas begonnen. Er selbst hatte im Jahre
1912 den Grundstein gelegt. Die abschlie�enden Stadien in
seiner Baugeschichte sind eng verbunden mit der Erinnerung
an das Gr��te Heilige Blatt, den Reinsten Zweig und an ihre
Mutter. Die ganze Baugeschichte dieses Hauses der Andacht
ist an anderer Stelle berichtet worden. Es versteht sich, dass die
kleine, noch keimhafte Baha-Gemeinde bei diesem gro�en,
vielschichtigen Bauprojekt mit gewaltigen Schwierigkeiten zu
k�mpfen hatte. Unter gr��ten Anstrengungen wurden Geldmit
26 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 25:42, S. 506; R�h�yyih Rabbani,
Die unsch�tzbare Perle, S. 193 f.27 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 52, S.
5928 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 22:44, S. 455
218tel beschafft, das Baugel�nde erworben und die notwendigen
Vorbereitungen f�r den Baubeginn getroffen. Die Vertr�ge f�r
die Errichtung des Tiefgeschosses kamen 1920 und 1921 zustande.
Auch nach dem Baubeginn wurde der Fortgang immerwieder f�r lange Zeitabschnitte unterbrochen, bis das Geld f�r
den n�chsten Bauabschnitt zusammengekommen war.291928 stellte der Nationale Geistige Rat von Amerika Geldmittel
f�r den Innenraum des Tiefgeschosses, die so genannte Foundation
Hall (Gr�ndungshalle), bereit und beschloss, diesen Raum
erstmals f�r die Baha-Nationaltagung im gleichen Jahr zu nutzen.
Dies war ein begeisterndes Erlebnis f�r die Delegierten und
die �brigen Teilnehmer, weil sie im Untergeschoss des k�nftigen
Tempels zusammen kamen. Bei diesem Anlass zeigte sich auch
wieder das unverminderte Interesse des Gr��ten Heiligen Blattes
am Fortschritt dieses bedeutsamen Bauwerks. Der folgende Bericht
schildert die Er�ffnungsszene der Nationaltagung:�Nachdem mehrere Sendschreiben und Gebete Bahau�ll�hs
vorgetragen und gesungen worden waren, trat Corinne True
[jene Baha, die von �Abdu�l-Bahá den besonderen Auftrag
erhalten hatte, f�r den Weiterbau des Tempels Sorge zu tragen]
ans Pult. W�hrend Mrs. Trues Pilgerreise 1928 hatte
�Abdu�l-Bahas Schwester Bahayyih Kh�num ihr ein gro�es
P�ckchen Tee und eine Flasche mit Rosen�l �berreicht, das
bei den Er�ffnungsfeierlichkeiten verwendet werden sollte.
Mrs. True �berbrachte den versammelten Baha die liebevollen
Gr��e Bahayyih Kh�nums und schenkte dann jedemeine Tasse von diesem besonderen Tee aus. Parvin Baghdadi,
die j�ngste Tochter von Dr. Zia Baghdadi, salbte jeden
Delegierten mit dem Rosenwasser, dessen besonderer Duft
bald die ganze Halle erf�llte.�301929 schenkte Shoghi Effendi dem amerikanischen Nationalen
Geistigen Rat einen ausgesuchten, kostbaren persischen
29 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 22:42, S. 454; Bruce W. Whitmore,
The Dawning PlaceTeppich. Er sollte verkauft und der Erl�s f�r den n�chsten Bauabschnitt
des Tempels verwendet werden. In dem Brief, derdieses Geschenk ank�ndigte, betonte der H�ter die Wichtigkeit
der Vollendung dieses Unternehmens f�r das Ansehen des
Glaubens und erw�hnte auch einige der Schwierigkeiten, die
dabei auftreten w�rden. Er bezeichnete die Beschleunigung
der Arbeiten am Haus der Andacht als Bahayyih Kh�nums
�sehnlichsten Wunsch� und unterstrich die Bedeutung, die sie
diesem Projekt beima�. Er erw�hnt �die Hoffnungen und Bef�rchtungen
des Gr��ten Heiligen Blattes, die jetzt an ihremLebensabend steht, der durch schwindendes Augenlicht sowie
abnehmende Kr�fte immer mehr �berschattet wird�, und f�gte
hinzu, dass sie �die Sehnsucht [habe], als den ihr verbliebenen
Trost in ihrem rasch dahinschwindenden Leben die Nachricht
vom Fortgang der Arbeiten an einem Bauwerk zu vernehmen,
dessen Sch�nheit sie von �Abdu�l-Bahas eigenen Lippen zu bewundern
gelernt hatte.�31Als 1931 der �berbau des Tempels fertiggestellt war, versammelten
sich die Abgeordneten im Gro�en Saal zur Nationaltagung.
Von Shoghi Effendi traf im Verlaufe dieser Tagung[DURCH] ANBRINGEN �USSERER ZIER [ZU] VERVOLLST�NDIGEN.
UNSCH�TZBARER SEGEN WIRDIm Bewusstsein, dass dies die letzten Jahre in Bahayyih
Kh�nums Leben waren, dr�ngte Shoghi Effendi die amerikanischen
Gl�ubigen, die Vollendung der Kuppel voranzutreiben.
�Meine Stimme�, so schreibt er, wird�weiter verst�rkt durch das leidenschaftliche, vielleicht das
letzte Flehen des Gr��ten Heiligen Blattes, deren Geist
nun am �bergang zum gro�en Jenseits schwebt und sich
danach sehnt, auf seinem Flug in das Reich Abha, in die
Gegenwart eines g�ttlichen, eines allm�chtigen Vaters, ein
Zeichen der Gewissheit f�r die freudige Vollendung eines
Unternehmens mit sich zu f�hren, dessen Fortschritte ihr
die letzten Tage ihres Erdenlebens so strahlend erhellt haben.
Dass die amerikanischen Gl�ubigen, jene k�hnen,beherzten Pioniere des Glaubens Bahau�ll�hs, einm�tig
mit derselben spontanen Gro�z�gigkeit, demselben Ma�
an Selbstaufopferung antworten werden, wie sie ihre Antworten
auf die Appelle des Gr��ten Heiligen Blattes in der
Vergangenheit gekennzeichnet haben, daran kann niemand
zweifeln, der mit der Lebendigkeit ihres Glaubens vertraut
ist.�33Als dann der Nationale Geistige Rat beschloss, unverz�glich
mit den Arbeiten an der Au�endekoration des Tempels zu
beginnen, telegrafierte der H�ter am 10. Juni 1932: �FOLGENSCHWERE
ENTSCHEIDUNG [IHRES] RATES BIRGT UNNENNBARE32 Shoghi Effendi, zit. in Bruce W. Whitmore, The Dawning Place, S. 157
33 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 106
221Es wird deutlich, dass das Gr��te Heilige Blatt die starke
Besorgnis des H�ters um den Fortgang des Tempelbaus teilte
und ebenso, wie er von den Bem�hungen der Gl�ubigen begeistert
war, das Projekt voranzutreiben. In diesem Zusammenhang
ist eine Stelle aus einem Brief von Interesse, der im Auftrag
des H�ters kurz nach dem Hinscheiden seiner Gro�tante
geschrieben wurde. Darin wird ein Vorfall erw�hnt, der sich
bei der Nationaltagung 1932 ereignete, und wie sie darauf reagierte.
Die Teilnehmer hatten auf eindrucksvolle Weise auf einen
Fonds angesprochen, der im Namen des Gr��ten Heiligen
Blattes eingerichtet wurde, um die Au�endekoration am Haus
der Andacht fertigzustellen. Eine der Baha-Frauen, Mrs. Parsons,
l�ste sich in einer spontanen Reaktion eine wertvolle
Perlenkette vom Hals, um mit diesem Beitrag das Ziel dieses
Fonds zu erreichen. In dem Brief hei�t es: �Die bei der letzten
Nationaltagung von den amerikanischen Gl�ubigen, zumal von
unserer teuren Schwester Frau Agnes Parsons, zum Ausdruck
gebrachte unerm�dliche Begeisterung und Hoffnung, reine
Selbstverleugnung und Liebe haben ihren Lebensabend unendlich
aufgeheitert. Shoghi Effendi vertraut darauf, dass ihr Andenken
die Freunde in ihrem st�ndig fortschreitenden Wirken
zunehmend best�rken und ermutigen wird.�35Ein Beweis daf�r, wie wichtig die Vollendung des Hauses
der Andacht in Wilmette f�r Bahayyih Kh�num war, ging dem
Nationalen Geistigen Rat der Baha von Amerika kurz nach
ihrem Hinscheiden zu. Der H�ter schreibt �ber seine geliebte
Mitarbeiterin:�Nach dem Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes ist
mein Herz von uns�glichem Schmerz erf�llt. Mich tr�stet
der Gedanke, dass der gro�e Erfolg, den die vereinten Bem�hungen
der amerikanischen Gl�ubigen unter ihrer wei35 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf S. 68sen, f�higen F�hrung errungen haben, die letzten Tage ihres
kostbaren Lebens ungemein erleuchtet hat. Gebe Gott, dass
die anhaltenden Bem�hungen dieser kleinen Schar ihrer hingebungsvoll
Liebenden, die ihrem gesegneten Herzen solchgro�e Freude bereitet haben, ihrer Seele weiterhin Genugtuung
bescheren und zur festgesetzten Zeit ihren h�chsten
Wunsch und ihre teuerste Hoffnung f�r die Sache Gottes in
Ihrem Land erf�llen werden. Die Fertigstellung des Tempels,
die Verkleidung seiner nackten Kuppel, die Vollendung seiner
kunstvollen Au�endekoration das ist der beste, wirksamste
Weg, wie die amerikanischen Gl�ubigen, die Empf�nger
ihrer zahllosen Gunstbeweise, ihr treues Andenkenund ihre Dankbarkeit f�r die unendlichen Segnungen, mit
denen sie sie �bersch�ttete, beweisen k�nnen.�36Abgesehen von ihrer Mitwirkung an wichtigen Projekten unter
der Leitung Shoghi Effendis Beispiele daf�r wurden bereits
gegeben blieb das Gr��te Heilige Blatt die Dienerin der
Baha-Gemeinde bis an ihr Lebensende. Trotz schwindenden
Augenlichts und nachlassender Gesundheit, wodurch sie
manchmal ans Bett gefesselt war, schrieb Bahayyih Kh�num
Ermutigungsbriefe an Gl�ubige und betreute aktiv die Baha-
Pilger bis zu ihrem Tod im Jahre 1932.Obwohl Bahayyih Kh�nums Korrespondenz mit den Baha
und ihren Institutionen gegen Ende ihres Lebens abnahm,
zeigen die Briefe doch ihr genaues Verst�ndnis der Lage der
Baha-Gemeinden in aller Welt und der Wirksamkeit der Lehren
Bahau�ll�hs f�r die L�sung der Weltprobleme. In einem
ihrer Briefe schreibt sie: �Es ist f�r mich immer herzerqui
36 Shoghi Effendi, ebenda S. 49ckend, von den lieben Freunden zu h�ren, von ihren Herzen
voller Liebe und Hingabe, von ihrem Wunsch, dieser Gesegneten
Sache zu dienen, die Bahau�ll�h aller Welt verk�ndet
hat, damit die nationalen, rassischen und religi�sen Vorurteile
aufgegeben, die ganze Welt als ein Heim und alle Menschen
als Br�der angesehen werden.� Weiter versichert sie den Briefempf�nger
ihrer Gebete um den Segen f�r seinen Dienst an der
Sache Gottes und schlie�t folgende Worte der Ermutigung an:
�Eine einzige Seele wird, wenn sie v�llig selbstlos, ergeben und
randvoll vom Geist der Liebe und Dienstbarkeit erf�llt ist, sehr
viel f�r den Fortschritt der Sache bewirken, wo auch immer
sie sich befindet. Seien sie gewiss: Wenn sie sich zum Dienst
erheben, dann gelten die Worte des Geliebten Meisters: Nichts
ist euch unm�glich, wenn ihr Glauben habt. Wie ihr Glauben
habt, so werden euer Einfluss und eure Segnungen sein.� Zum
Abschluss schreibt sie: �Ich �bermittle ihnen die liebevollen
Baha-Gr��e Shoghi Effendis und der ganzen Familie und
versichere sie nochmals unserer innigen Gebete, dass sie bef�higt
werden, dem Reiche Gottes gro�e Dienste zu leisten.�37
Als weiteres Beispiel der Ermutigung soll ein Zitat aus
einem Brief des Gr��ten Heiligen Blattes von 1929 dienen, in
dem sie ihre Freude �u�ert, die �lieben Freunde in Amerika� zu
treffen oder von ihnen zu h�ren. Ihre Freude, so erl�utert sie,
r�hrt daher, dass �der Geliebte Meister uns so viel �ber Seinen
Besuch in ihrem Land erz�hlte und wir ganz sicher sind,
dass die Lehren der Gesegneten Vollkommenheit, die Er dort
�berbrachte, nicht auf unfruchtbaren Boden gefallen sind und
der Tag nicht fern ist, an dem eine reiche Ernte eingefahren
wird.�38Ein Brief aus dem Jahre 1929 an den �rtlichen Geistigen
Rat von Teheran belegt den fortdauernden Einsatz des Gr��ten
Heiligen Blattes f�r die St�rkung der Geistigen R�te. Sie ist erfreut
�ber �die gl�nzenden Erfolge und hervorragenden Dienste�
der Mitglieder dieses Geistigen Rates und best�tigt ihnen,
dass ihr Herz deswegen �von �u�erster Freude und Zuversicht
37 Bahayyih Kh�num, ebenda S. 224 f.erf�llt� ist. In Beantwortung einer Anfrage des Geistigen Rates
wegen der H�user Bahau�ll�hs in Teheran f�gt sie hinzu:
�Sie haben mich nach meiner eigenen Kenntnis und nach meinen
Erinnerungen bez�glich der heiligen H�user in Teheran
gefragt. Da ich zu jener Zeit noch sehr jung war, sind diese
gesegneten Orte und Anwesen leider ganz meinem Ged�chtnis
entschwunden.�39Bahayyih Kh�num war bis in ihre letzten Lebenstage aktiv
um die Baha-Pilger bem�ht. Wer das Vorrecht hatte, mit ihr
zusammenzutreffen, machte eine zutiefst beeindruckende Erfahrung.
Shoghi Effendis Briefe geben eine gewisse Vorstellung
von der Wirkung, die Bahayyih Kh�num auf die Pilger
aus�bte. Einmal schreibt er: �Welcher Quell der Erleuchtung
war sie den Pilgern, die aus allen Ecken und Enden der Welt
kamen, um an den Heiligen Schreinen geistige Wiedergeburt
zu suchen! Gewiss werden sie die gesegneten Augenblicke in
Erinnerung behalten, die sie in ihrem Zimmer oder anderswo
in ihrer Gegenwart erlebten, und im Gedenken an ihre Leiden
werden sie den Mut finden, ihre eigenen Lebensprobleme zu
bestehen.� Und zum Abschluss: �M�ge Gott uns allen helfen,
ihrem Beispiel zu folgen und wie sie zum Segen f�r andere zu
werden!�40In einem weiteren Brief, der in seinem Auftrag geschrieben
wurde, spricht der H�ter von dem Gl�ck derer, die Gelegenheit
hatten, seiner Gro�tante zu begegnen: �Immer war sie ein
solcher Quell des Mutes und der Hoffnung f�r die Pilger aus
allen Gegenden der Welt, die mit ihr zusammentreffen durften,
dass sie gest�rkt und noch fester entschlossen fortgingen,
der Sache zu dienen und alles auf diesem Pfade zu opfern.
Dies galt ganz besonders in der Zeit nach dem Hinscheiden
des Meisters, als sie sp�rten, dass das Gr��te Heilige Blatt
39 Ebenda, S. 22640 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda, S.
88der einzige w�rdige Nachfahre aus Bahau�ll�hs unmittelbarer
Verwandtschaft war.�41Sehr interessant sind die Berichte von Pilgern und anderen
Besuchern, die das Gl�ck hatten, in Bahayyih Kh�nums letzten
Lebensjahren Augenblicke mit ihr zu verbringen. Diese
Berichte lassen etwas von der Art ihrer T�tigkeit und von den
Eigenschaften erkennen, die sie offenbarte. Sie zeugen von
fruchtbaren Tagen, trotz zunehmender k�rperlicher Gebrechen.
Keith Ransom-Kehler, eine amerikanische Gl�ubige, die
1926 das Heilige Land besuchte, schildert ihre Eindr�cke von
ihrer Begegnung mit dem Gr��ten Heiligen Blatt und den anderen
Frauen aus dem Haushalt �Abdu�l-Bahas:�Bahayyih Kh�num, �Abdu�l-Bahas Schwester, hat seit ihrem
f�nften Lebensjahr Schicksale und Leiden durchlebt,
wie sie sich keine Frau aus dem Westen auch nur entfernt
vorstellen kann. Zart, Wohlgeruch verbreitend, unersch�tterlich,
gefestigt, bewegt sie sich durch die wechselvollen
Zust�nde der Welt wie ein Stern auf seiner festgelegten
Bahá am Himmelszelt. Unter dem unmittelbaren Eindruck
solcher Frauen wie �Abdu�l-Bahas Schwester undSeiner Ehefrau erscheinen die kuriosen kleinen Zeugnisse
unserer �Festigkeit� praktisch bedeutungslos. Das selbstgef�llige
Gehabe des westlichen Menschen, wenn er f�rSeine Sache einen kleinen Dienst erbracht hat, ist in Haifa
unbekannt. ... �Abdu�l-Bahas T�chter sind rastlos Tag und
Nacht damit besch�ftigt, durch ihre Taten unausgesetzter
Freundlichkeit dieses feste Bollwerk gegen die M�chte
von Ignoranz, Vorurteil und Bosheit, diese Vorposten
des Dienstes, der Liebe und des Friedens aufzubauen, die
die Grenzlinie einer ganz anderen Welt markieren. Wir
erblicken in diesen ... Frauen einen niemals wankenden
Glauben, ein stets gleichbleibendes Geschenk, eine unerm�dliche
Liebe sozusagen himmlische Karyatiden42 ,42 Karyatide: Archit. weibl. S�ulenfigur als Geb�lktr�gerin
226die auf ihren H�uptern das Gef�ge der neuen Weltkultur
tragen.�43Im Jahr 1927 kam Dr. Gertrude Richardson Brigham, eine
amerikanische Baha, als Pilgerin ins Heilige Land. Sie erinnert
sich, dass der Nachmittag, den sie mit den Damen des
Heiligen Haushalts verbrachte, f�r sie das �gr��te Erlebnis�
war. Die Begr��ung durch die Witwe �Abdu�l-Bahas und die
Zusammenkunft mit dem Gr��ten Heiligen Blatt beschreibt
sie so: �Bahayyih Kh�num, die erlauchte Schwester �Abdu�l-
Bahas, kam auch, und beide waren sehr herzlich zu mir. Es
war ihnen offenbar recht, dass ich gerade jetzt kam, wo keine
anderen Besucher da waren. Bahayyih Kh�num sieht zerbrechlich
aus, aber beide gaben an, dass sie bei normaler Gesundheit
seien, und sie interessierten sich lebhaft f�r alles, was unter den
Baha vorging.�44Die Lebenskraft des Gr��ten Heiligen Blattes und ihrer
Schw�gerin, die beide sehr betagt waren, beeindruckte Dr. Brigham
nachhaltig. Sie schreibt, dass �sie begierig waren, von den
amerikanischen Baha zu h�ren und sich nach Freunden erkundigten,
die ich nur dem Namen nach kannte. Sie sagten, dass
Nachrichten vom Fortschritt der Baha-Arbeit ihnen die gr��te
Freude bereiteten, und dass dies ihr Lebenselixier sei.�45
Aus Sorge, dass sie sich vielleicht zu lange aufhalte und
dass die Damen erm�deten, machte Dr. Brigham wiederholt
Anstalten zu gehen, aber sie beschworen sie, der Besuch sei zu
kurz. Sie erinnert sich, dass man an diesem Nachmittag �ber
vieles sprach, und dass die Frauen sie ermutigten, die Baha-
Lehren gr�ndlich zu studieren und eine aktive Dienerin des
Glaubens zu werden. Zuletzt wartete auf Dr. Brigham noch
eine besondere �berraschung. Als sie im Begriff war zu gehen,
f�hrte das Gr��te Heilige Blatt, die Bewahrerin der heiligen
Reliquien, sie ins Nebenzimmer, um die Bildnisse des
43 Keith Ransom-Kehler, Excerpts from my Diary, in Star of the West 17,
Nr. 8 (1926), S. 258 f.44 Gertrude Richardson Brigham, A Modern Pilgrimage to Baha
Shrines, in Star of the West 18, Nr. 9 (1925), S. 280
45 Ebenda, S. 280B�b, Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas zu betrachten. Dies war
ein besonderes Vorrecht f�r Baha-Pilger und eine einmalige
Gelegenheit, denn diese Bildnisse werden nicht vervielf�ltigt
und aus grunds�tzlichen Erw�gungen nicht unter den Baha
in Umlauf gesetzt.46In ihrer Eigenschaft als Bewahrerin der heiligen Andenken
und der Bildnisse von B�b und Bahau�ll�h versah das Gr��te
Heilige Blatt einen wichtigen Dienst nicht nur f�r die ankommenden
Pilger, sondern auch f�r k�nftige Baha-Generationen.
Sie war sich der Bedeutung dieser Gegenst�nde f�r die Nachwelt
vollkommen bewusst. Sie nahm sie in sorgf�ltige Obhut
� die Bildnisse wurden in ihrem Zimmer aufbewahrt und
bezeigte eine Haltung tiefer Verehrung f�r das, was sie repr�sentierten.
Hierf�r zeugen auch die Erinnerungen eines Gl�ubigen,
der als Kind im Hause �Abdu�l-Bahas wohnte: �Wie oft
betrat ich diesen Raum in gro�er Ehrerbietung und kniete nieder,
wie wir es immer vor den Bildnissen Bahau�ll�hs und des
B�b taten, und sah zu, wie das Gr��te Heilige Blatt dort sa�
und and�chtig die Bildnisse enth�llte und sie nach Abschluss
der Besichtigung wieder verschloss.�47Bahayyih Kh�num liebte alles Sch�ne und h�rte besonders
gern persischen Gesang. Abu�l-Q�sim Faiz�, der sp�ter vom
H�ter in einen hohen Rang berufen wurde, beschreibt in seinen
Erinnerungen, wie er w�hrend seiner Studienzeit an der amerikanischen
Universit�t in Beirut seine Ferien in Haifa verbringen
durfte. Einmal wurde eine kleine Gruppe von Studenten
eingeladen, vor dem Gr��ten Heiligen Blatt Texte zu singen.
Man lie� sie in die Gegenwart des Gr��ten Heiligen Blattes
vor, wobei auch Munírih Khánum, die Witwe �Abdu�l-Bahas,
und einige andere Frauen des Haushalts zugegen waren. Er
schreibt: �Wir Studenten durften diesen sch�nen Zuh�rerinnen
direkt gegen�ber sitzen. Kh�num sa� ganz still, ihre lilienwei�en
H�nde ruhten leicht auf ihrem Scho�. Sie war eine K�nigin,
die Liebe und Ehrfurcht weckte, und an ihrem erhabenen
Thron brachten wir unsere dankbaren Herzen dar. Ihr Blick
46 Ebenda, S. 28247 �Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence, S. 63
228sprach Liebe, aber sie redete uns nicht an. Die Frau des Meisters,
Munírih Khánum, sprach f�r sie. Sie begr��te uns bei der
Ankunft, und am Ende unseres Programms, das aus Gebeten,
Liedern und Baha-Gedichten bestand, dankte sie uns herzlich
in Kh�nums Namen.�48Als die Studenten bei anderer Gelegenheit nochmals eingeladen
wurden, f�r Bahayyih Kh�num zu singen, notierte Mr.
Faiz�: �Dieses Mal sagte sie, sie w�rde gerne eines der Lieder
h�ren, die in Iran von Arbeitern gesungen werden, wenn sie
abends von der Arbeit nach Hause gehen. Sie fragte uns, ob
jemand solche Lieder kenne. Es �berraschte uns, dass Kh�num
sich noch an diese Lieder erinnerte, die sie als kleines M�dchen
auf den Stra�en von Teheran geh�rt haben musste. Vielleicht
hatte der Anblick der Gruppe jugendlicher Perser oder die Musik
der t�r (ein persisches Saiteninstrument) bei ihr die Erinnerung
an jene fr�hen Tage wieder geweckt.�49Auch in ihrer allerletzten Zeit war das Gr��te Heilige Blatt
den Pilgern weiterhin ein bewegendes Vorbild. Gebrechlich
und vom Alter gebeugt, zeigte sie doch eine Haltung, die die
Baha ermutigte und begeisterte. Marjorie Morton, eine amerikanische
Baha aus den fr�hen Tagen, brachte damals das�Wir aus dem Westen haben sie nur in ihren sp�ten Lebenstagen
gekannt. Aber in unserem Herzen regte sich niemals
der Wunsch, sie lieber in ihrer Jugend oder als junge Frau
erlebt zu haben, statt in den Jahren der Erf�llung. Sie zeigte
nichts von dem Gebaren, das wir �blicherweise mit dem
Alter assoziieren. Uns erscheint hohes Alter meist nachdenklich,
�ber die Schulter zur�ckblickend, seufzend vorErinnerungen, die zwischen Buchseiten, welche die Jahre
umgebl�ttert haben, an Profil verloren haben die zwar wom�glich
noch deutliche, scharfe Konturen aufweisen, aberdie F�lle und Farbigkeit lebendigen Gef�hls eingeb��t ha
48 A. Q. Faizi, zit. in �Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence,
S. 62ben. Sie hatte es nicht n�tig, die Seiten zur�ckzubl�ttern,
um die Spuren entschwundener Stunden einzufangen. Die
entscheidenden Str�nge des Vergangenen waren mit den F�den
des Gegenw�rtigen zum Geflecht des Heute verwoben.
Ihr Jetzt verk�rperte die ganze Summe ihres Ehedem.�50
Keith Ransom-Kehler, eine hochgesch�tzte amerikanische
Baha, die als letzte der Pilger aus dem Westen mit Bahayyih
Kh�num zusammentraf, zeichnet ein abschlie�endes Bild des
Gr��ten Heiligen Blattes. Mrs. Ransom-Kehler hielt sich vor
ihrer Abreise nach Iran, wo sie eine Mission f�r den Glauben
zu erf�llen hatte, im Heiligen Land auf. Ihr Besuch beim Gr��ten
Heiligen Blatt fand gerade einen Monat vor deren Tod statt.
In ihrem Tagebuch notierte sie:�Das Gr��te Heilige Blatt hatte eine solch helle Ausstrahlung
von Sch�nheit und himmlischer Liebe, wie ich sie nie
bei einem Menschen erlebt habe. In ihrer Gegenwart wurde
die Seele still und erhaben. Sie war wie ein Vogel bei Tagesanbruch,
wie Fr�hlingsanfang, eine Stadt an fernem Horizont
� alles, was uns erstaunen l�sst und die Tiefe, nicht die
Erregung des Herzens, enth�llt.Zweimal zog sie meinen Baha-Ring ab, hielt ihn eine Weile
und legte ihn mir umgedreht wieder an. Zweimal blies sie
auf meine Handfl�che, ein s��er, k�hler, k�stlicher Hauch,
und dann rief sie jubelnd: Jetzt ist es gut.Ihr Geist war nie ganz klar, au�er im Augenblick des Abschiednehmens.
Sie streckte ihre zarte Hand aus, dr�ckte meine Wange fest
an die ihre und tat so einen Ausruf in der Art eines Liebenden.
Ich war durch ihr liebes Wesen ganz �berw�ltigt.Marjorie Morton, Bahayyih Kh�num, in Baha World 5 (1932-1934), S.
184Fast die ganze Zeit sang sie mit leiser, wundervoller Stimme
ein gro�artiges Tablet oder ein Gedicht, und dabei streichelte
sie mir die Hand oder fasste mir unter das Kinn.�51
Mrs. Ransom-Kehler erw�hnt, dass sie am Abend vor ihrem
Abschied bei den Damen des Haushalts zum Tee geladen war.
Im Tagebuch h�lt sie fest:Bahau�ll�hs in der Nacht des Hinscheidens hatte ihr sehr
zugesetzt. Jeden Sonntag bestand sie darauf, an der Versammlung
auf dem Berg Karmel teilzunehmen: Sie mussteIhre Aufmerksamkeit, Herzensg�te und Ausgeglichenheit,
ihre vollkommene Hingabe an das Geistige lie�en niemals
nach bis zur letzten Stunde, an der ich sie sah, gerade einen
Monat und einen Tag vor ihrem Hingang.Als ich mich dann verabschiedete, half ihr D�y� [ihre Nichte]
trotz meines Einspruchs auf die Beine. Sie schloss mich,
ach, so z�rtlich in ihre unsch�tzbaren Arme mit den Worten:
�Wenn sie in Persien sind, m�chte ich, dass sie jedem
Baha im ganzen Land, M�nnern ebenso wie Frauen, meine
liebevollen Gr��e �bermitteln. Und wenn sie die heilige
Stadt Teheran erreichen, betreten sie sie in meinem Namen
und lehren sie dort in meinem Namen.� �52Aus der vorstehenden Darstellung wird deutlich, dass ein
pr�gendes Element der letzten Lebensjahre des Gr��ten Heiligen
Blattes das tiefe Band zwischen ihr und dem H�ter war.
Diese Herzensbindung reichte �ber die pers�nliche Ebene weit
hinaus. Beide teilten die gleiche Vision von der k�nftigen Ent
51�Excerpts from Diary of Mrs. Keith Ransom-Kehler�, in Baha World
5 (1932-1934), S. 187faltung des Baha-Glaubens, und f�r beide war der Fortschritt
und der erfolgreiche Abschluss zeitlich abgestimmter Pl�ne
und Projekte das wichtigste Anliegen. Trotz der schwindenden
k�rperlichen Kr�fte Bahayyih Kh�nums war der Fortschritt der
Baha-Religion in ihrem hohen Alter genauso wie in ihren
fr�heren Lebensphasen der alles beherrschende Brennpunkt
ihrer Existenz. Der Dienst an der Sache ihres geliebten Vaters
war die ganze Freude ihres Daseins und ihr Herzenswunsch.
Mit dem Mittel der Ermutigung und durch ihr eigenes Beispiel
gelang es ihr, die Baha zur Mitarbeit auf dem weiten Feld des
Dienens anzuspornen.In ihrer letzten Lebensphase litt das Gr��te Heilige Blatt
zunehmend unter den �Unp�sslichkeiten, Pr�fungen und
Krankheiten�, die so oft mit dem Alter einhergehen. Shoghi
Effendi bezeugt, dass sie, obwohl sie �schwach und meistens
an das Zimmer gefesselt�, �ein Quell dauernder Freude
und Erleuchtung f�r alle war, denen sie begegnete.� �Alle
Leiden,� so bekr�ftigt er ebenfalls, �die sie w�hrend ihres
Lebens erfahren musste und die ihre Spuren in ihrem abgezehrten
K�rper hinterlie�en, hatten nicht im geringsten ihren
heiteren und hoffnungsvollen Geist ged�mpft. Sie wollte die
Menschen gl�cklich sehen und setzte alles daran, es ihnen zu
erleichtern, dieses zu verwirklichen.� Marjorie Morton, eine
amerikanische Baha, hinterl�sst uns folgende Beschreibung
des Gr��ten Heiligen Blattes an ihrem Lebensende: �Kurz
vor ihrem Tode zeichneten ihre schwindenden Kr�fte ein intensiveres
und sch�rfer konturiertes Bild ihres wahren Herzens
und Geistes. Es war, als lie�e sie zuerst die gewohnheitsm��igen
�u�erungen des Geistes und die verg�nglichenSinneswahrnehmungen hinter sich, um bis zum Ende die
wesentlichen Elemente ihres Seins festzuhalten, ungetr�bt
von k�rperlichem Leiden und SchMirza Aus ihrem L�cheln
sprachen immer noch St�rke, Heiterkeit, Z�rtlichkeit und jene
Liebe, die zugleich Anerkennung und Geschenk waren. Und
so hinterlie� sie der Erinnerung einen letzten, klaren Beweis
ihres ganzen Lebensmusters.�1In diesem Kapitel erforschen wir das Hinscheiden des
Gr��ten Heiligen Blattes, die unmittelbare Wirkung dieses
Ereignisses auf die Baha-Gemeinde und die Verbindung, die
zwischen ihrer Ruhest�tte und der Errichtung der Institutionen
des Glaubens am Baha-Weltzentrum besteht.Shoghi Effendi, zit. in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S.
54; aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda
S. 85 f.; Marjorie Morton, Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,
S. 185Bahayyih Kh�num starb in Haifa �eine Stunde nach Mitternacht
am Freitag, dem 15. Juli� 1932 in ihrem sechsundachtzigsten
Lebensjahr. Ungeachtet ihres fortgeschrittenen Alters
und ihrer angegriffenen Gesundheit nannte der H�ter ihren Tod
dennoch �tragisch in seiner Pl�tzlichkeit.� �ber die Reaktion
der Baha auf die Nachricht ihres Hinscheidens schreibt er:
�So unvermeidlich dieses furchtbare Ereignis uns allen erschien
und so klar wir es hatten kommen sehen, sind wir doch
in dieser schrecklichen Stunde, da es wirklich eingetreten ist,
... fassungslos und untr�stlich.�2Bahayyih Kh�nums Todesnachricht erreichte Shoghi Effendi,
als er sich in der Schweiz aufhielt. Er beklagte sein Fernsein
ausdr�cklich. In einem Brief, den er damals schrieb, dr�ckt er
seinen Verlust und sein Bedauern aus. �Wehe,� schreibt er,
�dass ich nicht bei ihr sein konnte am Ende ihrer Erdentage, in
dem Augenblick, als sie zu ihrem Herrn und Meister aufstieg
und ihr zerbrechlicher Leib zu Grabe getragen wurde. Nicht f�r
mich war diese Ehre, dieses hohe Vorrecht, denn ich war weit
entfernt, beraubt, ausgeschlossen.�3Unmittelbar nach dem Eintreffen der Nachricht von Bahayyih
Kh�nums Aufstieg informierte Shoghi Effendi die Baha
in Ost und West. Sein Telegramm vom 15. Juli 1932 an den
amerikanischen Nationalen Geistigen Rat beschreibt die historische
Bedeutung ihres Todes und seine pers�nliche Reaktion,
bestimmt den Standort ihres Ruheplatzes am Berg Karmel
und ruft zu einer neunmonatigen Zeit der Trauer auf. Das Telegramm
hat folgenden Wortlaut:Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 80; Shoghi Effendi,
ebenda S. 62; aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen
Brief, ebenda S. 67; Shoghi Effendi, ebenda S. 31Au�erdem rief der H�ter den Nationalen Rat auf, bestimmte
Schritte in der Baha-Gemeinde zu veranlassen: �INFORMIEREN
SIE �RTLICHE R�TE UND GRUPPEN ANGEMESSENEHEILIGER ERFAHRUNGEN, SO REICH [AN] UNVERG�NGLICHEN
ERINNERUNGEN. EMPFEHLE AUSSERDEMZwei Tage sp�ter schrieb Shoghi Effendi eine bewegende
Huldigung f�r seine geliebte Gro�tante, die einen tiefen Einblick
in die Gedanken und Gef�hle erm�glicht, die sein trauerndes
Herz erf�llten. Darin r�hmt er das Leben, die Stufe und
die Taten des Gr��ten Heiligen Blattes und w�rdigt besonders
ihre einzigartigen Dienste f�r den Glauben. Der vom H�ter eigenh�ndig
geschriebene Brief wurde sp�ter als Faksimile-Druck
236an die Baha im Westen versandt. Er findet sich auch in dem
Buch Baha Administration: Selected Messages 1922-1932, in
dem ausgew�hlte Briefe des H�ters ver�ffentlicht sind.4
Mit dem Hinscheiden Bahayyih Kh�nums, �der letzten �berlebenden
eines ruhmreichen, heroischen Zeitalters�, ging �das
erste und bewegendste Kapitel der Baha-Geschichte, das den
Abschluss des urspr�nglichen, des Apostolischen Zeitalters der
Religion Bahau�ll�hs bezeichnet�, endg�ltig zu Ende. Sie war
das lebende Bindeglied zwischen den Baha und jenem gro�en
Abschnitt ihrer Geschichte, der die Amtsperioden der drei Zentralgestalten
des Glaubens umfasste. Ein Leben, das mit Ausnahme
von nur zwei Jahren das gesamte Heroische Zeitalter des
Baha-Glaubens umspannte, hatte sich erf�llt. In einem Brief
spricht der H�ter die lange Dauer ihres Dienstes f�r den Glauben
an: �Mehr als achtzig Jahre lang ertrug dieses Erhabene
Blatt mit einer Tapferkeit, die jeden, der mit ihr Bekanntschaft
haben durfte, in Erstaunen setzte, Leiden und Schwierigkeiten,
wie sie nur wenige unserer heutigen Gl�ubigen durchmachen
mussten. Und doch welche Freude, welche Heiligkeit hat sie
ihr Leben lang gezeigt! Inmitten von Leiden und Qualen blieb
ihr engelgleiches Antlitz so ruhig, so gelassen! Dies war kein
Mangel an Herzensg�te oder Mitgef�hl; vielmehr konnte sie
ihre Gef�hle b�ndigen, und dies allein deshalb, weil sie ihr
ganzes Vertrauen in Gott gesetzt hatte.�5Obwohl Shoghi Effendi der Beisetzung seiner Gro�tante nicht
pers�nlich beiwohnte, bestimmte er doch die Stelle, wo sie beerdigt
werden sollte. Er verf�gte, dass ihre Gebeine auf dem
Berg Karmel in Nachbarschaft zu den heiligen Schreinen des
B�b und �Abdu�l-Bahas ruhen sollten.64 Shoghi Effendi, Baha Administration, S. 187-196. Siehe auch Shoghi
Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 31-45
5 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 60
6 Shoghi Effendi, ebenda S. 22�Al� Nakhjav�n�, der als Baha bis ins Erwachsenenalter
(und erneut in seinen sp�teren Jahren) in Haifa wohnte, gibt
folgenden Bericht �ber die Ereignisse in der Stadt zur Zeit der
Beisetzung Bahayyih Kh�nums:�Als das Gr��te Heilige Blatt am 15. Juli 1932 in ihrem
sechsundachtzigsten Lebensjahr verschied, wurde in Haifa
eine Anzeige gedruckt, die an alle Betroffenen, Baha und
andere, in Haifa, �Akka und Jerusalem verschickt wurde.
Zu Beginn steht der Vers 33 aus den arabischen Verborgenen
Worten Bahau�ll�hs: ,O Sohn des Geistes! Mit derfreudigen Botschaft des Lichtes gr��e Ich dich: Freue dich!
Zum Hofe der Heiligkeit rufe Ich dich: Wohne darin, damit
du ewig in Frieden lebest!� Bahau�ll�hDann folgen die Worte: ,Die hinterbliebenen Angeh�rigen
von Sir �Abdu�l-Bahá �Abbas teilen in tiefem Schmerz den
Tod Bahayyih Kh�nums, der Schwester des verstorbenen
Sir �Abdu�l-Bahá �Abbas mit, die am 15. Juli um ein Uhr
morgens friedlich entschlafen ist. Der Leichenzug beginnt
an ihrer Wohnung in der persischen Kolonie am Samstag,
dem 15. Juli, um 16.30 Uhr.�Das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes war das bedeutendste
Ereignis in Haifa seit dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas. Viele Menschen versammelten sich zur Beisetzung,
und hundert Autos folgten dem Zug. ... Neben vielen anderen
W�rdentr�gern nahmen auch der B�rgermeister vonHaifa und der Vertreter des n�rdlichen Bezirks teil. Unter
den Anwesenden waren nicht nur Bewohner von Haifa, sondern
auch von �Akka, Ab�-Sin�n, Nablus, Jaffa und Jerusalem,
und nat�rlich waren die Baha anwesend. Das Gebetf�r die Toten wurde im Haus des Meisters in der Empfangshalle
gesprochen. Einige der Freunde dienten als Sargtr�ger.
Der Sarg wurde auf den Schultern der Freunde vom Haus
des Meisters hinauf zum Schrein getragen. Man brachte den
Sarg herein; nicht durch den Haupteingang, sondern durch
238das kleine Tor neben der Schule, fast unmittelbar neben der
Gruppe von Zypressen an der Stelle, wo Bahau�ll�h gesessen
hatte, dann den Pfad hinunter zum Schrein.�7Nakhjav�n� berichtet weiter, dass nach seiner Erinnerung
der Sarg nicht in den Schrein hineingetragen, sondern au�en
niedergesetzt wurde und dass Gebete gelesen wurden. Er f�hrt
fort: �Dann wurde der Sarg wieder aufgenommen und auf dem
gleichen Weg zu ihrer letzten Ruhest�tte getragen. Shoghi
Effendi hatte den Platz bestimmt und seinem Vater in Haifa
genaue Anweisung gegeben, wo die Stelle sein solle und wie
die Beisetzung zu erfolgen habe. Shoghi Effendi wies auch die
Baha an, die Ruhest�tte neun Tage lang jeden Tag zu besuchen.
Wir versammelten uns neun Tage lang jeden Nachmittag
an ihrem Ruheplatz zum Gebet.�8Nakhjav�n� teilt auch mit, welche Wirkung die Beisetzung
Bahayyih Kh�nums auf die �rtliche Bev�lkerung ausge�bt hat.
Er erinnert sich:�Unter den Arabern in der Stadt gab es welche, die Preisges�nge
(Marth�yyih) auf das Gr��te Heilige Blatt verfasst
hatten und diese vorlesen wollten. Da am Tag der Beisetzung
die Zeit nicht ausreichte, musste dies unterbleiben, denn
es wurde Abend, und jeder musste nach Hause. Sehr bald
gingen Anfragen ein, im Haus des Meisters eine Versammlung
einzuberufen, bei der diese Dichter und verschiedene
�ffentliche Amtstr�ger nach der Landessitte der Familie ihr
Beileid bezeigen, Gedichte zu Ehren des Gr��ten Heiligen
Blattes vortragen und Lobesworte zu ihrem Ged�chtnis
sprechen konnten. Das wurde Shoghi Effendi sofort mitgeteilt,
und dieser sagte nein. Stattdessen verf�gte er, dass am
vierzigsten Tag nach ihrem Hinscheiden ein Essen f�r die
Armen gegeben werden solle und f�r alle, die sonst noch
kommen wollten.�97 �Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence, S. 64
8 ebenda, S. 64 f.Das historische Essen zum Andenken an das Gr��te Heilige
Blatt fand am 25. August 1932 im Garten von �Abdu�l-Bahas
Haus in Haifa statt. Nakhjav�n� hat die Betriebsamkeit und Aufregung,
die an diesem Tage herrschte, festgehalten: �Einige
von uns kochten, andere machten sauber, wieder andere deckten
die Tische oder bedienten. Dieser dem�tige Diener war unter
denen, die die Speisen auftrugen. Eine lange Tafel wurde
aufgebaut, an der hundert Personen Platz nehmen konnten.
Zehn- oder elfmal wurde die Tafel neu besetzt; es kamen �ber
1.000 Leute. So ging es bis drei oder vier Uhr nachmittags. Im
Garten hatte man ein Zelt errichtet, wo die Wartenden Schutz
vor der hei�en Sommersonne fanden.� Au�er diesem Ereignis
berichtet Nakhjav�n� noch Folgendes: �Shoghi Effendi machte
auch eine Spende an die Stadt Haifa in H�he von 100 Pfund
� damals eine erhebliche Summe und bat darum, dieses Geld
im Namen des Gr��ten Heiligen Blattes an die Bed�rftigen zu
verteilen. Dies wurde in den Zeitungen bekanntgegeben, und
die Gemeindeverwaltung setzte eine Sonderkommission ein,
um die eingehenden Unterst�tzungsantr�ge zu sichten und das
Geld den wirklich Bed�rftigen zukommen zu lassen.�10
Shoghi Effendi selbst hatte nicht das Vorrecht, der Beisetzung
des Gr��ten Heiligen Blattes beizuwohnen. SeineWitwe R�h�yyih
Kh�num berichtet jedoch, dass sofort, nachdem ihn �die Nachricht
ihres Todes ... erreichte, es sein erstes Anliegen war, ein passendes
Monument f�r ihre Grabst�tte zu planen, das er schnellstens in Italien
bestellte.� Sie beschreibt das Grabdenkmal folgenderma�en:
�Niemand k�nnte dies ausgesucht ebenm��ige Bauwerk aus gl�nzend
wei�em Carrara-Marmor je anders bezeichnen als was es ist
� ein Tempel der Liebe, Inbegriff der Liebe Shoghi Effendis.�11
Neunmonatige Zeit der TrauerIn seinen Telegrammen nach dem Hinscheiden Bahayyih Kh�nums
ruft Shoghi Effendi zum Aussetzen �jeder Art von religi10
ebenda11 R�h�yyih Rabbani, Die unsch�tzbare Perle, S. 236
240�ser Festlichkeit� �ber einen Zeitraum von neun Monaten, vom
15. Juli 1932 bis zum 15. April 1933 auf. Die Bedeutung dieser
Periode wird in einem Brief vom 15. Juli 1932 an die Baha
des Ostens vom H�ter noch n�her erl�utert:�O ihr getreuen Freunde! Es ist richtig und angemessen,
dass zu Ehren ihres hohen Ranges in den Versammlungen
der J�nger Bahau�ll�hs des Ostens wie des Westensalle Baha-Festlichkeiten und Feiern �ber einen Zeitraum
von neun Monaten g�nzlich ausgesetzt werden und in jeder
Stadt und jedem Dorf Gedenkgottesdienste stattfinden, die
von Feierlichkeit, Geistigkeit, Demut und Hingabe gepr�gt
sind. Dabei sollten in erlesenster Sprache die leuchtenden
Attribute dieses herrlichsten Blattes, dieses Urbilds des
Volkes Baha, ausf�hrlich gew�rdigt werden. Wenn es den
einzelnen Gl�ubigen m�glich ist, ihre pers�nlichen Feiern
ein ganzes Jahr zu verschieben, sollten sie dies unbedingt
tun, um so ihrem Schmerz �ber diesen ersch�tternden
Schlag Ausdruck zu geben.�12Weitere, in Shoghi Effendis Auftrag geschriebene Briefe
enthalten zus�tzliche Hinweise, damit die Gl�ubigen seine Absicht
bei der Aussetzung bestimmter Aktivit�ten besser verstehen
konnten. Hierf�r ein Beispiel: �Zur Aussetzung von Festlichkeiten
�ber einen Zeitraum von neun Monaten: Damit istgemeint, dass alle Zusammenk�nfte im Hause oder au�er Hause,
die nicht ausschlie�lich der Andacht vorbehalten sind, w�hrend
der ganzen Trauerperiode entfallen sollen. Dagegen sollten
reine Andachtsveranstaltungen und solche Treffen, die zur
Fortf�hrung der administrativen Aufgaben notwendig sind, wie
gewohnt abgehalten werden.� In einem anderen Brief schreibt
der Sekret�r des H�ters: �Da das Neunzehntagefest auch administrative
Funktionen erf�llt, sollte es weiterhin stattfinden;
doch sollte es in �u�erster Schlichtheit durchgef�hrt werden
12Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 22;
aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda S.
84f; Shoghi Effendi, ebenda S. 30und nichts enthalten, was mit Festlichkeit und Unterhaltung zu
verbinden ist. Die Feiertage zu Naw-R�z sowie zum Geburtstag
Bahau�ll�hs und des B�b sollten ganz entfallen als Zeichen
unserer tiefen Trauer um ein so herausragendes, ehrw�rdiges
Glied der Familie Bahau�ll�hs.� Ein letztes Zitat verdeutlicht
neben dem Zweck der Trauerperiode auch den Nutzen, den die
Baha von dieser Zeit haben sollten: �Diese neun Monate, in
denen die Freunde auf Bitten des H�ters Festtage aussetzen
sollen, sind als Monate der Trauer um das Gr��te Heilige Blatt
gedacht. Die Freunde sollten sie auch als eine Zeit verdoppelten
Einsatzes im Dienst f�r den Glauben nutzen, um unsere
tiefe Liebe f�r sie und f�r die Sache auszudr�cken, f�r die sie
so viel gelitten hat.�13Um es den Baha zu erleichtern, das Gr��te Heilige Blatt
und ihre einzigartige Stufe als �die herausragende Heldin der
Baha-Sendung� besser zu w�rdigen, sandte Shoghi Effendi
an die Gl�ubigen in Ost und West �ber ihre Institutionen
Abschriften von Sendschreiben, die Bahau�ll�h und �Abdu�l-
Bahá ihr zu Ehren offenbart hatten. �Diese Zitate,� so bezeugt
der H�ter, �enth�llen in einem Ma�e, das unser endlicher Geist
begreifen kann, die Natur jenes mystischen Bandes, das sie
einerseits mit dem Geist ihres allm�chtigen Vaters vereinigte
und andererseits so eng an ihren ruhmreichen Bruder band, das
vollkommene Beispiel dieses Geistes.� Er erkl�rt auch, dass
ihr Andenken �lange in diesen unsterblichen Worten fortleben
wird ein Andenken, dessen veredelnder Einfluss eine bleibende
Inspiration und ein Trost inmitten der Tr�mmer einer
schrecklich ersch�tterten Welt ist.�14Shoghi Effendis Absicht dabei war es, dass diese Schriften
zur Person des Gr��ten Heiligen Blattes in den Gedenkveranstaltungen
verwendet w�rden. An den Zentralen Rat Persiens13 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda S.
72 f., S. 85, S. 88 f.schrieb der H�ter, diese Verse sollten �wiederholt vorgetragen
werden, in ergreifender Ehrerbietung und Demut und mit gr��ter
Konzentration und Sorgfalt, um ihr gesegnetes Andenken zu
verewigen und ihre Stufe zu verherrlichen, und auch aus Liebe
zu ihrer unvergleichlichen Sch�nheit.�15Bruchst�ckhafte Einzelheiten �ber die Reaktion der Baha-
Weltgemeinde auf das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen
Blattes k�nnen der in The Baha World, Band 516 enthaltenen
�bersicht �ber laufende Baha-Aktivit�ten sowie anderen ver�ffentlichten
Quellen entnommen werden.The Baha World berichtet, dass die Baha-Gemeinden in
aller Welt mit tiefer Trauer auf Bahayyih Kh�nums Hinscheiden
reagierten. Die keimhaften Nationalen Geistigen R�te leiteten
die Nachricht an ihre �rtlichen Gemeinden weiter, und
auch untereinander tauschten die Nationalen R�te Beileidsbotschaften
aus. Geistige R�te f�hrten besondere Gedenkveranstaltungen
durch, und weltweit setzten die Baha neun Monatelang alle religi�sen Feierlichkeiten aus. In der Trauer vereint
und durch das Beispiel des Gr��ten Heiligen Blattes angeregt,
erhoben sich die Anh�nger der Baha-Religion zu neuen H�hen
des Dienstes f�r die Sache.17Die beiden erfahrensten administrativen Instanzen, der Nationale
Geistige Rat der Vereinigten Staaten und Kanadas sowie
der Nationale Geistige Rat von Persien, erhielten in dieser
Zeit besondere Verantwortlichkeiten zugewiesen. Zum Beispiel
sorgte der amerikanische Nationale Rat von Shoghi Effendis
bewegender handschriftlicher Abschiedsbotschaft an seine
Gro�tante, wof�r dieser seine tiefe Dankbarkeit ausdr�ckte.
Shoghi Effendi bat den amerikanischen Rat ebenfalls um
�alle erforderlichen Schritte� zur �prompten und breiten Ver
15 ebenda, S. 57 f.16 The Baha-World ist eine von Baha 1925 herausgegebene Dokumen
tation �ber laufende Entwicklungen in der Baha Welt.
17 Baha World 5 (1932-34), S. 22 f., S. 85 f., S. 114 f.
243teilung� der von ihm �bersetzten Abschnitte aus den Schriften
Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas, die das Gr��te Heilige Blatt
betrafen, unter den Gl�ubigen in der westlichen Welt.18
Die Ver�ffentlichung und Verbreitung dieser Texte erweiterte
das Verst�ndnis der Gl�ubigen f�r Bahayyih Kh�nums
einzigartige Stellung im Baha-Glauben und f�r ihren au�erordentlichen
Beitrag zu dessen Entwicklung. Der nachstehende�Als am 15. Juli 1932 die Nachricht vom Aufstieg des Gr��ten
Heiligen Blattes ins Gro�e Jenseits die Welt ersch�tterte,
war das Bed�rfnis wirklich gro�, sich an jede Verhei�ung
und g�ttliche Zusicherung zu halten, dass ihr strahlender
Geist vom unbeschr�nkten Reich herab die bek�mmerten,
traurigen Herzen all derer leiten und st�tzen werde, die sich
nach dem Trost des H�ters sehnten, dessen eigener, nicht
in Worte zu fassender Schmerz unauslotbar schien. Nur in
solchen Augenblicken wird die Menschheit im Bewusstsein
des gemeinsamen Verlustes enger zusammengef�hrt,und die Gl�ubigen im Westen waren tief und nachhaltig
bewegt. Es war das Bewusstsein unwiederbringlichen Verlustes
durch das Zerrei�en des physischen Bandes, welches
die Gl�ubigen mit der �letzten Spur Bahau�ll�hs� vereinte,
�die der dahingegangene Meister unseren schwachen, unw�rdigen
H�nden anvertraut hatte.�19Aber die amerikanischen Gl�ubigen hielten nicht nur die
Gedenkveranstaltungen ab, sondern folgten auch dem letzten
Aufruf des Gr��ten Heiligen Blattes, den Bau des Hauses der
Andacht in Wilmette zu beschleunigen, von dem der H�ter gesagt
hatte, dass er ihr ein Herzensanliegen war.Der persische Nationale Geistige Rat erhielt die Aufgabe,
die Abschnitte aus den Baha-Schriften �ber das Gr��te Heilige
Blatt, �sofort und mit gr��ter Vorsicht an die L�nder des
18 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 52,
S. 59Ostens durch deren �rtliche Geistige R�te� zu senden. Der
H�ter bezeichnete diese Aufgabe als einen �gro�en Segen, der
eigens den Treuh�ndern der Ihm in Liebe Ergebenen in diesem
vornehmen Heimatland vorbehalten� war.20�berall in Persien fanden Gedenkveranstaltungen zu Eh
ren des Gr��ten Heiligen Blattes statt. In Teheran wurde der
21. Juli 1932 als besonderer Gedenktag festgelegt, an dem
alle Baha der Arbeit fernbleiben sollten. An Naw-R�z, das in
Persien eine lange Tradition religi�ser Festlichkeiten besitzt,
fanden keinerlei Baha-Feste statt. Das ganze Ausma� und
der Geist, in dem die persischen Baha in den Monaten der
Trauer besondere Anstrengungen unternahmen, geht aus dem
folgenden Bericht hervor:�In Teheran wurden an neun aufeinanderfolgenden Tagen
Gedenkgottesdienste durchgef�hrt, und dann fanden solche
Gottesdienste neun Monate lang alle neunzehn Tage statt.
Bei diesen Anl�ssen wurden Geschichten aus dem Leben
des Gr��ten Heiligen Blattes erz�hlt und speziell f�r sie offenbarte
heilige Tablets gesungen. In der Trauerzeit wurden
ihr zu Ehren zehn Speisungen durchgef�hrt, bei denen �ber
siebenhundert Personen gespeist wurden. Bei vielen Versammlungen
sprach Keith Ransom-Kehler, die Abgesandtedes amerikanischen Nationalen Geistigen Rates nach Persien,
in unvergesslicher Weise im Gedenken an das Gr��te
Heilige Blatt; besonders eindrucksvoll geschah dies im
Haus von Mirza �Abdu�l-Husayn K�zimuf, wo sie vor einhundertzwanzig
Frauen sprach, die zu einem Gedenkessengeladen waren, und dann wieder im Hazaratu�l-Quds, wo sie
ihre Begegnungen mit dem Gr��ten Heiligen Blatt schilderte
und die Botschaften �berbrachte, die diese erlauchteste aller
Frauen durch sie an Persien gerichtet hatte und die wie ein
letztes Lebewohl anr�hrten. Die persischen Baha haben
das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes als sehr bitter
empfunden, und ihr zuliebe arbeiten sie mit verdoppeltem
20 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 58
245Eifer daran, die Weltordnung Bahau�ll�hs herbeizuf�hren,
deren Gr�ndung sie miterlebt hatte und deren Aufbau ihr so
sehr am Herzen lag.�21In Kapitel 6 wurde schon erw�hnt, dass Keith Ransom-Kehler
die letzte Pilgerin aus dem Westen war, die dem Gr��ten Heiligen
Blatt begegnen durfte. Ende Juni 1932 traf sie in Teheran
ein. Ihr Aufenthalt in Persien diente nicht nur der Erf�llung einer
besonderen Mission im Auftrag des amerikanischen Nationalen
Geistigen Rates, sondern auch der St�rkung von Einheit und Verst�ndnis
zwischen Ost und West und dem Besuch historischerSt�tten des Baha-Glaubens. Ihr besonderer Beitrag zu der Gedenkstunde
zu Ehren des Gr��ten Heiligen Blattes wurde vonzwei persischen Baha noch n�her beschrieben: �Mrs. Ransom-
Kehler hatte aus Haifa Gr��e und Botschaften der Liebe vom
heiligen Haushalt mitgebracht. Diese Botschaften �bermittelte
sie den im Garten versammelten Freunden in einer bewegenden
Ansprache. Im Mittelpunkt stand eine Botschaft von Bahayyih
Kh�num, die sich als ihre letzte Botschaft an die persischen
Freunde erweisen sollte. �Beim Abschied,� so sagte Mrs. Ransom-
Kehler, trug mir das Gr��te Heilige Blatt auf, den M�nnern
ebenso wie den Frauen die gleiche Botschaft der Liebe zu
�berbringen. Sie sagte auch: �Wenn sie die heilige Stadt Teheran
erreichen, betreten sie sie in meinem Namen, und wenn sie den
Mund �ffnen, sprechen sie in meinem Namen.� Weiter hei�t es
in dem Bericht: �Mrs. Ransom-Kehler konnte bei dem ersten von
neun Gedenkgottesdiensten, die an neun aufeinanderfolgenden
Tagen in verschiedenen Stadtteilen zu Ehren des Gr��ten Heiligen
Blattes gehalten wurden, in der �ffentlichkeit sprechen. Zu
der Botschaft, die das Gr��te Heilige Blatt ihr mitgegeben hatte,
meinte Mrs. Ransom-Kehler, jetzt werde ihr klar, dass es in der
Tat eine Abschiedsbotschaft war, die darauf hindeutete, dass ihr
leibliches Dasein sich schnell dem Ende neigte.�22
21 Baha World 5 (1932-34), S. 114 f.22 Ausz�ge aus Briefen von A. Samimi und von A. H. Naimi, zit. in
Bertha Hyde Kirkpatrick: A Western Visitor in the Land of Bahau�ll�h,
Star of the West 23, Nr. 10 (1933), S. 318 f.Einem weiteren Bericht entnehmen wir die lebendige Schilderung
einer Gruppe von Keith Ransom-Kehlers Zuh�rern:�Viele Freunde, jung und alt, Kinder und Erwachsene, sa�en
auf zwei symmetrisch angeordneten Treppenaufg�ngen
zu einer erh�hten, ger�umigen Veranda an der Vorderseite
eines typisch persischen Hauses im alten Stil, das einem der
Freunde geh�rte. Auf den Treppenstufen, auf der Veranda
und in den dahinterliegenden Zimmern dr�ngten sich die
Freunde. Rings herum sah man bewegte Gesichter, die mit
dem Ausdruck einer so reinen Baha-Liebe und Herzensfreude
ihre Schwester aus dem Westen anschauten, dassMrs. Ransom-Kehler kaum die Tr�nen unterdr�cken konnte,
als sie sagte: �Nur die unbegrenzte Macht Bahau�ll�hs
ist imstande, solche Liebe und Einheit zu bewirken und diesen
Austausch von Seele zu Seele zwischen dem Osten und
dem Westen zu erzeugen.�23Diese Gedenkveranstaltungen und die Besinnung auf das
Leben des Gr��ten Heiligen Blattes blieben nicht auf Nordamerika
und Persien beschr�nkt, sondern pr�gten das Leben der
gesamten Baha-Weltgemeinde. So fanden zum Beispiel in
Australien angemessene Abendveranstaltungen im Gedenken
an das Hinscheiden Bahayyih Kh�nums statt. Von dort wurde
berichtet, dass �die Herzen tief bewegt waren, als man erkannte,
welch eine Quelle des Trostes und der Kraft sie f�r alle im
heiligen Haushalt und f�r den H�ter im besonderen war.� Ein
�hnlicher Bericht kam von den Baha aus Neuseeland: �Auf
die traurige Nachricht vom Hinscheiden des Gr��ten Heiligen
Blattes wurde eine Gedenkveranstaltung einberufen, bei
der Ausz�ge aus den heiligen Schriften in W�rdigung ihres
wundervollen Lebens, des Opfers und des liebevollen Dienstes
sowie Shoghi Effendis letzter Tribut verlesen wurden. Diejenigen
unter den Anwesenden, die Haifa besuchen und ihr selbst
begegnen durften, sprachen von dem liebevollen Empfang, den
23 ebenda, S. 319sie ihnen gab, und wie schon allein ihre Gegenwart und das
Ber�hren ihrer Hand eine Wirkung aus�bten, die als unvergesslicher
Segen in der Erinnerung bleiben w�rde.�24Der H�ter beschreibt anschaulich den schweren Kummer der
einzelnen Gl�ubigen in der Zeit nach dem Hinscheiden des
Gr��ten Heiligen Blattes. In einem seiner Briefe schreibt er:
�Die Gemeinde Bahas, ob im Osten oder im Westen der
Welt, klagt wie eine Schar verlassener Waisenkinder. Im
Fieber, in Jammer und Qualen bringen sie ihr Leid zum
Ausdruck. Aus tiefstem, kummervollem Herzen steigt fortw�hrend
ihr durchdringender Schrei zum Horizont Abhaauf: �Wohin bist du gegangen, du Fackel zarter Liebe? Wohin
bist du gegangen, du Quell der Gnade und des Erbarmens?
Wohin bist du gegangen, du Zeichen der G�te undGro�mut? Wohin bist du gegangen, du Morgend�mmerung
der Entsagung in dieser Welt des Seins? Wohin bist du gegangen,
o Verm�chtnis Bahas unter Seinem Volke, o letzteSpur, die Er Seinen Dienern hinterlie�, o s��er Duft Seines
Gewandes, ausgestr�mt �ber alles Erschaffene!��25Aus den Briefen des H�ters geht klar hervor, dass viele
Baha, die Bahayyih Kh�num begegnen durften, bei ihrem Tode
ein Gef�hl tiefen pers�nlichen Verlustes erlebten. F�r viele war
es wie der Tod einer lieben pers�nlichen Freundin. Shoghi Effendi
bezeugt: �Der Verlust des Gr��ten Heiligen Blattes wird von
allen Freunden, die die Freude und das Vorrecht hatten, ihr zu begegnen,
mit tiefem Schmerz erlebt werden.� In einem in seinem
Auftrag geschriebenen Brief tr�stet der H�ter einen der betroffenen
Freunde wie folgt: �Sie sollten sehr gl�cklich sein, weil
sie das Vorrecht hatten, ihr in dieser k�rperlichen Lebenssph�re
zu begegnen, denn die Welt hat nur wenige Seelen gekannt, die
24 Baha World 5 (1932-34), S. 130, S. 13225 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 24 f.
248so wie sie um Gottes willen so viel Leid ertrugen und trotzdem
fr�hlich blieben und den Menschen um sie herum Hoffnung
und Ermutigung zusprachen.� Einige Freunde dr�ckten auch ihr
Bedauern aus, dass sie keine Gelegenheit hatten, dem Gr��ten
Heiligen Blatt im irdischen Leben zu begegnen. Shoghi Effendi
gab ihnen den Rat, �deswegen nicht deprimiert� zu sein, und
ermutigte sie mit der Versicherung, dass �diese geliebte Seele�
die Gl�ubigen �vom Himmel ihres Allm�chtigen Vaters herab�
anleiten werde, der Sache zu dienen, die ihr so teuer war.26
In dem Ma�e, wie die Tragweite des Hinscheidens des
Gr��ten Heiligen Blattes von den Gl�ubigen verstanden wurde
und sie das ganze Ausma� des Verlustes erkannten, den der
H�ter erlitten hatte, f�hlten sich viele Baha getrieben, ihm ihr
pers�nliches Beileid zu �bermitteln. Shoghi Effendi bedankte
sich pers�nlich f�r alle diese Botschaften des Mitgef�hls von
Freunden aus Ost und West. Diese Beileidsbriefe gaben ihm
Trost und Ermutigung, wie in den folgenden Zeilen aus zwei
seiner Briefe deutlich wird:�Ihre so eindrucksvolle und bewegende Botschaft hat meine
ermattete Seele sehr erleichtert. Ich danke ihnen aus tiefstem
Herzen. Die im Namen ihrer Gemeinde ausgedr�cktenEmpfindungen sind mir sehr teuer einer Ortsgemeinde,
deren Mitglieder durch ihren Dienst, ihre Hingabe und
Treue so sehr zur Herzensfreude �Abdu�l-Bahas wie auch
des Gr��ten Heiligen Blattes beigetragen haben. ...�27
�Ich sch�tze die �u�erung ihres liebevollen Mitgef�hls
sehr hoch und bin durch die in ihrer Botschaft �bermittelten
Empfindungen sehr getr�stet. Ich werde darum beten, dass
ihnen einzeln wie als Gruppe geholfen wird, ihrem begeisternden
Beispiel zu folgen, ihre Seele gl�cklich zu machen
und die Reinheit ihres Lebens, die Gr��e ihrer Liebe und
26 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 85, S. 87 f., S. 89
27 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda
S. 81; Shoghi Effendi, ebenda S. 48die Erhabenheit ihres Charakters im weiten Umkreis zu verk�nden.�
28Shoghi Effendis Briefe machten den Gl�ubigen nicht nur
die Stufe des Gr��ten Heiligen Blattes besser bewusst, sondern
waren auch ein wichtiges Werkzeug, um tiefe Empfindungen
des Verlustes und der Sehnsucht auszudr�cken. Dar�ber hinaus
dienten sie dazu, die Baha anzuspornen und zu aktivieren
und ihre Aufmerksamkeit auf Anstrengungen zu lenken, die die
Entwicklung des Glaubens f�rdern. Zum Beispiel lesen wir:
�In diesem schMirzaichen Verlust richtet der H�ter Botschaften
des Trostes an sie und alle Freunde. Er sagt, dass in dieser Zeit
der Not alle das Haupt senken und ergeben sein m�ssen, und
dass sie alle in treuem Dienst an Seinem Glauben aufstehen
und sich nach diesem erhabensten, heiligsten und leuchtenden
Beispiel [dem Gr��ten Heiligen Blatt] richten m�ssen.� In
einem weiteren Brief schreibt der Sekret�r des H�ters, Shoghi
Effendi warte �begierig darauf, die Freunde wie eh und je in
dem Wunsche entflammt zu sehen, einer Sache zu dienen, f�r
die unser dahingeschiedenes Gr��tes Heiliges Blatt ihre ganze
Existenz aufgegeben hat.�29Das Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes markiert
den Abschluss des Heroischen Zeitalters des Glaubens, das
mit der Amtszeit Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas verbunden
war. Bahayyih Kh�num war das letzte lebende Bindeglied zwischen
den Gl�ubigen und diesem fr�hen, bewegten Kapitelder Baha-Geschichte. Ihr einzigartiger Beitrag zum Glauben
Bahau�ll�hs erstreckte sich von ihrer Kindheit bis in ihre letzten
Jahre. Sie wirkte mit, der Baha-Gemeinde beim �bergang
in das Gestaltende Zeitalter zu helfen, welches mit der Errichtung
und Entwicklung der Baha-administrativen Institutionen
am Weltzentrum der Baha-Religion und auf der ganzen Welt
verbunden ist.29 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda
S. 82, S. 80Shoghi Effendi macht auf die geistige Potenz der Ruhest�tte
des Gr��ten Heiligen Blattes aufmerksam und stellt eine Beziehung
zwischen ihrem Grab und dem Aufbau der Institutionen
des Glaubens her.Der H�ter bestimmte pers�nlich, dass ihr Grab in der Nachbarschaft
zum Schrein des B�b auf dem Berg Karmel liegen sollte.
Er unterstrich ebenso die geistige Bedeutung des Besuches
ihrer Ruhest�tte.�Gesegnet, tausendmal gesegnet ist derjenige, der dich
liebt,� schreibt er im Hinblick auf das Gr��te Heilige Blatt,
�der an deinem Glanze Anteil hat, das Loblied deiner Eigenschaften
singt, deinen Wert verherrlicht und deinenFu�spuren folgt; der das Unrecht bezeugt, das du erleiden
musstest, deine Ruhest�tte besucht und am Tage und zur
Nachtzeit dein erhabenstes Grab umschreitet.�30Wie an fr�herer Stelle erw�hnt, entwarf Shoghi Effendi das
Monument, das den Ruheplatz seiner Gro�tante ziert. Sein Entwurf
stellt eine symbolische Beziehung her zwischen der Struktur
ihres Denkmals und dem dreistufigen Aufbau der Baha-
Gesellschaftsordnung. Ein in seinem Auftrag geschriebener
Brief enth�lt folgende Beschreibung: �Die Stufen ihrer heiligen
Ruhest�tte repr�sentieren die �rtlichen Geistigen R�te. ...
Die S�ulen, das hei�t die Pfeiler, symbolisieren die Nationalen
Geistigen R�te; die Kuppel hingegen, welche nach dem Aufstellen
der S�ulen errichtet wird, versinnbildlicht das Universale
Haus der Gerechtigkeit, das im Einklang mit des Meisters
30 Shoghi Effendi, ebenda S. 57Testament von den nachgeordneten H�usern der Gerechtigkeit,
also den Nationalen Geistigen R�ten in Ost und West zu w�hlen
ist.� So verk�rpert die Symbolik des Monuments f�r das
Gr��te Heilige Blatt die Vision von der Errichtung der Baha-
Gesellschaftsordnung in aller Welt, und er weist bereits auf die
Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, dem obersten
regierenden- und gesetzgebenden Organ der Baha-Religion
an deren Weltzentrum auf dem Berge Karmel hin.31In fr�heren Kapiteln wurde der Bau des Schreines des B�b
auf dem Berg Karmel in �bereinstimmung mit Bahau�ll�hs
Plan erw�hnt, und dass Bahau�ll�h in Seinem Sendschreiben
vom Karmel den Berg Karmel als Verwaltungssitz f�r die k�nftige
Baha-Weltgemeinde benennt. Die Baha-Schriften sehen
auch voraus, dass die St�dte Haifa und �Akka zu �einer einzigen
gro�en Metropole� vereinigt werden, die �den geistigen
wie den Verwaltungssitz der k�nftigen Baha-Weltgemeinde
umschlie�en wird.�32Die Bestattung des Gr��ten Heiligen Blattes auf dem Berg
Karmel im Jahr 1932 stellt ein �weiteres Zeugnis f�r die majest�tische
Entfaltung und fortschreitende Festigung des gewaltigen
Werkes, das von Bahau�ll�h auf diesem heiligen Berg
begonnen wurde,� dar. Die Lage ihres Ruheplatzes erhielt einige
Jahre sp�ter eine nochmals gr��ere Bedeutung f�r die Entfaltung
der Baha-Gemeindeordnung, als Shoghi Effendi entsprechend
dem �Herzenswunsch des Gr��ten Heiligen Blattes�die Gebeine ihres j�ngeren Bruders, der auch als der Reinste
Zweig bekannt ist, sowie ihrer Mutter, der heiligen Navvab,
als auch von �Abdu�l-Bahas Ehefrau an ihre endg�ltigen Ruhest�tten
auf den Berg Karmel �berf�hrte. Nach Shoghi Effendis
Versicherung ist dieser Platz dazu bestimmt, Brennpunkt der
administrativen Institutionen am Baha-Weltzentrum zu sein.
In einem seiner Briefe erkl�rt der H�ter:�Ihre Ruhepl�tze befinden sich auf demselben Gel�nde,
auf einer Erhebung nahe dem Platz, den die Himmlischen
31 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda S. 92
32 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 21:18, S. 414
252Heerscharen umschreiten, mit Blick zur Qibla33 des Volkes
Bahá nach �Akka, der lichtstrahlenden Stadt, und zu dem
geweihten, leuchtenden, Heiligsten Schrein.�ber solch hohe Ehre jubelt der Berg Gottes vor Freude,
und um dieser gr��ten Gnadengabe willen ger�t der Berg
des Herrn in Verz�ckung und Ekstase.�34�ber die geistige Bedeutung �der Vereinigung der Grabst�t
ten des Gr��ten Heiligen Blattes, ihres Bruders und ihrer Mut
ter� sieht Shoghi Effendi voraus, dass diese Handlung
�... die geistigen Kr�fte dieses geweihten Ortes unendlich
verst�rken wird, welcher, im Schatten des Grabmals des
B�b und nahe dem k�nftig an seiner Seite zu errichtenden
Mashriqul-Adhkar gelegen, dazu bestimmt ist, sich zum
Brennpunkt jener weltersch�tternden, weltumspannenden,
die Welt lenkenden administrativen Institutionen zu entwickeln,
die von Bahau�ll�h verordnet und von �Abdu�l-Bahávorausgeschaut wurden und deren Arbeit im Einklang mit
den Grunds�tzen stehen wird, von denen die Zwillingsinstitutionen
des H�tertums und des Universalen Hauses der Gerechtigkeit
geleitet werden. Dann, und erst dann, wird sichdie gewaltige Verhei�ung erf�llt haben, welche den Schluss
des Tablets vom Karmel erleuchtet: �Bald wird Gott Seine
Arche auf dich [Karmel] zusteuern und das Volk Bahas offenbaren,
das im Buche der Namen erw�hnt ist.��35In Gott geht vor�ber, dem Geschichtswerk Shoghi Effendis
�ber die ersten hundert Jahre der Baha-Religion, beschreibt
33W�rtlich ,das Gegen�berliegende, Gebetsrichtung, Punkt der Anbetung�:
der Ort, dem sich die Gl�ubigen im Gebet zuwenden. Die
Qibla der Muslime ist die Kaaba in Mekka, f�r die Bahai ist es der
Schrein Bahau�ll�hs in Bahj�.ebenda 22:39, S. 452; Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest
Holy Leaf, S. 61er die Bedeutung des Ruheplatzes des Gr��ten Heiligen Blattes
und seiner zentralen Lage f�r das Entstehen des Baha-Weltzentrums:
�Die Lage dieser drei eng benachbarten Grabst�tten vom
Grabmal des B�b �berschattet, im Herzen des Karmel,
eingebettet in einen Garten von auserlesener Sch�nheit,
vor ihnen, jenseits der Bucht von �Akka, die schneewei�e
Stadt, die Qibla der Baha-Welt unterstreicht, wenn wir
ihre Bedeutung richtig w�rdigen, die geistigen Kr�fte, die
von diesem Orte ausgehen, der von Bahau�ll�h selbst der
Thronsitz Gottes genannt wurde. Sie bedeutet auch einen
weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Errichtung jenes
st�ndigen administrativen Weltzentrums des zuk�nftigen
Baha-Gemeinwesens, das untrennbar vom geistigen Zentrum
des Glaubens in seiner N�he wirken wird, in einemLand, das schon von den Anh�ngern dreier bedeutender
Weltreligionen verehrt und heiliggehalten wird.�36
�ber die Art, wie die Institutionen, die auf dem Berg Kar
mel entstehen, ihren geistigen Einfluss auf die Triebkr�fte der
Geschichte aus�ben werden, schreibt Shoghi Effendi:
�Jeder Versuch, auch nur in groben Umrissen den Ruhm
zu enth�llen, der diese Institutionen umgeben muss, oder
auch nur ann�hernd ihren Charakter oder ihre Arbeitsweise
zu beschreiben oder, wie unvollkommen auch immer,den Gang der Ereignisse aufzuzeigen, die ihren Aufbau
und ihre endg�ltige Einsetzung herbeif�hren werden, �bersteigt
bei weitem meine F�higkeiten und M�glichkeiten. Es
gen�ge der Hinweis, dass in dieser turbulenten Phase der
Weltgeschichte schon allein die Zusammenf�hrung dieser
drei unendlich kostbaren Seelen, die gleich hinter den drei
Zentralgestalten unseres Glaubens im Range hoch �ber
dem gro�en Heer der Helden, Buchstaben, M�rtyrer, H�n
36 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, 22:40, S. 453
254de, Lehrer und Verwalter der Sache Bahau�ll�hs stehen, an
einem mit solchem Machtpotenzial ausgestatteten geistigen
und administrativen Zentrum Kr�fte freisetzen wird, die in
diesem heiligen Land, welches geographisch, geistig und
administrativ das Herzland des gesamten Planeten darstellt,
unausweichlich einmal die leuchtendsten Edelsteine jener
Weltordnung hervortreten lassen, die sich jetzt im Scho�e
dieses in Wehen liegenden Zeitalters heranbildet.�37
Die Entstehung des Baha-WeltzentrumsDen Ansto� zur Entwicklung des Baha-Weltzentrums gaben
Bahau�ll�hs Anweisungen im Tablet vom Karmel. Dieses
grundlegende Dokument bildet die Charta f�r die Entfaltung
des Weltzentrums des Glaubens. Es begr�ndet die Errichtung
der obersten Institution, des Universalen Hauses der Gerechtigkeit
und die Entstehung anderer Organe der Baha-Gemeindeordnung.
Von Bahau�ll�hs Worten im Tablet vom Karmel beseelt,
begann Shoghi Effendi mit der Errichtung des administrativen
Zentrums auf dem Berg Karmel. Noch zu seinen Lebzeiten
vollendete er den �berbau zum Schrein des B�b und setzte
Bauvorhaben in Gang, die in der Errichtung der Verwaltungssitze
der Institutionen am Baha-Weltzentrum gipfeln sollten.
Das erste dieser monumentalen Geb�ude war das Internationale
Baha-Archiv. In einem Brief an die Baha in aller Welt
verk�ndete der H�ter 1954: �Die Erstellung dieses Bauwerks
wird den Auftakt bilden zur Errichtung weiterer Geb�ude in
nachfolgenden Epochen des Gestaltenden Zeitalters des Glaubens.�
�Diese Bauwerke,� so erkl�rt er, �werden in einem weit
gespannten Bogen und in einem harmonisierenden Baustil um
die Ruhepl�tze des Gr��ten Heiligen Blattes, die unter den Vertreterinnen
ihres Geschlechts den h�chsten Rang in der Baha-Sendung einnimmt, sowie ihres Bruders, den Bahau�ll�h als
ein L�segeld f�r die Wiederbelebung und Vereinigung der Welt
37 Shoghi Effendi, This Divine Hour, Nr. 64.7hingab, und ihrer Mutter, die Er als Seine erw�hlte �Gef�hrtin
in allen Welten Gottes� r�hmte, angeordnet sein.�38
Der Bau des Internationalen Baha-Archivs wurde noch
1957 zu Shoghi Effendis Lebzeiten fertiggestellt; die Innenausstattung
und M�blierung kam in der Zeit der sechsj�hrigenAmtsf�hrung der H�nde der Sache im Heiligen Land zum
Abschluss.39 Pilger, die Gelegenheit haben, das Internationale
Baha-Archiv zu besuchen, werden zweifellos davon beeindruckt
sein, auf welch au�ergew�hnliche Weise das Gr��teHeilige Blatt zu der reichen Sammlung von Kunstgegenst�nden
und Reliquien, die zu den Begr�ndern des Glaubens in Beziehung
stehen, beigetragen hat. Bahayyih Kh�num hatte ja die
Obhut �ber die Bildnisse Bahau�ll�hs und des B�b, und diese
Bildnisse nehmen nun im Archivgeb�ude einen Ehrenplatz ein.
Das Gr��te Heilige Blatt hatte auch Bahau�ll�hs Blut aufbewahrt
� Blut, das Ihm im Zuge einer im Osten �blichen Routineuntersuchung
abgenommen wurde. Sie war es auch, dieHaare, die sie einzeln aus ihres Vaters Kamm und Seiner B�rste
gezogen hatte, zu Locken arrangierte. Au�erdem ist eine ganze
Nische Gegenst�nden gewidmet, die an Bahayyih Kh�num
selbst erinnern. Dazu geh�ren Proben von ihrer Handschrift, ihr
Baha-Ring und pers�nliches Siegel, eine Locke ihres Haares
und einige Kleidungsst�cke wie Kopft�cher, Kleider, ausgetretene
Pantoffel und eine kleine Handtasche. R�h�yyih Kh�num,
die die Sammlung ins Archiv eingeordnet hat, charakterisierte
die mit dem Gr��ten Heiligen Blatt verbundenen St�cke so:
�Alle die r�hrenden kleinen Dinge, die jemand hinterlassen
hat, der unendlich geliebt wurde, und die ein Gef�hl der N�he
38 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 63
39 Nach Shoghi Effendis Hinscheiden im Jahre 1957 �bernahmen die
siebenundzwanzig angesehenen Baha, die er zu �H�nden der Sache
Gottes� ernannt und als �Hauptsachwalter� des Glaubens zu seinem
Schutz und seiner Verbreitung eingesetzt hatte, die Leitung der Reli
gionsgemeinschaft, bis 1963 das Universale Haus der Gerechtigkeit
gebildet wurde. W�hrend dieser sechsj�hrigen vor�bergehenden Treu
h�nderschaft der H�nde der Sache Gottes von 1957-1963 erw�hlten
sie neun Mitglieder aus ihren eigenen Reihen, um als ,Treuh�nder� des
Glaubens in Haifa zu dienen.zu einer Pers�nlichkeit vermitteln, die der Nachahmung und all
unserer Hingabe w�rdig ist.�40Im Jahre 1972 ging das Universale Haus der Gerechtigkeit,
das erstmals 1963 gew�hlt wurde, daran, Shoghi Effendis Vision
von der Errichtung der Bauwerke l�ngs einer bogenf�rmigen
Anlage auf dem Berg Karmel in Angriff zu nehmen, die auf die
Ruhest�tte des Gr��ten Heiligen Blattes, ihres Bruders und ihrer
Mutter als Mittelpunkt ausgerichtet ist. Der erste Schritt in diesem
Vorhaben musste die Errichtung des Sitzes des Universalen
Hauses der Gerechtigkeit sein. Der Architekt Husayn Am�nat
wurde damit beauftragt, das neue Geb�ude zu entwerfen. Es
wird berichtet, dass er in seinem Entwurf die Kuppel des Sitzes
in Anlehnung an die Kuppel des Monuments am Ruheplatz
des Gr��ten Heiligen Blattes gestaltete �wegen des bekannten
Ausspruchs von Shoghi Effendi, in dem er einen Vergleich zwischen
der Gemeindeordnung des Glaubens Bahau�ll�hs unddem Denkmal des Gr��ten Heiligen Blattes zog, bei dem die
Kuppel das Universale Haus der Gerechtigkeit repr�sentiere.�41
Der Bau des Sitzes des Universalen Hauses der Gerechtigkeit
wurde 1982 fertiggestellt. Obwohl es noch nicht ganz bezugsfertig
war, wurde das Geb�ude am 17. Juli 1982 eingeweiht. Diese
feierliche Einweihung fand als Seminar anl�sslich des f�nfzigsten
Gedenktages zum Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes
statt, womit ein besonderer Bezug zwischen Bahayyih Kh�num
und dem Universalen Haus der Gerechtigkeit hergestellt wurde.
Die f�rmliche Inbesitznahme seines Sitzes durch das Universale
Haus der Gerechtigkeit im Februar 1983 wurde vondiesem als ein �vielverhei�endes Ereignis� beschrieben, und
dies kennzeichne �EINE WEITERE PHASE IN DEM PROZESS
DES HINSTEUERNS VON GOTTES ARCHE AUF40 R�h�yyih Kh�num, The Completion of the International Archives, in
Baha World 13 (1954-63), S. 43341 Messages from the Universal House of Justice 1963-1986, Nr. 115.1;
�Al� Nakhjav�n�, The Greatest Holy Leaf. A Reminiscence, S. 59
42 Messages from the Universal House of Justice 1963-1986, Nr. 354.1
257Schon bald nachdem das Universale Haus der Gerechtigkeit
seinen st�ndigen Sitz auf dem Berg Karmel bezogen hatte,
diente das Geb�ude als Tagungsort f�r die Er�ffnungssitzung
der F�nften Internationalen Baha-Tagung. Am Freitag, dem
29. April 1983, fand die alle f�nf Jahre stattfindende Wahl zum
Haus der Gerechtigkeit in der Empfangshalle seines Amtssitzes
statt. Es wird berichtet, dass die Halle mit den 590 Abgeordneten
von 119 Nationalen Geistigen R�ten �voll besetzt� war. Das
Ereignis wurde geehrt durch die Anwesenheit von acht H�nden
der Sache, der Mitglieder des Universalen Hauses der Gerechtigkeit
sowie siebenundf�nfzig Kontinentalen Beratern zus�tzlich
zu den vier Beratern, die dem Internationalen Lehrzentrum
angeh�rten.43Zu �Abdu�l-Bahas vorausschauenden Pl�nen f�r die Ausgestaltung
des Berges Karmel geh�rte auch die Erstellung vonneunzehn gro� angelegten Terrassen, die von der ehemaligen
deutschen Templer-Kolonie, also vom Fu� des Berges bis zum
Gipfel f�hren sollten.44 Im Jahre 1986 fiel die Entscheidung
des Universalen Hauses der Gerechtigkeit, die Terrassen am
Schrein des B�b und die weiteren, von Shoghi Effendi vorgesehenen
Geb�ude auf dem Bogen am Berg Karmel in Angriffzu nehmen. Mit Interesse kann festgehalten werden, dass das
Gr��te Heilige Blatt an den fr�hen Stadien der Entfaltung von
�Abdu�l-Bahas gro�artigem Entwurf zur Versch�nerung dieses
heiligen Gel�ndes regen Anteil nahm.In einem Brief berichtet das Gr��te Heilige Blatt, dass
es nach Fertigstellung des Unterbaues zum Schrein des B�b
�Abdu�l-Bahas Wunsch und Absicht war, �einen neuen Weg zu
43 Report of �The Fifth International Convention for the Election of the
Universal House of Justice, Ridvan 1983�, in Baha World 18 (1979
83, S. 46144 Die Templer auch Tempelgesellschaft waren Christen aus Deutsch
land, die gegen Ende der 1860er und Anfang der 1870er Jahre am Fu�
des Karmel siedelten, um das zweite Kommen Jesu Christi zu erwarten.
258erschlie�en, der direkt vom Schrein zur deutschen Allee f�hren
soll.� Einer Verwirklichung standen allerdings viele Hindernisse
entgegen. Zum Beispiel war �Abdu�l-Bahá jahrelang au�erstande,
das ben�tigte Gel�nde zu erwerben. In der Zeit des
britischen Mandats konnte das Land endlich gekauft werden.
Der Stadtbaurat machte einen Entwurf f�r den Aufgang zum
Schrein und gab Anweisung, den Weg anzulegen. Bahayyih
Kh�num berichtet: �Dieser Entwurf erhielt die gesegnete Aufmerksamkeit
�Abdu�l-Bahas, der ihn gn�diglich guthie� unddem Stadtbaurat Seine Befriedigung und Wertsch�tzung ausdr�ckte.
Sp�ter wurde mit Hilfe g�ttlicher Best�tigung genug
Land aus dem verbleibenden Gel�nde gekauft, durch das der
Weg f�hrte.�45Das Gr��te Heilige Blatt war aber an dem Projekt nicht nur
h�chst interessiert, sondern sie leistete auch einen finanziellen
Beitrag zu seiner Vollendung. R�h�yyih Kh�num erz�hlt eine
Geschichte, die der H�ter ihr einst anvertraute. Sie schreibt:
�Als er darauf bestand, dass sie [Bahayyih Kh�num] eine kleine
Geldsumme als Erbschaft von �Abdu�l-Bahá annehmensolle, spendete sie den ma�geblichen Teil davon, um in Erf�llung
des lang gehegten Planes ihres Bruders die Kosten f�r
den Bau der n�chsten Terrasse vor dem Schrein des B�b zu
decken.�46Shoghi Effendi legte in einer vorl�ufigen Form die neun
Terrassen an, die vom Fu� des Berges zum Schrein des B�b
hinauff�hrten. In sp�terer Zeit beauftragte das Universale Haus
der Gerechtigkeit den Architekten Mr. Far�burz Sahb� mit dem
vollst�ndigen Ausbau der Terrassen oberhalb und unterhalb des
Schreins und mit der Bauleitung f�r die verbleibenden Geb�ude
auf dem Bogen.Zu dem Vorhaben des Universalen Hauses der Gerechtigkeit
geh�rte die Errichtung des Sitzes des Internationalen Lehrzentrums
und des Zentrums zum Studium der Heiligen Texte sowie
ein Erweiterungsbau zum Internationalen Baha-Archiv. Der
45 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,
S. 181, S. 18346 R�h�yyih Kh�num, Die unsch�tzbare Perle, S. 236
259Bau der Internationalen Baha-Bibliothek wurde auf einen
sp�teren Zeitpunkt verschoben. Alle diese Geb�ude, die Husayn
Am�nat, der Architekt des Sitzes des Universalen Hauses
der Gerechtigkeit, entworfen hat, sind auf die Ruhest�tten des
Gr��ten Heiligen Blattes, ihres Bruders und ihrer Mutter als
Mittelpunkt ausgerichtet.Dieses umfangreiche Bauprojekt wurde im Jahre 2001 abgeschlossen.
Im Januar 2001 bezog das Internationale Lehrzentrum
seinen endg�ltigen Sitz, und im Mai des gleichenJahres fand die offizielle Er�ffnung der Terrassen am Schrein
des B�b statt. In seiner Botschaft an die zu den Feierlichkeiten
zum Abschluss der Bauvorhaben auf dem Karmel versammelten
Baha w�rdigte das Universale Haus der Gerechtigkeit die
Bedeutung dieses Augenblicks in folgenden Worten:�Die majest�tischen Geb�ude, die jetzt entlang des Bogens
stehen, den Shoghi Effendi f�r sie am Hang des Berges Gottes
vorgezeichnet hatte, bilden zusammen mit der prachtvollen
Flucht der Gartenterrassen, die den Schrein des B�b
einfassen, eine �u�ere Darstellung der �berw�ltigenden
Kraft der Sache, der wir dienen. Sie sind ein bleibendes
Zeugnis daf�r, dass die Anh�nger Bahau�ll�hs mit Erfolg
die Fundamente einer weltweiten Gemeinde gelegt haben
und allen Zwist �berwinden, der die Menschheit spaltet,
und dass sie die wichtigsten Institutionen einer einzigartigen,
unangreifbaren Gemeindeordnung geschaffen haben,die das Leben dieser Gemeinde bestimmt. In der Umgestaltung,
die der Karmel erlebt hat, zeichnet sich die Baha-
Sache auf der globalen B�hne als sichtbare, zwingende
Realit�t ab, als Brennpunkt der Kr�fte, die zu der von Gott
bestimmten Stunde den Wiederaufbau der Gesellschaft bewirken
werden, und als eine mystische Quelle f�r die geistige
Erneuerung aller, die sich ihr zuwenden.�47Brief des Universalen Hauses der Gerechtigkeit vom 24. Mai 2001
an die Gl�ubigen, die sich zu den Feierlichkeiten zum Abschluss des
Bauprojekts auf dem Berg Karmel versammelt hatten.
260K�nnten nicht die hier vom Universalen Haus der Gerechtigkeit
angesprochenen Erfolge als die ersten Fr�chte eines
Prozesses angesehen werden, von dem Shoghi Effendi 1939
sprach und der in innigster Beziehung zum Gr��ten Heiligen
Blatt steht? Er schrieb damals: �Die �berf�hrung der geheiligten
Gebeine des Bruders und der Mutter unseres Herrn und
Meisters �Abdu�l-Bahá zum Berg Karmel und ihre endg�ltige
Bestattung in dem geweihten Bezirk des Schreines des B�b und
in n�chster N�he zum Ruheplatz des Gr��ten Heiligen Blattes
wecken nicht nur historische Assoziationen und z�rtliche Gef�hle.
Es sind auch Ereignisse von so grundlegender institutioneller
Bedeutung, dass nur k�nftige Vorg�nge, die unaufhaltsam
und unergr�ndlich am Weltzentrum unseres Glaubenseintreten werden, es hinreichend offenbaren k�nnen.�48
Damit hat sich erwiesen, dass Bahayyih Kh�num, wie in
ihrem Leben, so auch weiterhin nach ihrem Tode einen Einfluss
auf die Entfaltung der Baha-Sache aus�bt. Die mit ihrem
Ruheplatz verbundenen geistigen Wirkkr�fte beeinflussen
auf mystische Weise das langsame Reifen der Institutionen am
Weltzentrum des Baha-Glaubens.Das Grabmal von Bahayyih Kh�num, dem Gr��ten Heiligen Blatt.
262In den vorausgegangenen Kapiteln haben wir Bahayyih Kh�nums
Beitrag zu der Entwicklung der Geschichte der Baha-
Religion untersucht. Im abschlie�enden Kapitel wollen wir
die Bedeutung ihres bleibenden Verm�chtnisses als �Urbild
des Volkes von Bahá erhellen.1 Die Bezeichnung �Volk von
Bahá bezieht sich auf die M�nner und Frauen, die sich mit den
geistigen Werten und Lehren des Baha-Glaubens identifiziert
haben.In den meisten Religionen wurde eine archetypische Frauengestalt
herausgestellt, die das weibliche Ideal der Religion verk�rpert
und die Frauen inspirieren und motivieren soll. Wenn
aber demgegen�ber Bahayyih Kh�num als ein �Archetyp� oder
�Urbild� bezeichnet wird, so entspricht das keinem der traditionellen
Identifikationsmuster. Das Gr��te Heilige Blatt ist weder
der Typus �Mutter Erde� noch die typische mythische Heldin
und M�rtyrerin, und sie ist auch kein Vorbild ausschlie�lich
f�r Frauen. Ihre Bestimmung als das �Urbild des Volkes von
Bahá l�sst eine solche m�gliche Einschr�nkung gar nicht zu.
Das bedeutet, dass ihre Eigenschaften und das Beispiel ihres
Lebens f�r M�nner ebenso richtungsweisend sind wie f�r
Frauen. Darin zeigt sich etwas Neues gegen�ber anderen Religionen,
in denen die weibliche Identifikationsfigur lediglich
als Verk�rperung des Frauenideals der betreffenden Religion
gilt, womit in der Regel einschr�nkend die weiblichen Eigenschaften
Reinheit und Mutterschaft gemeint sind.2Bahayyih Kh�nums Wesensz�ge sind als solche gleicherma�en
bedeutungsvoll f�r Frauen wie f�r M�nner, daher k�nnen
sich beide Geschlechter vom Beispiel ihres Lebens inspirieren
lassen und ihr eigenes Verhalten am Vorbild ihrer Eigenschaften
1 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 30
2 Vgl. z. B. Moojan Momen, Phenomenon of Religion, Kapitel 11;
Beverly Moon �Archetypes�, in Mircea Eliade (Hg.) Encyclopedia of
Religion, New York (Macmillan Publishing) 1987, 1:379ff.
264orientieren. Eine n�here Betrachtung ihrer Wesensz�ge wird
dazu f�hren, jene Merkmale zu �berdenken, die herk�mmlich
mit M�nnlichkeit und Weiblichkeit verbunden werden, und
auch zu einer Neuformulierung eines f�r heutige Tage angemessenen
Konzeptes von �Heldentum.�Wenn wir die Merkmale, die mit M�nnlichkeit beziehungsweise
mit Weiblichkeit verbunden sind, neu �berdenken wollen,
k�nnen wir nicht au�er Acht lassen, dass der H�ter einige
der Eigenschaften, die das Gr��te Heilige Blatt vorgelebt hat,
den Eigenschaften gleichstellt, die im Leben der Manifestationen
Gottes zum Ausdruck kamen. So spricht Shoghi Effendi
Bahayyih Kh�num in einer Textstelle wie folgt an: �In all deinen
Tagen, von den fr�hesten Jahren bis zum Ende deines Lebens,
hast du die Attribute deines Vaters, des Unvergleichlichen, des
M�chtigen, verk�rpert. Du warst die Frucht Seines Baumes, du
warst die Lampe Seiner Liebe, du warst das Sinnbild Seiner
Ausgeglichenheit und Sanftmut, die Heerstra�e Seiner F�hrung,
der Kanal Seiner Segnungen, der s��e Duft Seines Gewandes,
die Zuflucht Seiner Geliebten und Seiner M�gde, der
Schutzmantel Seiner Gro�mut und Gnade.�3�Ausgeglichenheit� und �Sanftmut� werden in stereotyper
Weise eher den Frauen zugeordnet, aber Shoghi Effendi verschiebt
hier das Gleichgewicht. Er dehnt die Anwendung dieser
Begriffe auf Frauen und M�nner gleicherma�en aus, indem
er beide Eigenschaften als Merkmale Bahau�ll�hs auff�hrt.
In einem weiteren Zitat aus einem Brief, den der H�ter in der
Zeit von Bahayyih Kh�nums Hinscheiden schrieb, vergleicht
er ihre Eigenschaften nicht nur mit denen Bahau�ll�hs, sondern
auch des B�b und �Abdu�l-Bahas. Insbesondere ordnet
er die �Entsagung und Ausgeglichenheit� des Gr��ten Heiligen
Blattes der �ruhigen, heroischen Tapferkeit des B�b� zu.
Er sagt, dass ihre �nat�rliche Liebe zu Blumen und Kindern�
auch �f�r Bahau�ll�h so charakteristisch� war, und dass sie
mit �Abdu�l-Bahá �eine Gro�herzigkeit und Liebe� teilte, die
�zugleich uneigenn�tzig und ohne Ansehen der Person� wa
Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 56
265ren. Im gleichen Absatz listet Shoghi Effendi folgende �herausragenden
Eigenschaften� auf, die sie als �eine Tochter�ausweisen, die �des unsch�tzbaren Erbes w�rdig� ist, das �ihr
von Bahau�ll�h hinterlassen� wurde, und die sie au�erhalb der
Reihe vieler Helden der Vergangenheit stellen:�Eine Reinheit der Lebensf�hrung, die sich bis ins Kleinste
in ihren t�glichen Besch�ftigungen und Verrichtungen
spiegelte; eine Herzensg�te, die jede Unterscheidung nach
Religion, Klasse oder Hautfarbe vergessen lie�; eine Entsagung
und Ausgeglichenheit, die die ruhige, heroische Tapferkeit
des B�b ins Ged�chtnis rief; eine nat�rliche Liebe
zu Blumen und Kindern, wie sie f�r Bahau�ll�h so charakteristisch
war; eine ungek�nstelte Einfachheit der Umgangsformen;
eine ausgepr�gte Geselligkeit, die sie f�r alleansprechbar machte; eine Gro�herzigkeit und Liebe zugleich
uneigenn�tzig und ohne Ansehen der Person �, die so
deutlich �Abdu�l-Bahas Charaktereigenschaften spiegelte;
ein liebensw�rdiges Wesen; eine Fr�hlichkeit, die von keinem
Leid getr�bt werden konnte; eine ruhige, bescheidene
Art, die dazu beitrug, die W�rde ihres hohen Ranges noch
tausendfach zu erh�hen; eine Bereitschaft zu verzeihen, die
den unvers�hnlichsten Gegner augenblicklich entwaffnete
� diese geh�ren zu den herausragenden Eigenschaften eines
heiligen Lebens, dem die Geschichte eine himmlische Kraft
zuerkennen wird, wie sie nur wenige Helden oder Heldinnen
der Vergangenheit aufzuweisen haben.�4Aus derartigen Beschreibungen ihrer Eigenschaften wird
klar, dass Bahayyih Kh�num eine starke, einf�hlsame, vielschichtige
Pers�nlichkeit war. Sie l�sst sich nicht leicht einer
vorgefassten Kategorie zuordnen, aber sie ist auch keineswegs
��berirdisch�. Ihr Leben war eine vollendete Mischung aus
Losl�sung und Engagement. Ihr Halt war ihr tiefes Verst�ndnis
f�r die Baha-Lehren, zusammen mit ihrem klaren Bewusst
4sein von der Bedeutung all der Herausforderungen, denen sie
begegnete, und ihrem unersch�tterlichen Vertrauen in Gottes
h�chste Gnade und Barmherzigkeit. Sie hatte einen Scharfblick,
der sie in ihren Handlungsentscheidungen leitete und
ihr in Zeiten der Pr�fung Mut und Elastizit�t verlieh. Durch
ihre Eigenschaften ebenso wie durch ihre Handlungen bildet
das Gr��te Heilige Blatt f�r Frauen und M�nner gleicherma�en
das vollendete Modell eines Menschen, der im Angesicht
scheinbar �berw�ltigender Schwierigkeiten Flexibilit�t und
Z�higkeit beweist und auf diese Weise nie den Boden der Wirklichkeit
verliert.Dieses abschlie�ende Kapitel richtet den Blick auf eine Reihe
von Bahayyi Kh�nums �berragenden Qualit�ten, wie zum
Beispiel ihre der jeweiligen Situation angepasste Tatkraft und
Ausdauer bei Schwierigkeiten und Leid, ihre Verantwortungsfreudigkeit,
ihr F�hrungsstil und ihr Umgang mit Wandel. Wirwollen dabei die Verbindung zwischen den Idealen und Werten,
die sie verk�rperte, und den dr�ngenden Problemen der
heutigen Gesellschaft aufzeigen und so die Bedeutung des von
ihr vorgelebten Beispiels f�r alle, die sich in den gesellschaftlichen
Entwicklungsprozess einreihen wollen, beleuchten.Die Welt befindet sich offensichtlich in einer tiefen geistigen,
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Krise und diese Krise
beruht gro�enteils auf einem Mangel an effizienter F�hrungskunst.
Das Ausma� menschlichen Leidens und der Not, ungeIm englischen Original �resilience�. Diese hier untersuchte Eigenschaft
hei�t vom Wort her �Federkraft�: die Kraft, sich abfedern zu k�nnen.
Als menschliche Eigenschaft bedeutet dies Sprungkraft, Spannkraft,
Tatkraft; es bedeutet Flexibilit�t, die F�higkeit sich der ver�nderten
Situation anzupassen; und es hei�t auch Z�higkeit, �berlebenskraft,
Unverw�stlichkeit, Durchhalteverm�gen. Im Deutschen ben�tigen wir,
wie hier, mehr als ein Wort, um �resilience� und das dazugeh�rende
Adjektiv �resilient� zu veranschaulichen.milderter Belastung und Ungewissheit nimmt t�glich zu, und
die Bedrohungen durch Krieg, Terrorismus, Armut und Unterdr�ckung
r�cken immer n�her. Das �berleben und das pers�nliche
Wohlergehen h�ngen nicht nur von einem Verst�ndnis f�r
den Sinn des Leidens ab, sondern auch von der Wahrnehmung
konstruktiver Vorbilder, die die F�higkeit haben, trotz scheinbar
un�berwindlicher Schwierigkeiten sich vom Ungl�ck zu
erholen und sich der ver�nderten Lage anzupassen.Unter solchen Umst�nden ist es nur nat�rlich, dass, wer
nach F�hrung sucht, sich an die Religion wendet. Man darf eigentlich
erwarten, dass die Religion, der traditionelle Hort f�r
Wertma�st�be und Sinnfindung, all denen Erleuchtung bringt,
die den Grund ihres Leidens verstehen m�chten und um eine
Entscheidung ringen, wie sie in Zeiten der Not und der Ungewissheit
ihr Leben steuern sollen.Die Religionen in der heutigen Welt k�nnen jedoch dieser
Herausforderung meist nicht mehr in einer Weise gerecht werden,
die den modernen Menschen befriedigt. Die einen lasten
das Leid der s�ndigen Natur des Menschen an, aufgrund der
Urs�nde eines Vorfahren, der schon seit dem Altertum zur mythischen
Figur geworden ist. Andere suchen Trost zu spenden,
indem sie sich v�llig auf die sch�ne Welt nach dem Tod konzentrieren
und damit jeden Versuch unterbinden, die Lebensverh�ltnisse
in dieser Welt zu verbessern. Wieder andere wollen
die Frage mit der Behauptung umgehen, dass alles Leiden sich
im Geist abspiele und durch angemessene geistige Disziplin zu
vermeiden sei. In manchen Regionen der Erde preist die vorherrschende
religi�se Meinung den R�ckzug von der schn�denWelt als Allheilmittel an. Dieser Ansatz verficht ein Gegenmittel,
das Isolation, Distanz vom gesellschaftlichen Umgang und
die Unterdr�ckung des Gef�hlslebens zur Folge hat.
Die Baha betrachten Leid als wesentlichen, unausweichlichen
Teil des Lebens, jedoch nicht als Selbstzweck. �Abdu�l-
Bahá erkl�rt: �Wenn du dich scharfsichtigen Auges umschaust,
merkst du, dass in dieser Welt des Staubes alle Menschen leiden.�
Ja, Er unterstreicht die Verbindung zwischen Leiden und
pers�nlichem und geistigem Wachstum:durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten
�Geist und Seele des Menschen machen Fortschritte, wenn er
durch Leiden gepr�ft wird. Je mehr der Boden gepfl�gt wird,
desto besser w�chst der Same und desto besser wird die Ernte
sein. Wie der Pflug tief in die Erde eindringt und sie von
Unkraut und Disteln reinigt, so befreien Leiden und Not den
Menschen von den kleinlichen Belangen dieses weltlichen
Lebens, bis er einen Zustand der v�lligen Losl�sung erreicht.
Seine Haltung in dieser Welt wird g�ttliche Gl�ckseligkeit
sein. Der Mensch ist sozusagen unreif; die Hitze, die vom
Feuer der Leiden ausgeht, wird ihn reifen lassen. Schaut zur�ck
in vergangene Zeiten, und ihr werdet entdecken, dass
die gr��ten Menschen am meisten gelitten haben.�6Hier muss man wissen, dass der von �Abdu�l-Bahá angesprochene
�Zustand der vollst�ndigen Losl�sung� nichts miteiner masochistischen oder passiven Hinnahme des eigenen
Schicksals zu tun hat. Im Gegenteil der Baha-Glaube ist
von jeder Form von Asketentum oder Puritanismus meilenweit
entfernt. Shoghi Effendi erkl�rt, dass die Baha-Lehren �keinesfalls
irgend jemand das einwandfreie Recht oder Vorrecht
zu verweigern� suchen, �den vollen Vorteil und Nutzen aus den
vielf�ltigen Freuden, Sch�nheiten und Annehmlichkeiten zu
ziehen, mit denen die Welt durch einen allliebenden Sch�pfer
so reich ausgestattet wurde.�7Bahau�ll�h fordert vom Einzelnen eine aktive Haltung im
Umgang mit Pr�fungen und Schwierigkeiten. Er bezeugt, dass
�K�mmernisse� dazu f�hren, nach geistigem Sinn zu suchen
und ermutigt zu einer konstruktiven Antwort. Er gibt den folgenden
Rat:�Sprich: Leid ist ein Horizont f�r Meine Offenbarung. Die
Sonne der Gnade strahlt hoch dar�ber und verstr�mt ein
Licht, das weder die Wolken eitlen Menschenwahns noch
der leere Trug des Angreifers verdunkeln k�nnen.�Abdu�l-Baha, Briefe und Botschaften, 156:9, S. 219; �Abdu�l-Baha,
Paris Talks, Nr. 57.1 UK 1995 edit.Ebenda, Shoghi Effendi Das Kommen g�ttlicher Gerechtigkeit, S. 55
269Folge du den Fu�spuren deines Herrn, ... unbeirrt vom L�rm
der Achtlosen oder vom Schwert des Feindes. ... Verbreite
weithin die D�fte deines Herrn und zaudere nicht, und w�re
es weniger als ein Augenblick, im Dienste Seiner Sache. Es
naht der Tag, da der Sieg deines Herrn, des Immervergebenden,
des Gro�m�tigsten, kund sein wird.�8Die Allgegenwart von Not und Leid in der menschlichen
Existenz und die Belastungen unseres heutigen Lebens haben
die Suche nach einem Zugang zu neuen, kreativen M�glichkeiten,
dem Leid zu begegnen, stark intensiviert. Der Bedarf an
solchen M�glichkeiten treibt die Sozialwissenschaftler und andere
Forscher weiter an, die zu ergr�nden suchen, warum, zum
Beispiel, manche Menschen schwerstes Leid ertragen, ohne zu
wanken. Ein erneuertes Forschungsinteresse gilt dem Thema
ausdauernder, tatkr�ftiger Anpassungsf�higkeit warum manche
Menschen bef�higt sind, sich den Bedr�ngnissen des Lebens
zu stellen, sie zu �berwinden, durch sie sogar gest�rkt zu werden
und Ver�nderung anzunehmen. Insbesondere wollen diese Studien
die Eigenschaften solch anpassungs-und widerstandsf�higer
Personen ausfindig machen, um vielleicht Wege zu finden, wie
man dem Einzelnen und auch Organisationen helfen kann, die
Anforderungen des Lebens besser zu bestehen.Diese Studien zeigen, dass z�he, anpassungsf�hige Menschen
die mit Bedr�ngnissen fertig werden und sich von Belastungen
rasch und nachhaltig befreien k�nnen sich durch drei Merkmale
auszeichnen: Das Akzeptieren der Realit�t, einen starken
Glauben an den Sinn des Lebens und die F�higkeit, kreative
L�sungen f�r scheinbar unl�sbare Probleme zu finden.
Im Hinblick auf das erste Merkmal, das Akzeptieren der
Realit�t, zeigt sich folgender interessante Punkt: Entgegen
8durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten
der h�ufigen Annahme, dass die F�higkeit, sich der Situation
anzupassen und durchzuhalten in einer optimistischen Natur
begr�ndet sei, warnen heutige Wissenschaftler vor der Gefahr
eines unrealistischen Optimismus; dieser k�nne nicht nur zu
Selbstbetrug, Vermeidungsverhalten, Passivit�t und Tatenlosigkeit
f�hren, sondern tats�chlich eine n�chterne Einsch�tzung
der Situation verhindern, die f�rs �berleben und f�r die Planung
konstruktiven Handelns unentbehrlich ist. Demgegen�ber
hilft ein realistischer Optimismus dem Einzelnen nicht nur,
die Zw�nge einer gegebenen Situation zu verstehen, sondern
l�sst uns auch k�nftige Herausforderungen im voraus erkennen,
so dass wir uns auf sie vorbereiten k�nnen. Er motiviert
uns unsere eigenen Kr�fte anzuspannen und die vorliegende
Arbeit aktiv anzugehen; au�erdem tr�gt er zu dem Gef�hl bei,
dem eigenen Schicksal gewachsen zu sein und die Kontrolle
dar�ber zu haben.9Das zweite Merkmal widerstands- und wandlungsf�higer
Menschen ist ihre �berzeugung, dass das Leben einen Sinn
hat ein Glaube, der oft durch tief verwurzelte geistige Werte
gefestigt ist. Solch starke Werte geben der Umwelt einen Sinn,
denn sie zeigen, wie man die Geschehnisse interpretieren und
gestalten kann. Anstatt sich als Opfer zu betrachten, haben
diese �unverw�stlichen� und unersch�tterlichen Menschen die
F�higkeit, auch im gr��ten Leid einen Sinn zu sehen.
Viktor Frankl, �berlebender von Auschwitz und Begr�nder
der Logotherapie, einer psychotherapeutischen Methode,
die dem Einzelnen helfen will, im Leben Ziel und Zweck zu
finden und Verantwortung f�r seine Lebensentscheidungen zu
�bernehmen, betonte, dass ein Mensch tats�chlich dem Leben
auch dann Sinn abgewinnen kann, wenn er in einer hoffnungslosen
Situation ist und sich einem unabwendbaren Schicksal
9Vgl. z. B. Diane L. Coutu, �How Resilience Works�, in Harvard
Business Review (Mai 2002), S. 46 ff.; Kennon M. Sheldon und Laura
King, �Why Positive Psychology is Necessary�, in American Psychologist
56, Nr. 3 (2001), S. 216 f.; Barbara L. Fredrickson, �The Role of
Positive Emotions in Positive Psychology: The Broaden-and-Build
Theory of Positive Emotions�, ebd. S. 218 ff.; Sandra L. Schneider, �In
Search of Realistic Optimism�, ebd. S. 250 ff.gegen�ber sieht. Frankl lehrt, dass der Lebenssinn aus der Art
erw�chst, wie eine Person mit dem Leben und mit den Situationen
und Anforderungen umgeht, mit denen das Leben siekonfrontiert. Die Einzelnen k�nnen zwar nicht immer die Bedingungen
kontrollieren, unter denen sie leben m�ssen, abersie haben es bis zu einem gewissen Grade in der Hand, wie sie
damit umgehen.10Die Wissenschaft versichert, dass dieses Anpassungs- und
Durchhalteverm�gen entscheidend davon Abhangt, ob man in
seiner Umwelt einen Sinn erkennt, und dass die �Dynamik der
Sinnfindung� solch starken, flexibel reagierenden Menschen
hilft, aus der gegenw�rtigen Notlage heraus Br�cken zu bauen
in eine reichere, bessere Zukunft. Solche Br�cken f�hren zu
einer klaren Sicht und erm�glichen es, Erfahrungen in neuem
Licht zu interpretieren, welches dazu verhilft, die Gegenwart
zu gestalten und von dem Eindruck loszukommen, eine augenblickliche
Situation sei unbezwingbar und sinnlos.11Ein drittes Merkmal, das mit dieser Anpassungsf�higkeit,
dieser Kraft sich abzufedern verbunden wird, ist die F�higkeit,
sich mit dem Vorhandenen zu begn�gen, eine Probleml�sung
zu improvisieren, Handlungsm�glichkeiten auszumachen, auch
wenn offensichtlich keine Mittel zur Verf�gung stehen. Psychologen
haben eine Beziehung zwischen positiven Gef�hlenund situationsangemessenem Verhalten entdeckt; sie nehmen
zum Beispiel an, dass positive Gef�hle nicht nur die Kreativit�t
erh�hen und das Spektrum der L�sungsm�glichkeiten erweitern,
sondern auch zu einer positiven Erwartungshaltung und
zu Hoffnung und Vertrauen in die Welt verhelfen.12
Manche Menschen besitzen diese Z�higkeit und Flexibilit�t
von Geburt an, aber neuere Forschungen zeigen, dass sie auch
erlernbar ist. Einer der Wege zu diesem Ziel ist es, das Leben
solch unverw�stlich-anpassungsf�higer Personen zu studieren,
um daraus Inspiration und praktische Anregungen und Hin
10 Diane L. Coutu, �How Resilience Works�, S. 50 ff.
11 Ebenda, S. 5012 Barbara L. Fredrickson, �The Role of Positive Emotions in Positive
Psychology�, S. 218 ff.durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten
weise zu gewinnen, wie man mit Krisensituationen und Bedr�ngnis
fertig werden kann. Mit diesem Ziel im Auge wollen
wir Bahayyih Kh�num, das �Urbild des Volkes von Baha, als
Beispiel vorstellen.13Das Gr��te Heilige Blatt war mit den Worten Shoghi Effendis
� �einer der am meisten heimgesuchten Menschen, die die
Welt je gesehen hat,� und sie trug diese schMirzaichen Erfahrungen
mit einer Tapferkeit, die aus ihrem Vertrauen �in Gottes
Gnade� gespeist wurde. Der H�ter hat die Heimsuchungen, die
Bahayyih Kh�num ertragen musste, mit den Leiden verglichen,
welche die Zentralgestalten des Baha-Glaubens14 erduldeten.
Er schreibt, dass bei ihrem Hinscheiden der �Herold des Himmels�
mit lauter Stimme ausrief: �O Erhabenstes Blatt! Du bist
die Eine, die seit fr�hester Kindheit und dein ganzes Leben
hindurch auf Gottes Wegen in Geduld ausgeharrt und ertragen
hast, was kein anderer ertrug au�er Gott allein in Seinem eigenen
Selbst, dem H�chsten Herrscher �ber alles Erschaffene,
und vor Ihm Sein edler Vorl�ufer, und nach Ihm Sein heiliger
Zweig, der Eine, der Unzug�ngliche, der H�chste.� Er bezeugt
das Ausma� ihrer Leiden: �Die Leiden, die sie auf dem Pfade
Gottes ertrug, waren die grausamsten; die Anfechtungen, von
denen sie befallen wurde, waren die furchtbarsten. Sie trug das
reiche Kleid des Heldenmutes, das Prachtgewand der Heiterkeit
und ruhigen Kraft, die Kleinodien der Tugend und der Losl�sung,
der Reinheit und Keuschheit, und der strahlend helle
Schmuck ihrer Sch�nheit war ihre Z�rtlichkeit, ihre F�rsorglichkeit
und ihre Liebe zur Menschheit.�1513 Diane L. Coutu, �How Resilience Works�, S. 48; Shoghi Effendi, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 3015 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num,The Greatest Holy Leaf, S. 73; Shoghi Effendi, eben
da S. 25; aus einem in Shoghi Effendis Auftrag geschriebenen Brief,
ebenda S. 83Die Leiden des Gr��ten Heiligen Blattes waren nicht nur
heftig sie dauerten auch w�hrend ihres ganzen Lebens an.
Der H�ter bekr�ftigt:�Alle Tage ihres unsch�tzbaren Lebens verbrachte sie in
Verbannung und Gefangenschaft, und jede ihrer kostbaren
Stunden war angef�llt mit Pr�fungen, Anfechtungenund Schrecknissen, die sie von unbarmherzigen Feinden
erdulden musste. Seit fr�her Kindheit trug sie ihr Teil an
den Leiden Bahau�ll�hs. So wie Er war sie Not und Bedr�ngnis
ausgesetzt, und ebenso war sie die Leidensgef�hrtin
�Abdu�l-Bahas.Nie verbrachte sie eine Nacht unbeschwerten Schlafes, an
keinem Tag war ihr Ruhe geg�nnt, und immer umkreiste
ihre einnehmende Pers�nlichkeit wie ein Nachtfalter die
helle Kerze des Glaubens. Die Worte, die sie sprach, galten
immer dem Lobpreis der Sch�nheit Abha, ihr einziger
Gedanke, ihr hohes Ziel waren die Verk�ndigung der Sache
Gottes und der Schutz Seines Gesetzes, und der teuerste
Wunsch ihres gl�henden Herzens war es, den s��en Duft
ihres Herrn weit und breit zu verstr�men.�16Danach weist der H�ter auf die Bedeutung ihrer Taten hin:
�Ihr himmlisches Betragen war ein Modell f�r das Volk von
Baha. Die Bewohner der Heiligt�mer der Ergebung und die
Einwohner des Paradieses Abha fanden in den himmlischen
Eigenschaften, die sie besa�, Vorbild und F�hrung.�17
In der westlichen Welt neigt man dazu, Leiden und Martyrium
mit Niederlage und Versagen gleichzusetzen. Als Alternative
schl�gt der Psychiater Abdu�l-Missagh Ghadirian vor, sie
als �Sieg der Seele� anzusehen. Er weist auf die Tatsache hin,
dass der Gottesglaube einer Person kein statischer Geisteszustand,
sondern eine dynamische Kraft ist. Er erkl�rt: �In dem
16 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda, S.
75 f.durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten
Ma�e, wie der Glaube w�chst, w�chst auch die F�higkeit, Pr�fungen
und Heimsuchungen zu erdulden, die die Aufrichtigkeit
und die Liebe zur g�ttlichen Realit�t auf die Probe stellen.�18
Die Reaktion des Gr��ten Heiligen Blattes auf Pr�fungen
und Leiden verdient eine genaue Untersuchung. Dass sie
Schmerz und Tr�bsale auf sich nahm, darf nicht mit Masochismus
oder Fanatismus verwechselt werden. Sie suchte inSchMirzan und Qualen keine pers�nliche Genugtuung, und
sie wurde auch nicht durch blinden religi�sen Eifer oder durch
Vorurteile geleitet. Von Kind an begriff sie die Natur der Gefahren,
denen die Mitglieder der jungen Baha-Gemeinde ausgesetzt
waren. Ihr Verst�ndnis f�r den Zweck jener Ereignisse,
die ihr Leben aufzehrten, bef�higte das Gr��te Heilige Blatt,
ihre Handlungsweise selbst zu bestimmen. Sie war ein Beispiel
f�r realistischen Optimismus, sie entschied sich, auf dem Pfade
einer neuen geistigen Wahrheit zu wandeln, und nahm die Widrigkeiten
hin, die das mit sich brachte.Es wird deutlich, dass Bahayyih Kh�num unter den Widrigkeiten,
die sie erlebte, sehr stark litt und dass sie in ihr tiefe
Gef�hle erweckten. Sie lie� sich jedoch von diesen Gef�hlen
nicht einfach beherrschen, sondern konnte sich �ber sie erheben.
Der H�ter bekr�ftigt: �Mehr als achtzig Jahre lang trug
dieses Erhabene Blatt mit einer Tapferkeit, die jeden verbl�ffte,
der ihre Bekanntschaft machen durfte, Leid und Drangsal,
wie sie nur wenige unserer heutigen Gl�ubigen erfahren haben.
Und doch welche Freude und welch heiligm��ige Haltung
offenbarte sie ihr Leben lang! Mitten in Leiden und SchMirzan
war ihr engelgleiches Angesicht so ruhig, so heiter. Das hei�t
nicht, dass ihr Herzensg�te und Mitgef�hl abgingen.�19
Die Heiterkeit und Tapferkeit des Gr��ten Heiligen Blattes
entsprangen ihrer auf den Schriften der Baha-Religion beruhenden
festen �berzeugung, dass das Leben und eben auchdas Leid einen Sinn haben, aber ebenso waren sie in ihrer
18 Abdu�l-Missagh Ghadirian, �Psychological and Spiritual Dimensions of
Persecution and Suffering�, in Journal of Baha Studies 6, Nr. 3, S. 19
19 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 70 f.tief wurzelnden Zuversicht und ihrem Vertrauen in die grundlegende,
unwandelbare Gnade und Barmherzigkeit Gottes begr�ndet.
Indem sie trotz der Verfolgungen an ihrem religi�sen
Glauben festhielt, konnte sie geistige Werte leben. So bezeugt
der H�ter auch Folgendes: �Kein noch so schMirzaicher Schicksalsschlag
war imstande, den hellen Schein ihres heiligen Angesichts
zu verdunkeln, und keine Ersch�tterung, wie heftig auch
immer, konnte die Gefasstheit ihres anmutigen und w�rdigen
Verhaltens beeintr�chtigen.� Bahayyih Kh�nums Vertrauen in
die Macht g�ttlichen Beistands und in die Gewissheit, dass Gottes
Wille letzten Endes siegen muss, verlieh ihr wahre Geduld
und die Kraft zum Ausharren. Bis ans Ende ihrer Tage gab die
Klarheit ihres Weitblicks dem Leben Bedeutung und war sie der
Grundstein ihrer realistischen, zuversichtlichen Hoffnung auf
die Zukunft. Dieser gleiche Scharfblick �bertrug sich durch das
Beispiel ihres Lebens auf andere und entflammte die Baha-
Gemeinde nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas.20Das Studium ihres Lebens macht deutlich, dass Bahayyih
Kh�num sich durch die Ereignisse nicht l�hmen lie�, und dass
sie den Vorg�ngen um sie herum auch nicht achtlos oder unaufmerksam
gegen�berstand. Anstatt bei Schicksalsschl�gen und
Bedr�ngnissen eine passive, hilflose Haltung einzunehmen,
suchte sie aktiv nach kreativen Probleml�sungen und nutzte
alle M�glichkeiten, die sich boten. Aber sie vermied auch jede
kopflose, �berst�rzte Aktivit�t. Ihre Handlungen waren stets
auf die besonderen Erfordernisse der Situation ausgerichtet.
Als Kind ertrug Bahayyih Kh�num im Geiste der Hinnahme
unz�hlige Schicksalsschl�ge wie Armut, Einsamkeit und
Verbannung. Zugleich war sie t�tig, um die Pr�fungen und
Leiden anderer zu mildern. Als Teenager in Bagdad �bertrug
ihr Bahau�ll�h schwierige Boteng�nge, und sie antwortete
auf diese Herausforderung freudig und ohne Z�gern, obwohl
ganz reale Gefahren damit verbunden waren. W�hrend der
aufreibenden Jahre in Adrianopel, als die Baha-Gemeinde
durch Uneinigkeit und ,die gr��te Trennung� auseinander
20 Shoghi Effendi, ebenda S. 35durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten
gerissen war, spielte sie eine entscheidende Rolle, indem sie
die Missverst�ndnisse einiger Personen hinsichtlich der Stufe
Bahau�ll�hs kl�ren half. In sp�teren Jahren, nach dem Hinscheiden
ihres Vaters und wiederum nach dem Hinscheiden�Abdu�l-Bahas, unternahm sie die notwendigen Schritte, um
den Bund zu sch�tzen und die Gemeinde zu festigen. Shoghi
Effendi bemerkt, dass sie sich trotz ihrer physischen Schw�che
und gesellschaftlichen Isolierung �den Angriffen der Gegner
stellte und Bedr�ngnisse erduldete, von denen jede einzelne
einen Berg aus Eisen zermalmt haben k�nnte. Und doch war
das liebliche, anziehende Gesicht dieser vergeistigten Taube
der Heiligkeit bis in ihre letzte Stunde hinein von lebenspendendem
L�cheln umkr�nzt, und niemals sah man diese zarte,
zerbrechliche Person ohne ihre Geduld, Ausdauer, Gr��e, Majest�t
und W�rde.�21Im Angesicht von Schwierigkeiten offenbarte Bahayyih
Kh�num Geduld und liebevolle G�te. Ganz im Gegensatz zu
dem in der heutigen Gesellschaft vorherrschenden Verhalten reagierte
sie auf die �Angriffe der Gegner� weder feindselig noch
rachs�chtig. Ihr einziges Ziel war es, anderen auch denen, die
den Baha-Glauben angriffen zu einem besseren Verst�ndnis
und einer angemesseneren W�rdigung der Bedeutung von
Bahau�ll�hs Offenbarung zu verhelfen. Zu diesem Zweck, so
bemerkt Shoghi Effendi, hatte sie �keine anderen Ziele als nur
diese: Die Sache Gottes zu verk�nden und Sein Wort zu erh�hen;
den Namen der Gesegneten Sch�nheit [Bahau�ll�hs] zu
r�hmen und zu verherrlichen; �Abdu�l-Bahá immer vor Augen
zu haben und Ihm zu dienen; sich der Leidenden zu erbarmen
und ihnen unaufh�rlich liebende F�rsorge zu geben; sie zu umhegen
und zu tr�sten und ihnen Freude zu bringen.�22Das Gr��te Heilige Blatt ist ein Muster unersch�tterlichen
Anpassungs- und Durchhalteverm�gens im Angesicht eines
ganzen Lebens voller Leiden und Tr�bsale. Shoghi Effendi bekr�ftigt,
dass diese Leiden zwar �auf ihrer schwachen Gestalt
21 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda S.
77ihre Spuren hinterlassen haben�, jedoch nicht im mindesten �ihren
Geist der Freude und Hoffnung� beeintr�chtigen oder ihren
Glauben an die Zukunft untergraben konnten. �Trotz alledem,�
so schreibt er, �murrte sie nie, noch verlor sie ihren Glauben
an die Zukunft. Sie blieb zuversichtlich und versuchte andere
aufzumuntern. Sie war f�r jeden, der ihr begegnete, eine wahre
Quelle der Inspiration.� Er unterstreicht, wie wichtig und von
aktueller Bedeutung das Beispiel ihrer pers�nlichen Qualit�ten
f�r die Menschheit ist. Hierzu schreibt er:�Sie liebte es, die Menschen gl�cklich zu sehen, und m�hte
sich nach Kr�ften, um es ihnen zu erleichtern, dies zu verwirklichen.
Wie dringend brauchen wir solche Seelen in der heutigen
Welt, die so voller Sorgen und Entmutigung zu sein scheint!
Jedermann leidet, und niemand ist da, der ihnen Mut zuspricht
und die Herzen aufhellt.�23Ausdauer, Tatkraft und Flexibilit�t anderer f�rdern
Das Gr��te Heilige Blatt diente nicht nur als konkretes Vorbild
f�r situationsgem��es Verhalten, sondern unternahm selbst
Schritte, um andere immer mehr zu bef�higen, auf die Bedr�ngnisse
des Lebens kompetent zu reagieren und sich ver�nderten
Bedingungen anzupassen. Ihr pers�nlicher Umgang mit
Pilgern und ebenso ihre Briefe sind Beispiele daf�r, wie sie die
Ausdauer und Flexibilit�t der Mitglieder der Baha-Gemeinde
f�rderte.Ihr Kontakt mit den Pilgern und auch ihre Korrespondenz
zeichneten sich durch gro�es Einf�hlungsverm�gen f�r
jede Person aus, mit der sie es zu tun hatte. Ihre Antworten
waren zartf�hlend, geduldig, liebevoll und auf den Einzelnen
zugeschnitten. Allen dr�ckte sie Verst�ndnis f�r ihre Schwierigkeiten
aus; sie f�hlte sich in ihre Sorgen und Probleme ein
23 Ebenda, S. 90 f., S. 89, S, 91durchhalteKraFt und FlexiBilit�t in einer welt Voller schwierigKeiten
und gab ihnen zu verstehen, dass auch sie Kummer, Sorge und
�ngste durchgemacht hatte. Dass sie die Not und die Bedr�ckung
ihrer Partner wirklich anerkannte und w�rdigte, war
f�r diese eine gro�e Quelle der Ermutigung und half den Bedr�ngten,
Hoffnung zu sch�pfen, dass sie etwas unternehmen�ber die Ermutigung hinaus half sie den Gl�ubigen auch, im
Leiden einen Sinn zu erkennen. Das Gr��te Heilige Blatt machte
sie auf die Leiden Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas aufmerksam
und erkl�rte ihnen den geistigen Grund, warum diese es
auf sich nahmen, sich solchen Heimsuchungen zu unterwerfen:
F�r die F�rderung der Baha-Religion und letzten Endes f�r
den Frieden und das Gl�ck der menschlichen Gesellschaft. Sie
unterstrich die Tatsache, dass den Gl�ubigen die Wahl offenstehe,
wie sie auf die Wechself�lle des Lebens antworten. Hierzu
machte sie auf das Beispiel �Abdu�l-Bahas und Seine gew�hlte
Rolle einer aufopferungsvollen Dienstbarkeit aufmerksam.
Bahayyih Kh�num trug dazu bei, den Baha ein Bewusstsein
ihrer Identit�t und ein Bild der Zukunft zu vermitteln. Zu
diesem Zweck erkl�rte sie die Dynamik von Krise und Sieg, die
die Entfaltung der Baha-Religion vorantreibt, und half den
Baha, die Bedeutung ihrer gegenw�rtigen Schwierigkeiten im
Rahmen dieses weitsichtigen Zusammenhangs zu verstehen.
Mit dieser Vision ausger�stet, gewannen die Gl�ubigen die
Kraft, die Erfordernisse und Chancen ihrer jeweiligen Situation
einzusch�tzen, ihre Ressourcen wie gering auch immer
zu mobilisieren und vertrauensvolle, konstruktive Ma�nahmen
zu entwickeln, die dem Augenblick und der Entwicklung des
Glaubens entsprachen. Um auch l�ngerfristig und besonders in
Situationen, wo der Baha-Gemeinde die notwendigen Techniken
fehlten, zuversichtliches Handeln zu f�rdern, entwarf das
Gr��te Heilige Blatt oft einen �Schlachtplan�, der eingehalten
werden sollte. Ihre F�hrung bildete die Gl�ubigen aus, verlieh
ihnen gr��ere Kompetenz und erweiterte das Repertoire ihrer
F�higkeiten.Die genaue Betrachtung des Gr��ten Heiligen Blattes als ein
Vorbild f�r pers�nliche Widerstands- und Anpassungsf�higkeit
279in schwieriger Situation kann uns sehr vieles lehren; aber auch
die Art und Weise, wie sie Ausdauer, Tatkraft und Flexibilit�t
anderer f�rderte, verdient unsere Aufmerksamkeit. Dem Einzelnen
die F�higkeit zu vermitteln, mit den geistigen, sozialen
und wirtschaftlichen Krisen der heutigen Welt in konstruktiver
Weise umzugehen, bleibt auch weiterhin eine entscheidende
und langfristige Notwendigkeit.Die Bereitschaft, sich in T�tigkeiten zu engagieren, die der gesamten
Gesellschaft dienlich sind, ist eines der dringenden Erfordernisse
in der heutigen Welt. Das Gemeinschaftsgef�hl istverloren gegangen; an seine Stelle ist die zielstrebige Besch�ftigung
mit eng definierten pers�nlichen Interessen getreten.
Viele Menschen f�hlen sich allein gelassen, der gesellschaftlichen
Umwelt entfremdet, umgeben von lauter Anderen, denen
ihr Wohlbefinden ganz egal ist und die ihrerseits auch nicht
ihre Aufmerksamkeit verdienen.Es gibt vielerlei Gr�nde f�r diesen R�ckzug des Einzelnen
aus der gr��eren Gesellschaft. Es kann die Antwort sein auf
erlittene Not und auf die Schwere der vielf�ltigen Probleme,
mit denen man konfrontiert wird. Es kann aus der Verzweiflung
kommen �ber den wachsenden Aufruhr und sozialen Verfall
in der Welt, verbunden mit einem Gef�hl der Hilflosigkeit als
Einzelner, der nichts zur Verbesserung der Situation tun kann.
Der R�ckzug kann auch die Folge einer gut begr�ndeten Desillusionierung
�ber die Heuchelei von Organisationen sein, dieeinen vorteilhaften Wandel versprechen und sich als unf�hig
erweisen.Unter solchen Umst�nden liegt es nahe, den Wertekanon und
die Motivation, die f�r eine aktive und anhaltende Teilnahme
an Unternehmungen zur Verbesserung der gesellschaftlichen
Verh�ltnisse ben�tigt werden, bei der Religion zu suchen. Die
religi�se Orthodoxie unserer Tage ist jedoch darauf ausgerichtet,
Gl�ubige hervorzubringen, die solche Dinge unbek�mmert
280Anderen �berlassen und sich auf passiven Gehorsam beschr�nken.
Religionsanh�nger, die mit einer solchen Einstellung nicht
einverstanden sind, neigen haupts�chlich zum Protest gegen
die etablierte Ordnung und zur Forderung nach raschem, radikalem
Wandel.Die Baha-Religion steht einzigartig da, denn als untrennbaren
Bestandteil ihrer Lehren enth�lt sie eine administrative
Ordnung, die weit mehr darstellt als nur ein System zur Organisation
der Gemeinde. Diese administrative Ordnung ist ein
Mittel, um ihre Beteiligten in Verhaltensweisen und Einstellungen
zu schulen, die eine Vorlage f�r das k�nftige Funktionieren
der Gesellschaft im Gro�en abgeben. Auf diese Weise k�nnen
sie eine Keimzelle f�r die Steuerung der Menschheit in �bereinstimmung
mit den Grunds�tzen von Freiheit, Gerechtigkeitund Einheit bilden. Die Gemeindeordnung verlangt aktive Beteiligung
aller Mitglieder, wobei sie ihre Talente und F�higkeiten
einbringen, ungeachtet ihrer pers�nlichen Umst�nde
oder der Beschr�nkungen, denen sie unterworfen sind.
Das Gr��te Heilige Blatt dient als ein Urbild dieser aktiv
beteiligten Menschen. Unbeeindruckt von den Umst�nden, in
denen sie sich selbst befand, bietet sie ein bewunderungsw�rdiges
Beispiel f�r administratives Engagement ein Musterbeispiel
f�r alle, die ihren Fu�spuren folgen und in einer sich
entfaltenden Gemeindeordnung Dienst tun; einer Ordnung, die
seit den fr�hen Anf�ngen, an denen Bahayyih Kh�num so ma�geblich
beteiligt war, in erstaunlichem Umfang gewachsen ist.
Um diesen Sachverhalt n�her zu erforschen, m�ssen wir
zuerst einige Hauptmerkmale der Baha-Gemeindeordnung
anschauen. Dies gibt uns den Rahmen, der es erm�glicht, das
Beispiel Bahayyih Kh�nums genauer zu untersuchen.Aus Baha-Sicht muss die Grundlage der Gesellschaftsordnung
von grundlegend geistiger Natur sein. Mit diesem Schwerpunkt
erh�lt das Heilige seinen Platz im Herzen des Einzelnen
wie des Gemeindelebens. Die Betonung des Geistigen wirkt
281sich nicht nur auf die Vorstellung der Baha-Religion von einer
Gesellschaftsordnung und vom Wesen der gesellschaftlichen
Institutionen aus, sondern beeinflusst auch ihre Vision von gesellschaftlicher
Evolution, und sie gibt Richtungsweisung f�rdie Ziele, Strategien und Methoden, mit denen gesellschaftlicher
Wandel herbeigef�hrt werden soll. In diesem Zusammenhang
verweist Shoghi Effendi auf die Untrennbarkeit der
geistigen, gesellschaftlichen und administrativen Dimensionen
des Baha-Glaubens und auf seine schrittweise Entfaltung.
Er spricht eine Warnung aus: �Die administrativen Prinzipien
der Sache Gottes von den rein geistigen und menschenfreundlichen
Lehren trennen zu wollen, w�rde eine Verst�mmelung
des eigentlichen K�rpers der Sache Gottes bedeuten.� Allein
aus dieser Perspektive betrachtet, steht die Baha-Religion unter
den religi�sen Systemen der Welt einzigartig da.24
Es ist wichtig festzuhalten, dass das System der Baha-Administration
seine Autorit�t und Leitprinzipien von Bahau�ll�hselbst erh�lt. Shoghi Effendi schreibt: �Diese administrative
Gesellschaftsordnung unterscheidet sich insofern grundlegend
von allem, was irgendein Prophet vordem eingesetzt hat, als
Bahau�ll�h selbst ihre Grundlagen offenbart, ihre Institutionen
begr�ndet, die Pers�nlichkeit, die Sein Wort auszulegen hat,
berufen und der K�rperschaft, die Seine Gesetze und Gebote
zu erg�nzen und anzuwenden bestimmt ist, die erforderliche
Amtsgewalt verliehen hat. Hierin liegt das Geheimnis ihrer
Kraft, ihre grundlegende Besonderheit und ihr Schutz vor Aufl�sung
und Spaltung.�25Shoghi Effendi analysiert das System der Baha-Administration
aus dem Blickwinkel der Religionsgeschichte und der
Theorien sozialer Organisation; er hebt es ab von bestehenden
politischen und geistlichen Institutionen und stellt einige seiner
einzigartigen Wesensz�ge heraus. Er bezeugt: �... diese umfassende
administrative Ordnung ... steht sowohl der Theorie
als auch der Praxis nach nicht nur einzig in der gesamten Geschichte
der politischen Institutionen, sondern auch ohne Ge
24 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 19
25 Ebenda, S. 207genst�ck in den Annalen aller anerkannten Religionssysteme
der Welt da.� Und er f�hrt weiter aus:�Keine Form demokratischer Regierung, kein System autokratischer
oder diktatorischer Art, sei es monarchisch oderrepublikanisch, kein Mischkonzept einer rein aristokratischen
Ordnung und selbst keine der anerkannten Formender Theokratie, sei es nun das hebr�ische Gemeinwesen,
seien es die verschiedenen christlichen Kirchenorganisationen,
das Imamat oder Kalifat im Islam keines von ihnenkann mit der von der Meisterhand ihres vollendeten Architekten
gebildeten administrativen Ordnung gleichgesetztoder als mit ihr �bereinstimmend bezeichnet werden.
Diese neugeborene Administrations- und Gesellschaftsordnung
hat in ihrer Struktur gewisse Elemente vereinigt, die
in jeder der drei anerkannten Arten weltlicher Herrschaftsform
zu finden sind, ohne doch in irgendeiner Hinsicht eine
blo�e Wiederholung einer von ihnen zu sein und ohne in
ihren Mechanismus irgendwelche der zu beanstandenden
Kennzeichen einzuf�hren, die jenen angestammterma�en
eigen sind. Sie verschmilzt und bringt, wie keine von sterblicher
Hand geformte Herrschaft es jemals vollbracht hat,
die zweifellos in jedem dieser Systeme enthaltenen gesunden
Bestandteile miteinander in Einklang, ohne die Reinheit
jener gottgegebenen Wahrheiten, auf die sie sich letzten
Endes gr�ndet, zu verf�lschen.�26Aus dem Vorangegangenen wird klar, dass die pers�nliche
geistige Entwicklung, die f�r den einzelnen Baha ein
wichtiges Ziel darstellt, f�r sich alleine genommen noch nicht
ausreicht; denn geistige Entwicklung ist unl�sbar verbunden
mit der Entfaltung eines Baha-Systems sozialer Organisation,
welches im Einklang mit den geistigen, humanit�ren und
Verwaltungsgrunds�tzen funktioniert, die aus den Lehren der
26 Ebenda, S. 219Baha-Religion abgeleitet werden. Es gibt also eine positive,
konstruktive Wechselbeziehung zwischen der Entwicklung
des Einzelnen und derjenigen der Gesellschaftsordnung. Die
Baha-Gemeindeordnung dient als Instrument f�r die Weiterentwicklung
geistiger Werte in der Welt allgemein; sie bietetf�r alle, die nach wirksamen L�sungen f�r die Unzul�nglichkeiten
gegenw�rtiger administrativer Institutionen suchen, ein
alternatives Modell f�r Regierungsf�hrung an, das sich auf die
Anwendung solch geistiger Werte gr�ndet.Im Rahmen dieses Buches kann nicht der Versuch unternommen
werden, die verschiedenartigen Bestandteile desBaha-Systems, ihre Wirkungsweise und ihr Zusammenspiel
im einzelnen vorzustellen. Drei Gesichtspunkte sind jedoch
von besonderem Interesse im Zusammenhang mit der Rolle,
die Bahayyih Kh�num gespielt hat, und diese werden im Folgenden
besprochen.Ein besonderes Merkmal der Baha-Religion ist es, dass sie
eine Laienreligion ist. Der Baha-Glaube zeichnet sich durch
das Fehlen eines geistlichen Standes aus; es gibt also keine
Personen, die den Rabbinern, Priestern, Pfarrern oder Mullahs
anderer Religionen vergleichbar und die verantwortlich w�ren,
f�r die Bed�rfnisse der Baha-Gemeinde zu sorgen.Viele religi�se Gemeinschaften, die ihre Urspr�nge in vergangenen
Epochen haben, tendieren zu einer hierarchischenStruktur, wobei der Geistlichkeit eine h�here Stellung zuerkannt
wird im Vergleich zur Laienschaft. Aufgrund ihrer herausgehobenen
Stellung �ben die Geistlichen Autorit�t �ber die Masse
der Gl�ubigen aus und genie�en bestimmte Privilegien, die sie
mit ihren Mitgl�ubigen nicht teilen. Im geschichtlichen Verlauf
hat die Geistlichkeit, da keine ausdr�cklichen schriftlichen Bestimmungen
des Religionsstifters vorlagen, das ausschlie�liche
Recht zur bindenden Auslegung der heiligen Schriften an sich
gezogen. Sie nahm sich das Recht, �ber Fragen des Dogmas
und der Kirchenorganisation zu entscheiden und die Gl�ubigen
284in allen geistigen und praktischen Angelegenheiten zu belehren.
Dar�ber hinaus geh�rt es zu den typischen Aufgaben der
Geistlichen, den Segen zu spenden, Sakramente zu erteilen,
wie beispielsweise Taufe und Bu�e sowie ganz allgemein die
pers�nliche Beziehung des Gl�ubigen zu Gott zu vermitteln.
Demgegen�ber wird der Laienschaft die Funktion des Gehorsams
und der Ehrerbietung gegen�ber dem Geistlichenzugewiesen. Die Masse der Gl�ubigen findet sich also eher in
einer im wesentlichen passiven Rolle sie empf�ngt die liturgischen
Dienste des Geistlichen und reagiert auf die Anst��e,
die von ihnen ausgehen. Mitglieder der Gemeinde der Gl�ubigen
sollen ihrer geistlichen Verantwortung weitgehend dadurch
nachkommen, dass sie die Dienste und die F�hrung der
Geistlichen annehmen.In der Baha-Gemeinde bedeutet das Fehlen eines Klerus,
dass die hierarchische Unterscheidung von Geistlichkeit und
Laienschaft entf�llt. Das geistige Wohl jedes Einzelnen h�ngt
nicht von den Handlungen oder �u�erungen irgend einer anderen
Seele ab. Die Baha-Schriften machen es jedem Gl�ubigen
zur Pflicht, in eigener pers�nlicher Verantwortung die geistige
Wahrheit zu erkunden, sein Verst�ndnis der Baha-Lehren zu
vertiefen, sich um eine Lebensf�hrung zu bem�hen, die die von
Bahau�ll�h verk�ndeten Werte und geistigen Prinzipien zum
Ausdruck bringt, andere �ber die Botschaft Bahau�ll�hs zu
informieren, am Gemeindeleben und an ihrer Administration
aktiv teilzunehmen und sich f�r das Wohlergehen der ganzen
Gesellschaft einzusetzen. An die Stelle der passiven Gemeinde
ist der aktive Diener der Menschheit getreten!Shoghi Effendi hebt einige der einmaligen, neuartigen
Bestimmungen hervor, die f�r die Organisation der Baha-
Gemeinde grundlegend sind. Zum Beispiel erw�hnt er die
�Aufhebung des berufsm��igen Priestertums und der damit
verbundenen Sakramente der Taufe, des Abendmahls und der
Beichte; die Gesetze, welche die Einsetzung aller �rtlichen,
nationalen und internationalen H�user der Gerechtigkeit durch
allgemeine Wahl erfordern; das vollkommene Fehlen episkopaler
Autorit�t mit den sie begleitenden Privilegien, Entstel
285lungen und verbeamtenden Tendenzen.� Er bezeichnet diese
Bestimmungen als �Beweise f�r den nichtautokratischen
Charakter der Administration- und Gesellschaftsordnung der
Baha-Religion und ihre Neigung zu demokratischen Methoden
in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten.�27Die Baha-Religion hat zwar kein berufsm��iges Priestertum
und keinen eingesetzten Klerus, �bertr�gt aber dennoch bestimmten
Personen die Verantwortung f�r Aufgaben der Administration.
DieAngelegenheiten der Gemeinde werden von einemSystem demokratisch gew�hlter Geistiger R�te wahrgenommen,
denen Einzelpersonen zur Seite stehen, die f�r beratende und f�r
Bildungsfunktionen ernannt wurden. Die Gl�ubigen, die in dieser
Eigenschaft dienen, haben jedoch keinerlei episkopale Autorit�t
�ber die anderen Mitglieder der Gemeinde, und sie bilden
auch keine h�her stehende oder privilegierte Klasse.
Die Natur von F�hrerschaftDas Universale Haus der Gerechtigkeit ist das leitende Organ
der Baha-Religion auf internationaler Ebene. Unter seiner
F�hrung �ben die demokratisch gew�hlten Nationalen und
�rtlichen Geistigen R�te die gesetzgebende, ausf�hrende und
Recht sprechende Macht in der Baha-Gemeinde aus und
�bernehmen somit die administrative Leitung der Gemeinde.
In der Handhabung der Gemeindeangelegenheiten bedienen
sich die Baha-Institutionen und die einzelnen Mitglieder
der Gemeinde der Baha-Beratung, einer Form gemeinsamer
Entscheidungsfindung, in der versucht wird, die jeweils beste
L�sung zu finden oder die in einer Angelegenheit verborgene
Wahrheit zu ergr�nden, indem nach dieser Methode alle Teilnehmer
gleichberechtigt zusammenwirken. Obwohl eine Person
bei der Beratung den Vorsitz f�hrt, hat diese doch keine
besonderen Vorrechte. Sie leitet die Versammlung, sorgt f�r einen
fl�ssigen Verlauf der Diskussion und ermuntert zur vollen
Beteiligung am Entscheidungsprozess.27 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 221
286Die Baha-Schriften legen eine Reihe von Voraussetzungen
f�r die Beratung fest, die aus Baha-Sicht auch als wesentliche
Elemente des F�hrungsverhaltens angesehen werden k�nnen.
Zusammengenommen beschreiben sie eine Art von F�hrerschaft,
die sich von heute vorherrschenden charismatischen
oder individualistischen Ans�tzen deutlich abhebt. �Abdu�l-
Bahá definiert sie so: �Die Haupterfordernisse f�r jene, die
miteinander beraten, sind Reinheit des Beweggrundes, strahlender
Geist, Losl�sung von allem au�er Gott, Hingezogensein
zu Seinen g�ttlichen D�ften, Bescheidenheit und Demut vor
Seinen Geliebten, Geduld und Langmut in Schwierigkeiten,
Dienstbarkeit an Seiner erhabenen Schwelle. Wenn sie mit
gn�digem Beistand diese Eigenschaften erlangen, wird ihnen
vom unsichtbaren Reiche Bahas der Sieg gew�hrt.�28
�Abdu�l-Bahá merkt an, dass alle Mitglieder das Recht und
die Pflicht haben, ihre Ansichten in voller Freiheit vorzutragen;
und sie werden ermutigt, ihre Gedanken mit Ehrerbietung,
Sorgfalt und M��igung vorzubringen. Sobald ein Entschluss
gefasst ist, arbeiten alle an seiner Durchf�hrung mit. �Abdu�l-
Bahá richtet au�erdem an die Vorsitzende eines Geistigen Rates
die folgende Aufforderung: �Strebe mit Herz und Seele, in
dem�tigem Gebet und in Selbstausl�schung [danach], Gottes
Gesetz zu vertreten und Seine s��en D�fte allenthalben zu verbreiten.�
Er f�gt folgende Ermutigung hinzu: �M�he dich, den
Versammlungen geistiger Seelen die wahre Vorsitzende zu sein,
eine Gef�hrtin der Engel im Reiche des Allbarmherzigen.�29
Der Baha-Glaube sollte nicht in der Weise missdeutet
werden, als wolle er den rechtm��igen Gebrauch pers�nlicher
Initiative behindern. Im Gegenteil wird es jedem sorgf�ltigen
Betrachter der Baha-Lehren klar, dass vieles in diesen Lehren
dazu beitr�gt, kreatives Denken anzuregen. Dazu geh�ren
der Grundsatz der selbst�ndigen Suche nach Wahrheit, der Ansporn,
sich von Vorurteil und Aberglauben zu befreien, und die
Betonung der Bewusstseinsbildung. Die Baha sind aufgerufen,
die Lehren Bahau�ll�hs zu befolgen, aber zugleich sind
28 �Abdu�l-Baha, Briefe und Botschaften, 43:1, S. 106
29 Ebenda, 142:1, S. 196sie frei tats�chlich werden sie dazu ermutigt , sich selbst
um ein Verst�ndnis dieser Lehren zu bem�hen und dieses Verst�ndnis
in Wort und Tat zum Ausdruck zu bringen.Der Baha-Glaube ermutigt aktiv alle seine Mitglieder ob
Frau oder Mann in jedem Bereich des Gemeindelebens mitzuwirken.
Dies steht in scharfem Kontrast zu anderen religi�sen
Systemen, wo den Frauen der Zugang zu Positionen mit
administrativer Autorit�t oder mit Entscheidungskompetenz in
der Organisation der religi�sen Gemeinde systematisch verwehrt
worden ist. So waren zum Beispiel in den Religionen des
Nahen und Mittleren Ostens die Rabbiner, Priester und Mullahs
ausschlie�lich M�nner. Zwar wurden in manchen F�llen
weibliche Ordensgemeinschaften gegr�ndet zur Wahrnehmung
einer Bildungs- oder einer heilenden Funktion, doch wurde ihren
Leiterinnen nur Autorit�t �ber andere Frauen zugestanden.
In der Gegenwart hat die Bewegung f�r Gleichberechtigung
zu einer gewissen Korrektur dieser Geschlechtertrennung
gef�hrt. In den liberaleren Konfessionen innerhalb des
Judentums und des Christentums sieht man jetzt Frauen, die
geistliche �mter in Gemeinden mit M�nnern und Frauen aus�ben,
und im Islam sind neuerdings einige weibliche Gelehrte
hervorgetreten.Die Baha-Gemeindeordnung ist durch die Mitwirkung der
Frau in verantwortlichen Positionen auf �rtlicher, nationaler
und internationaler Ebene gekennzeichnet. Baha-Frauen sind
zum Dienst als H�nde der Sache Gottes30, als Berater31 und
Mitglieder des Internationalen Lehrzentrums einer wichtigen
Institution am Weltzentrum des Glaubens berufen worden.
Sie tragen entscheidende weltweite Verantwortung, um f�r die
Ausbreitung der Baha-Gemeinde, den Erhalt ihrer Integrit�t
und die F�rderung ihres geistigen Lebens zu wirken. Au�erdem
werden Frauen als Mitglieder in Geistige R�te gew�hlt,
30 H�nde der Sache Gottes, siehe Glossarund an der Basis des Baha-Gemeindelebens wirken sie im
Rahmen der Beratungen bei einer gro�en Bandbreite von geistigen,
bildungsbezogenen und gesellschaftlichen Zusammenk�nften
mit.Von Anfang an hat der Baha-Glaube der Teilnahme der
Frauen an den Angelegenheiten des Glaubens hohe Bedeutung
beigemessen, und es wurden t�tige Ma�nahmen ergriffen, um
die Einbeziehung von Frauen zu f�rdern auch in solchen L�ndern,
wo die traditionelle Kultur ihre aktive Beteiligung in allen
Bereichen des Gemeindelebens unterbunden hat. Genau in
diesem Zusammenhang und vor diesem Hintergrund muss die
Bedeutung der Rolle des Gr��ten Heiligen Blattes f�r die administrative
Arbeit der Baha-Gemeinde untersucht werden.Aus der Lebensgeschichte des Gr��ten Heiligen Blattes und
aus den Briefen, die sie an die Baha-Gemeinde richtete, geht
klar hervor, dass sie bereitwillig und mit ergreifender Demut
die schwere administrative Verantwortung �bernahm, die ihr
in den Zeiten von �Abdu�l-Bahas und des H�ters Abwesenheit
vom Weltzentrum des Glaubens auferlegt wurde. Sie lie� sich
niemals zur�ckhalten, weder durch kulturelle Beschr�nkungen
hinsichtlich der Rolle der Frau noch durch vorger�cktes Alter.
Ihre Motivation war ihre Einsicht in die Bedeutung und Wichtigkeit
der Lehren Bahau�ll�hs f�r die Evolution der Gesellschaft.
Sie hatte ein klares Verst�ndnis von den Bestimmungen
des Baha-Bundes und von der Wichtigkeit der Gemeindeordnung,
die auf seiner Grundlage errichtet wurde. Auch in ihrem
pers�nlichen Leben verk�rperte und gestaltete sie die Werte
dieser Ordnung und war dadurch gleicherma�en ein Beispiel
f�r die einzelnen Gl�ubigen wie f�r die Mitglieder der Baha-
Institutionen.Bahayyih Kh�nums tiefe Einsicht in die Bedeutung des Bundes
Bahau�ll�hs wird durch ihre uneingeschr�nkte Unterst�tzung
seines ernannten Mittelpunktes �Abdu�l-Bahá und nach
289dessen Hinscheiden seines designierten H�ters Shoghi Effendi
offenkundig. Nach Bahau�ll�hs Tod waren sie die Richtpunkte,
an denen sich ihr Leben orientierte und nach denen
sie die Priorit�ten f�r ihren Dienst festsetzte. Durch ihr Beispiel
und ihre liebevolle Ermutigung half das Gr��te Heilige
Blatt au�erdem den Gl�ubigen, zuerst dem Meister und dann
dem H�ter die Treue zu halten. Damit wahrte sie die Einheit
der Glaubensgemeinde und gab ihr einen klaren Kurs in diesen
beiden herausfordernden Perioden des �bergangs in der
Leitung des Glaubens. Das Engagement und die Hingabe des
Gr��ten Heiligen Blattes an den Gottesbund waren so vollkommen,
dass sie sich nicht nur pers�nlich erhob, um ihm zu
dienen und ihn zu sch�tzen, sondern auch ihre Briefe wirkten
� besonders w�hrend der Zeiten, da ihr die F�hrung des Glaubens
�bertragen war als lebenswichtiges Werkzeug, um die
Gl�ubigen zu bilden und ihnen zu helfen, die Wichtigkeit des
Bundes zu begreifen und seine einzigartigen Merkmale wie
auch die Funktionen seiner noch keimhaften Institutionen zu
verstehen.Bahayyih Kh�nums Briefe belegen ihr tiefgr�ndiges Verst�ndnis
des Bundes von Bahau�ll�h und �Abdu�l-Baha. Siezeigen auch die Klarheit, mit welcher sie die Merkmale dieses
Bundes beschrieb und zugleich das Wesen seiner Anforderungen
an die Gl�ubigen darlegte, seine Bestimmungen hochzuhalten
und ihnen Folge zu leisten. Zum Beispiel macht sie auf
die klare, ausdr�ckliche Art aufmerksam, in der Shoghi Effendis
Ernennung zum H�ter ausgesprochen wurde, und auchauf die Konsequenzen, die diese Ernennung f�r die Einheit
der Gemeinde hatte. Sie schreibt: ��Abdu�l-Bahas Testament
ist Seine entscheidende Verf�gung. Sie bringt die Gl�ubigen
zusammen, wahrt ihre Einheit und stellt den Schutz des Gottesglaubens
sicher. Sie bestimmt einen genauen Mittelpunkt,indem sie schriftlich und unwiderleglich Shoghi Effendi als
H�ter des Glaubens und erw�hlten Zweig einsetzt, so dass
sein Name durch die Finger der Gnade und G�te in dem Verwahrten
Sendschreiben verzeichnet ist. Wie dankbar sollten
wir daf�r sein, dass uns eine solche Gnadengabe geschenkt,
290solche Gunst erwiesen wurde!� In einem weiteren Brief unterstreicht
sie die in dem geschriebenen Text verf�gte Autorit�t
des H�ters und f�hrt die den Gl�ubigen auferlegte Verantwortung
in Bezug auf den Gottesbund n�her aus: �Ein klar umrissener
Bund macht unsere Pflicht deutlich. Ein unzweideutiger,
lichter Text erkl�rt das offenbarte Buch. Ein pr�zise benannter
Mittelpunkt ist berufen worden, an den sich alle wenden m�ssen,
und die �u�erungen des H�ters der Sache und Auslegers
des Buches sind zum entscheidenden Dekret erkl�rt worden.
All dies kommt aus der Gnade und Gunst unseres Geliebten,
des Allherrlichen, und aus der liebevollen G�te Dessen, der
durch den Glanz Seines Dienstes Erde und Himmel erleuchtet
hat.�32Bahayyih Kh�num unternahm gezielte Schritte, um den
Gl�ubigen st�rker zum Bewusstsein zu bringen, wie wichtig
die Bildung Nationaler und �rtlicher Geistiger R�te sei. Sie
ermutigte sie und half, sie darin zu schulen, ihr Handeln an den
Prinzipien der Bahai-Administration zu orientieren. Ihre klare
Sicht und die F�hrung, die sie gab, sch�pfte sie aus ihrem eigenen
Verst�ndnis f�r die Erfordernisse des Glaubens in seinem
jeweiligen Entwicklungsstadium und aus den wegweisenden
Briefen des H�ters, die im Einzelnen die Theorie und die Leitprinzipien
darlegten, die der Arbeitsweise dieser keimhaftenEine Durchsicht ihrer Briefe zeigt, dass sie, indem sie die
in Shoghi Effendis Briefen gegebene F�hrung rekapitulierte,
den Gl�ubigen die Wichtigkeit und praktische Notwendigkeit
vermitteln konnte, Geistige R�te zu bilden. Sie half den Baha
nicht nur, die Funktionen dieser R�te und die Rolle dieser Institutionen
des Glaubens bei der Entfaltung der Baha-Gemeindeordnung
richtig einzusch�tzen, sondern auch die Verantwortung
des einzelnen Gl�ubigen zu erkennen, diese aufkeimenden
Institutionen zu lieben, ihnen zu dienen und sie zu unterst�tzen.
In einem vorausschauenden Brief an die Mitglieder eines
Geistigen Rates unterstreicht sie die Beziehung zwischen den
32 Bahayyih Kh�num, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf,
S. 141, S. 160 f.Aktivit�ten der Gl�ubigen und ihrer administrativen Gremien
und der geistigen Umwandlung der ganzen Welt. Sie schreibt:
�Es ist klar und einleuchtend, dass der K�rper der Menschheit
heute dringend auf f�hige, n�tzliche und aktive Glieder
und Organe angewiesen ist, damit ihre Bewegungen und
Handlungen, ihr Betragen und Verhalten, ihre feinen Gef�hle,
erhabenen Gedanken und edlen Ziele allezeit himmlische
Tugenden und Vollkommenheiten widerspiegeln undg�ttliche Eigenschaften und die Merkmale der Heiligen zum
Ausdruck bringen. Auf diese Weise hauchen sie allen B�rgern
der Welt neues Leben und einen neuen Geist ein; und
so n�hren und st�rken sie die inneren Bande und geistigen
Beziehungen auf allen Gebieten menschlichen Strebens.�33
Das Gr��te Heilige Blatt hatte klar verstanden, dass die derzeit
h�chste Priorit�t im gesamten Prozess der Vergeistigung
der Menschheit in der Errichtung der Institutionen der Baha-
Gemeindeordnung lag. Dar�ber hinaus war ihr auch v�llig bewusst,
wie �beraus wichtig das Beispiel war, das diese Institutionen
all jenen bieten k�nnten, die nach Alternativmodellen
f�r Regierungsf�hrung und f�r soziale Organisation suchen.
Eigenschaften f�r den Dienst in der Administration
Obwohl das Gr��te Heilige Blatt niemals selbst in einer gew�hlten
Institution der Baha-Administration diente, achtete
und untermauerte sie die Autorit�t der keimhaften �rtlichen
und Nationalen Geistigen R�te. Aktiv unterst�tzte und st�rkte
sie die Entwicklung dieser Institutionen und war �ber deren
Erfolge begl�ckt. In ihrer Korrespondenz mit diesen Gremien
f�rderte sie die Entwicklung der Arbeitsf�higkeit der R�te, indem
sie auf zwei Elemente aufmerksam machte, die f�r den
Beratungs- und Entscheidungsprozess grundlegend sind: Erstens,
die Erkenntnis der Bedeutung der F�hrung, die in den
33 Ebenda , S. 191heiligen Schriften des Glaubens und den Briefen Shoghi Effendis
verborgen ist, und zweitens, die Anwendung dieser F�hrung
bei der Einsch�tzung der aktuellen Erfordernisse und bei
der Ausarbeitung von Handlungspriorit�ten f�r den laufenden
Fortschritt der Baha-Gemeinde.Bahayyih Kh�num verk�rperte und gestaltete beispielhaft
die in der Baha-Gemeindeordnung ruhenden Werte. Sie lebte
solche Eigenschaften vor wie �fraglose Treue, ... selbstlose
Hingabe, ... ein geschulter Geist, ... anerkannte F�higkeit
und reife Erfahrung� Eigenschaften, die Shoghi Effendi als
die kennzeichnenden Merkmale der Mitglieder von Geistigen
R�ten herausgestellt hat. Zus�tzlich erl�uterten ihre Briefe die
Anwendung jener geistigen und intellektuellen F�higkeiten,
die �Abdu�l-Bahá f�r die Beratungspraxis verlangt hatte. Dabei
ist interessant, dass �Abdu�l-Bahá den Gl�ubigen f�r diesen
Prozess den Rat erteilt hat, �mit h�chster Hingabe, H�flichkeit,
W�rde, Sorgfalt und M��igung ihre Ansichten vorzutragen.�
�Sie m�ssen,� so f�hrt er aus, �in jeder Angelegenheit die
Wahrheit erforschen und d�rfen nicht auf ihrer eigenen Meinung
bestehen; denn Starrsinn und Beharren auf der eigenen
Ansicht f�hren schlie�lich zu Zank und Streit; die Wahrheit
aber bleibt verborgen.� Er unterstreicht: �Die verehrten Mitglieder
m�ssen in aller Freiheit ihre eigenen Gedanken ausdr�cken;
es ist in keiner Weise erlaubt, dass einer die Gedanken
des anderen herabsetzt.� Vielmehr muss der Einzelne �die
Wahrheit mit Augenma� darlegen, und sollten sich Meinungsverschiedenheiten
ergeben, so muss die Stimmenmehrheit gelten;alle m�ssen dann gehorchen und sich der Mehrheit f�gen.�
Am Schluss betont �Abdu�l-Bahá die Notwendigkeit, dem Beschluss
des Geistigen Rates Folge zu leisten. Er bekr�ftigt: ...
was immer in Harmonie, Liebe und reiner Absicht getan wird,
bewirkt Licht; wenn aber die geringste Spur von Entfremdung
herrscht, wird das in schwarzes Dunkel f�hren.�34Stil und Inhalt der Briefe des Gr��ten Heiligen Blattes sind
ein gutes Beispiel daf�r, wie man so wie es der Meister ver34
Shoghi Effendi, Baha Administration, S. 88; �Abdu�l-Baha, Briefe
und Botschaften �Abdu�l-Bahas, Nr. 45, S. 107 f.langt hatte in aller Freiheit die eigenen Gedanken vollst�ndig
ausdr�cken und doch das schwierige Gleichgewicht zwischen
�Hingabe, H�flichkeit, W�rde, Sorgfalt und M��igung�, wahren
kann. Die einf�hlsame, gem��igte, beredte und dabei offene
Weise, wie das Gr��te Heilige Blatt mit den Gl�ubigen
und ihren Institutionen verkehrte, ist aufschlussreich und verdient
sorgf�ltiges Studium.35Das Gr��te Heilige Blatt war immer h�flich, aber sie
schreckte niemals davor zur�ck, auf M�ngel aufmerksam zu
machen oder bei Bedarf entschlossen zu handeln. Ihre Bereitschaft,
die Beziehungen zu den Mitgliedern von Bahau�ll�hs
Familie zu l�sen, die in der Zeit von ihres Vaters Tod ihre geistigen
Grunds�tze verrieten, indem sie den Bund brachen; ihre
Weigerung, den abtr�nnigen Halbbruder Mirza Muhammad�
Al� in den Tagen unmittelbar nach dem Hinscheiden des Meisters
in �Abdu�l-Bahas Haus zu empfangen; ihr mutiger und
standhafter Widerstand gegen die Machenschaften jener, die in
sp�terer Zeit aufstanden, um den Glauben anzugreifen all das
sind beredte Beispiele f�r Bahayyih Kh�nums Entschlossenheit,
einen festen und von hohen Grunds�tzen geleiteten Standpunkt
einzunehmen, um so die Bestimmungen des Bundes aufrecht
zu erhalten, den Baha-Glauben zu sch�tzen und die Einheit
der Gemeinde zu wahren.Die Haltung, die das Gr��te Heilige Blatt zum Dienen einnahm,
basierte auf geistigen und administrativen Prinzipien und
war praktisch, systematisch, evolution�r, zielgerichtet, strategisch
und vorausschauend. Aus ihren Handlungen spricht gro�es
Verantwortungsbewusstsein. In ihrer Kindheit und Jugend nahm
sie dankbar jede Gelegenheit wahr, heikle Auftr�ge auszuf�hren,
die ihr Vater, Bahau�ll�h, ihr zuwies. Immer war sie bestrebt,
den Umfang ihres Dienstes auszuweiten und beschwerliche, herausfordernde
Aufgaben zu �bernehmen. Diese T�tigkeiten gipfelten
sp�ter in ihrer Rolle als Oberhaupt des Glaubens w�hrend
�Abdu�l-Bahas Reisen und Shoghi Effendis Abwesenheiten in
den ersten Jahren seines H�tertums. In dieser Eigenschaft leis
35 Ebenda, S. 107tete sie einen unsch�tzbaren Beitrag, um die Einheit der Baha-
Gemeinde zu wahren und die Errichtung der administrativen
Ordnung auf einer gesunden Basis sicherzustellen.Das Gr��te Heilige Blatt widmete sich systematisch den
laufenden Gemeindeangelegenheiten. Sie war bewusst darum
bem�ht, �ber den Zustand der weltweiten Baha-Gemeinde
und �ber die Ereignisse in aller Welt auf dem Laufenden zu
bleiben. Ihre Briefe waren eine zuverl�ssige Informationsquelle
�ber Entwicklungen in der Gemeinde, und sie vermittelten
F�hrung auf der Grundlage der Weisungen, die �Abdu�l-Bahá
und der H�ter gegeben hatten. In der Zeit, als sie die Leitung
des Glaubens innehatte, �berwachte sie die Vollendung von
Projekten, die in �Abdu�l-Bahas Amtszeit eingeleitet worden
waren und setzte neue Initiativen des H�ters fort, darunter die
�u�erst wichtige Aufgabe, bei der Regierung zu erwirken, die
Schl�ssel zum Schrein Bahau�ll�hs wieder zu erhalten, die die
Feinde des Glaubens entwendet hatten.In dem Bewusstsein, wie wichtig die Mitarbeit jedes einzelnen
Baha f�r die Entfaltung des Glaubens und f�r die Evolution
der Gesellschaft ist, bem�hte sich das Gr��te Heilige Blatt
ganz besonders darum, pers�nliche Initiative anzuregen. Aus
ihren Briefen ist zu ersehen, wie sie die Baha st�ndig ermutigte.
Ihre lebhafte Schilderung der aufopferungsvollen Taten
ihrer geistigen Vorfahren war ihnen eine Quelle der Inspiration.
Sie machte auf die Herausforderungen aufmerksam, denen sich
die Baha-Gemeinde gegen�bersah und auf die Gelegenheiten
zum Dienst, die daraus erwuchsen. Sie dr�ckte ihre Freude
aus, wann immer die Gl�ubigen z�gernde Schritte in eine neue
Richtung unternahmen oder neue Aktivit�ten einleiteten und
unterst�tzte damit jede ihrer Bewegungen, die ihre Kompetenz
erweiterte und ihnen mehr Mut und Ausdauer gab.Abgesehen von der vielgestaltigen Verantwortung, die sie in
Abwesenheit �Abdu�l-Bahas und des H�ters zu tragen hatte, bekleidete
das Gr��te Heilige Blatt auch eine Reihe von laufenden
administrativen Funktionen. Eine davon war ihre F�rsorge f�r
ankommende Baha-Pilger. Seit den Tagen Bahau�ll�hs und
ganz besonders in der Amtszeit �Abdu�l-Bahas und in den ersten
295Jahren des H�tertums k�mmerte sich Bahayyih Kh�num aktiv
um die Pilger, die ins Heilige Land fuhren, um in die Gegenwart
des Oberhauptes des Glaubens zu gelangen und sp�ter dann die
heiligen Schreine zu besuchen. Als �letzte �berlebende� des
Heroischen Zeitalters inspirierte das Gr��te Heilige Blatt die
Pilger mit ihren Erinnerungen an die fr�hen Tage des Glaubens.
Die Pilger waren auch durch ihren festen Glauben, ihre ruhige
Heiterkeit und ihre zuversichtliche Weitsicht tief bewegt. In ihrer
Eigenschaft als vertrauensw�rdige Sachwalterin der heiligen
Reliquien und historischen Wertst�cke, die mit der Geburt der
neuen Offenbarung verbunden waren, lie� das Gr��te Heilige
Blatt au�erdem die ankommenden Pilger diese kostbaren Archivalien
besichtigen. Schlie�lich war das Gr��te Heilige Blatt
auch f�r das leibliche Wohl der Pilger verantwortlich; sie k�mmerte
sich um die gesamte Organisation ihrer Unterbringung
und um die Regelung der Zubereitung ihrer Mahlzeiten.36
Bahayyih Kh�nums Taten demonstrieren, wie sich ein Leben
auswirken kann, das dem individuellen und gesellschaftlichen
Wandlungsprozess verpflichtet ist und sich f�r die Schaffung
von administrativen Institutionen einsetzt, die geistige und zivile
Werte verk�rpern. Ihre treue, geduldige Unterst�tzung dieser
keimhaften Baha-Institutionen, das Vertrauen, das sie in ihre
Entwicklung setzte, und ihre Bereitschaft, administrative Verantwortung
zu �bernehmen, k�nnen als Beispiel daf�r dienen,wie man dem vorherrschenden Klima des Misstrauens und der
Gleichg�ltigkeit gegensteuern kann, das die gegenw�rtigen Beziehungen
zwischen den Regierenden und den Regierten pr�gt.Eine bleibende Erscheinung der menschlichen Gesellschaft
ist bis jetzt die Einteilung ihrer Bev�lkerung in verschiedene
Rangstufen, angefangen bei der d�rflichen Gesellschaft mit ihren
H�uptlingen und Dorf�ltesten bis hin zu komplexen st�d
36 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 59 f.
296tischen Einheiten mit Regierenden, Geistlichen, P�dagogen,
Kaufleuten und Handwerkern, die alle ihre bestimmte Position
in einer nach Rangstufen gegliederten Gesellschaft innehaben.
In der heutigen Zeit des Umbruchs, in der so mancher sich
dar�ber Gedanken macht, welche Form eine zuk�nftige Gesellschaft
annehmen sollte, ist es nur nat�rlich, �ber die Notwendigkeit
gesellschaftlicher Rangstufen nachzudenken undihre positiven und negativen Merkmale neu zu bewerten. Deshalb
besch�ftigen wir uns auch hier mit dieser Frage; denn die
Lebensf�hrung des Gr��ten Heiligen Blattes, einer Frau, die
in der Baha-Sendung einen hohen Rang einnimmt, gew�hrt
wichtige Einsichten dar�ber, welche Rolle in einer Baha-Gesellschaft
Personen von Rang zukommt.Oft werden Personen, die einen hohen gesellschaftlichen Rang
bekleiden, zu Recht wegen der Rolle, die sie aus�ben, kritisiert.
In vielen F�llen wird gesellschaftlicher Rang mit einer
Klasse von Personen assoziiert, die unverdiente Privilegien genie�en
und die zu ihrem pers�nlichen Vorteil Macht �ber andere
aus�ben k�nnen. In extremen F�llen d�rfen sie diese Macht
missbrauchen, um ungehindert und ohne Angst vor Strafe das
Recht zu brechen. Rang verleitet oft zu Arroganz und zu einem
starken �berlegenheitsgef�hl gegen�ber anderen.In der heutigen Welt ist die Frage nach Rang und Vorrecht
eine st�ndige Quelle des Streites und der Uneinigkeit. Sozialwissenschaftler
sagen, dass Konflikte vor allem dann auftreten,wenn zwischen zwei oder mehreren Parteien abweichende Interessen
wahrgenommen werden. Dabei werden drei allgemeineKonflikttypen unterschieden: Interessenkonflikte (z. B. �ber Territorien
oder knappe Ressourcen), Wertekonflikte (z. B. �ber Religion,
Ideologie oder ethnische Zugeh�rigkeit) und Beziehungskonflikte
(z. B. zwischen einer Mehrheit und einer Minderheit,
zwischen einer herrschenden und einer beherrschten Klasse).37
37 Hugh Miall, Peacemakers, Kap. 4Einige Theoretiker haben die Auswirkungen asymmetrischer
sozialer Beziehungen auf das Entstehen von Konflikt
und gesellschaftlicher Spaltung untersucht. Asymmetrische
Beziehungen sind durch ein gro�es Machtgef�lle zwischen den
Parteien gekennzeichnet. In solchen Zusammenh�ngen ist das
Beziehungssystem zwischen den unterschiedlichen Elementen
der Gesellschaft hierarchisch strukturiert. Die Befunde legen
nahe, dass die Menschen am unteren Ende der Skala aufgrund
ihrer unfreiwilligen Zuordnung in einer bestimmten Schicht,
einer ethnischen, oder irgendeiner anderen Gruppe normalerweise
keinen fairen Zugang zu den sozialen, wirtschaftlichen,
politischen, rechtlichen, bildungsbezogenen oder anderen
Ressourcen erhalten, die diejenigen am oberen Ende der Hierarchie
�blicherweise genie�en und kontrollieren. Dieseherrschenden, m�chtigeren Parteien neigen dazu, die weniger
m�chtigen abzuwerten, ihnen Anerkennung zu versagen und
sie von der Mitwirkung im Entscheidungsfindungsprozess
auszuschlie�en. Au�erdem greifen die herrschenden Partner
gern zu Machtaus�bung, Zwang und Gewalt als Instrument der
Konfliktl�sung und als Mittel, um ihre Ziele zu erreichen.38 Somit
kann in einer Gesellschaft mit einem stark ausgepr�gten
Klassensystem die Anwesenheit von Personen oder Gruppen,
die ihren hohen sozialen Status aus ihrer Familienzugeh�rigkeit,
ihrem Besitz- oder Bildungsstand oder aus der beruflichen
Position ableiten, durchaus als Konfliktpotential gelten, und
sie kann au�erdem der Anerkennung der Einheit der Menschheitsfamilie
entgegenwirken und ein Hindernis f�r die gesellschaftliche
Entwicklung bilden. Die von den Mitgliedern derMachtelite zur Schau getragene �berheblichkeit f�hrt in der
Tat oft zu Spannungen zwischen ihnen und den Menschen mit
niedrigerem Status. Um ihre Privilegien und ihre hohe Position
zu wahren, benutzen sie zudem ihren betr�chtlichen Einfluss
zur Aufrechterhaltung des Status quo.Trotz alledem ist aber auch klar, dass es f�r eine Gesellschaft
handgreifliche Vorteile gibt, wenn in ihr Rangstufen
38 Peter Wallensteen (Hsg.), Peace Research, Kap. 6
298existieren. Die Organisation einer Gesellschaft erfordert eine
Differenzierung der Funktionen, wobei manche Aufgaben einen
gewissen Grad von gesetzlicher oder geistiger Autorit�t
mit sich bringen. Wenn Rang mit besonderen Leistungen
verbunden ist, kann er den Ehrgeiz von talentierten, f�higen
Menschen f�rdern, ihre Begabungen zu entwickeln, was dann
als Belohnung einen hohen gesellschaftlichen Rang mit sich
bringt. Ihre Rangstufe verleiht den Erkl�rungen, die sie in ihren
Kompetenzbereichen abgeben, gr��eres Gewicht. So k�nnen
Menschen, deren F�higkeiten erkannt wurden, einen segensreichen
Einfluss auf den Fortschritt aus�ben. Vielleicht kann
man dar�ber hinaus sogar sagen, dass es nur bei solchen Personen
angemessen ist, ein entsprechendes Ma� an Respekt zu
erweisen, die sich in einer gesellschaftlich wertvollen Kunstfertigkeit
hervorgetan haben oder die eine Position innehaben,
in der sie f�r die Entwicklung der gesamten Bev�lkerung wirken
k�nnen.Das Dilemma mit Rang ist also nur dadurch zu l�sen, dass
man eine Form findet, in der er sich positiv f�r den gesellschaftlichen
Zusammenhalt und Fortschritt auswirkt, jedochdie negativen Z�ge, die der Einheit und Gerechtigkeit entgegenstehen,
vermeidet. Dies bringt uns zu einer ausf�hrlichenDie Baha-Schriften enthalten keine genaue Beschreibung einer
k�nftigen Gesellschaftsform. Trotzdem enth�llt die Lekt�re
dieser Texte einige deutliche Merkmale, die zweifellos mit
dem weiteren Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung
st�rker herausgearbeitet werden.Das Universale Haus der Gerechtigkeit hat erkl�rt, dass �das
richtige Funktionieren der menschlichen Gesellschaft die Beibehaltung
von Rangstufen und Klassen unter ihren Mitgliedern
erfordert.� Weitere Einzelheiten finden sich an verschiedenen
Stellen in der Baha-Literatur, vor allem in Das Geheimnis
g�ttlicher Kultur, wo �Abdu�l-Bahá die wichtigsten Rangstu
299fen innerhalb der Gesellschaft herausstellt. Eine hohe Stellung
weist er den weisen und f�higen Staatsm�nnern, den Gelehrten
und all denen zu, die darum bem�ht sind, die Gesellschaft zu
verbessern und die Wohlfahrt der B�rger zu f�rdern.39
Bahau�ll�h unterstreicht die Bedeutung des Ranges und seiner
Rolle in der menschlichen Gesellschaft. Nach Bahau�ll�h
liegt der Schl�ssel zum sozialen Zusammenhalt und Fortschritt
in der �Einheit von Rang und Stufe.� Er merkt an, dass das
grundlegende dynamische Prinzip, das diese Einheit vorantreibt,
in der Erkenntnis besteht, dass der oder die Einzelne sich
�auf der gleichen Ebene und auf der gleichen Stufe sehen sollte
wie die anderen.� Diese Erkenntnis beruht wiederum auf dem
Bewusstsein, dass die W�rde einer Person in ihrer Eigenschaft
als �Gef�� des Zeichens Gottes� begr�ndet ist. Mit Nachdruck
hebt Bahau�ll�h die Bedeutung dieser grundlegend geistigen
Perspektive f�r soziale Beziehungen hervor, indem Er auf den
zerst�rerischen Einfluss jener Menschen hinweist, die sich als
�berlegen an Wissen, Gelehrsamkeit und Tugenden betrachten,
die sich �ber andere erheben oder nach Privilegien suchen;
denn solches Verhalten untergr�bt die Grundlagen der Gesellschaft.
Damit wird an der grunds�tzlichen Ebene der geistigen
Werte der negative Einfluss asymmetrischer Beziehungen und
der mit ihnen verbundenen Haltung der �berheblichkeit und
des selbstherrlichen Machtstrebens angesprochen.40
Die Rechtm��igkeit, die der Existenz von Rangstufen in einer
Baha-Gesellschaft zugesprochen wird, ist verbunden mit
der Erkenntnis, dass dem Rang hier eine einzigartige Gestalt gegeben
ist, die das im vorigen Abschnitt beschriebene Dilemma
aufl�st. Die sozialen Vorz�ge von Rang bleiben erhalten, aber
die Wurzel f�r Ungerechtigkeit und Unterdr�ckung ist beseitigt.
Die Vorstellung der Baha von Rang ist eng mit Funktionalit�t
verkn�pft. Rang kann verliehen werden als Anerkennung
hervorragender Verdienste zum Nutzen der Gesellschaft, oder
39 Messages from the Universal House of Justice, 1963-1986, Nr. 206.3;
siehe �Abdu�l-Bahá Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 28-30
40 Bahau�ll�h, zit. in Messages from the Universal House of Justice,
1963-1986, Nr. 206.3a-3ber kann der Ausdruck von Verantwortlichkeiten in der Baha-
Administration sein, in die eine Person durch Wahl oder Ernennung
berufen wird.An einer Textstelle spricht Bahau�ll�h davon, �wie die Stufe
der Diener Gottes gesch�tzt und gewahrt wird.� Er f�hrt aus,
seine Anh�nger sollten �keiner Seele den schuldigen Lohn versagen�
und �Fachleuten Ehre zollen.� An anderer Stelle preist
Er �rechtschaffene, gebildete Menschen, die sich der F�hrung
anderer widmen, die von einer niederen, begehrlichen Wesensart
befreit sind und dagegen gesch�tzt bleiben�. Er r�hmt sie
als �Sterne am Himmel wahrer Erkenntnis� und betont: �Es
ist wichtig, ihnen mit Hochachtung zu begegnen.� Dieser Aufruf,
Hochachtung zu bezeigen, beinhaltet, dass sich solche
Personen wegen ihrer Verdienste und ihres Charakters aus der
Allgemeinheit der Gesellschaft herausheben, und ihnen somit
ein gesellschaftlicher Rang zuerkannt wird.41Rangstufen gibt es in der Baha-Gemeindeordnung. Die
H�nde der Sache Gottes werden an vielen Stellen als Personen
von �erhabenem Rang� beschrieben. Nach der Ernennung der
Kontinentalen Berater stellte das Universale Haus der Gerechtigkeit
klar, dass �die Berater�mter im Rang �ber den Nationalen
Institutionen des Glaubens stehen.� Hier ist wieder das
Element der Funktionalit�t ausschlaggebend, indem das Haus
der Gerechtigkeit best�tigt, dass jedes Kontinentale Berateramt
�den n�tigen Rang� hat, �damit es sicherstellen kann, dass
es in angemessener Weise informiert wird und die Geistigen
R�te seinem Rat und seinen Empfehlungen die geb�hrende Beachtung
schenken. Das Wesen der Beziehungen zwischen denBaha-Institutionen ist jedoch die liebevolle Beratung und der
gemeinsame Wunsch, der Sache Gottes zu dienen, und nicht
die Frage von Rang oder Stufe.�42Besondere Beachtung sollte der Rangstufe der Familienmitglieder
Bahau�ll�hs gezollt werden; denn aus historischer Perspektive
war der Missbrauch eines hohen Ranges sehr oft mit
41 Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 4:21, S. 55; 7:42, S. 117
42 Shoghi Effendi, Messages to the Baha World, S. 127; Messages from
the Universal House of Justice, 1963-86, Nr. 206.2
301den Taten von Personen ohne jegliches Verdienst verbunden,
die lediglich aufgrund ihrer Familienbeziehungen Privilegien
oder Hochachtung genossen. Bahau�ll�h ruft seine Anh�nger
auf, den Mitgliedern Seiner Familie Ehre zu erweisen. Bezogen
auf Seine m�nnlichen Nachkommen, die Aghs�n43 erkl�rt Er:
�Es ist allen vorgeschrieben, den Aghs�n Liebe zu erweisen�,
und weiter: �Alle haben die Pflicht, zu den Aghs�n h�flich zu
sein und ihnen Achtung zu erweisen, damit dergestalt die Sache
Gottes verherrlicht und Sein Wort erh�ht werde.� Diese Auszeichnung
ist jedoch untrennbar mit der Einschr�nkung verbunden:
�Gott hat ihnen kein Anrecht auf das Eigentum anderer
gew�hrt,� und den Familienmitgliedern wird folgende funktionsf�hige
Verantwortung auferlegt: �Wir ermahnen euch, Gottzu f�rchten, edle Taten zu vollbringen und euch so zu verhalten,
wie es euch ansteht und zur Erh�hung eurer Stufe beitr�gt.�
Shoghi Effendi hat dieses Thema in einem Brief, der in seinem
Auftrag geschrieben wurde, wie folgt vertieft: �Je h�her die
Stufe derer, die das Vorrecht haben, durch Blutsbande mit dem
Mittelpunkt der Sache verbunden zu sein, desto gr��er muss
ihre Verantwortung sein, zu dienen und so durch ihre Taten zu
beweisen, dass sie einer so erhabenen, verantwortungsvollen
Stellung w�rdig sind.�44Die Baha-Geschichte zeigt, dass der aus den Familienbeziehungen
erwachsende Rang verloren werden kann, wenndie damit verbundenen Pflichten nicht erf�llt werden. Die Mitglieder
von Bahau�ll�hs Familie, die den Bund brachen, �verloren
ohne Ausnahme ihre beneidenswerten Stellungen.� In
einem Lobpreis auf das Gr��te Heilige Blatt, ihre Mutter und
ihren als M�rtyrer gestorbenen Bruder beschreibt Shoghi Effendi
diese Gestalten als �diese drei unvergleichlich kostbaren Seelen,
die, nach den Zentralgestalten unseres Glaubens, im Rang
43 w�rtlich �ste oder Zweige�, S�hne und andere m�nnliche Nachkom
men Bahau�ll�hs44 Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 15:10-11, S. 250; 15:13, S. 251;
aus einem unver�ffentlichten Brief vom 26.1.1939 im Auftrag Shoghi
Effendis an einen Gl�ubigen, mit Genehmigung des Universalen
Hauses der Gerechtigkeit vom 13.10.1998. Vgl. http://bahai-library.
com/uhj/pronouns.etc.html.hoch �ber dem gro�en Heer der Helden, Buchstaben, M�rtyrer,
H�nde, Lehrer und Verwalter der Sache Bahau�ll�hs thronen.�
Solch eine Beschreibung best�tigt erneut, dass der Rang, den
die Verwandtschaft mit Bahau�ll�h mit sich bringt, mit hoher
Verantwortung verbunden ist. Diese drei herausragenden Familienmitglieder
sind ihrer Verantwortung nachgekommen, aberwer seine Pflicht vers�umte, wurde ausgeschlossen.45
Ganz allgemein werden alle, die in der Baha-Gemeindeordnung
einen hohen Rang erhalten, vor den Gefahren einesMissbrauchs ihrer Position eindringlichst gewarnt. Das Universale
Haus der Gerechtigkeit hat aus einem im Auftrag des H�ters
geschriebenen Brief zitiert: �Er legte dar, wie in der Vergangenheit
bestimmte Einzelpersonen ,sich anderen an Wissen�berlegen und in h�herer Stellung gef�hlt� und Spaltung verursacht
h�tten, und dass gerade diejenigen, ,die sich als die Allerbesten
ausgaben�, ,immer zur Quelle des Streits wurden�.�
Das Haus der Gerechtigkeit hat erkl�rt, dass, �wer einen Rang
bekleidet, niemals seine Stellung ausnutzen oder sich anderen
�berlegen f�hlen sollte.� Bahau�ll�h selbst bekr�ftigt in einem
vom Haus der Gerechtigkeit in der gleichen Botschaft zitierten
Abschnitt: �Der Mensch ist in der Tat edel, denn in jedem ruht
ein Zeichen Gottes. Wer sich jedoch an Wissen, Gelehrsamkeit
oder Tugend anderen �berlegen f�hlt, sich selbst erh�ht oder
Bevorzugung sucht, begeht eine schwere S�nde. Gro� ist der
Segen derer, die mit der Zierde dieser Einheit geschm�ckt sind
und von Gott gn�diglich best�tigt wurden.�46Dazu merkt das Universale Haus der Gerechtigkeit an:
�H�flichkeit, Ehrerbietung, W�rde, Respekt f�r den Rang und
die Verdienste anderer sind Tugenden, die zu Eintracht und
Wohlbefinden jeder Gemeinschaft beitragen, aber Stolz und
Selbstverherrlichung geh�ren zu den t�dlichsten S�nden.�47
45 Shoghi Effendi, Gott geht vor�ber, E:9, S. 525; Shoghi Effendi, This
Decisive Hour, Nr. 64.746 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, zitiert in
Messages from the Universal House of Justice, 1963-1986, Nr. 111.12,
206.3; Bahau�ll�h, zit. Ebda. Nr. 206.3 b.47 Messages from the Universal House of Justice, 1963-86, Nr. 206.4
303Die folgende Aussage des Universalen Hauses der Gerech
tigkeit enth�lt eine Mahnung an die, die einen gesellschaft
lichen Rang einnehmen und eine Best�tigung f�r die anderen:
�Die wahre geistige Stufe einer jeden Seele ist nur Gott be
kannt. Sie ist etwas v�llig anderes als die R�nge und Stufen,
die von M�nnern und Frauen in den verschiedenen Bereichen
der Gesellschaft besetzt sind.�48Ein neuartiges Merkmal der Baha-Religion ist die bedeut
same Unterscheidung, die zwischen Rang und geistiger Stufe
getroffen wird. In einem Tablet Bahau�ll�hs ist zu lesen:
�Wisse fernerhin: Am Tage Seiner Manifestation kehrt alles
au�er Gott wieder, ob hoch oder niedrig, versammelt an
einem Ort. ... Wenn das Wort Gottes allem Erschaffenen offenbart
ist, dann wird jeder, der den Ruf h�rt und beachtet,
zu den edelsten Seelen gez�hlt, auch wenn er nicht mehr ist
als ein Aschentr�ger. Und wer sich abwendet, z�hlt zu den
niedersten unter Seinen Dienern, �bte er auch Herrschaft
�ber die Menschen und bes��e er auch alle B�cher in den
Himmeln und auf Erden.�49Pers�nliche Leistung wird gef�rdert, und das Fachwissen und
die Dienste der Personen von hohem Rang werden geachtet
und gesch�tzt, aber das h�chste Lebensziel f�r einen Baha
ist es, geistigen Adel zu erreichen. Bahau�ll�h bekr�ftigt:
�Des Menschen Vorzug liegt im Dienst und in der Tugend,
nicht im Prunk des Wohllebens und des Reichtums.� Auch
�Abdu�l-Bahá stellt fest: �Ohne Zweifel besteht des Menschen
h�chste W�rde darin, dass er seinem Gott gegen�ber
dem�tig und gehorsam ist, und des Menschen gr��te Ehre
und Herrlichkeit, seine erhabenste Stufe ist bedingt durch die
genaue Befolgung der g�ttlichen Gebote undVerbote.� Weiter
bemerkt Er, dass �Gl�ck und Gr��e, Rang und Stufe, Freude
und Frieden eines Menschen nicht in seinem pers�nlichen
Reichtum liegen, sondern in seinem hervorragenden Charak
48 Ebenda, Nr. 206.549 Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 12:17, S. 214
304ter, seinem hehren Entschluss, seiner umfassenden Bildung
und seiner F�higkeit, schwierige Probleme zu l�sen.�50
Die Baha-Schriften heben eine Anzahl von Eigenschaften
hervor, die mit geistiger Auszeichnung verbunden sind und
nach denen sich alle Gl�ubigen ohne Ansehen ihres Ranges,
sehnen. Zum Beispiel erkl�rt Bahau�ll�h: �Der mit H�flichkeit
Begabte hat in der Tat eine erhabene Stufe erreicht.� Und
�Abdu�l-Bahá stellt fest, dass �des Menschen h�chste Ehre und
wahres Gl�ck in der Selbstachtung liegen, in hohen Entschl�ssen
und edlen Vors�tzen, in der Unversehrtheit und Sittlichkeit
der Person, in der Reinheit des Denkens.�51�Abdu�l-Bahá unterstreicht die Wichtigkeit des Dienstes an der
Menschheit f�r das geistige Leben und sagt, dass �Ehre und W�rde
des Einzelnen� darin liegen, dass er �zu einer Quelle des gesellschaftlichen
Wohles wird.� Er f�hrt dieses Thema weiter aus: �Es
ist die h�chste Tugend f�r begnadete Seelen, hilflose Weggenossen
bei der Hand zu nehmen und sie von ihrer Unwissenheit, Erniedrigung
und Armut zu befreien, sich mit lauteren Beweggr�nden und
aus reiner Liebe zu Gott aufzumachen und zielstrebig dem Dienst
an den Massen zu weihen, dabei den eigenen weltlichen Nutzen zu
vergessen und nur im Dienst am Allgemeinwohl zu wirken.� Zus�tzlich
verbindet �Abdu�l-Bahá �wahren religi�sen Glauben� mit
der Verwirklichung der oben genannten Ziele, denn ein Mensch,
�der an Gott und Sein Wort glaubt, wird um Gottes willen seinen
eigenenVorteil und seine Behaglichkeit aufgeben und sich mit Herz
und Seele, aus freien St�cken, dem Allgemeinwohl weihen.�52
Suche nach neuen F�hrungskonzeptenIn Anbetracht des Nachdrucks, den die Baha-Lehren auf eine
von hohen Grunds�tzen bestimmte Lebensf�hrung und eine auf
50 Ebenda 9:4, S. 162; �Abdu�l-Baha, Das Geheimnis g�ttlicher Kultur,
S. 68, S. 30 f.51 Bahau�ll�h, Botschaften aus �kk�, 7:15, S. 108; �Abdu�l-Baha, Das
Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 2752 �Abdu�l-Baha, Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 14, S. 87-93
305Dienst gerichtete Orientierung legen, verbunden mit der Erkenntnis,
dass Menschen, die Rang und F�higkeiten in sich vereinen,
eine derart wichtige Rolle f�r den sozialen Zusammenhalt und f�r
den Prozess gesellschaftlichen Wandels spielen, so ist es interessant,
dass die j�ngste Forschung in den Bereichen Konfliktl�sung
und Management bestrebt ist, neuartige Konzepte der Friedensbildung
und fortschrittliche F�hrungskonzepte zu finden, die sich
von den derzeit vorherrschenden unterscheiden. F�r ersteres hat
man sich zum Beispiel auf die Mittel zur Konfliktreduzierung in
der Gesellschaft konzentriert. Es hat sich unter anderem gezeigt,
dass die Bildung symmetrischer Beziehungen, die auf einem
Gef�hl von Gleichwertigkeit unter den streitenden Parteien begr�ndet
sind, sowie die Wahl eines partnerschaftlichen anstelle
des bisherigen machtorientierten Ansatzes der Probleml�sung
wichtige Mittel zur Konfliktl�sung darstellen. Eine Kommission
f�r Psychologische Friedensforschung hat das Konzept der Konfliktl�sung
so erweitert, dass es auch die Idee einer �Kultur des
Friedens� umfasst. Diese wird folgenderma�en beschrieben:
�Eine Kultur des Friedens sollte grunds�tzlich nicht als ein
konfliktfreies Utopia verstanden werden, sondern als eine
Kultur, in der Einzelne, Gruppen und V�lker miteinander
produktive Beziehungen auf der Grundlage der Zusammenarbeit
unterhalten und ihre unvermeidlichen Konflikte in konstruktiver
Weise handhaben. Es ist eine Kultur achtsamer undgerechter Beziehungen zwischen Einzelnen, Gruppen und
V�lkern unter voller Anerkennung ihrer positiven Interdependenz
[d.h.: Verflochtenheit, wechselseitige Abhangigkeit]
sowohl untereinander als auch mit ihrer Umwelt. Eine Kultur
des Friedens erfordert also viel mehr als nur die Abwesenheit
des Krieges sie erfordert soziale Gerechtigkeit, Normen f�r
Unparteilichkeit und f�r multikulturelle Sensibilit�t sowie
soziale Beziehungen, die zu Gewaltfreiheit, nachhaltiger Entwicklung
und menschlichem Wohlbefinden beitragen.�53Committee for the Psychological Study of Peace (IUPsyS), �Cultures
of Peace: Social-Psychological Foundations,� verfasst auf der Grundlage
einer durch die UNESCO gesponserten Hintergrundstudie, S. 2
306Solche Ergebnisse stehen im Einklang mit der Baha-Perspektive
zum Thema Rang und gew�hren n�tzliche Einblickein die Dynamik, die zu gesellschaftlichem Zusammenhalt und
Fortschritt f�hrt.Im Bereich des Managements hat eine in letzter Zeit erstellte
Studie den F�hrungsstil von Personen erforscht, die mit
Erfolg eine gute Organisation in eine hervorragende verwandelt
haben. Die als �gegen die eigene Intuition� beschriebenen
Ergebnisse besagen: �Gemeinhin nimmt man an, die Aufgabe,
eine Firma von einem hohen auf ein �berragendes Niveau emporzuheben,
erfordere ,�berlebensgro�e� F�hrungskr�fte alsobesonders gro�e Pers�nlichkeiten.� Entgegen herk�mmlicher
Weisheit und entgegen �einem gro�en Teil der herrschenden
Management-Theorie� hat die Studie jedoch gezeigt, dass �eine
Person, die �u�erste pers�nliche Demut mit einem intensiven
beruflichen Willen verbindet,� genau die Kombination von Eigenschaften
besitzt, die n�tig ist, um nachhaltigen Wandel inEin F�hrungsstil, der von Demut und Willen gepr�gt ist,
f�hrt zu einer Reihe von interessanten Schlussfolgerungen.
Nach der oben erw�hnten Studie �u�ert sich Demut in einer
�gewinnenden Bescheidenheit.� Diese Person ist zum Beispiel
niemals �berheblich und meidet �ffentliche Schmeicheleien;
vielmehr handelt sie mit �ruhiger, gelassener Entschlossenheit�,
motiviert andere eher durch �inspirierte Anforderungen�
als durch �inspirierendes Charisma�, und richtet ihren Ehrgeiz
eher auf die Organisation statt darauf, sich selbst herauszustellen.
Au�er einer �u�ersten Demut bekunden solche Personen
einen starken beruflichen Willen, der sich in ihrer Entschlossenheit
zeigt, hohe Standards aufrecht zu erhalten und andere
innerhalb der Organisation anzuregen, dies gleichfalls zu tun.
Auch versuchen sie durch strategisches Handeln, den langfristigen
Erfolg der Organisation zu sichern und andere zu bef�higen,
an diesem Prozess teilzunehmen.5554 Jim Collins, �Level 5 Leadership. The Triumph of Humility and Fierce
Resolve� in Harward Business Review (Januar 2001), S. 66 ff.
55 Ebenda, S. 73Im Lichte der vorangehenden Diskussion �ber das Baha-
Konzept von hohem Rang und die Art, wie es von gegenw�rtigen
Auffassungen von gesellschaftlichem Rang abweicht,
wollen wir das Beispiel Bahayyih Kh�nums, der rangh�chsten
Frau in der Baha-Sendung, anbieten, um so weitere Einblicke
in die Verantwortlichkeiten gewinnen zu k�nnen, die mit Rang
verbunden sind.Bahau�ll�h wies Seiner Tochter Bahayyih Kh�num eine sehr
hohe, herausragende Stufe zu. Er richtet sich mit den folgenden
Worten an sie: �Wahrlich, Wir haben dich in den Rang einer der
ruhmreichsten deines Geschlechts erhoben und dir an Meinem
Hofe eine Stufe zuerkannt, die von keiner anderen Frau �bertroffen
wurde. So haben Wir dich ausgezeichnet und dich �ber
die �brigen erh�ht als Zeichen der Gnade von Ihm, dem Herrn
des Thrones in der H�he und hienieden auf Erden.�56
Obwohl sich der Rang des Gr��ten Heiligen Blattes aus ihrem
Familienhintergrund herleitete, reichte dennoch die Familienzugeh�rigkeit
alleine nicht aus. Es zeigt sich klar, dass ihreErhebung auf eine so hohe Stufe zu einem gro�en Teil auf ihren
Handlungen und auf den Eigenschaften beruhte, die sie bewies.
Indem der H�ter die aufopfernden Dienste schildert, die
Bahayyih Kh�num in der Zeit Bahau�ll�hs und in den fr�hen
Tagen der Amtszeit �Abdu�l-Bahas erbrachte, bekr�ftigt er:
�Ob in der F�hrung der Angelegenheiten Seines Haushalts,
die sie so ausgezeichnet bew�ltigte, oder in den gesellschaftlichen
Beziehungen, die sie so gewissenhaft pflegte,um Bahau�ll�h wie auch �Abdu�l-Bahá abzuschirmen, ob in
der nie versagenden F�rsorge f�r die t�glichen Bed�rfnisse
ihres Vaters oder in den Charakterz�gen Gro�herzigkeit,
Liebensw�rdigkeit und Freundlichkeit, die sie bekundete:
Das Gr��te Heilige Blatt hatte zu dieser Zeit in �berreichem
56 Bahau�ll�h, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 3
308Ma�e bewiesen, dass sie w�rdig war, als eine der vornehmsten
Pers�nlichkeiten zu gelten, die aufs engste mit der lebenslangen
Arbeit Bahau�ll�hs verbunden waren.�57Es wird auch deutlich, dass die Baha-Gemeinde zunehmend
den Rang Bahayyih Kh�nums erkannte, w�hrend sichdie Bandbreite ihrer Funktionen erweiterte. Shoghi Effendi
bezeugt, dass in den Tagen von Bahau�ll�hs Einkerkerung in
der Gef�ngnisstadt �Akka, als die Feinde des Glaubens Schwierigkeiten
machten, �der Wert und der hohe Rang� des Gr��tenHeiligen Blattes in der ganzen Gemeinde erkannt wurde. Das
Verst�ndnis f�r den Rang des Gr��ten Heiligen Blattes nahm
weiter zu, als ihre Funktion ein wenig mehr in die �ffentlichkeit
r�ckte, als sie zum Beispiel w�hrend der Reisen �Abdu�l-
Bahas in den Westen als Seine �kompetente Stellvertreterin�
und �Statthalterin� fungierte, und nochmals in den ersten Jahren
des H�tertums w�hrend Shoghi Effendis Abwesenheiten
vom Weltzentrum, als sie die Hauptverantwortung daf�r trug,
die laufenden Gesch�fte des Glaubens zu lenken. Die im nachstehenden
Briefauszug angek�ndigte Entscheidung des H�ters,nach dem Hinscheiden des Gr��ten Heiligen Blattes eine ausgedehnte
Zeit der Trauer weltweit einzuhalten, sch�rfte das Bewusstsein
der Gl�ubigen f�r ihren Rang noch weiter. Der Brief
hat folgenden Wortlaut:�O ihr getreuen Freunde! Es ist richtig und angemessen,
dass zu Ehren ihrer hohen Stufe in den Versammlungen der
Anh�nger Bahau�ll�hs des Ostens wie des Westens alle
Baha-Festlichkeiten und -Feiern �ber einen Zeitraum von
neun Monaten g�nzlich ausgesetzt werden, und dass in jeder
Stadt und jedem Dorf Gedenkgottesdienste stattfinden,
die von Feierlichkeit, Geistigkeit, Demut und Hingabe gepr�gt
sind. Dabei sollten in erlesenster Sprache die leuchtenden
Attribute dieses herrlichsten Blattes, dieses Urbilds
des Volkes von Baha, ausf�hrlich gew�rdigt werden.�58
57 Shoghi Effendi, ebenda S. 34 f.Schlie�lich wird ihre unerl�ssliche Rolle f�r die Entfaltung
der Baha-Gemeindeordnung noch durch den Ort ihrer Ruhest�tte
unterstrichen, der als Brennpunkt f�r jene Geb�ude dient,
die die wichtigsten Institutionen der Baha-Religion auf dem
Berge Karmel beherbergen.Wie schon erw�hnt, wird die verbindliche, ma�gebliche F�hrung
der Baha-Gemeinde statt an Einzelpersonen demokratisch
gew�hlten Institutionen verliehen, die auf �rtlicher,
nationaler und internationaler Ebene der Gesellschaft wirken.
Dadurch werden einige der Missst�nde vermieden, die herk�mmlich
mit Rang und Privilegien verbunden sind. Folglichhaben in der Baha-Gemeindeordnung Personen von Rang,
das Gr��te Heilige Blatt nicht ausgenommen, keinerlei Recht,
etwas anzuordnen oder Macht �ber die Baha-Gemeinde auszu�ben.
Bahayyih Kh�num suchte f�r sich selbst weder Macht noch
Stellung, obwohl sie bereitwillig alle administrativen Aufgaben
erf�llte, die ihr �bertragen wurden. Vielmehr stellte das Gr��te
Heilige Blatt sicher, dass sich die Gl�ubigen an �Abdu�l-Bahá
und sp�ter an Shoghi Effendi wandten, um F�hrung zu erhalten,
und sie richtete die Aufmerksamkeit der Gemeindemitglieder
auf die ma�gebliche F�hrung, die in den Lehren des
Glaubens enthalten ist.In ihrer Eigenschaft als amtierendes Oberhaupt der Baha-
Religion wachte das Gr��te Heilige Blatt �ber die allt�glichen
Aktivit�ten der Baha-Weltgemeinde. Sie war die ausersehene
Kontaktstelle f�r die Gl�ubigen und ihre Institutionen,
eine zuverl�ssige Informationsquelle f�r alle, und sie war diejenige,
an die man sich bei Problemen wandte. Sie arbeitete
mit den Geistigen R�ten zusammen, erteilte ihnen Rat und ermutigte
sie bei der Planung und Durchf�hrung von Vorhabenim Einklang mit der F�hrung, die in den Schriften des Glaubens
enthalten ist. Sie f�rderte die Entwicklung dieser keimhaften
Institutionen und gab ihnen den n�tigen Freiraum f�r
310die Durchf�hrung von Initiativen entsprechend der jeweiligen
�rtlichen Gegebenheiten.Das Gr��te Heilige Blatt wirkte auch als eine Kraft f�r die
Einheit innerhalb der Baha-Gemeinde. Dies bezeugen ihre
Schritte zum Schutz der Gemeinde vor den Angriffen der Bundesbrecher,
ihre geduldige Erziehung der Gemeinde, alle ihreBekundungen liebevoller Anteilnahme und die Art, wie sie mit
Regierungsbeamten Verbindung aufnahm. Mit gro�er Weisheit
unternahm sie es, die Gemeindeglieder an die F�hrung durch
Geistige R�te zu gew�hnen, da die Gl�ubigen eher einen charismatischen,
individuellen F�hrungsstil gewohnt waren, undebenso schmiedete sie einen gr��eren Zusammenhalt und ein
Zugeh�rigkeitsgef�hl zur weltweiten Baha-Gemeinde.
Bei der Aus�bung ihrer Funktionen bezog das Gr��te Heilige
Blatt Inspiration und Orientierung aus den grundlegenden
Schriften des Glaubens und griff auf das Beispiel ihres Vaters
Bahau�ll�h wie auch ihres Bruders �Abdu�l-Bahá zur�ck. Sie
begeisterte die Gl�ubigen, indem sie sie zu dem hohen Ma�stab
f�hrte, den die Baha-Lehren setzen, und sie �bte moralischen
Einfluss aus, indem sie die Freunde aufrief, die in den
heiligen Schriften gegebene F�hrung in die Tat umzusetzen. Es
zeigt sich deutlich, dass sie den Respekt der Gl�ubigen nicht
nur wegen des ihr bestimmten Ranges gewonnen hat, sondern
auch wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften, wegen ihrer beispielhaften
Art der Aus�bung ihrer Funktionen und wegen ihresEin genauerer Blick auf die mitmenschlichen Beziehungen,
die das Gr��te Heilige Blatt pflegte, hilft uns, die mit hohem
Rang verbundenen Verpflichtungen aus Baha-Sicht besser
zu verstehen. Die Art, wie sie ihre Funktionen aus�bte, unterscheidet
sich deutlich von g�ngigen Verhaltensmustern. Esfehlt jede Spur von �berheblichkeit, Abgrenzung oder Selbstverherrlichung.
Im Gegenteil: Wie Shoghi Effendi feststellt,besa� Bahayyih Kh�num �eine ungek�nstelte Einfachheit der
311Umgangsformen, eine ausgepr�gte Geselligkeit, die sie f�r alle
ansprechbar machte,� und �eine ruhige, bescheidene Art, die
dazu beitrug, die W�rde ihres hohen Ranges noch tausendfach
zu erh�hen.� Dar�ber hinaus bekundete sie �eine Herzensg�te,
die jede Unterscheidung nach Glauben, Klasse oder Rasse
ausl�schte.�59Pers�nliche Demut und Bescheidenheit waren hervorstechende
Charaktermerkmale des Gr��ten Heiligen Blattes.Dies zeigt besonders die Art, wie sie auf ihre Ernennung zum
Oberhaupt des Glaubens durch Shoghi Effendi reagierte. Sie
schreibt: �F�r die Zeit seiner Abwesenheit ... ist diese Gefangene
ernannt worden, die Angelegenheiten des Glaubens in gemeinsamer
Beratung mit den Mitgliedern des Heiligen Haushalts
zu verwalten.�60In ihrem ganzen Leben war Bahayyih Kh�num nach den
Worten Shoghi Effendis �selbstvergessen.� In ihren pers�nlichen
Aufzeichnungen vermerkt sie Einzelheiten aus dem Leben
ihres Vaters und den Taten �Abdu�l-Bahas. Nur selten f�gt
sie sich selbst in den historischen Bericht mit ein, und noch
seltener teilt sie ihr pers�nliches Empfinden bei den Ereignissen
mit, die sie nicht nur miterlebte, sondern bei denen sie aktiv
mitwirkte.61Keine Aufgabe war f�r sie zu niedrig oder unwichtig. Sie
ergriff jede Gelegenheit zum Dienst, die sich bot. Ihr oberster
Grundsatz war, den Anforderungen des Glaubens absolute
Priorit�t zu geben. Sie verk�rperte eine vollkommene Verbindung
von Demut und Willen. Shoghi Effendi bezeugt: �Fremde
und Freunde gleicherma�en waren bestrickt durch ihre Herzensg�te,
ihr geistiges Wesen, ihre unaufh�rliche F�rsorge f�r
sie und ihre sanfte Art, sie waren �berw�ltigt durch ihre gro�e
Nachsicht mit ihnen und durch die Art, wie sie ihnen n�tzlich
war und f�r sie sorgte. Der Verstand konnte nur staunen �ber
dieses feine, durchgeistigte Wesen, ihre Majest�t und Gr��e,
ihre himmlische Bescheidenheit, ihre Nachsicht und ihr gedul
59 Shoghi Effendi, ebenda S. 42 f.diges Ausharren. Mitten in der allerschlimmsten Zerrei�probe
l�chelte sie wie eine aufbl�hende Rose, und auch in den dunkelsten,
furchtbarsten Zeiten verbreitete sie ihr Licht wie eine
hell leuchtende Kerze.�62Die Familienangeh�rigen, die Pilger und alle, die Gelegenheit
hatten, ihr zu begegnen, f�hlten sich zu ihr hingezogen.
Eine Baha-Pilgerin berichtet, dass Bahayyih Kh�nums
�starke, aber sanfte Autorit�t sie ganz nat�rlich zum Haupt der
Haushaltsgruppe im Umkreis �Abdu�l-Bahas machte.� Eine andere
Pilgerin hinterlie� folgende Schilderung ihrer Eindr�cke
vom Gr��ten Heiligen Blatt und der Lehren, die sie aus ihrem
Beispiel zog. Sie schreibt:�Ihre Ausgewogenheit, ihr Sinn f�r das Feine und Schickliche
und ihr praktisches Urteil bei allen Fragen von Ordnung
und Sch�nheit im Haushalt und bei allem, was dem Wohlbefinden
dient, vereinigten sich zu einem harmonischenUmfeld. Ihre Willensst�rke f�hrte niemals dazu, andere zu
�berrumpeln, und niemals zwang sie ihre klaren Ansichten
anderen auf. Ihr Betragen war sanftm�tig. W�hrend andere
die Nussschale mit einem harten Schlag aufbrachen, war es
ihre Art, den Kern mit unendlicher Sorgfalt und Geschicklichkeit
herauszusch�len. Bei ihr gab es kein Fordern oderBefehlen; sie l�chelte und winkte nur, und keiner kam unter
Zwang oder weil sie es so wollte. So ruhig wirkte sich ihr
Einfluss aus, dass man sich dessen kaum bewusst wurde.�63
Das Vorgehen des Gr��ten Heiligen Blattes verdeutlicht ihr
Geschick, einen Sinn f�r Organisation und Ordnung und einen
einigenden Geist zur Geltung zu bringen.In ihrem ganzen Leben war das Gr��te Heilige Blatt eine
Friedensstifterin und eine Kraft f�r Einheit und Verst�ndigung.
62Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda
S. 79Ella Goodall Cooper, �Bahayyih Kh�num An Appreciation,� S. 202
f.; Marjorie Morton, �Bahayyih Kh�num �, in Baha World 5 (1936),
S. 181Ihr Umgang mit Freunden und Feinden des Glaubens, mit hoch
und niedrig war konstruktiv, achtsam, r�cksichtsvoll und unver�ndert
geduldig. Es ist wirklich interessant zu verfolgen, welche
Wichtigkeit sie dem Umgang mit anderen beima�. Shoghi Effendi
deutet an, dass das Gr��te Heilige Blatt �emsig gesellschaftliche
Beziehungen pflegte� zu dem einzigen Zweck, Bahau�ll�h
und �Abdu�l-Bahá abzuschirmen. Vor einem Konflikt zog sie
sich nie zur�ck, und sie z�gerte nicht, auf den Baha-Ma�stab
aufmerksam zu machen und, wo n�tig, Grenzen zu setzen. Die
Einheit, die sie pflegte, gr�ndete sich auf geistige und administrative
Grunds�tze statt auf Kompromisse, und so schuf sie die
Bedingungen f�r die Errichtung einer �Kultur des Friedens�, f�r
gesellschaftlichen Zusammenhalt und Fortschritt.64
Der folgende Auszug aus einem in Shoghi Effendis Auftrag
geschriebenen Brief zeigt, welcher Art die von Bahayyih Kh�num
gepflegten pers�nlichen Beziehungen waren, und beleuchtet
einige besondere Merkmale ihres Umgangs mit Menschen:
�Sie, die erw�hlte Treuh�nderin Bahau�ll�hs, war das Sinnbild
Seines unendlichen Mitleids, das Tagesgestirn am Himmel
Seiner Freigebigkeit und Gnade. Diese geheiligte Seele
war die Offenbarung der liebevollen G�te Dessen, der die
Sch�nheit des Allherrlichen ist, war der sprudelnde Quell der
Gunstbezeigungen und Gnadengaben Dessen, der der Herr,
der Allh�chste ist. Sie war Trost f�r jeden Leidgebeugten,
Erquickung f�r jedes gebrochene Herz. Sie, die Spur Bahas,
war dem Waisen eine liebevolle Mutter, und dem Ungl�cklichen
und Verst�rten wusste sie einen Weg zu weisen. Ihr
heiliges Leben erleuchtete und entflammte die Welt, ihre
himmlischen Eigenschaften und Handlungen bildeten einen
Ma�stab f�r Menschen auf der ganzen Welt. Wie eine Wolke
des Erbarmens regnete sie ihre Gaben herab, und ihre Geschenke
erfrischten die Seele wie der Morgenwind.�6564 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 34 f.;
IUPsyS �Cultures of Peace. Social-Psychological Foundations�, S. 2
65 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 78 f.Die Beziehung des Gr��ten Heiligen Blattes zu den Menschen
war feinf�hlig und spendete viel Kraft. Zur Zeit des
Hinscheidens von �Abdu�l-Bahá zeigte sie Verst�ndnis f�r die
Best�rzung und Beunruhigung der Gl�ubigen. Auch sprach sie
den Baha Mut zu und half ihnen, in ihrem Dienst an der Sache
Gottes standhaft zu sein. Sie f�hlte mit ihnen, als sie bem�ht
waren, die neuen Bestimmungen des Bundes zu verstehen und
die Notwendigkeit des Gehorsams gegen�ber den keimhaften
Institutionen des Glaubens zu erfassen. Sie �bersch�ttete die
Gl�ubigen mit ihrer liebevollen Zuwendung, beriet und schulte
sie und erfreute sich danach an ihren Leistungen.Die Beziehung des Gr��ten Heiligen Blattes zum jungen
H�ter Shoghi Effendi war von �u�erster Zartheit und verdient
genaue Betrachtung. Wie sehr Shoghi Effendi von der Ermutigung
und der Kraft seiner Gro�tante abhing, beweisen seine
Beteuerungen, dass er �durch die Hand ihrer Liebe erzogen�
wurde und dass sein �zartes Wesen� �von ihrer Liebe durchdrungen,
durch ihre Kameradschaft erfrischt und durch ihren
unverg�nglichen Geist getragen� wurde. Shoghi Effendi erkl�rt,
dass er sich in der dunklen Zeit nach �Abdu�l-Bahas Hinscheiden
�in der Umarmung ihrer Liebe� befand und dass dasGr��te Heilige Blatt ihn �mit unvergleichlicher Barmherzigkeit
und Z�rtlichkeit� ��berzeugte, f�hrte und zu den Erfordernissen
des Dienens antrieb.�66Shoghi Effendis Briefe aus der Zeit des Hinscheidens des
Gr��ten Heiligen Blattes quellen �ber von �u�erungen seiner
herzlichen Zuneigung und Dankbarkeit f�r die Unterst�tzung,
die er von ihr erhielt. Auch ist es klar, dass Shoghi
Effendi durch ihr Beispiel des Opfers und des Dienstes in starkem
Ma�e angeregt wurde. In einem seiner Briefe schreibt er:
�Wenn ich mir am Morgen und am Abend ihr geliebtes Antlitz
vergegenw�rtige und mir ihr L�cheln, das meinen Geist labt,
wieder vor Augen halte, wenn ich �ber ihre Freigebigkeit, ihre
unz�hligen Freundschaftsbeweise f�r mich nachsinne und die
erstaunliche Langmut bedenke, die sie in ihren Leiden bewies
66 Shoghi Effendi, ebenda S. 26, S. 29� dann werden die Flammen sehns�chtiger Liebe aufs neue angefacht.
...�67Hier wird ersichtlich, dass das Gr��te Heilige Blatt in ihren
Beziehungen zu anderen viele m�tterliche Z�ge zeigte. Shoghi
Effendi beschreibt sie als �eine wirkliche Mutter f�r jeden von
uns, eine Trostspenderin in unseren SchMirzan und Bedr�ngnissen
und eine Freundin in den Augenblicken �u�erster Einsamkeit
und Verzweiflung.� Er �u�ert sich weiter �ber ihre umsorgenden
Qualit�ten und hebt die �m�tterliche F�rsorge undLiebe� hervor, die Bahayyih Kh�num bewies. Er beschreibt sie
als eine �verzehrende Liebe, die aus Gott geboren ist und die
allein die Seelen der Menschen entflammen kann.� Es zeigt
sich also, dass die Art von �m�tterlicher F�rsorge und Liebe�,
die sie vorlebte, �ber die gewohnte Vorstellung von einer Mutter-
Kind-Beziehung weit hinausging. Sie verk�rpert stattdessen
eine weit gespannte, viel umfassendere Auffassung, die f�r
Frauen und M�nner gleicherma�en gilt.68Und zuletzt, als nach dem Hinscheiden Bahayyih Kh�nums
der H�ter die Woge des Kummers beschrieb, die die Baha-
Gemeinde des Ostens und des Westens erfasste, da gab er an,
dass die Baha nicht nur eine geliebte, hochgesch�tzte Freundin
verloren h�tten, sondern dass sie �klagten wie eine Schar
verlassener Waisenkinder.� Dieses anschauliche Bild h�lt die
Einmaligkeit der Beziehung des Gr��ten Heiligen Blattes zu
anderen fest und zeigt, mit welch tiefer Empfindung diese auf
ihre Pers�nlichkeit reagierten.69Das Leben und das Beispiel des Gr��ten Heiligen Blattes
vermitteln nicht nur eine einmalige Sicht auf die Bedeutung
von hohem Rang und dessen Rolle in der Gesellschaft, sondern
zeigen auch, wie die mit dem Rang verbundene Verantwortung
so wahrgenommen werden kann, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt
und pers�nliche Initiative gef�rdert werden. Sieunterst�tzte aktiv die regierenden Institutionen und arbeitete
67 Ebenda, S. 5368 Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, ebenda
S. 68, S. 69mit ihnen zusammen, und sie entwickelte einen F�hrungsstil,
der F�rsorge, Vertrauen und Ermutigung veranschaulichte. Sie
inspirierte und motivierte andere durch die Hinwendung auf
die geistigen Grunds�tze und Ma�st�be, die in den Baha-
Schriften niedergelegt sind. Sie errang die Hochsch�tzung der
Gl�ubigen ebenso wie die der Nichtgl�ubigen durch die herausragende
Qualit�t ihres Beitrags zur Einheit und zur Entfaltung
der Baha-Gemeinde.Ein Hauptmerkmal der modernen Welt ist der immer schnellere
Wandel. Die Kr�fte der Modernisierung wirken sich direkt auf
die Einzelnen und auf alle Bereiche der menschlichen Gesellschaft
aus. W�hrend einige Ver�nderungen sofort akzeptiert
werden, erwecken Ver�nderungen in den Werten und Verhaltensmustern
schnell den aktiven Widerstand derer, die sich der
Einhaltung des Status quo verschrieben haben. Unter diesem
Blickwinkel erscheint Wandel dann als eine Bedrohung der
pers�nlichen, religi�sen, ethnischen oder nationalen Identit�t
und als Ursache f�r soziale Spannungen und Uneinigkeit. Eine
der Herausforderungen f�r die heutige Gesellschaft ist daher
die Notwendigkeit, eine dynamische Gesellschaftsordnung zu
entwerfen und zu schaffen, in der es sowohl f�r Ver�nderung als
auch f�r Best�ndigkeit einen Platz gibt, innerhalb der �u�eren
Grenzen, in denen die Einheit und Identit�t der Gemeinschaft
gewahrt wird. Mit dieser Herausforderung verbunden ist die
Identifizierung von Bew�ltigungsstrategien, die von Menschen
angewandt werden, die nicht nur pers�nliche Ver�nderung
konstruktiv regeln, sondern die auch den Prozess der sozialen
Evolution ankurbeln.In diesem Abschnitt wollen wir die Baha-Vorstellung
von Wandel betrachten. Als Beispiel bieten wir die Mittel und
Wege an, die das Gr��te Heilige Blatt einsetzte, um die Baha-
Gemeinde durch ihre �bergangsperiode vom Heroischen ins
Gestaltende Zeitalter des Glaubens hindurchzusteuern.
317Die gro�en Religionen der Welt sind klassischerweise Quellen
f�r Visionen und Werte und die wichtigsten Triebkr�fte bei der
Entstehung von Gesellschaft. Die geistigen Prinzipien und Werte,
die sie dem Menschen auferlegen, bilden nicht nur die Grundlage
f�r eine vereinigende Weltsicht, sondern motivieren auch den Einzelnen
und die sozialen Institutionen, nach diesen Prinzipien zu
handeln und sie als Ma�stab f�r die Beurteilung praktischen Handelns
zu gebrauchen. Deshalb kann Religion einen bedeutenden
Beitrag zu dem Ver�nderungsprozess leisten. Zweck der Religion
ist es, wahre Freiheit f�r den menschlichen Geist zu stiften, damit
jede und jeder Einzelne frei sein kann, um die eigenen F�higkeiten
zu entwickeln. Diese Befreiung ist das Fundament, auf dem die
sch�pferischen und innovativen Kr�fte zum Ausdruck kommen
k�nnen. Das Ergebnis muss notwendigerweise ein Wandel in allen
Bereichen menschlichen Lebens sein: Der Erwerb neuen Wissens,
die Weiterentwicklung der Wissenschaften und der Bildungsm�glichkeiten,
eine neue Bl�te des k�nstlerischen Ausdrucks und der
Kulturformen, Fortschritte in Handel und Kommunikation und
die Schaffung neuer Formen sozialer Organisation.In dem folgenden Zitat unterstreicht �Abdu�l-Bahá die lebenswichtige
Rolle der Religion f�r den gesellschaftlichen Zusammenhalt
und f�r die Entwicklung der Zivilisation. Er schreibt:
�Allumfassende Wohltaten str�men aus der Gnadenf�lle der
g�ttlichen Religionen, denn sie f�hren die wahren Gl�ubigen zu
aufrichtigen Absichten, edlen Zielen, Reinheit und makelloser
Ehrbarkeit, umfassender Herzensg�te, Mitempfinden, Vertragstreue,
R�cksichtnahme auf die Rechte anderer, Gro�z�gigkeit,
Gerechtigkeit in allen Lebenslagen, Menschlichkeit und
N�chstenliebe, Tapferkeit und unerm�dlichem Eifer im Dienst
an der Menschheit. Mit einem Wort, es ist die Religion, die alle
menschlichen Tugenden hervorbringt, und diese Tugenden sind
das strahlende Licht der Kultur.�7070 �Abdu�l-Baha, Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 89
318Die Geschichte ebenso wie das zeitgen�ssische Geschehen
zeigen aber auch, dass die Religion Ver�nderung und Wandel
feindlich gegen�berstand und sich als hartn�ckige, entschlossene
Gegnerin der Kr�fte des Wandels erwiesen hat. Mankann sich wohl fragen, woher es kommt, dass eine so m�chtige
Triebfeder des Wandels, ausersehen f�r die Erh�hung der
Menschheit, ihren eigentlichen Zweck so sehr veruntreuen und
zu einem reaktion�ren Hindernis f�r Wandel werden sollte.
Es gibt viele Gr�nde. Einer der wichtigsten ist die Bef�rchtung
der geistlichen W�rdentr�ger, der Wandel werde ihre Stellung
untergraben, indem er demokratische Bestrebungen zum
Ausdruck bringt, die Gleichstellung der Geschlechter verlangt
und neue Organisationsformen erhofft, um so den Bed�rfnissen
einer modernen Gesellschaft gerecht zu werden. Sozialer
Wandel l�sst auch einige der religi�sen Gebote als ungeeignet
f�r die neue Situation erscheinen. Es tauchen neue Fragen auf,
zu denen die Religion schweigt, was dazu f�hrt, dass unter ihren
Anh�ngern keine Einigkeit erzielt werden kann. Der wissenschaftliche
Fortschritt bringt auch Ablehnung gegen�berdogmatischen Aussagen der geistlichen Autorit�ten mit sich,
zum Beispiel �ber die Gr��e und Beschaffenheit des Weltalls,
das Alter der Erde, die Aufl�sung der sterblichen �berreste
nach dem Tod, die Ursachen f�r Krankheiten und Leiden, die
Evolution, die Vielfalt der Rassen und V�lker.Die Baha-Religion stellt einen ganz neuen Ansatz vor. Sie
ist eine Religion, die den Wandel bejaht und f�rdert, und die
als wahren Lebenszweck aller Menschen die Teilhabe an einer
st�ndig fortschreitenden Kultur sieht. �Abdu�l-Bahá spricht von
der Weisheit, die im Wandel liegt, und bemerkt: �Die Zeiten
bleiben sich niemals gleich, denn Ver�nderung ist eine notwendige
Eigenschaft und ein Wesensmerkmal dieser Welt undDie Schriften Bahau�ll�hs sehen den Fortschritt der menschlichen
Geschichte als eine Evolution, die durch Stationen der
Kindheit und Jugend und durch immer h�here Stufen mensch
71�Abdu�l-Baha, zit. in Messages from the Universal House of Justice,
1963-1986, Nr. 35.7alicher F�higkeit und Reife bis ins Erwachsenenalter f�hrt. Diese
Evolution zur m�ndigen Reife findet ihre Entsprechung in
der immer komplexeren Organisation der menschlichen Gesellschaft,
die sich, vom Familienverband in fr�hesten Zeitenausgehend, nach und nach zum Stammesverband, zum Stadtstaat
und zur Nation entwickelte. Den H�hepunkt dieses Prozesses
bildet die Vereinigung der ganzen Welt, die �den Eintritt
des gesamten Menschengeschlechts in den Zustand der
M�ndigkeit� ank�ndigt und �die letzte, h�chste Stufe in der ...
Entwicklung des menschlichen Zusammenlebens auf diesem
Planeten� darstellt.72Die Baha-Schriften beschr�nken sich nicht auf reine Theorie.
Die Vorkehrungen des Baha-Bundes und die Institutionen,
die dieser schuf die klare, unzweideutige Ernennung
von Nachfolgern, die Bestimmung von bevollm�chtigten Auslegern
der Schriften Bahau�ll�hs und die Wahl des Universalen
Hauses der Gerechtigkeit, einer Institution, die mit der
Gesetzgebung in den Angelegenheiten betraut ist, die nicht
ausdr�cklich in den heiligen Schriften abgedeckt sind, oder die
unklar sind und zu Spaltung f�hren bilden den Antrieb, der
kreatives Denken anregt und den Wandel f�rdert. Shoghi Effendi
charakterisiert die zentrale Institution der administrativen
Ordnung und nennt als eine ihrer Zielsetzungen, �den Glauben
b�ndnistreu und vernunftgem�� den Erfordernissen einer
fortschreitenden Gesellschaft anzupassen.� Dar�ber hinaus beschreibt
er als Aufgabe, die sich aus den Baha-Lehren ergibt,
dass eine Baha-Weltgemeinde zu schaffen sei, die f�hig ist,
�sich wie ein lebendiger Organismus auszudehnen und auf die
Bed�rfnisse und Erfordernisse einer ewig sich wandelnden Gesellschaft
einzustellen.�73Die Baha-Gesellschaftsordnung stellt sich auf Wandel ein
und wahrt zugleich die grundlegende Einheit und Identit�t der
Gemeinde. Einerseits bilden die geistigen Prinzipien, Gesetze
und Lehren des Glaubens und das Ger�st der Gemeindeordnung
die Grundlage f�r die Aufrechterhaltung der Ordnung.
72 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 233
73 Ebenda, S. 38, S. 44Andererseits stellt der Fortschritt, der als einer der �Grunds�tze
und Gebote Gottes� bezeichnet wird, einen wichtigen Wert dar,
der der Weltsicht der Baha zugrunde liegt.74Der Baha-Glaube ermutigt alle seine Mitglieder eindringlich,
die Bedeutung seiner wegweisenden Lehren zu ergr�nden
und ihre Einsichten und Erkenntnisse an andere weiterzugeben.
Das Universale Haus der Gerechtigkeit erkl�rt, �solche pers�nliche
Auslegung wird als Frucht der menschlichen Denkf�higkeit
angesehen und f�hrt zu einem besseren Verst�ndnisder Lehren, vorausgesetzt, dass es unter den Freunden nicht zu
Disputen und Meinungsverschiedenheiten kommt und der Einzelne
begreift und sich klarmacht, dass seine Ansichten nur seine
ganz pers�nlichen sind.� Die Baha werden jedoch gewarnt
vor dogmatischen Erkl�rungen zu Fragen, die erst im Laufe der
Zeit verst�ndlich werden, vielleicht durch den Fortschritt wissenschaftlicher
Erkenntnis oder im Lichte der menschlichenErfahrung und der sozialen Entwicklung. Das Universale Haus
der Gerechtigkeit schreibt:�Die Gl�ubigen m�ssen die Wichtigkeit intellektueller Redlichkeit
und Demut erkennen. In vergangenen Sendungen sindviele Irrt�mer entstanden, weil diejenigen, die an Gottes Offenbarung
glaubten, �bereifrig die g�ttliche Botschaft in den Rahmen
ihres begrenzten Verst�ndnisses hineinzw�ngten, weil sie
Lehrgrunds�tze definieren wollten, wo Definition ihre Macht
�berstieg, weil sie Mysterien erkl�ren wollten, die erst die Erfahrung
und Weisheit eines sp�teren Zeitalters verst�ndlich
machen konnte, und weil sie etwas als wahr hinstellen wollten,
das ihnen w�nschenswert und notwendig erschien. Solche
Kompromisse mit der grundlegenden Wahrheit, solchen intellektuellen
Hochmut m�ssen wir peinlichst vermeiden.�75Es geh�rt zum Wesen des Baha-Rechts, dass bestimmte
grundlegende Prinzipien unver�nderte G�ltigkeit behalten
74 Bahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 8:63, S. 152
75 Messages from the Universal House of Justice, 1963-86, Nr. 35.13, Nr.
35.11werden, untergeordnete Gesetze jedoch nach den Erfordernissen
der jeweiligen zeitlichen und �rtlichen Gegebenheiten
abge�ndert werden k�nnen. In �hnlicher Weise sind die geistigen
Grunds�tze so beschaffen, dass sie Stabilit�t erzeugen
und Wandel f�rdern, wobei sie zu einer Haltung f�hren, die
die Entdeckung praktischer L�sungen f�r soziale Probleme erleichtert.
Au�erdem ist zwar das Grundmuster der Gemeindeordnung
durch den Gottesbund festgelegt, jedoch garantieren
die organische Natur seiner Institutionen und die organische
Natur der Baha-Gemeinde Flexibilit�t, sowohl in der Weiterentwicklung
der Gemeindeordnung als auch in der Ausf�hrungihrer Bestimmungen. Somit sorgt die Baha-Religion f�r evolution�ren
Wandel, den das Universale Haus der Gerechtigkeitim Einklang mit dem Entwicklungsstand und den vorherrschenden
Bedingungen in der Baha-Gemeinde bestimmt.Das Baha-Konzept des evolution�ren Wandels f�hrt zu einem
prozessorientierten Denken und zur Schaffung einer Kultur des
Wachstums. Die Baha-Schriften nennen eine Reihe von Faktoren,
die mit organischem Wachstum verbunden sind, darunter
die Bedeutung einer Vision einer vorstellbaren Zukunft, die
Notwendigkeit einer langfristigen Perspektive, die Wertsch�tzung
des Fortschritts, das Erkennen der Erfordernisse f�r den
Wandel und die Entwicklung der menschlichen und administrativen
Ressourcen.Was die Vision und den Wert einer langfristigen Perspektive
auf die Ereignisse des Lebens betrifft, so erkl�rt Bahau�ll�h,
dass solche Vision �der Tr�ger wahren Wissens und sein F�hrer�
ist, und Er erkl�rt, dass �nach Ansicht der Weisen Urteilskraft
auf klarer Vision mit Weitblick beruht�. In einem anderen
Tablet gibt Er folgenden Rat: �Am Anfang jeder Bem�hung
hat man die Pflicht, auf das Ende zu sehen.� Auch die Schriften
�Abdu�l-Bahas enthalten mehrere Beispiele daf�r, wie g�nstig
sich prozessorientiertes Denken auf den evolution�ren Wandel
auswirkt. So betont Er im folgenden Absatz, dass man die un
322scheinbaren Anf�nge eines Prozesses keinesfalls untersch�tzen
soll. Als Beispiel hierf�r bezieht Er sich auf die Wirkung der
Taten der J�nger Christi. �Abdu�l-Bahá schreibt:�Schaut nicht auf die Gegenwart. Richtet euren Blick auf
k�nftige Zeiten. Wie klein ist der Same zu Beginn, aber am
Ende ist er ein m�chtiger Baum. Schaut nicht auf den Samen,
schaut auf den Baum, auf seine Bl�ten, Bl�tter und
Fr�chte. Denkt an die Zeit Christi, als nur ein kleines H�uflein
Ihm nachfolgte, und seht, was f�r ein m�chtiger Baum
aus diesem Samen wurde, seht seine Fr�chte. Nun werden
noch gr��ere Ereignisse eintreten; denn dies ist die Vorladung
des Herrn der Heerscharen, dies ist der Posaunensto�
des lebendigen Herrn, dies ist die Hymne des Weltfriedens,
dies ist das Banner der Redlichkeit, des Vertrauens und der
Verst�ndigung, aufgepflanzt inmitten all der vielfarbigen
V�lker des Erdballs. Dies ist die Sonne der Wahrheit mit
ihrem Strahlenglanz; dies ist der Geist Gottes in all Seiner
Heiligkeit. Diese m�chtigste Sendung wird die ganze Erde
umspannen; unter ihrem Banner werden sich alle V�lker
versammeln und Schutz finden. Deshalb wisset um die lebensnotwendige
Bedeutung dieses zarten Samens, den derwahre Landmann mit den H�nden Seines Erbarmens in die
gepfl�gten Felder des Herrn s�te und mit den Schauern der
Segnungen und Gnadengaben w�sserte; nun l�sst Er ihn
wachsen und gedeihen in der W�rme und im Lichte der
Sonne der Wahrheit.�76�Abdu�l-Bahá lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass man
unbedingt die m�glichen segensreichen Auswirkungen des
Fortschritts erkennen und die Chancen der Gegenwart im Vergleich
zur Vergangenheit wahrnehmen soll. Er schreibt:�Die �berlegenheit der Gegenwart im Verh�ltnis zur Vergangenheit
besteht darin, dass die Gegenwart vielerlei alsBahau�ll�h, Botschaften aus �Akka, 4:9, S. 51, 1:17, S. 195; �Abdu�l-
Baha, Briefe und Botschaften, 40:3, S. 100 f.Modell �bernehmen und sich aneignen kann, was in der
Vergangenheit bereits erprobt und als n�tzlich bewiesen
wurde; dar�ber hinaus kann die Gegenwart ihre eigenen
Neuentdeckungen machen und mit diesen ihr wertvolles
Erbe mehren. Es leuchtet ein, dass die Errungenschaften
und Erfahrungen der Vergangenheit f�r die Gegenwart bekannt
und verf�gbar sind, w�hrend die der Gegenwart eigent�mlichen
Entdeckungen der Vergangenheit unbekanntwaren. Dies setzt voraus, dass sich das nachfolgende Geschlecht
aus f�higen Pers�nlichkeiten zusammensetzt. Wieviele Nachkommen haben andererseits jeden Tropfen von
dem unermesslichen Meer an Erkenntnis vermissen lassen,
das ihre Vorfahren besessen hatten!�77An jene, die sich dem Wandel widersetzen, die Kr�fte der
Moderne ignorieren und an den Traditionen der Vergangenheit
festhalten wollen, richtet �Abdu�l-Bahá die folgende Herausforderung:
�Denket ein wenig nach: Lasst uns annehmen, durch die
Macht Gottes w�rde eine Gruppe von Menschen pl�tzlich auf die
Erde versetzt. Offensichtlich ben�tigen sie vielerlei Dinge, um
f�r ihre Menschenw�rde, ihr Gl�ck und Behagen zu sorgen. Ist
es nun zweckm��iger f�r sie, diese Dinge von ihren Zeitgenossen
zu �bernehmen, oder sollten sie in jeder Generation nichts �bernehmen,
sondern unAbhangig dieses und jenes Hilfsmittel, das
f�r das menschliche Dasein erforderlich ist, neu erschaffen?�78
Aus der Sicht der Baha verlangt der evolution�re Wandel
dieAneignung einer lernbereitenArbeitsweise, zu der die Einzelinitiative
ebenso notwendig geh�rt wie der kollektive Wille. In
dieser Hinsicht ist es interessant, sich den Rat zu vergegenw�rtigen,
den �Abdu�l-Bahá dem Volk Seines Geburtslandes erteilt.
Dieser findet sich in Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, jenem
Buch, das Shoghi Effendi als des Meisters �hervorragenden
Beitrag ... zur k�nftigen Neuordnung der Welt� charakterisiert.
Dort best�tigt �Abdu�l-Baha: �Was dieses Land [Persien] jedoch
dringend braucht, sind tiefes Nachdenken, entschlossenes Han
77 �Abdu�l-Baha, Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 102
78 Ebendadeln, Bildung, Eingebung und Ermutigung. Das Volk muss sich
gewaltig anstrengen, sein Stolz muss geweckt werden.� Dieser
Ratschlag k�nnte sehr wohl als eine b�ndige Definition einiger
grundlegender Voraussetzungen f�r einen nachhaltigen sozialen
Wandel und das Entstehen einer fortschrittlichen Gesellschaftsordnung
gelesen werden. Die Betonung auf Nachdenken, Bildung,
gemeinsames Handeln und die Bewertung des erreichten
Fortschritts benennt genau die Elemente, die f�r die F�rderung
einer Kultur des Wachstums entscheidend sind.79In den folgenden Abschnitten betrachten wir den Anteil, den
das Gr��te Heilige Blatt daran hatte, die Baha-Religion durch
ihren �bergang vom Heroischen in das Gestaltende Zeitalter
zu steuern, und wir untersuchen die einzigartigen pers�nlichen
Eigenschaften, die sie in diesem Wandlungsprozess und bei der
F�rderung einer Kultur des Wachstums an den Tag legte.
Das Gr��te Heilige BlattEin auffallender Zug im Leben des Gr��ten Heiligen Blattes
ist ihre F�higkeit, sich Ver�nderungen anzupassen. In ihrer
fr�hesten Kindheit erlebte sie den pl�tzlichen Wechsel von
Wohlstand und Behaglichkeit zu Not und Armut und machte
so die Erfahrung der �Bitternis von Mittellosigkeit und Entbehrung.�
Sie wurde aus ihrem Heimatland verbannt und begleitete
ihren Vater auf den Stationen Seiner Verbannung. Sie
erfuhr Gefangenschaft und Krieg und erlitt den Verlust gerade
der Familienangeh�rigen, die ihr am n�chsten standen. Im Laufe
ihres Lebens erlebte sie die Einsetzung des Baha-Bundes,
den wiederholten Wechsel in der Leitung der Baha-Gemeinde,
Angriffe gegen den Glauben durch die Ungetreuen und zuletzt
die Umgestaltung der Geschicke der Sache Bahau�ll�hs
mit dem Entstehen der Gemeindeordnung und der Ausbreitung
des Glaubens in der Welt.8079 Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahau�ll�hs, S. 61; �Abdu�l-Baha,
Das Geheimnis g�ttlicher Kultur, S. 1980 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 26
325Ihr Umgang mit Ver�nderung war aktiv, von Grunds�tzen
geleitet und zielgerichtet. Es war kein passives Hinnehmen
der Ereignisse, kein unflexibler Versuch, starr am Vergangenen
festzuhalten und schon gar keine Notl�sung. Es wird klar, dass
Bahayyih Kh�num die Bedingungen, in die sie gestellt wurde,
realistisch erfasste, dass sie die Ver�nderung der Verh�ltnisse
richtig einsch�tzte und dass sie jeweils erkannte, welche Reaktion
eine neue Situation erforderte.Bahayyih Kh�num spielte im Anfangsstadium des Gestaltenden
Zeitalters des Baha-Glaubens eine lebenswichtigeRolle in einer Epoche, die mit dem Entstehen und der Errichtung
der Baha-Gemeindeordnung verbunden war. Durch ihrtiefes Verst�ndnis von �Abdu�l-Bahas Testament, ihr unbeirrbares
Festhalten an dessen Bestimmungen, ihre vollst�ndige,
liebende Unterst�tzung f�r Shoghi Effendi, den ernannten H�ter,
und durch ihre Bem�hungen, den Gl�ubigen die Bedeutung
des Bundes bewusst zu machen, half das Gr��te Heilige Blatt,
die Baha-Welt auf ihren �bergang aus dem Heroischen in das
Gestaltende Zeitalter des Glaubens vorzubereiten.Das Gr��te Heilige Blatt, diese edle �letzte Spur des Heroischen
Zeitalters�, dient als ein greifbares Bindeglied zwischen
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Baha-Glaubens
� als das Bindeglied zwischen einem Zyklus sozialer Evolution
und dem n�chsten. Ihr Blick umfasste die Zukunft ebenso wie
die Vergangenheit. Sie konnte ein Bewusstsein von Kontinuit�t
vermitteln, das auf der vertrauten F�hrung, die in den Schriften
Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas enthalten ist, gr�ndete,
und sie half den Gl�ubigen, die kontinuierliche Relevanz dieser
F�hrung f�r die Bed�rfnisse der Gegenwart zu verstehen.
Ebenso sorgte sie, gest�tzt auf die Briefe des H�ters, f�r ein
Verst�ndnis der besonderen Erfordernisse und M�glichkeiten,
die mit den aktuellen Aufgaben der Baha-Gemeinde verbunden
waren.81In einem in seinem Auftrag geschriebenen Brief umrei�t
Shoghi Effendi die besonderen Eigenschaften, die die Gl�u81
Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 74bigen in Anbetracht der Erfordernisse der �bergangsperiode
aufweisen m�ssen:�Jeder Tag stellt bestimmte Anforderungen. In seinen fr�hen
Tagen ben�tigte der Glaube M�rtyrer und solche Menschen,
die jede Art von Folter und Verfolgung ertragen konnten,
wenn sie ihren Glauben bezeugten und die gottgesandte
Botschaft verbreiteten. Diese Tage sind aber jetzt vor�ber.
Heute braucht die Sache Gottes keine M�rtyrer, die f�r den
Glauben sterben, sondern Diener, die von dem Wunsch beseelt
sind, zu lehren und die Sache weltweit aufzubauen.
Ein Leben zu f�hren, das dem Lehren geweiht ist, ist heute
das gleiche wie der M�rtyrertod in jenen fr�hen Tagen.
Was z�hlt, ist der Geist, der uns treibt, nicht die Handlung,
durch die dieser Geist sich �u�ert. Dieser Geist ruft uns zum
Dienst f�r die Sache Gottes mit Herz und Seele.�82
In ihrer Rolle als Vermittlerin zwischen dem Heroischen
und dem Gestaltenden Zeitalter des Glaubens teilte das Gr��te
Heilige Blatt die Leiden und Verfolgungen der fr�hen Gl�ubigen
und M�rtyrer. Ebenso verk�rperte sie die Eigenschaften,
die f�r die k�nftige Entwicklung des Glaubens n�tig sind. Im
Angesicht der Gegnerschaft bewies sie gro�e Spannkraft, und
sie bewahrte sich die F�higkeit, die in der Gegenwart sich bietenden
Gelegenheiten zum Dienst wahrzunehmen und zu ergreifen.
Ihre Hingabe an die Sache Bahau�ll�hs und an denBund st�rkte ihren Willen zum Durchhalten und spornte sie an,
ihr Leben dem Schutz und der Verbreitung des Glaubens und
der Errichtung seiner Institutionen zu weihen. Die Mittel und
Wege, wie sie diente, hingen jeweils von den besonderen Erfordernissen
des Glaubens und von den gerade vorherrschendenDer �bergang in das Gestaltende Zeitalter der Baha-Religion
verlangte nicht nur die Annahme des neu ernannten H�ters
als Oberhaupt des Glaubens, sondern auch ein Umdenken, um
82Brief im Auftrag Shoghi Effendis, in Baha News Nr. 68 (November
1932), S. 3sich an die Autorit�t der gew�hlten Geistigen R�te zu gew�hnen.
Eine Durchsicht der Briefe des Gr��ten Heiligen Blattes
macht deutlich, dass sie die Einsetzung und Entwicklung dieser
keimhaften Institutionen aktiv unterst�tzte und ihr ganzes
Geschick einsetzte, um diese �bergangszeit zu �berbr�cken
und das Bewusstsein der weltweiten Baha-Gemeinde zu formen.
Die F�hrung und Ermutigung, die sie den Gl�ubigen bieten
konnte, erhielt sie aus den Briefen, die Shoghi Effendi in
der Anfangsperiode seiner Amtszeit schrieb. Diese grundlegenden
Dokumente bestimmten den Kurs f�r die Entwicklung des
Glaubens, hoben seine Bed�rfnisse hervor und legten Priorit�ten
f�r das weitere Vorgehen fest.Zu den Themen, die in den Briefen des H�ters behandelt
werden, geh�ren die entscheidende Notwendigkeit, in aller
Welt �rtliche und Nationale Geistige R�te zu bilden, und zugleich
die Verfahrensweise bei der Wahl dieser wichtigen Institutionen,
ihre Funktionen und ihre Beziehung zum Universalen
Haus der Gerechtigkeit festzulegen. Der H�ter erl�utert auch
das einzigartige Verfahren der Baha-Wahl und wie wichtig
Beratung als Mittel der Entscheidungsfindung im Geistigen
Rat ist. Weiterhin beschreibt Shoghi Effendi die geistigen,
pers�nlichen und verstandesm��igen Eigenschaften, die diejenigen
aufweisen sollten, die als Mitglied eines Rates gew�hlt
werden. Alle diese Themen werden kontinuierlich wiederholt
und liebevoll erl�utert in den Briefen, die Bahayyih Kh�num in
den Perioden der Abwesenheit des H�ters vom Heiligen Land
schrieb.Die historischen Aufzeichnungen enth�llen eine v�llige Einheit
der Zielsetzung und eine enge Zusammenarbeit zwischen
dem H�ter und dem Gr��ten Heiligen Blatt. In Abwesenheit
des H�ters war sie die Quelle der F�hrung und Ermutigung f�r
die Freunde, und sie bot ihnen eine weise, ausgereifte F�hrung.
Sie festigte den Kurs des Glaubens in dieser �bergangsperiode.
Durch ihre Briefe an die Baha und an die keimhaften
Geistigen R�te in Ost und West brachte das Gr��te Heilige
Blatt die Baha-Gemeinde zusammen. Sie fl��te den Gl�ubigen
einen Geist des Vertrauens ein und schulte sie mit Geduld
328und Verst�ndnis in den Bestimmungen von �Abdu�l-Bahas Testament.
Sie f�rderte die Akzeptanz und Unterst�tzung f�r den
neu ernannten H�ter und setzte die Durchf�hrung der Handlungsrichtlinien
in Gang, die er aufstellte. Dar�ber hinaus verhalf
sie den Gl�ubigen zu einem tieferen Verst�ndnis f�r die
Notwendigkeit, Geistige R�te zu bilden.Indem sie der Baha-Gemeinde half, den �bergang vom Heroischen
in das Gestaltende Zeitalter zu vollziehen, bewies das
Gr��te Heilige Blatt Eigenschaften, die mit den Erfordernissen
�bereinstimmen, welche �Abdu�l-Bahá f�r die gesellschaftliche
Umwandlung genannt hatte. Ihr klares Verst�ndnis f�r
die Sendung des Baha-Glaubens und seine Lehren, verbunden
mit den Vorkehrungen des Gottesbundes und den wegweisenden
Briefen Shoghi Effendis, gaben ihrem Handeln w�hrend
ihres ganzen Lebens Motivation und Richtung. Sie begriff
die Bedeutung der unver�nderlichen Grundprinzipien und der
bestehenden Anpassungsm�glichkeiten. Das Gr��te Heilige
Blatt erneuerte auch st�ndig ihr Wissen �ber die in den Lehren
enthaltene F�hrung und war sich stets der Tatsache bewusst,
dass ver�nderte Bedingungen neue L�sungen und Ans�tze verlangen.
Dar�ber hinaus lenkte das Gr��te Heilige Blatt die Aufmerksamkeit
der Gl�ubigen auf die neuen Verh�ltnisse und dieGelegenheiten zum Dienst, die sich mit der Weiterentwicklung
des Glaubens auftaten; sie ermutigte sie, ihr Handeln im
Lichte bisheriger Erfahrungen und der jeweils herrschenden
Situation zu �berdenken. Um ihnen in diesem Prozess zu helfen,
bot sie ihnen durch ihre Briefe ein gewisses Training in
der Funktionsweise der Geistigen R�te. Sie hielt die Baha
auch st�ndig dazu an, genau den Dienst zu erbringen, den die
Erfordernisse der Zeit gerade verlangten, und sie machte ihnen
die Tatsache bewusst, dass die Best�tigungen des Heiligen
Geistes diejenigen umgeben, die sich zum Dienst an der
Sache erheben. Auf diese Weise steigerte das Gr��te Heili
329ge Blatt die F�higkeiten der Gl�ubigen und ihrer keimhaften
Geistigen R�te, systematische Aktionspl�ne zu entwickeln,
diese voller Vertrauen in die Tat umzusetzen und aus der Erfahrung
zu lernen alles Fertigkeiten, die f�r eine F�rderung
der st�ndig fortschreitenden Zivilisation unentbehrlich sind,
die Bahau�ll�h vorgesehen hat.Ein Studium der Lebensgeschichte des Gr��ten Heiligen
Blattes vermittelt einen klaren Beweis f�r ihren herausragenden
Beitrag zur Entfaltung der Baha-Religion. Dar�ber hinaus haben
die Ideale und Werte, die sie vorlebte, f�r die gegenw�rtige
Gesellschaft unver�ndertes Gewicht. Ihr vertrauensvoller, starker
und flexibler Umgang mit Leiden und Schrecknissen, ihre
bereitwillige �bernahme administrativer Verantwortung, ihre
beispielhafte F�hrungskompetenz und ihr Verm�gen, Ver�nderungen
in konstruktiver Weise zu bew�ltigen, verdienen nicht
nur eifrige Nachahmung, sondern es sind tats�chlich entscheidende
Fertigkeiten, um die Richtung sozialen Fortschritts mitzubestimmen.
Shoghi Effendi unterstreicht die dynamische Natur des bleibenden
Verm�chtnisses, das Bahayyih Kh�num hinterl�sst, in
dem folgenden Auszug aus einem Brief, der in seinem Auftrag
geschrieben wurde. Er stellt fest, dass sie �vielleicht mehr als
jeder andere den wahren Geist verk�rperte,� der die Lehren
Bahau�ll�hs �belebt,� und er �u�ert die Hoffnung, dass die
Freunde angespornt und geistig gest�rkt werden, indem sie zu
einem tieferen Bewusstsein und einer W�rdigung ihres Lebens
vordringen. In dem Brief hei�t es weiter: �Es ist seine aufrichtige
Hoffnung, dass Ihre Liebe zu unserem verstorbenen Gr��ten
Heiligen Blatt eine solche Tiefe und Kraft erreicht, dass Sie
bef�higt werden, ihren Fu�spuren zu folgen und mit wachsender
Hingabe und Energie all das auszuf�hren, was ihr w�hrend
ihres ganzen Erdenlebens so teuer war. Die Erinnerung an ihr
geheiligtes Leben wird zweifellos Ihre Energien erhalten und
330n�hren und Sie mit der geistigen Macht ausr�sten, derer wir
alle so dringend bed�rfen.�831931 aufgenommen in Haifa, Israel. Baha-Weltzentrum
83Aus einem im Auftrag Shoghi Effendis geschriebenen Brief, in
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 92Die Schwierigkeit bei der Erforschung von Leben und Wirken
Bahayyih Kh�nums liegt darin, die traditionsbedingte Informationsl�cke
�ber die Lage der Frauen in muslimischen L�ndernim 19. und fr�hen 20. Jahrhundert zu �berwinden. Adib Taherzadeh
gibt Gr�nde an f�r die buchst�bliche Unsichtbarkeit
der Frauen in den historischen Quellen. Er schreibt:
�Frauen hatten damals keinen Anteil an �ffentlichen Angelegenheiten.
Ihr ganzes Leben verbrachten sie im h�uslichen,zu erkundigen, galt als unsittlich, ja beleidigend. Es galt
sogar als unh�flich, den Namen von jemandes Ehefrau zu
erfragen. Meistens erw�hnte man sie als �die Person im
Haus� oder, wenn sie einen Sohn hatte, �die Mutter des Soundso.�
In solcher gesellschaftlicher Umgebung war es f�reinen Historiker (der immer ein Mann war) normalerweise
nicht m�glich, in die Privatsph�re einer Frau einzudringen,
indem er ihr Leben erforschte. Dies h�tte einen Affront gegen
die M�nner des Haushalts bedeutet.�1Die Informationsquellen �ber das Gr��te Heilige Blatt sind
also weit verstreut und manchmal d�rftig; doch besitzen wir die
bedeutsame Aussage Shoghi Effendis, dass Bahau�ll�h entgegen
den kulturellen Zw�ngen Seiner Epoche �den Schleier der
Verborgenheit� von Seiner Tochter zu l�ften beliebte und sie
als �ein wahres Beispiel� erscheinen lie�, dem alle folgen sollten.
Indem Bahau�ll�h �den Schleier der Verborgenheit� von
Bahayyih Kh�num wegzog, machte Er f�r die Historiker den
Weg frei, Leben und Wirken des Gr��ten Heiligen Blattes zu
studieren. Allgemeiner gesagt legitimierte Er die Erforschung
von Frauen, erl�ste sie aus ihrer Unsichtbarkeit und anerkannte
ihre gesellschaftliche Rolle.2Obwohl Informationsquellen mit genauen Angaben �ber
ihre T�tigkeiten recht sp�rlich sind, liegt uns doch der Sammelband
Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf (Baha2 Shoghi Effendi, in Bahayyih Kh�num, The Greatest Holy Leaf, S. 54
333Weltzentrum, Haifa 1982) vor, der viele Textausz�ge �ber
Bahayyih Kh�num aus den Schriften Bahau�ll�hs und �Abdu�l-
Bahas enth�lt, wie Shoghi Effendi sie in seinen Briefen zitierte.
Es sind dies vor allem Beschreibungen ihrer Charaktereigenschaften
und Hinweise auf ihr Wirken in verschiedenen Phasen
der gestaltenden Jahre, in denen sich der junge Baha-Glaube
entfaltete. Vor allem die W�rdigungen, die Shoghi Effendi um
die Zeit ihres Hinscheidens verfasste, sind ertragreiche Informationsquellen,
die uns helfen, die Bedeutung des Gr��tenShoghi Effendi r�umt ein, dass viele Einzelheiten �ber
Bahayyih Kh�nums Leben und Dienen �nicht dokumentiert�
und �im wesentlichen nicht zu erahnen� sind. Trotzdem sagt er
mit aller Klarheit voraus, dass ihr Leben historisch analysiert
werden wird. Zu diesem Zweck hebt er verschiedene Bereiche
hervor, die der Erforschung wert sind und weist auch auf m�gliche
Schwierigkeiten hin:�Erst k�nftige Generationen und Schriftsteller, die meine F�higkeiten
�bersteigen, k�nnen und werden die �berragendeGr��e ihres geistigen Lebens, die einzigartige Rolle,
die sie in all den st�rmischen Stadien der Baha-Geschichte
spielte, den Ausdruck uneingeschr�nkten Lobpreises, der den
Federn Bahau�ll�hs wie auch �Abdu�l-Bahas, des Mittelpunkts
Seines Bundes, entstr�mte, in angemessener Weise zu
w�rdigen wissen. Ihr Anteil und ihr Einfluss auf den Verlauf
einiger Hauptereignisse in den Annalen des Glaubens; die
Leiden, die sie ertrug; die Opfer, die sie erbrachte; die seltene
Gabe des nie versagenden Mitgef�hls, das sie in so einpr�gsamer
Weise bekundete: All dies und vieles andere wennauch nicht aufgezeichnet und von der Menge ihrer leidenschaftlichen
Bewunderer in Ost und West kaum erahnt istso unl�sbar in die Struktur der Sache selbst hineingewoben,
dass kein k�nftiger Historiker der Religion Bahau�ll�hs es
sich leisten kann, es zu �bergehen oder zu verkleinern.�3
3An anderer Stelle hebt Shoghi Effendi zwei wichtige Gesichtspunkte
ihrer Mitwirkung hervor, die erforscht werdensollten: Zum einen ihr einzigartiger �Anteil am Fortschritt und
an der Festigung der weltweiten Gemeinde�, zum anderen die
bedeutsame Rolle, die sie �in den fr�hen Tagen der Offenbarung
und insbesondere nach dem Hinscheiden �Abdu�l-Bahas� spielte.
Bahayyih Kh�nums Briefe, die in Bahayyih Kh�num, The Greatest
Holy Leaf ver�ffentlicht sind und sich an die Baha und die
Baha-Institutionen in aller Welt richten, lassen erkennen, wie
tief ihr Verst�ndnis von Geist und Lehren des Glaubens sowie
der administrativen Funktionen war, die sie vor allem w�hrend
ihrer Amtszeit als Oberhaupt des Glaubens ausf�hrte.4
Im Hinblick auf Einzelheiten aus ihrem Leben hat das Gr��te
Heilige Blatt ein reichhaltiges Verm�chtnis in Form von zwei
gesprochenen Memoiren hinterlassen. Die erste hat sie Lady
Blomfield erz�hlt, einer englischen Baha aus der Anfangszeit,
die mehrmals l�ngere Zeit mit den Familienangeh�rigen
�Abdu�l-Bahas verbrachte; diese wurde ver�ffentlicht in The
Chosen Highway (Baha Publishing Trust, Wilmette 1966).
Der zweite Lebensbericht wurde Madame de Canavarro vorgetragen,
einer amerikanischen Buddhistin und Religionswissenschaftlerin,
die das Heilige Land besuchte; dieser ist nachzulesen
in Myron H. Phelps: The Master in �Akka (Kalim�t Press,
Los Angeles 1985). In beiden F�llen trug Bahayyih Kh�num
ihren Lebensbericht auf persisch vor, dann wurde er von einem
Mitglied der Familie ins Englische �bersetzt und von der Besucherin
aus dem Westen aufgezeichnet. Dadurch ergaben sich
viele Anl�sse zu Missverst�ndnissen und unrichtigen Angaben.
Trotzdem vermitteln diese Memoiren faszinierende Schnappsch�sse
von den Vorg�ngen um die verbannten Familienangeh�rigen
Bahau�ll�hs und vom Leben �Abdu�l-Bahas aus derSchlie�lich gibt es eine Reihe von Darstellungen aus der
Feder von Baha, meist weibliche Gl�ubige aus dem Westen,
die als Pilgerinnen ins Heilige Land kamen. Die erste westli
4Ebenda S. 41; aus einem Brief im Auftrag Shoghi Effendis, ebenda
S. 71che Pilgergruppe traf um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert
ein. Diese Berichte vermitteln Beschreibungen Bahayyih
Kh�nums und ihrer Dienste, �berwiegend aus der Zeit ihres
hohen Alters. Hierbei enth�lt vor allem die Biographie Shoghi
Effendis, die seine Witwe R�h�yyih Kh�num unter dem Titel
The Priceless Pearl (Baha Publishing Trust, London, Rutland
Gate 1969) verfasste, wertvolles Material.�Abdu�l-Bahá Diener Bahas: Angenommener Titel von �Abb�s
Effendi (1844-1921), dem �ltesten Sohn und ernannten
Nachfolger Bahau�ll�hs, des Stifters der Baha-Religion.
Nach dem Tode Bahau�ll�hs im Jahre 1892 wurde �Abdu�l-
Bahá Oberhaupt der Baha-Religion. Man kennt ihn unter
verschiedenen Titeln, darunter Mittelpunkt des Bundes, das
Geheimnis Gottes, der Meister, das Vollkommene Beispiel der
Lehren Bahau�ll�hs.�Abdu�l-Hamid II. (1842-1918) Sultan des Osmanischen
Reiches von 1876 bis 1909. Er war f�r die erneute Einkerkerung
�Abdu�l-Bahas in �Akka verantwortlich. Die allgemeine
Unzufriedenheit mit seiner despotischen Herrschaft und der
Unwille gegen das Eingreifen der europ�ischen M�chte auf
dem Balkan f�hrte zur Milit�rrevolte der Jungt�rken im Jahre
1908. Danach wurde �Abdu�l-Hamid 1909 entthront.�Akka Ein viertausend Jahre alter Seehafen an der K�ste des
heutigen Israel. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war �Akka
eine Strafkolonie des Osmanischen Reiches. 1868 wurde
Bahau�ll�h mit Seiner Familie und mit Gef�hrten durch Sultan
�Abdu�l-�Az�z nach �Akka verbannt. Wegen der in diesen Mauern
erlittenen Entbehrungen nannte Bahau�ll�h �Akka das
�Gr��te Gef�ngnis�.Adrianopel Das heutige Edirne, eine Stadt im europ�ischen
Teil der T�rkei. Hierher wurden Bahau�ll�h und Seine Familie
im Jahr 1863 verbannt. Sie hielten sich f�nf Jahre hier auf.
Apostolisches Zeitalter siehe Zeitalter.�s�yih Kh�num Auch bekannt als Navvab (ein Ehrentitel, der soviel
wie �W�rde� oder �Hoheit� bedeutet) und als das Erhabenste
Heilige Blatt. Sie war die Mutter �Abdu�l-Bahas, Bahayyih Kh�nums
und von Mirza Mihd�. Sie heiratete Bahau�ll�h 1835, begleitete
Ihn auf allen Stationen Seiner Verbannung und verstarb 1886.
B�b, der Das Tor: Angenommener Titel von Siyyid �Al�-Muhammad
(1819-1850), dem Offenbarer der B�b�-Religion, dem
Verk�nder und Vorl�ufer Bahau�ll�hs.Baha-Weltgemeinwesen Das in den Baha-Schriften vorausgeschaute
k�nftige, die Nationen der Welt umfassendeGemeinwesen. Es beinhaltet ein f�derales Regierungssystem,
dem alle nationalen Regierungen unterstehen, au�erdem ein internationales
Kommunikationssystem, eine Welthilfssprache,eine Weltschrift und Weltliteratur, ein einheitliches, weltweites
W�hrungssystem sowie ein System von Ma�en und Gewichten
und eine vereinheitlichte Wirtschaftsordnung mit koordinierten
M�rkten und geregelten Verteilungskan�len. Siehe auch Weltordnung
Bahau�ll�hs.Baha-Weltzentrum Geistiges Zentrum und zugleich Verwaltungszentrum
der Baha-Religion mit Sitz in den Zwillingsst�dten
�Akka und Haifa. Siehe auch Gemeindeordnung.Bahau�ll�h Die Herrlichkeit Gottes: Titel von Mirza Husayn�
Al� (1817-1892), dem Offenbarer der Baha-Religion. Von
Baha wird Er unter verschiedenen Titeln erw�hnt, darunter Der
Verhei�ene aller Zeitalter, Die Gesegnete Sch�nheit, Die Gesegnete
Vollkommenheit, Die Altehrw�rdige Sch�nheit. Die Baha
verstehen Seine Schriften als unmittelbare Offenbarung Gottes.
Bahj� Entz�cken, Freude, Jubel: Name der Liegenschaft n�rdlich
von �Akka, wo Bahau�ll�h seit 1880 bis zu Seinem Hinscheiden
1892 lebte. Hier befindet sich Sein Schrein.Blatt bzw. Bl�tter In den Baha-Schriften gebrauchte Bezeichnung
f�r weibliche Mitglieder der Baha-Gemeinde.Bogen, der Eine bogenf�rmig gekr�mmte Wegstrecke auf
dem Berg Karmel, die von Shoghi Effendi abgesteckt wurde.
Sie erstreckt sich �ber das Gel�nde der Baha nahe dem
Schrein des B�b; ihren Mittelpunkt bilden die Grabst�tten hervorragender
Mitglieder der Familie Bahau�ll�hs. Entlang desBogens erheben sich die Geb�ude der wichtigsten internationalen
Verwaltungsinstitutionen der Baha-Religion.Britisches Mandat Der nach dem Ersten Weltkrieg vom V�lkerbund
an Gro�britannien erteilte Auftrag, Teile des fr�heren
Staatsgebietes des Osmanischen Reiches zu verwalten. Zum
Mandatsgebiet geh�rten Irak und Pal�stina.Buch des Bundes Eine �bersetzung des Titels Kitáb-i-�Ahd
oder Kitáb-i-�Ahd�, mit der Bedeutung �Buch Meines Bundes�.
Bahau�ll�hs Testament. Von Ihm eigenh�ndig niedergeschrieben,
bestimmt es �Abdu�l-Bahá zu Seinem Nachfolger undzum Mittelpunkt Seines Bundes und trifft Vorkehrungen f�r
die Fortdauer g�ttlicher F�hrung in den Angelegenheiten des
Baha-Glaubens in die Zukunft.Bund Hiermit werden die im Baha-Schrifttum getroffenen
Vorkehrungen �ber die Nachfolge nach dem Hinscheiden
Bahau�ll�hs und �ber den Aufbau der Baha-Gemeindeordnung
bezeichnet. Der Bund, den Bahau�ll�h mit Seinen Anh�ngern
geschlossen hat, bestimmt �Abdu�l-Bahá zum Mittelpunkt
des Bundes und �bertr�gt Ihm die Vollmacht, die Schriften
Bahau�ll�hs auszulegen. Dar�ber hinaus werden durch den
Bund die Zwillingsinstitutionen des H�tertums und des Universalen
Hauses der Gerechtigkeit in aller Form als Nachfolger
Bahau�ll�hs und �Abdu�l-Bahas eingesetzt.Bundesbrecher Im Baha-Glauben eine Bezeichnung f�r einen
Baha, der den Versuch unternimmt, die Einheit des Baha
339Glaubens durch �ffentliche Leugnung der Nachfolgeregelung
(also Bahau�ll�h, �Abdu�l-Baha, Shoghi Effendi und das Universale
Haus der Gerechtigkeit) aufzubrechen oder der sich gegen
das Oberhaupt des Glaubens auflehnt und sich bem�ht, den
Bund zu untergraben. Wer fortgesetzt solche T�tigkeiten unternimmt,
kann von der Mitgliedschaft im Glauben ausgeschlossen
werden. Dies kommt sehr selten vor. Siehe auch Bund.
Diener Bezeichnung f�r einen m�nnlichen Baha. Damit
wird seine Bereitschaft anerkannt, sein Leben nach den Geboten
dieser Religion zu f�hren.Dienerin oder Magd In den Baha-Schriften gebrauchte Bezeichnung
f�r ein weibliches Mitglied der Baha-Gemeinde.D�y�r-Bakr T�rkische Handelsstadt am Ufer des Tigris.
Elias Hebr�ischer Prophet. Er lehrte, dass es nur einen Gott gibt.
Erzbundesbrecher Mirza Muhammad-�Al�, ein SohnBahau�ll�hs und j�ngerer Halbbruder �Abdu�l-Bahas. Er unternahm
den Versuch, die Bestimmungen von Bahau�ll�hsschriftlich niedergelegtem Testament umzusto�en und nach
dem Hinscheiden Bahau�ll�hs die F�hrung der Baha-Gemeinde
an sich zu ziehen. Siehe Bundesbrecher.Farm�n in Persien: Befehl, Verordnung, k�niglicher Erlass.
Gallipoli Hafenstadt, west-s�dwestlich des heutigen Istanbul
gelegen.Geistige R�te Name der gew�hlten administrativen Baha-
Institutionen, die auf �rtlicher und nationaler Ebene wirken.
Sie sind f�r die Koordinierung und Leitung der Gemeindearbeit
in ihrem Amtsbereich zust�ndig. Siehe auch Nationaler
Geistiger Rat, �rtlicher Geistiger Rat.Gemeindeordnung Das internationale administrative System
der Baha-Gemeinde. Durch die klaren Verf�gungen �ber die
Nachfolge in der institutionellen Leitung und die organisatorische
Struktur, die der Religionsstifter Bahau�ll�h in Seinen Schriften
niedergelegt hat, ist die Gemeindeordnung einmalig in der Religionsgeschichte.
Die obersten Institutionen sind das H�tertum unddas Universale Haus der Gerechtigkeit. Die Gemeindeordnung
umfasst demokratisch gew�hlte �rtliche und Nationale Geistige
R�te, die f�r die Leitung der Gemeindeangelegenheiten zust�ndig
sind, das Baha-Gesetz und die Prinzipien aufrechterhalten
und die Verantwortung f�r Erziehung, F�hrung und Schutz der
Gemeinde wahrnehmen. Au�erdem beinhaltet die Gemeindeordnung
die Institutionen der H�nde der Sache Gottes, des Internationalen
Lehrzentrums, der Kontinentalen Berater�mter sowie
deren Hilfs�mter und Assistenten. Die Mitglieder dieser Institutionen,
die alle ernannt werden, nehmen eine beratende Funktion
wahr und sind besonders f�r den Schutz und die Verbreitung
des Baha-Glaubens verantwortlich. Siehe auch unter Geistige
R�te, H�tertum, Internationales Lehrzentrum, Kontinentale
Berater�mter, Nationaler Geistiger Rat, �rtlicher Geistiger
Rat, Universales Haus der Gerechtigkeit.Getsinger, Lua (1871-1916) Geborene Louisa A. Moore,
eine herausragende fr�he amerikanische Baha. Sie unternahm
ausgedehnte Reisen in den Vereinigten Staaten, Europa und Indien,
um den Baha-Glauben zu lehren. Sie geh�rte der ersten
westlichen Pilgergruppe an, die 1898 �Abdu�l-Bahá in �Akka
aufsuchte. Eine Beschreibung ihres Lebens und ihres Dienstes
f�r den Glauben gibt Velda Piff Metelmann: Lua Getsinger.
Herald of the Covenant. Oxford (George Ronald) 1997.
Goldenes Zeitalter siehe Zeitalter.Gottesbund siehe Bund. In allen Religionen haben die Offenbarer
einen Bund mit ihren Gl�ubigen geschlossen.H�nde der Sache Gottes Herausragende Baha-Gl�ubige,
die durch Bahau�ll�h und sp�ter durch Shoghi Effendi ernannt
wurden, um die Vergeistigung der Menschen und die Verbreitung
des Baha-Glaubens zu f�rdern und seinen Schutz zu gew�hrleisten.
Siehe auch Kontinentale Berater�mter, Internationales
Lehrzentrum.Haifa Hafenstadt im heutigen Israel. Hier befindet sich das
Baha-Weltzentrum.H�ter der Sache Gottes und H�tertum Die von Bahau�ll�h
im Kitáb-i-Aqdas vorausbestimmte, durch �Abdu�l-Bahá in seinem
Testament ins Leben gerufene Institution, in die Shoghi
Effendi ernannt wurde. Er versah dieses Amt von 1921 bis
zu seinem Tod 1957. Die wichtigsten Funktionen des H�ters
waren die Auslegung der Schriften Bahau�ll�hs, des B�b und
�Abdu�l-Bahas und die Leitung der sich entwickelnden Baha-
Weltgemeinde. Siehe auch Gemeindeordnung, Shoghi Effendi.
Internationales Lehrzentrum Eine 1973 durch das Universale
Haus der Gerechtigkeit ins Leben gerufene Institution.
Ihre Mitglieder sind Berater, die f�r eine f�nfj�hrige Amtszeit
ernannt werden. Zu den Pflichten des Internationalen
Lehrzentrums geh�ren die Koordination und F�rderung der
T�tigkeit der Kontinentalen Berater�mter, die Aufgabe, als
Bindeglied zwischen diesen und dem Universalen Haus der
Gerechtigkeit zu wirken, die laufende Einholung von Informationen
�ber den Stand des Baha-Glaubens in aller Weltund die F�rderung des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Lebens innerhalb wie au�erhalb der Baha-Gemeinde.Siehe auch Kontinentale Berater�mter, H�nde der Sache
Gottes.�Ishq�b�d, auch Ashkhabad Hauptstadt des heutigen Turkmenistan.
Hier stand der erste Mashr�qu�l-Adhkar der Baha.Jungt�rkische Revolution Eine Revolte gegen die autorit�re
Herrschaft des osmanischen Sultans �Abdu�l-Hamid II.
Sie f�hrte zur Einsetzung einer konstitutionellen Regierung im
Jahr 1908 und zur anschlie�enden Befreiung aller politischen
und religi�sen Gefangenen, darunter auch �Abdu�l-Bahas. Sultan
�Abdu�l-Hamid wurde 1909 gest�rzt.Kalifat, das Amt oder Herrschaftsgebiet eines Kalifen. Der
Kalif war im sunnitischen Islam ein Nachfolger des Propheten
Muhammad und geistliches Oberhaupt.Karmel Berg in Haifa, Israel, von Jesaja als der �Berg
Gottes� erw�hnt. Heute befinden sich auf ihm der Schrein
des B�b und die Verwaltungsgeb�ude des Baha-Weltzentrums.
Kitáb-i-Aqdas Das Heiligste Buch (Kitáb bedeutet �Buch�;
Aqdas bedeutet �(das) Heiligste� 1873 in �Akka offenbart.
Es enth�lt die meisten Gesetze Bahau�ll�hs und wird von
den Baha als die Charta einer k�nftigen Weltkultur betrachtet.
K�nigin Marie von Rum�nien (1875-1938) K�nigin Rum�niens
von 1914 bis 1927. Sie war die erste Monarchin, die die
Lehren des Baha-Glaubens annahm. Sie lernte den Baha-
Glauben durch Martha Root kennen. N�heres �ber ihre Verbindung
zur Baha-Religion in Della A. Marcus: Her EternalCrown. Queen Marie of Romania and the Baha Faith, Oxford
(George Ronald) 2000.Konstantinopel das heutige Istanbul; ehemalige Hauptstadt
des Osmanischen Reiches, wohin Bahau�ll�h im Jahre 1863
verbannt wurde.Kontinentale Berater�mter Institution der Baha-Gemeindeordnung,
die 1968 durch das Universale Haus der Gerechtigkeit
eingesetzt wurde. Ihre Mitglieder werden vom Universalen
Haus der Gerechtigkeit f�r eine f�nfj�hrige Amtsperiode ernannt.
Sie dienen jeweils in einem der f�nf Kontinente Afrika,
Amerika (Nord und S�d), Asien, Australasien und Europa. Ihre
Pflichten erstrecken sich auf die F�rderung des geistigen Lebens
der Menschen und den Schutz und die Ausbreitung und
Entwicklung des Baha-Glaubens und die Leitung der Arbeit
ihrer Hilfsamtsmitglieder.Magd Bezeichnung f�r ein weibliches Gemeindemitglied.
Darin kommt ihre Bereitschaft zum Ausdruck, ihr Leben nach
den Geboten der Baha-Religion zu f�hren.Manifestation Gottes Bezeichnung f�r einen Propheten oder
Gottesboten, der eine religi�se Sendung begr�ndet. Die Manifestationen
sind nicht Gott, der auf die Erde herabgekommenist, sondern sie sind Spiegel f�r die Attribute Gottes, so wie ein
Spiegel die Sonne widerstrahlt, jedoch nicht die Sonne selbst
ist. Siehe auch Sendung.Mashr�qu�l-Adhkar Aufgangsort der Anbetung Gottes: Titel
zur Bezeichnung eines Baha-Hauses der Andacht, eines
Tempels. Die H�user der Andacht sind der �ffentlichkeit zur
Andacht zug�nglich. Solche H�user der Andacht stehen in Wilmette
bei Chicago, Illinois; in Kampala, Uganda; in Ingleside
bei Sydney, Australien; in Hofheim-Langenhain bei Frankfurt
am Main; in Panama City, Panama; in Apia, West-Samoa; und
in New Delhi, Indien. Ein weiteres befindet sich im Bau in
Santiago, Chile. Das erste Baha-Haus der Andacht wurde
1902 in �Ishq�b�d, Turkmenistan, errichtet. Es wurde 1948 bei
einem Erdbeben schwer besch�digt und musste nach starken
Regenf�llen 1963 abgerissen werden.Maxwell, May (1870-1940) Herausragende amerikanische
Baha aus der Anfangszeit des Glaubens. Sie geh�rte der
344ersten Pilgergruppe aus dem Westen an, die 1898/99 �Abdu�l-
Bahá in �Akka besuchte. Eine kurze Darstellung ihres Lebens
und Dienens findet sich in The Baha World 8, S.Mirza Mihd� (1848-70) Ein Sohn Bahau�ll�hs, welchem
Er den Titel Der Reinste Zweig verlieh. Er diente als Sekret�r
seines Vaters. 1870 fand er im Alter von zweiundzwanzig
Jahren den Tod infolge eines Sturzes im Gr��ten Gef�ngnis
in �Akka.Mirza M�s� (gest. 1887), auch als �q�y-i-Kal�m bekannt
J�ngerer Bruder Bahau�ll�hs, der die Stufe des B�b und
Bahau�ll�hs erkannte und ein treuer Diener Bahau�ll�hs auf
allen Stationen Seiner Verbannung war. Er traf oft anstelle
Bahau�ll�hs mit f�hrenden Vertretern des Staates und der Religion
zusammen bis in die Zeit, als �Abdu�l-Bahá diese Funktion
�bernahm.Bahau�ll�hs, auch als Subh-i-Azal (Morgen der Ewigkeit) bekannt.
Er fiel von Bahau�ll�h ab und erhob den Anspruch, der
Nachfolger des B�b zu sein. Diese unbegr�ndete Herausforderung
blieb ohne Erfolg. Von den Osmanischen Beh�rden wurde
er zu dem Zeitpunkt, als Bahau�ll�h und Seine Gef�hrten nach
�Akka verbannt wurden, auf die Insel Zypern in die Verbannung
geschickt. Dort starb er 1912.Mittelpunkt des Bundes Einer der Titel �Abdu�l-Bahas. Folgt
aus Seiner Berufung durch Bahau�ll�h zu Seinem Nachfolger,
an den sich nach Bahau�ll�hs Hinscheiden alle wenden m�ssen.
Siehe auch Bund.Muft� Islamischer Rechtsgelehrter, der f�r die Auslegung islamischen
Rechts zust�ndig ist.Muhammad (570-632) Prophet und Stifter des Islam. Von
den Baha wird Muhammad als eine Manifestation Gottes und
Sein Buch, der Qur��n, als Heilige Schrift anerkannt.
Munírih Khánum (gest. 1938) Die Ehefrau �Abdu�l-Bahas,
auch unter dem Namen �Die Heilige Mutter� bekannt.
Nab�l adelig, gelehrt: Nachname des Mull� Muhammad-i-
Zarand�, der unter dem Titel The Dawn-Breakers den ausf�hrlichen
historischen Bericht �ber den B�b�-Glauben schrieb.
Nationaler Geistiger Rat Das durch die Baha-Schriften
verf�gte, gew�hlte nationale Gremium f�r die Administration
der Baha-Gemeinde. Seine Mitglieder werden aus den Baha
des jeweiligen Landes auf einer Nationaltagung f�r ein Jahr
gew�hlt. Der Nationale Geistige Rat ist f�r die Leitung der
Baha-Arbeit in seinem Amtsbereich zust�ndig. Siehe Geistige
R�te.Naw-R�z w�rtlich �Neuer Tag�: Das Neujahrsfest der Baha,
der Tag der Fr�hlings-Tag-und-Nachtgleiche, der gew�hnlich
auf den 21. M�rz f�llt.Neunzehntagefest Eine Baha-Institution, die vom B�b verordnet
und durch Bahau�ll�h im Kitáb-i-Aqdas best�tigt wurde.
Es wird am ersten Tag eines jeden Baha-Monats gehalten,
von denen jeder aus neunzehn Tagen besteht und nach einem
der Attribute Gottes benannt ist. Das Neunzehntagefest ist das
Herzst�ck des Baha-Gemeindelebens auf �rtlicher Ebene und
besteht aus einer Andacht sowie aus einem beratenden und
einem gesellschaftlichen Teil. Siehe auch Kitáb-i-Aqdas.
�rtlicher Geistiger Rat Das in den Schriften Bahau�ll�hs
eingesetzte �rtliche Gremium f�r die Administration der
Baha-Gemeinde. Die neun Mitglieder werden j�hrlich aus
346den erwachsenen Gemeindeangeh�rigen gew�hlt; ihre Amtszeit
betr�gt ein Jahr. Der Geistige Rat leitet die Gemeindeangelegenheiten
in seinem Amtsbereich. Er fasst seine Beschl�ssenach vorheriger Beratung. Siehe auch Geistige R�te.
Offenbarung Die Gesetze, Lehren und Botschaften Gottes, die
der Menschheit durch Seine Manifestationen �bermittelt werden.
Osmanisches Reich Ein Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel
(heute Istanbul), das vom Ende des ByzantinischenReiches im 14. Jahrhundert bis zur Errichtung der T�rkei als
Republik im Jahr 1922 bestand. Zwei seiner Herrscher, Sultan
�Abdu�l-�Az�z und Sultan �Abdu�l-Hamid II., waren f�r die
Einkerkerung und die Verbannung Bahau�ll�hs und �Abdu�l-
Bahas in Konstantinopel, Adrianopel und �Akka verantwortlich;
beide wurden schlie�lich entthront.Qibla, die �Das, welchem man sich zuwendet; Gebetsrichtung;
Punkt der Anbetung�. Der Punkt, zu dem sich die Gl�ubigen
im Gebet ausrichten. Die Qibla f�r die Baha ist das
Heiligste Grab Bahau�ll�hs in Bahj�.Ransom-Kehler, Keith (gest. 1933) Eine herausragende
amerikanische Baha. Sie reiste als Vertreterin des Nationalen
Geistigen Rates der Baha der Vereinigten Staaten und Kanadas
nach Persien mit einer Bittschrift, in der um die Aufhebung
eines Verbots von Baha-Literatur in Persien ersucht wurde.
Sie starb am 23. Oktober 1933 in Isfahan. Ein Lebensbericht
findet sich in The Baha World 5, S. 389-410.Root, Martha (1872-1939) Eine amerikanische Baha, die
f�r ihre einzigartigen Bem�hungen auf dem Feld des internationalen
Lehrens bekannt geworden ist. In einem Zeitraum von
ungef�hr zwanzig Jahren reiste sie viermal um die ganze Welt.
Sie sprach �ber den Baha-Glauben mit K�nigen, K�niginnen,
347hochrangigen Regierungsbeamten, religi�sen W�rdentr�gern,
Professoren, Meinungsf�hrern und anderer Prominenz. Ein
Lebensbericht findet sich in M.R. Garis: Martha Root. Lioness
at the Threshold. Wilmette (Baha Publishing Trust) 1983.
R�h�yyih Kh�num (1910-2000) Geborene Mary Maxwell,
auch R�h�yyih Rabb�n� genannt, Tochter von May Bolles
Maxwell und Sutherland Maxwell aus Montreal. Die Ehefrau
Shoghi Effendi Rabb�n�s, des H�ters der Baha-Religion.
R�h�yyih (�geistig�) ist der Name, den Shoghi Effendi ihr bei
der Hochzeit verlieh. Kh�num ist ein persischer Titel mit der
Bedeutung �Frau�, �Dame�, �Madame�.Sendung Die Periode, in der die Gesetze und Lehren eines bestimmten
Propheten oder Gottesoffenbarers [einer Manifestation
Gottes] geistige G�ltigkeit besitzen. Eine Sendung beginnt
damit, dass die Manifestation ihre Mission verk�ndet, und endet
mit dem Kommen der n�chsten Manifestation Gottes.Sh�h Bahr�m Titel eines Welterl�sers, der in den zoroastrischen
Prophezeiungen vorausgesagt wird und der �ber dasB�se triumphieren und den Frieden auf Erden bringen wird.
Sh�r�z Die Stadt im S�den des Iran, in der der B�b 1844 Seine
Sendung erkl�rte. Siehe auch B�b.Shoghi Effendi Der Titel, unter dem Shoghi Rabb�n� (18971957),
der Urenkel Bahau�ll�hs und �lteste Enkel �Abdu�l-
Bahas, unter den Baha bekannt ist. Shoghi ist ein arabischer
Name mit der Bedeutung �derjenige, der sich sehnt�; Effendi
ist ein t�rkischer Ehrentitel mit der Bedeutung �Herr� oder
�Meister�. Er wurde in �Abdu�l-Bahas Testament zum H�ter
der Baha-Religion bestimmt und �bernahm dieses Amt 1921
nach �Abdu�l-Bahas Tod.S�y�h-Ch�l Schwarzes Loch: Unterirdisches Verlies, in dem
Bahau�ll�h von August bis Dezember 1852 eingesperrt war.
348Hier empfing Er die erste Eingebung Seiner weltumfassenden
Sendung.Star of the West Die erste Baha-Zeitschrift in der westlichen
Welt. Sie erschien in Nordamerika von 1910 bis April 1924.
Subh-i-Azal siehe Mirza Yahy�.Tablet, das Eine Bezeichnung f�r Briefe, die von Bahau�ll�h,
dem B�b oder �Abdu�l-Bahá verfasst wurden.Tabr�z Stadt im heutigen Iran, wo der B�b den M�rtyrertod
erlitt. Siehe B�b.Templer Mitglieder des um die Mitte des 19. Jahrhunderts
in Deutschland entstandenen Templerordens. Die Templer
glaubten, dass die Wiederkehr Christi kurz bevorstehe, und siedelten
sich im Heiligen Land an, um das Ereignis zu erwarten.
Ihre erste und gr��te Siedlung legten sie in Haifa am Fu� des
Berges Karmel an.Testament �Abdu�l-Bahas Ein von �Abdu�l-Bahá eigenh�ndig
geschriebenes Dokument, in dem Er die Institution des H�tertums
einsetzt und Shoghi Effendi zum H�ter ernennt. Es trifft Vorkehrungen
f�r die Wahl des Universalen Hauses der Gerechtigkeit
und f�r die Ernennung von H�nden der Sache Gottes, und es legt
die Funktionen dieser beiden Institutionen fest. Dar�ber hinaus
begr�ndet es die Institution des Nationalen Geistigen Rates.
Tripolitanien Fr�here Kolonie des Osmanischen Reiches,
heute ein Teil Libyens.True, Corinne Fr�he amerikanische Baha und Hand der
Sache Gottes. Sie setzte sich sehr f�r die Fertigstellung des
Baha-Hauses der Andacht in Wilmette, Illinois, ein. Ihre
Dienste beschreibt Nathan Rutstein: Corinne True. Faithful
Handmaid of �Abdu�l-Baha. Oxford (George Ronald) 1987.
349Universales Haus der Gerechtigkeit Das Oberhaupt des
Baha-Glaubens nach dem Hinscheiden Shoghi Effendis, des
H�ters; damit die h�chste internationale Verwaltungs- und Gesetzgebungsinstanz
der Baha-Religion. Es wurde 1963 errichtet;seine Mitglieder werden alle f�nf Jahre auf einer internationalen
Baha-Tagung durch die Mitglieder der NationalenGeistigen R�te gew�hlt. Das Universale Haus der Gerechtigkeit
leitet die administrative T�tigkeit der weltweiten Baha-
Gemeinde und gibt ihr Weisung. Es ist die durch Bahau�ll�h
eingesetzte Institution, die Er mit der Autorit�t ausstattete, Gesetze
�ber solche Angelegenheiten zu erlassen, die Er in Seinen
Schriften nicht geregelt hatte.Weltordnung Bahau�ll�hs Ein wesentlicher Teil der Baha-
Lehren ist das Konzept einer neuen Weltordnung, die in k�nftigen
Jahrhunderten dazu bestimmt ist, die ganze Menschheit
zu umfassen, eine Wirkkraft f�r Frieden und Gerechtigkeit
darzustellen und das Fundament f�r eine Weltkultur zu bilden.
Einzelheiten dazu sind in den Schriften Bahau�ll�hs und
�Abdu�l-Bahas und in den Briefen Shoghi Effendis niedergelegt.
Die derzeitige Baha-Gemeindeordnung wird als Keimzelle
und Muster der sich entfaltenden Weltordnung gesehen.
Siehe auch Gemeindeordnung.Zeitalter Die Baha-Sendung ist in drei Zeitalter eingeteilt:
das Heroische, das Gestaltende und das Goldene Zeitalter.
Diese entsprechen den Entwicklungsstadien und demFortschritt des Baha-Glaubens. Das Heroische oder Apostolische
Zeitalter begann 1844 und umspannte die Amtszeiten
des B�b (1844-1853), Bahau�ll�hs (1853-1892) und�Abdu�l-Bahas (1892-1921). Das Gestaltende Zeitalter begann
1921, als Shoghi Effendi der H�ter des Baha-Glaubens
wurde. Dieses zweite Zeitalter, das noch andauert, wird
mit dem Aufstieg und der Festigung der Baha-Gemeindeordnung
identifiziert. Ihm wird als drittes und endg�ltiges
Zeitalter das Goldene Zeitalter folgen, das dazu bestimmt
ist, die Errichtung eines Baha-Weltgemeinwesens zu be
350inhalten. Siehe auch B�b, der; Baha-Weltgemeinwesen;
Sendung.Zentralgestalten Der Begriff bezieht sich auf Bahau�ll�h,
den B�b und �Abdu�l-Baha. Siehe auch Bahau�ll�h, B�b
und �Abdu�l-Baha.Zweig bzw. Zweige Bezeichnung f�r die m�nnliche Nachkommenschaft
Bahaill�hs.�hrenlese. Eine Auswahl aus den Schriften Bahau�ll�hs,
zusammengestellt und ins Englische �bertragen von Shoghi
Effendi. Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag)11980Botschaften aus �Akka, offenbart nach dem Kitáb-i-Aqdas.
Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag) 1982Anspruch und Verk�ndigung, Sendbriefe aus Edirne und
�Akka. Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag) 2007Das Geheimnis g�ttlicher Kultur. Oberkalbach (Baha-Verlag)
1973Briefe und Botschaften. Hofheim-Langenhain (Baha-Verlag)
1992Das Testament �Abdu�l-Bahas, in Dokumente des B�ndnisses.
Bahau�ll�h, Das Buch des Bundes;�Abdu�l-Baha, DasDas Kommen g�ttlicher Gerechtigkeit. Frankfurt am Main
(Baha-Verlag) 1969Der verhei�ene Tag ist gekommen. Frankfurt am Main
(Baha-Verlag) 1967Die Weltordnung Bahau�ll�hs. Briefe von Shoghi Effendi.
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